Wenn man all dies geschafft hat, muss man früh genug am auserwählten Ort sein und die Augen an die Dunkelheit gewöhnen (Autoscheinwerfer aus, Taschenlampen aus, nicht aufs Handydisplay sehen) und warten.
Mein Aurora-Erfahrungsbericht: Im Zeitraum meiner Anwesenheit sind sowohl Aurora- als auch Bewölkungsprognose eher schlecht. Der Abgleich der oben genannten drei Punkte bringt mich zu dem Schluss, dass ich nur dann eine Chance habe, wenn ich an genau diesem einen Tag zwischen 20:00 und 22:00 am Ostufer des Inarijärvi bin, nördlich einer kleinen Siedlung namens Nellim, kurz vor der russischen Grenze.
Ich war um ca. 19:30 vor Ort, stelle das Auto ab, mache alle Lichter aus (und das Kamera-Display so dunkel wie möglich), gewöhne mich eineinhalb Stunden an die Dunkelheit und bin enttäuscht - eine Wolkendecke nimmt die Sicht nach oben, nur die hellsten Sterne sind sichtbar. Außerdem ist es noch lange vor Mondaufgang - es ist alles so dunkel, dass ich das Objektiv nicht scharfstellen kann. Also rate ich und nähere mich durch eine Testreihe der richtigen Fokusdistanz an. Wirklich getroffen habe ich diese eh nicht, denn: Beim Begutachten der Einstellbilder fällt mir auf, dass die Veränderung im Himmel zwischen zwei bestimmten Fotos zu groß ist, um von Wolkenbewegungen herzurühren.
Ich lasse die Kamera Kamera sein und beobachte das Firmament eine halbe Stunde mit bloßem Auge, und tatsächlich: Hinter den Wolken zucken sehr schwache Lichter. Leider wird auch der Grad der Bewölkung immer stärker - immer mehr Sterne werden verschluckt, und die zuckenden Lichter unterschreiten die Wahrnehmbarkeitsschwelle.
Ich verfluche die Bewölkung und das finnische meteorologische Institut für die fehlerhafte Prognose, die mich diese mühsame Fahrt durch die Wildnis unternehmen ließ und nun zu meinem sicheren Kältetod führen wird. Oder die Wölfe fressen mich, denn im Unterholz rundherum knackt es ständig. Außerdem bewegen sich im See/Fluss unter mir große dunkle Objekte.
Da ich nach der beschwerlichen Anfahrt, der in der Kälte vergeudeten Lebenszeit und der Vorfreude auf die lange Rückfahrt nicht so schnell aufgeben will, warte ich. 90 Minuten lang, in der mondlosen Nacht, auf einer Brücke im Nirgendwo. Ich beschließe, mich geschlagen zu geben und rauche eine Zigarette (was die Gewöhnung der Augen an die Dunkelheit ruiniert). Als ich sie wegwerfe und das Stativ abbauen will, fällt mir ein heller Schein aus Südosten auf. Für den Mondaufgang ist es noch immer zu früh - das müssen die Russen sein, die mit Suchscheinwerfern hantieren. Das hat noch gefehlt, dieser Grad der Lichtverschmutzung macht die Beobachtung der Aurora unmöglich. Mit Blicken folge ich dem Schein am Himmel. Die Russen müssen extrem starke Scheinwerfer einsetzen, sie ziehen eine mindestens 50 Kilometer lange Lichtspur über die Wolken. Und plötzlich die Erkenntnis: Das Licht kommt nicht von unten.
Ich bin so überrascht, dass ich gar nicht ans Fotografieren denke. Irgendwann kommt die Kamera dann doch zum Einsatz, schlecht eingestellt und defokussiert
Da ist dann auch dieses Foto passiert. Quasi "mein schönstes Ferienerlebnis"…
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