VERGLEICHSTEST 2022 KOMPAKTE_er026_CMS.jpg Erich Reismann
© Erich Reismann
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August 2022

Bunte Mischung

Nicht alle wollen SUV. Die Kompaktklasse ist noch immer beliebt: Vergleichstest des neuen Opel Astra mit Ford Focus, Kia Ceed, Peugeot 308, Toyota Corolla und VW Golf.

Ja, es gibt nicht nur nur die etwas höheren SUV – auch wenn Verkaufszahlen und manche Berichterstattung etwas anderes suggerieren. Ja, der Erfolg von SUV ist beinahe schon erdrückend – fast jedes zweite Neufahrzeug, das in Österreich in den ersten sieben Monaten des Jahres zugelassen wurde, fällt in diese Kategorie.

Mit Abstand und knapp 15 Prozent Anteil an den Neuzulassungen folgt in der Klasseneinteilung aber die Kompaktklasse, also Golf und Co.

Wir haben sechs prominente Vertreter zum Vergleichstest antreten lassen: Der brandneue Opel Astra fordert den arrivierten VW Golf und den gerade aufgefrischten Ford Focus heraus, stellt sich seinem Konzernbruder Peugeot 308, dem ebenfalls frisch gelifteten Kia Ceed sowie dem Toyota Corolla.

Betrachten wir die Verkaufszahlen, ist der VW Golf zwar nicht mehr – so wie jahrzehntelang – das meistverkaufte Auto Österreichs. Klassenprimus ist er aber allemal: In den ersten sieben Monaten des aktuellen Jahres wurden knapp 2.200 Gölfe erstmals angemeldet. Mit rund 1.200 Exemplaren folgen gleichauf Ceed und Focus, dahinter platzieren sich 308, Corolla und Astra mit jeweils rund 600 bis 700 Fahrzeugen. Aber Achtung: Der Opel Astra ist brandneu, er wird beim Verkauf erst so richtig in die Gänge kommen.

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"Die Platzhirsche müssen den Platz räumen. Das rundeste Paket bietet ein anderer."

Günter Rauecker, Redakteur

Beim Vergleichstest haben wir uns jeweils für Benzin-Motorisierung und Automatik entschieden und mit der in dieser Kombination günstigsten Ausstattungsvariante kombiniert. Diesel sind – nachdem sie bei den Klein­wagen ausgestorben sind – auch bei den Kompakten auf dem Rückzug. Bei Golf, Focus und 308er hat zwar noch jedes zweite verkaufte Exemplar einen Selbstzünder unter der ­Motorhaube, beim Astra aber nur mehr jedes fünfte, beim Ceed beträgt der Anteil nur mehr ein Siebtel. Und den Corolla gibt es sowieso nur mit Hybrid-Benziner.

Ganz im Gegensatz zum Dieselmotor ist die Getriebeautomatik im Vormarsch. So hat Volkswagen angekündigt, etwa den Passat ab 2023 nur mehr mit Automatik anzubieten. Und dieser Trend sickert schön langsam auch in die kleineren Fahrzeugklassen ein. Verständlich: Wer einmal mit einer gut abgestimmten Automatik gefahren ist, will sie oft nicht mehr missen.

FORD FOCUS ECOBOOST HYBRID_er020_CMS.jpg Erich Reismann © Erich Reismann
Ford Focus, ab 24.250 Euro
KIA CEED_er029_CMS.jpg Erich Reismann © Erich Reismann
Kia Ceed, ab 19.590 Euro
OPEL ASTRA_er024_CMS.jpg Erich Reismann © Erich Reismann
Opel Astra, ab 25.999 Euro
PEUGEOT 308 GT_er018_CMS.jpg Erich Reismann © Erich Reismann
Peugeot 308, ab 25.020 Euro
TOYOTA COROLLA HYBRID S_er028_CMS.jpg Erich Reismann © Erich Reismann
Toyota Corolla, ab 26.690 Euro
VW GOLF eTSI R_er027_CMS.jpg Erich Reismann © Erich Reismann
VW Golf, ab 25.790 Euro

Spannend im Vergleichstest: Die sechste Generation des Opel Astra ist die erste, die unter dem Dach des Stellantis-Konzerns entwickelt wurde. Zu Stellantis gehören etwa Peugeot, Citroën, Fiat, Alfa Romeo, Chrysler oder Jeep. Und eben auch Opel. Und da stellt sich die Frage: Ist der Opel Astra jetzt nur noch ein Klon des technisch identen Peugeot 308 oder kann er sich eine ausreichende Eigenständigkeit bewahren?

