Die beiden Radabenteurerinnen Tanja Willers und Johanna Hochedlinger auf einer Straße in Sambia. Tanja sitzt auf dem Rücken von Johanna, beide stehen vor ihren Rädern.

Mit dem Fahrrad durch Afrika nach Wien. Hier ein Fotostopp bei 5000 km in Sambia.

© roaming_pedals

Mit dem Fahrrad durch Afrika nach Wien. Hier ein Fotostopp bei 5000 km in Sambia.

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April 2025

Von Kapstadt nach Wien mit dem Rad

24.100 km, 21 Länder, 15 Monate: Johanna Hochedlinger und Tanja Willers sind mit dem Rad von Südafrika nach Wien gefahren. Im Interview erzählt das Paar von exotischem Essen, fehlender Ausrüstung und spannenden Begegnungen.

Was hat euch bewogen, mit dem Fahrrad Tausende Kilometer weit zu fahren?

Tanja Willers: Es begann mit einem Scherz. Ich besuchte 2021 meine Schwester in Südafrika, brach mir dort den Oberschenkel und konnte daraufhin nicht heimfliegen. Als ich Johanna in Wien anrief und ihr davon erzählte, meinte sie scherzhaft, dass sie mich ja mit dem Rad ab­holen könnte. Die Idee war geboren.

Wie habt ihr die Reise vorbereitet?

Johanna Hochedlinger: Ich bin Lehrerin und reichte zunächst mal ein Sabbatical ein, damit wir im September 2022 losfahren konnten.

Tanja: Ich eröffnete damals mit Kollegen eine Fahrradwerkstatt. Sie wussten, dass ich weg sein werde, aber wieder zurückkomme. Rund zwei Monate vor Abfahrt begannen wir die Route genauer zu planen, Impfungen zu checken und uns um Ausrüstung und Sponsoren zu kümmern. Das waren die wichtigsten Schritte. Kurz bevor es losging, kündigten wir noch alle Verträge und vermieteten unsere Wohnung.

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Wie waren die ersten Reaktionen von Familie, Freunden und Schülern auf euer Vorhaben?

Johanna: Manche Schüler hatten überhaupt keine Vorstellung, was das bedeutet und wie lange ich weg sein würde. Die meisten haben uns den Vogel gezeigt (lacht). Auch Freunde, die bereits auf Urlaub in Namibia waren, haben gemeint, es sei unmöglich. Denn schon mit dem Auto da durchzufahren, sei schrecklich.

Tanja: Und deine Mama hat überhaupt die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen und gefragt, was uns noch alles einfallen wird und ob es uns nicht gut geht daheim. Aber schlussendlich haben es alle akzeptiert und die Reise auf Instagram und durch den Newsletter mitverfolgt.

Habt ihr vor der Reise viel trainiert?

Tanja: Nein. Wir radeln daheim täglich und sind oft mountainbiken. Daher hatten wir schon eine gute Grundkondition. Bei mir war es aber so, dass der Nagel von meinem Oberschenkelbruch erst zwei Monate vor unserer Abreise entfernt wurde. Für mich war der Trip quasi zugleich die Reha.

Johanna: Funfact – ich fing im Sommer 2022 an, in der Mittagshitze laufen zu gehen, um mich an Afrika zu gewöhnen. Hat geholfen (lacht).

Zu euren Rädern: Was war euch wichtig?

Tanja: Wartungsarm, wenig anfällige Teile – also keine Federgabeln, keine Dämpfer, nur ein robuster Alu-Rahmen und Hydraulikbremsen. Ich bin Fahrradmechanikerin und wollte eigentlich eine simple Kettenschaltung, die ich gut reparieren kann. Unser Sponsor riet uns zu einem Bike mit Getriebeschaltung. Mir war nicht bewusst, dass diese Schaltung wirklich wartungsfrei ist. Sie ist dicht und hält Wasser und Staub ab. Die Kette hat nie Schräglauf, wodurch sie weniger verschleißt. Wichtig war mir, dass es ­eine Kette und kein Riemen ist. Eine robuste Einfachkette gibt's überall und tatsächlich mussten wir zwei Mal wechseln.

Ihr habt ein Buch über eure Reise geschrieben, war das zu Beginn euer Plan?

