Schon die knapp einstündige Fahrt vom Flughafen Hanoi ins Herz der Stadt gleicht einem Kuriositätenkabinett. Wer hätte gedacht, dass auf einem klapprigen Roller eine Familie mit drei Kindern Platz findet? Der Vater fährt, hinter ihm sitzt die Mutter und drückt ein Baby an ihre Brust. Dazwischen ist ihre Tochter eingeklemmt – und schläft selig. Dem rund acht Jahre alten Sohn wird zugetraut, dass er sich bereits selbst festhalten kann. Er balanciert hinter seiner Mutter am Rand des abgewetzten Ledersitzes. Die dicht gestapelte Familie scheint entspannt, die einheimischen Verkehrsteilnehmer würdigen sie keines Blickes. Kein Wunder, schließlich sind sie damit beschäftigt, halbe Haushalte auf ihren eigenen Rollern zu balancieren.
Die Muttersprache der Vietnamesen scheint übrigens das Hupen zu sein. Auf den Straßen Hanois vergeht keine Sekunde, ohne dass grelles Tröten den allgegenwärtigen Motorenlärm durchbricht. Als Europäer fühlt man sich sofort angegriffen, doch in Vietnam hat Hupen nichts mit Aggression zu tun. Es geht lediglich darum, sich im chaotischen Gewusel bemerkbar zu machen. Wer sich um Fahrspuren und teils sogar Fahrtrichtungen nicht schert, muss seine Gegenwart akustisch kundtun, um nicht übersehen zu werden. Das Konzept funktioniert. Einen Unfall bekommen wir in den nächsten acht Tagen jedenfalls nicht zu Gesicht.
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