Nächste grundlegende Frage: Kann ein moderner Benziner – sei es mit Hybrid-Komponenten oder ohne – beim Verbrauch an einen Diesel herankommen oder ist es verbrauchstechnisch ein Fehler, immer mehr auf die Selbstzünder zu verzichten? Mit der auto touring-Verbrauchsrunde können wir diese Frage auch beantworten: Vor allem ein Testkandidat erweist sich als wahrer Verbrauchskünstler. Und ja: Der Astra ist – im besten Sinne – immer noch ein Opel.

Video: Sechs Kompakte im Vergleich

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Opel Astra

Der Kompakte ist kaum wiederzuerkennen. Fast alles ist neu. Wie gelungen ist die Typveränderung?

6 Feiner Komfort, geräumiger Kofferraum, kurze Garantie, teuer.

Komplett runderneuert, innen wie außen modernisiert und fesch wie nie. Da die Marke Opel mittlerweile zum Stellantis-Konzern gehört, teilt sich die sechste Astra-Generation die Technik mit den Konzernbrüdern Peugeot 308, Citroën C4 und DS4. Auffallend ist das charakteristische und kantige Design, sowohl an der Front wie auch am Heck.

Auch im Innenraum blieb kein Stein auf dem anderen. Markant ist jetzt das große, durchgehende Touchdisplay, dessen Menü­führung etwas schlüssiger als im Peugeot von der Hand geht. Lediglich der unterschiedliche Mix an Materialien, die teilweise nicht gerade hochwertig erscheinen, fallen ins Auge. Immerhin gibt es aber etliche große und brauchbare Ablagen.

Das Platzangebot ist für vier Insassen solide, die Innenbreite aber ebenso gering wie im Peugeot. Die Sitze bieten dafür den besseren Langstreckenkomfort.

Der zum 308er baugleiche 1,2-Liter-Dreizylinder-Benziner ist vor allem unter Last brummig und verlangt nach Drehzahlen, um bei Laune zu bleiben. Immerhin liegt der Verbrauch mit akzeptablen 5,7 l/100 km im Rahmen. Gut gelungen: der sanfte Abrollkomfort, auch auf schlechten Straßen. Die indirekte Lenkung passt dagegen weniger zum insgesamt agilen Handling.

Neben dem VW Golf ist der Opel Astra übrigens der teuerste im Vergleichstest, punktet dafür aber mit der umfangreichsten Serienausstattung. Zwei Jahre Garantie sind allerdings eindeutig zu kurz.

Peugeot 308

Keiner zieht die Blicke mehr auf sich als der Franzose. Wir haben noch genauer hingeschaut.

5 Agiles Handling, feine Materialien, hoher Verbrauch, kurze Garantie.

Von jung bis alt, von klein bis groß – es gibt kaum jemanden, der sich nicht nach diesem Auto umdreht oder darauf zeigt. Und das nicht nur wegen seiner auffallend grünen Lackie­rung. Vor allem die extrovertierte Front-Optik mit den markanten LED-Tagfahrlichtern und das selbstbewusste Heckdesign ­machen neugierig.

Sehr modern präsentiert sich auch der Innenraum. Dort sticht sofort das kleine Lenkrad ins Auge, das erstmals im 208 zum Einsatz kam. Darüber hinweg schaut man auf die tadel­los ablesbaren Instrumente. Das Cockpit selbst wird von groß­flächigen Touchscreens dominiert, deren Menüführung nicht immer auf Anhieb selbsterklärend ist. Auffallend: die hohe Materialqualität.

Keine ernsthaften Patzer leistet sich der 308 beim Platzangebot, ledig­lich die Innenbreite auf den hinteren Sitzen ist geringer als bei der Konkurrenz und die etwas schmaler geschnittenen Sessel sind nicht ganz so bequem, vor allem im Rückenbereich.