Tanja: Gar nicht. Das Buch "2 Frauen, 2 Räder, 1 Zelt" ist entstanden, nachdem ich alle drei Wochen einen Newsletter nach Hause geschickt habe. Daheim dachte ich, dass ich daraus etwas machen sollte. So entstand die Idee zum Buch und auch zu den Vorträgen.

Auf eurer Website ist eure Ausrüstung zu sehen. Habt ihr beim Packen an alles gedacht?

Johanna: Wir hatten keinen 10er-Inbus mit. Den braucht man, um die Kurbeln zu demontieren, was wir ein Mal tun mussten. Den haben wir dann einem Lkw-Fahrer abgeluchst.

Tanja: Beim Werkzeug hätten wir noch ein paar Dinge mehr benötigt, etwa einen Torx-Schraubendreher, um die Kettenspannung nachzujustieren, aber die kauften wir unterwegs. Leider hatten wir zunächst auch noch unser altes Zelt mit, das während der Regenzeit undicht wurde. Dabei hatten wir Glück, denn meine Mama war in Sansibar und dorthin hat sie uns ein neues Zelt mitgebracht. Ansonsten benötigten wir alles, außer der Frisbeescheibe. Wir dachten ernsthaft, dass wir nach 70 km radeln, abends noch Frisbee spielen würden (lacht).

Ihr hattet Trekking-Sandalen an, das überrascht…

Tanja: Nun ja, es war sehr heiß. Das Argument, dass keine Socken gebraucht werden, war für uns ausschlaggebend. Und es war völlig ausreichend. Wir hatten auch noch geschlossene Schuhe mit, die wir aber sehr selten gebraucht haben.

Johanna: Und Fahrradschuhe waren für uns nie eine Option.

Eine Frau mit Hut und Mundschutz steht mit ihrem bepackten Fahrrad, daneben ein zweites an einer asphaltierten Straße. Daneben eine Ebene voll Wüstensand. © roaming_pedals
Durch die Wüste im Oman in Sandalen.

Hat euch eure bereits vorhandene Camping- und Mountainbike-Erfahrung geholfen?

Johanna: Ja, wir waren schon vor der Tour viel in den Bergen unterwegs und schliefen gerne draußen. Den Witterungseinflüssen ausgesetzt zu sein, macht uns nichts aus. Neu und spannend waren die großen Tiere. Plötzlich ein unbekanntes Gejaule zu hören, war echt aufregend. Einmal kam uns nachts eine Elefantenfamilie besuchen. Es gelang uns Ruhe zu bewahren und nicht unabsichtlich platt getrampelt zu werden.

Gab es einen Plan, wie viele Kilometer ihr pro Tag schaffen wollt?

Johanna: Wir haben uns das anfangs gefragt und waren uns einig, dass circa 80 Kilometer cool wären, wenn wir es schaffen.

Tanja: Und in der Realität waren es dann zwischen 30 Kilometer – wenn wir im Schlamm stecken geblieben sind – und 200 Kilometer. Die haben wir aber nur an zwei Spitzentagen mit Rückenwind geschafft. Ich glaube, im Schnitt waren es tatsächlich um die 70 Kilometer täglich.

Eine hügelige grüne Landschaft mit unzähligen Heißluftballons in Kappadokien im Hintergrund. Im Vordergrund zwei Räder, ein Zelt und eine Person steht im Schlafsack und blickt auf die Ballons. © roaming_pedals
Unglaublicher Ausblick in Kappadokien.

Gab es unvorhersehbare Ereignisse?

Tanja: Ja, ein Cholera-Ausbruch in Malawi und der Kriegsausbruch im Sudan zwangen uns dazu, die Route kurzfristig zu ändern.

Johanna: Und in Kroatien haben wir eine Katze adoptiert. Die war auch nicht geplant.

Welche exotischen Dinge habt ihr gegessen?

Johanna: In Südtansania kamen wir extrem hungrig an einem Straßenlokal vorbei, in dem es Ziege gab. Wir hatten oft Ziegeneintopf mit ­einer Art Maisgatsch, aber dort hat der erste Bissen dann doch komisch geschmeckt, wie Gras. Es war tatsächlich Wiese – allerdings befand die sich im Enddarm der Ziege. Ich bin echt nicht zimperlich, aber das war schrecklich.

