Die Seilbahnkabine überwindet die Kante vom Ritten ins Eisacktal.
© Kurt Zeillinger
© Kurt Zeillinger
Juni 2025

Über Bozen

Sommerfrische und Städtetrip in einem? Geht wunderbar in Oberbozen, weil eine Seilbahn direkt ins Zentrum der Südtiroler Landeshauptstadt führt.

Wir sind wieder einmal in Südtirol. Nicht zum ersten Mal bin ich der Versuchung erlegen, das ganz spezielle Lebensgefühl dieser Region auszukosten. Da trifft Alpines auf Mediterranes – in jeder Hinsicht. Knorriger Tiroler Charme auf italienische Lebensfreude, Dolomiten auf Weinberge, Speckknödel auf Lasagne. Die Mischung macht’s.

Diesmal ist allerdings keine Südtirol-Route zum Nachfahren mit dem Auto oder dem Motorrad angesagt wie hier oder hier. Zeitbedingt wird es ein Wochenende in der Landeshauptstadt. Bozen ist übrigens die italienischste Stadt Südtirols: Von den 106.000 Menschen, die hier leben, zählen sich drei Viertel zur italienischen Sprachgruppe. Die Stadt ist urban und dennoch überschaubar, sie lässt sich am besten zu Fuß erkunden. Und ein Städtetrip nach Bozen lässt sich auch perfekt mit dem Thema "Sommerfrische" verbinden, wenn man ihn mit Oberbozen kombiniert.

Oberbozen? Ja, eine gute Wahl. Oberbozen ist ein Dorf auf dem Sonnenplateau des Ritten, dem 1.200 Meter hohen Hausberg der Bozener. Es gilt als die Wiege der klassischen Sommerfrische: Wiesen, Weiden, Wälder und kinderwagengerechte Promenaden, Bauernhöfe, Villen und Pensionen. Wer so wie wir hier oben Quartier bezieht, kann unten die Stadt Bozen bequem ohne Parkplatzsuche erkunden: Eine Seilbahn macht’s möglich.

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In Serpentinen schlängelt sich die Straße hinauf nach Oberbozen
© Kurt Zeillinger

Auf nach Oberbozen

Weil wir aber nicht mit der Bahn nach Bozen gekommen sind, sondern mit dem Auto, und vor einem Stadtrundgang im Quartier einchecken und es parken wollen, müssen wir die 950 Höhenmeter über die kurvenreiche 19 Kilometer lange Straße (Bild oben) fahren, was rund eine halbe Stunde dauert. Bahnreisende haben es da bequemer. Sie steigen gleich beim Hauptbahnhof um in die Rittner Seilbahn. Die bringt sie in 12 Minuten hinauf nach Oberbozen.

Und uns gleich nach dem Beziehen des Zimmers wieder hinunter.

Per Seilbahn nach Bozen schweben

Viele Quartiere in Oberbozen bieten kostenlos eine Gästekarte, mit der man die Seilbahn gratis benutzen kann. Ohne diese Karte werden für das Tour-Retourticket 13 Euro verlangt. Spezieller Tipp für alle, die so wie wir bergab fahren: Ein Platz vorne in Fahrtrichtung lohnt sich des Ausblicks wegen allemal.

Seilbahn_DSC09258_CMS.JPG © Kurt Zeillinger
1966 wurde eine steile Zahnradbahn durch eine Pendel-Seilbahn ersetzt. Seit 2009 gibt es statt ihr eine Umlaufbahn mit zehn Kabinen.
Ritten_007_CMS.jpg © Tourismusverband Ritten
Mit ihr schweben somit bis zu 720 Personen pro Stunde über weidendes Fleckvieh und steile, mit St.-Magdalener-Trauben bewachsene Hänge.
Bozen kommt ins Bild, und eine Kabine, die heraufkommt. © Kurt Zeillinger
Bergab taucht die Seilbahn spektakulär in das sich aufbauende Panorama von Bozen ein.

Die Stadt entdecken

Zuerst einmal einen Promi besuchen. Von der Talstation der Seilbahn sind es nur ein paar Hundert Meter in die Innenstadt. Unser erstes Ziel soll der im Moment wahrscheinlich prominenteste Bürger der Stadt sein. Er ist kein gebürtiger Bozener, sondern quasi zugewandert aus dem Hochgebirge. Seit März 1998 ist eine Kühlzelle sein minus 6,5 Grad kaltes Zuhause, das mit einer Luftfeuchte von 98 Prozent seinen letzten Aufenthaltsort perfekt simuliert: Ja, richtig erkannt, es handelt sich um Ötzi, den Mann aus dem Eis. Weil er 1991 am Hauslabjoch auf Südtiroler Boden gefunden wurde, ist seine Mumie nun in der Museumstraße 43 hinter kugel­sicherem Glas zu bewundern. Daneben zeigt eine 1:1-Nachbildung sein wahres Aussehen.

