Ein gelber MG Cyberster mit schwarzem Stoffdach fährt auf einer Landstraße
© MG Motor
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Mai 2025

Sturmfrisur aus der Steckdose

Der vollelektrische MG Cyberster verspricht großes Freiluftkino für vergleichsweise wenig Geld. Aber 510 PS hin oder her – geht ein zwei Tonnen schweres Cabrio wirklich noch als Roadster durch?

Dass das Cabrio inzwischen zu den bedrohten Arten gehört, ist allgemein bekannt. Noch schlimmer steht es um die Gattung der leistbaren Freiluftflitzer. Wobei das Wort "leistbar" hier ohnehin schon mit zumindest eineinhalb zugedrückten Augen verwendet werden muss. Diesseits der 50.000 Euro buhlen lediglich vier Modelle um die Gunst der Kund:innen: Fiat 500e Cabrio, Mazda MX-5, Mini Cooper SE Cabrio und VW T-Roc. Der MG Cyberster kann mit seinem Einstiegspreis von 59.990 Euro in dieser Liga zwar nicht mitspielen, bietet aber das wohl beste Power zu Preis-Verhältnis aller aktuell verfügbaren Cabrios. Die heckgetriebene Basisversion Trophy bietet mit 340 PS und vor allem 475 Nm Drehmoment schon ordentlich Dynamik. In fünf Sekunden geht es von null auf 100 km/h. Ähnlich starke Cabrio-Konkurrenz findet man in diesem Preisbereich schlicht nicht. Noch krasser ist die Differenz bei der Topversion GT mit Allradantrieb. Um 67.990 Euro bekommt der Frischluftfreund hier 510 PS und satte 725 Nm Drehmoment – absolute Supersport-Sphären. Ein Sprintwert von 3,2 Sekunden komplettiert ein Paket, das andernorts auf der Preisliste eher mit sechs Stellen notiert ist. Auch wenn der MG Cyberster per se also nicht billig ist, punktet er doch mit einem ausgezeichneten Preis-Leistungs-Verhältnis. Und mit dem Alleinstellungsmerkmal, der einzige elektrische Roadster auf dem Markt zu sein. Zu haben ist er übrigens seit Ende letzten Jahres.

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Das Gefühl am Steuer

Auf dem Begriff "Roadster" lastet allerdings eine Menge Verantwortung. Schließlich steht er seit Jahrzehnten für Autos, die besondere Emotionen wecken. Ein Umstand, der Elektroautos gerne abgesprochen wird. Der MG Cyberster hat zweifellos die Power, um jeden Automobilenthusiasten zufriedenzustellen. Mit der Launch Control in Nullkommanix in den Sonnenuntergang zu schießen und dabei den Wind in den Haaren zu spüren, macht einfach Spaß. Egal ob dabei ein Motor röhrt oder eben nicht. Ganz im Gegenteil, die Stille des Cabrios aus China lässt einen die Umwelt noch viel direkter miterleben. Doch wie sieht es bei der Querdynamik aus? Zwei Tonnen Leergewicht sind auch beim modernsten Fahrwerk nicht wegzuleugnen und meilenweit von dem entfernt, was einen flinken Roadster üblicherweise ausmacht.

Ein federleichtes Fahrgefühl wie beim Mazda MX-5 kann der Cyberster freilich nicht bieten. Zwar liegt er dank der tief verbauten Akkus satt auf der Straße und reagiert auch mit angemessenem Biss auf schwungvolle Lenkmanöver, aber die Fliehkraft zerrt dank des Gewichts doch beherzt am Fahrzeug. Dafür ist jeder Kurvenausgang ein echtes Highlight, besonders wenn man den knallroten Trackmodus-Knopf am Lenkrad betätigt hat. Der Cyberster katapultiert sich derart schlagartig nach vorne, dass Vorsicht geboten ist. Trotz Allradantrieb zeigt sich das Heck bei übermäßigem Gaspedaleinsatz nämlich durchaus bewegungsfreudig. Das Fahrerlebnis ist und bleibt ein ganz anderes, als man es von klassischen Roadstern kennt. Doch Emotion und vor allem Spaß kann man dem MG Cyberster keinesfalls absprechen.

Das Heck eines gelben MG Cyberster mit schwarzem Stoffdach vor einer weißen Wand © MG Motor

Interieur und Komfort

All die Aufregung muss aber nicht sein. Wer im Komfort-Modus unterwegs ist, erlebt den Cyberster als kraftvollen, aber geschmeidigen Gleiter. So lässt sich das Open-Air-Feeling entspannt genießen. Sein hohes Gewicht spielt dem Cabrio hier in die Karten, denn dadurch liegt es ruhig und souverän auf der Straße. Ob Sportler oder Flanierer, das Interieur des Cyberster passt immer dazu. Das Cockpit richtet sich ganz deutlich an den Fahrer und grenzt seinen Hoheitsbereich klar ab. Die Kommandozentrale verzichtet zwar auf einen großen Touchscreen in der Mitte, ist aber dennoch modern eingerichtet. Direkt an die digitalen Instrumente schmiegen sich nämlich rechts und links jeweils ein kleinerer Touch-Bildschirm. Links vom Lenkrad auf einem Screen herumzutippen ist anfangs äußerst eigenartig, auch an das Navi an dieser Position muss man sich auch erst gewöhnen. Rechts können andere Inhalte wie Fahrtdaten, Radio und Co. angezeigt werden. Hinzukommt noch ein kleiner Screen auf der Mittelkonsole, der Klimaanlage und Fahrzeugeinstellungen verwaltet. Den Verzicht auf einen XXL-Bildschirm kompensiert MG also mit vier kleineren. Sicher nicht jedermanns Geschmack.

Doch dank des großzügigen Einsatzes von Alcantara im getesteten Cyberster GT, dem sportlichen Lenkrad und dem dynamisch geschnittenen Cockpit fühlt sich der elektrische Roadster unterm Strich doch nach einem Driver's Car an. Die beiden Sitze sind ebenfalls mit Alcantara sowie Kunstleder bezogen und bieten ordentlich Halt, ohne zu unnachgiebig zu sein.

Interieur des MG Cyberster mit geschlossenem Dach © MG Motor

Design: Zwischen Klassik und Moderne

Zu einem richtigen Roadster gehört selbstredend ein attraktives Äußeres. Bei Front und Silhouette hat MG sich für einen eher klassischen Auftritt entschieden: Geschwungene Linien und markante Radhäuser schaffen ein zeitloses Design, die Flügeltüren passen gut zum nostalgischen Charme. Doch das Heck sorgt für einen krassen Stilbruch. Das durchgehende Lichtband passt sich an den aktuellen Trend an und die pfeilförmigen Leuchten darunter verstärken den kantigen Eindruck zusätzlich. Natürlich, Geschmäcker sind verschieden und der Allerwerteste des Cyberster ist auf seine Art auch wieder knackig. Doch irgendwie sitzt das Cabrio mit diesem zwiegespaltenen Design im Endeffekt zwischen den Stühlen. Andererseits soll ein Roadster ja auch ein wenig polarisieren und nicht aalglatt in der Masse verschwinden. Diese Tugend hat MG jedenfalls mit dem Cyberster ins Elektro-Zeitalter übersetzt. Emotionen weckt das Fahrzeug garantiert – sowohl beim Fahrer als auch beim Betrachter.

Ein gelber MG Cyberster mit schwarzem Stoffdach steht vor einer weißen Wand © MG Motor

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