Tanja: Ansonsten haben wir häufig Spaghetti, Reis und Haferflocken gekocht. Ausgefallen waren auch Krokodilschwanz, Antilopensteak oder Elefantengulasch. Zu Letzterem muss ich gleich sagen, dass Elefanten in Botswana häufig für Farmer zum Problem und daher auch legal abgeschossen werden. Das Fleisch wird dann an die umliegenden Dörfer verteilt.

Was war euer schönstes Erlebnis?

Johanna: Als wir mit dem Fahrrad auf einer Straße fuhren und vor uns ein Elefant lief. Ich habe vorher noch nie einen Elefanten live gesehen.

Tanja: Generell die Gastfreundschaft, wir durften in der Regenzeit oft in Schulen übernachten. Aber vor allem jene Schuldirektorin in Malawi, die uns gleich in ihr Haus eingeladen hat.

Selfie von Tanja Willers. Im Vordergrund ist sie zu sehen, auf ihrer Schulter sitzt eine Katze, daneben ihre Partnerin Johanna. Im Hintergrund eine Brücke. © roaming_pedals
Kätzchen Snickers wurde in Kroatien adoptiert.

Wie haben eure Tage begonnen?

Johanna: Wenn du draußen schläfst, wirst du wach, sobald die Vögel zwitschern, das ist schon vor Sonnenaufgang.

Tanja: Es ist nämlich so, dass dein Körper derart auf Hochtouren arbeitet, dass du trotz Abendessen schon in der Nacht wieder hungrig bist. Im Idealfall sind wir also vor Sonnenaufgang auf und haben gefrühstückt, denn es ist schnell sehr heiß geworden.

Wo war es am heißesten?

Tanja: Richtig heiß war es zum ersten Mal in Tansania, wo die Sonne eine ordentliche Kraft entwickelte, aber extrem war es auf der Arabischen Halbinsel. In Saudi-Arabien zeigte das Tacho in der Wüste 60 Grad und dann im Oman, im persischen Sommer hatte es 40 Grad um Mitternacht. Wir konnten gar nicht mehr soviel trinken, wie wir geschwitzt haben. Aber eines wurde uns erst am Ende der Reise klar: Egal wie heiß es war, das haben wir alles gut durchgestanden. Irgendwann war das viele Schwitzen ganz normal. Aber als wir uns Österreich näherten, war bereits Wintereinbruch und wir sind im Schneegestöber über die Alpen gefahren. Da wurde uns bewusst, dass Kälte viel ärger ist als Hitze, es tat richtig weh. Dieser Unterschied war für uns extrem, denn davor hatten wir gefühlt 14 Monate Sommer.

Zwei mit Reisegepäck beladenen Fahrräder stehen auf einer Schotterstraße in Namibia vor der weiten Landschaft, im Hintergrund felsige Hügel. © roaming_pedals
Sand und Felsen in Namibia.
Zwei Frauen mit Hut und Sonnenbrille stehen mit ihrem bepackten Rädern vor dem Wasserbassin der Moschee in Isfahan, die im Hintergrund zu sehen ist. © roaming_pedals
Vor der Moschee in Isfahan im Iran. 
Zwei Frauen sitzen auf den Stufen vor einer offenen Tür, jeweils neben ihnen ihre Fahrräder mit Gepäck. © roaming_pedals
Wieder in Europa ein wenig Homecoming-Blues.

Seid ihr in brenzlige Situationen geraten?

Tanja: Nein. Natürlich gab es nervige Situationen, dass man mal blöd angemacht wird. Wir hielten beim Wildcampen eher Abstand zu Menschen als zu Tieren. Für Tiere waren wir uninteressant. Bei Menschen kann das Verhalten variieren. Aber wir hatten kaum negative Erfahrungen.

War es in einem Land schwieriger für euch?

Tanja: Radreisende haben es in Äthiopien schwer. Wir hatten davon gehört, wollten es aber nicht glauben und spürten es dann am eigenen Leib. Die Menschen dort waren konfrontativ, übergriffig und warfen sogar Steine nach uns. Generell ist Äthiopien wunderschön, mit tollen Landschaften, Kultur und richtig geilem Essen. Aber für uns war es leider durchgehend anstrengend, vor allem zwischenmenschlich und mental. Schwierig war es auch am Balkan, vor allem wegen der Straßenhunde, aber das waren Kleinigkeiten. Sehr gut hat es uns persönlich im Iran gefallen. Das Land stand schon lange auf unserer Liste und es war unglaublich emotional mit den Menschen dort zu sprechen. Ansonsten war es tatsächlich überall toll.