Weil beim Besuch des Archäologiemuseums oft mit Staus zu rechnen ist, empfiehlt sich eine Reservierung, die für den aktuellen Tag und die beiden Folgetage hier vorgenommen werden kann.

Ein erster Rundgang. Um einen Eindruck vom regen Treiben in der Stadt zu bekommen, empfiehlt es sich, zuerst einmal den inoffiziellen Hauptplatz der Stadt aufzusuchen. Es ist der Waltherplatz, benannt nach dem bedeutendsten Lyriker deutscher Sprache im Mittelalter, Walther von der Vogelweide. Rund um sein Denkmal ist immer viel los.

Am Tag unseres Besuchs wurde sogar die Fußgängerzone aufgehoben – aber nur für die Teilnehmer einer Oldtimer-Veranstaltung.

Der Waltherplatz ist für die meisten Bewohnerinnen und Bewohner also der am meisten genutzte Treffpunkt in der Stadt. Aber viele brechen – so wie wir – von dort auf ins Gassen-Gewirr der Altstadt.

Und jetzt durch die Innenstadt. Wir verlassen den Waltherplatz in nördlicher Richtung und schlendern die Silbergasse nach links. An deren Ende tauchen wir in Bozens größten Marktplatz ein: Wir sind am Obstmarkt. Der ist ein wahres Fest für Aug’ und Ohr (ja, die Ware wird hier zweisprachig angepriesen). Und das seit dem Jahr 1437, als das Stadtrecht den Verkauf von Geflügel, Obst und Eiern ausschließlich hier gestattete.

Appetit bekommen? Nach so viel schauen, kann man schon eine kleine Stärkung vertragen. Hier sind erst einmal drei Vorschläge für einen typischen Bozener Imbiss:
Wenn’s pikant sein soll zuerst einmal – weil wir schon in der Dr.-Josef-Streiter-Gasse beim berühmten Bogen sind – die Osteria Dai Carrettai mit einem wunderbaren Angebot an Brötchen. Mittags muss man sich aber meistens anstellen.
Gleich schräg gegenüber gibt es im Bistro Bogen Frühstück bis elf und Regionales ab Mittag.
Weil wir schon bei Regionalem sind: Das für Südtirol so typische Schüttelbrot, ein hartes, knuspriges und lange haltbares Roggen-Fladenbrot, passt nicht nur zu Speck und Käse, sondern eignet sich auch gut as Proviant für Wanderungen. Selbst wenn sie nur ein kurzer Spaziergang durch Bozen sind. In der Streiter-Gasse 2 werden viele Sorten (mit unterschiedlichen Gewürzen) in der Manufaktur Hurtig hergestellt – Zuschauen erlaubt.
Wer allerdings lieber Süßes mag, dem empfehlen wir eine Schwarzplentene Torte aus Buchweizenmehl, die meist mit Preiselbeermarmelade gefüllt wird. Unsere Empfehlung in der Bozener Innenstadt ist dafür das Café Monika 1947.

Bozen_DSC09181_CMS.JPG © Kurt Zeillinger
Slow Food in Bozen: Brötchen in der Osteria Dai Carretai.
Hier wird das fertige Schüttelbrot getrocknet.      © Kurt Zeillinger
Handgerüttelt: Schüttelbrot aus der Manufaktur.
Ein Stück Schwarzplententorte aus Buchweitzen-Teig. © Kurt Zeillinger
Schwarzplentene Torte aus Buchweizenmehl.

Wein aus Bozen. Südtirol ist ein Schlaraffenland. Nicht nur im Herbst, wenn überall der Brauch des Törggelen angesagt ist, bei dem ja stets Most und Wein im Spiel sind. Bozen ist ganzjährig auch eine Weinstadt – genauso wie Wien. Die hügelige Anbaufläche ist aber nur halb so groß wie in der Bundeshauptstadt, und die Rebsorten sind ganz andere.

Weil wir uns für Wein interessieren, nehmen wir ein Taxi und fahren hinaus an den Stadtrand zur Kellerei Bozen. Die Leitsorten, mit denen die 244 Familien, die in und um Bozen vom Weinbau leben, zwecks Verarbeitung anliefern, sind St. Magdalener (quasi der leichte und fruchtige rote Einstiegswein) und Lagrein (dunkelrot und tanninreich), darüber hinaus auch Blauburgunder, Weißburgunder, Chardonnay, Sauvignon und andere.

Zum Ausklang ein Apero. So ein Tag in Bozen vergeht recht rasch. Wir sollten schön langsam wieder zur Seilbahn zurückkehren. Am Weg dorthin machen wir noch eine kleine Rast, passend zur Aperitif-Zeit. Und zwar dort, wo man sie wahrscheinlich am stilvollsten verbringen kann, im Zentrum und doch abseits des Trubels: im Parkhotel Laurin zwischen Waltherplatz und Seilbahnstation.