Eine Radreisende fährt am Rad auf einer sandigen Straße durch ein Dorf in Äthiopien. Rund um sie sind Einheimische zu sehen. © roaming_pedals
In Äthiopien waren sie nie allein. Radreisende haben es dort schwer.

Welche Tipps habt ihr für lange Radreisen?

Johanna: Der richtige Sattel ist wichtig, jedenfalls darf er nicht zu weich sein und möglichst wenig Auflagepunkte mit dem Schambereich und den Sitzknochen haben. Du musst dich fühlen, als würdest du in deinen Lieblingssneaker steigen. Wir entschieden uns auch gegen gepolsterte Radhosen, wegen der Hitze und der mangelnden Waschgelegenheiten, denn gerade Radhosen werden ohne Unterwäsche getragen, da hätten wir mehr Gepäck und Wäsche gehabt.

Tanja: Unbedingt einen Multi-Fuel-Kocher einpacken, den kann man immer verwenden und überall gibt's Benzin. Generell nicht zu viel mitnehmen und keine Angst vor der Strecke haben.

Wie habt ihr gewaschen?

Johanna: Mit der Hand. Wir hatten zu Beginn ein Rei in der Tube verwendet und später einfach Seife und Wasser. Wenn es Wasser gab, ansonsten im Bach, Fluss, See oder Tümpel. Wir hatten fünf Unterhosen und die dann beim Fahren am Lenker zum Trocknen aufgehängt (lacht).

Der richtige Sattel ist wichtig. Er sollte sich so anfühlen, also ob du in deinen Lieblingssneaker steigst.

Johanna Hochedlinger, Lehrerin und Rad-Abenteurerin

Wie war das Heimkommen?

Johanna: Es war ein bisschen komisch, vorher jeden Tag sieben bis acht Stunden im Sattel zu sitzen und dann auf einmal nicht mehr. Plötzlich hatten wir soviel Zeit und der Tag war so lang.

Tanja: Auch ungewohnt: In der Früh einfach etwas zu essen, ohne vorher von irgendwoher Wasser holen und den Kocher anheizen zu müssen.

Johanna: Ich habe seit der Reise eine ganz lustige Assoziation mit Benzingeruch, da bekomme ich immer Hunger (lacht).

Apropos Hunger… euer erstes Essen daheim?

Johanna: Wir sind am Weg nach Wien bei meinen Eltern in Oberösterreich vorbeigefahren und meine Mama hat für uns einen Schweinsbraten gemacht. Das war wirklich der beste Schweinsbraten der Welt (lacht).

Hat euch die Reise verändert?

Tanja: Wir haben so ein unglaubliches Vertrauen in die Menschheit bekommen und gemerkt, wie sehr sich unser vermeintliches Wissen über andere Länder vom Leben dort unterscheidet.

Johanna: Diese erfolgreiche Reise gab uns Selbstvertrauen für künftige Herausforderungen!

Buchcoverbild "2 Frauen, 2 Räder, 1 Zelt". Darauf sind 2 Frauen zu sehen, die vor ihren Rädern auf einer Straße stehen. Die eine hat die andere huckepack am Rücken. © roaming_pedals
Mit ihrem Buch und den vielen Erlebnissen sind die beiden derzeit auf Roadshow in Österreich. Ab 2026 geht's damit auch nach Deutschland und in die Schweiz.

Infos

Johanna Hochedlinger ist Lehrerin an einer Wiener Schule und begeisterte Bikerin.
Tanja Willers ist Fahrradmechanikerin.
Das Paar lebt in Wien.

Die Radreise: 09/2022 – 12/2023 von Kapstadt nach Wien; 24.000 km, 445 Tage, 21 Länder

Buch: "2 Frauen 2 Räder 1 Zelt"; Tyrolia Verlag, € 28,–

Nächste Auftritte:

2.5.2025 in MARK Salzburg (Salzburger Radfrühling)
17.6.2025 im Orpheum, Wien

Weitere Infos finden Sie unter:

roamingpedals.com
Instagram

Zwei mit Reisegepäck beladenen Fahrräder stehen auf einer Schotterstraße in Namibia vor der weiten Landschaft, im Hintergrund felsige Hügel.
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