Und wieder rauf zum Ritten

Wir haben Glück gehabt und einen freien Tisch auf der lauschigen Terrasse der Laurin Bar gefunden. Zur Seilbahn sind es danach nur ein paar Minuten. Unser Hotel liegt übrigens gleich neben der Bergstation: das Parkhotel Holzner, rechts im Bild.

Oberbozen kommt ins Blickfeld der bergauf fahrenden Seilbahnkabine.        © Kurt Zeillinger

Es war eingangs schon die Rede davon, dass es früher eine Zahnradbahn gab, die von Bozen aus auf den Ritten führte. Die wurde – zumindest bis Oberbozen – durch die Seilbahn ersetzt. Die Bahn fuhr aber noch weiter – und sie befährt den oberen Streckenteil noch immer. Direkt am Bahnhof in Oberbozen wurde im Jahr 1908 von der Bahngesellschaft ein großes Hotel eröffnet, das noch immer – auf die Anforderungen unserer Zeit gebracht – alle Stückeln spielt.

Eine Wanderung in Oberbozen

Freuds Spaziergang. Der Vater der Psychoanalyse war ein prominenter Sommerfrischler am Ritten. Er logierte allerdings nicht in Oberbozen, sondern in Klobenstein – der Endstation der Rittner Bahn. Und er war so begeistert von dem, was er sah und erlebte, dass er seinem Berufskollegen C. G. Jung 1911 schrieb: "Lieber Freund, ...hier auf dem Ritten ist es göttlich schön und behaglich. Ich habe eine unerschöpfliche Lust zum Nichtstun." Wir wollen die Eindrücke, die Sigmund Freud so faszinierten, nachvollziehen und steigen in Oberbozen in den historischen Zug, fahren bis zur Endstation und spazieren die fünf Kilometer zurück. Stets mit atemberaubendem Panorama entlang der Strecke, die heute nach ihm benannt ist und mit Freud-Zitatentafeln und Fotos mehr über den prominenten Sommergast vermittelt. Den genauen Routenplan gibt es hier.

Der historische Triebwagen der Rittner Bahn ist übrigens jeden Dienstag am späten Nachmittag unterwegs. Darüber hinaus werden zu bestimmten Terminen auch gastronomische Nachtfahrten angeboten. Bei jedem Halt in einer der fünf Stationen servieren Gastwirte je einen Gang mit dazu passenden Weinen und Apfelsäften.
Infos darüber und zu weiteren Veranstaltungen finden sich hier.

Das Wochenende, das wir in und über Bozen verbrachten, ist viel zu schnell vergangen. Vor uns liegt jetzt die Heimfahrt. Und für die haben wir einen Tipp, der sich auch für die Anreise nutzen lässt.

Bozen voll auskosten

Wer einen Kurztrip plant, kennt die Problematik: Man schenkt gewissermaßen fast zwei Tage am Zielort her. Das muss aber nicht so sein – vorausgesetzt man verfügt noch etwas zeitlichen Spielraum, um die Reise etwas zu verlängern.

Wie das funktioniert? Ganz einfach. Wer von Österreich nach Bozen fährt und mehr als nur den Rest des Anreisetags dort verbringen möchte, schiebt einfach eine Übernachtung in Südtirol ein. Oder macht genau das Gleiche nach der Abreise, wenn er länger als bis nach dem Frühstück, vielleicht sogar bis zum späten Nachmittag an seinem Reiseziel bleiben möchte.

Eine Möglichkeit dazu wäre ein Stopover in oder nahe Bruneck, wenn der Weg von oder nach Österreich über Lienz und das Pustertal führt. Bruneck selbst ist 75 Kilometer oder 80 Autominuten von Oberbozen entfernt. Die Region wird von einem Berg in Form eines Gugelhupfs geprägt, den Skifahrer deshalb so schätzen, weil er Abfahrten nach allen Seiten bietet, die zu unterschiedlichen Tageszeiten von der Sonne beschienen werden: dem Kronplatz. Doch auch im Sommer bietet der Berg einiges.

Auch eine Quartier-Empfehlung für die Region Bruneck hätten wir noch zu bieten – einen echten Fluchtpunkt abseits des Trubels, mit Spa und guter Küche: den Terentnerhof. Er liegt in Terenten, einer kleinen Gemeinde auf einem Hochplateau über dem Pustertal.

Das Hotel von der Straße aus gesehen. 1
Ein Dachpool mit Blick auf das Dorf. 2
Ein Salatteller. 3

1 Der Terentnerhof in Terenten. Nicht im Bild: die Ladestationen für E-Autos. © Kurt Zeillinger

2 Für viele der Höhepunkt: der wohltemperierte Pool am Dach des Hotels. © Kurt Zeillinger

3 Die Küche bietet Regionales auf hohem Niveau. © Terentnerhof

Beim offiziellen Tourismus-Portal gibt es Infos über Südtirol.
Das Verkehrsamt Bozen hält viele Infos über die Stadt bereit.
Weitere Infos:
ÖAMTC Länderinfo Italien
ÖAMTC Smartphone-Cityguide Bozen

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