Spaß bereitet der Franzose beim Fahren. Er gibt sich ausgesprochen agil und bleibt auch im engen Kurvengeschlängel erfreulich fahrsicher. Fein: die direkte Lenkung. Der etwas brummige 1,2-Liter-Dreizylinder-Benziner braucht wie im Opel Drehzahlen, um in die Gänge zu kommen. Ergebnis: Auf der Verbrauchsrunde konsumierte der 308 mit 6,3 l/100 km mehr als die anderen Kompakten. Und: Die Achtgang-Automatik wechselt die Gänge nicht immer ruckfrei. Nicht mehr am Puls der Zeit: nur zwei Jahre Neuwagen-Garantie.

VW Golf

Der Urmeter der Kompaktklasse hat seine Vormachtstellung eingebüßt. Gut ist er immer noch.

4 Reichlich Platz, sehr sparsam, gute Bremsen, kurze Garantie, teuer.

An den Achter-Golf mussten sich viele Kunden erst gewöhnen, vor allem an die Front mit den schmalen LED-Scheinwerfern und der verbindenden Chromleiste. Treu geblieben ist sich der Golf bei den Abmessungen, lediglich zwei Zentimeter ist er von Nummer sieben zu Nummer acht gewachsen. Im Vergleichstest ist er mit einer Länge von 4,28 Metern dennoch der Kürzeste, neben dem Kia Ceed trotzdem der Geräumigste. Vor allem vorne haben zwei Insassen viel Platz. Ein weiteres Plus: die bequemen und langstreckentauglichen Sitze.

Für reichlich Kritik sorgt hingegen die umständliche und vereinzelt unlogische Bedienung. Dass diese darüber hinaus nur noch über Touchflächen erfolgt, macht die Sache auch nicht einfacher.

Eine andere Domäne hat sich der Golf aber bewahrt: das überaus agile Handling sowie das sichere Fahrverhalten. Und: Er glänzt mit dem kürzesten Bremsweg. Für mehr als ausreichend kräftigen Vortrieb sorgt ein 1,5-Liter-Vierzylinder-Benziner mit 130 PS. Neben der Zylinderabschaltung kann der Golf beim Dahinrollen sogar den Motor stilllegen und über kurze Distanzen in den "Segel"-Modus wechseln. Ergebnis: ein niedriger Verbrauch von börselschonenden 5,4 l/100 km auf der auto touring-Verbrauchsrunde.

Günstig war der Golf nie. Im Test ist er mit knapp 31.000 Euro der teuerste Kandidat, selbst die Serienausstattung ist nur durchschnittlich. Immerhin finden sich in der Aufpreisliste viele Extras zum Ankreuzen. Unverändert mager: nur zwei Jahre Garantie.

Toyota Corolla

Keiner ist annähernd so günstig und sparsam wie der Japaner. Nur beim Platz hapert’s ein wenig.

3 Extrem sparsam, günstig, lange Garantie, eingeschränkter Platz.

Alles andere als unscheinbar oder gar langweilig ist das Design der mittlerweile zwölften Generation des Toyota-Topsellers Corolla. Ganz im Gegensatz zu seinem unglücklichen Vorgänger, der zwischenzeitlich Auris hieß. Soll heißen: Weder außen noch innen war ein Corolla jemals flotter und ansprechender gestylt als das aktuelle Modell.

Auch im Innenraum sorgen hochwertige Materialien und eine fehlerfreie Verarbeitung für eine wertvolle Anmutung. Auffallend: die wenigen und zu klein geratenen Ablagen. Um die Bedienung im Griff zu haben, muss man sich nicht lange einarbeiten, der Mix aus Tasten, Drehreglern und Touchflächen leuchtet ein.

Das Platzangebot ist auf den vorderen Plätzen solide, hinten wird’s aufgrund der geringen Innenbreite rasch eng. Vor allem der kleine Türausschnitt erleichtert das Ein- und Aussteigen nicht wirklich.

Als Einziger im Vergleichstest ist der Corolla übrigens ein Vollhybrid. Das hat den Vorteil, dass er beim zarten Dahingleiten zwei bis drei Kilometer rein elektrisch fahren kann. Und führt unterm Strich dazu, dass der Japaner auf der auto touring-Verbrauchsrunde mit dem deutlich geringsten Kraftstoff-Konsum brilliert, nämlich mit lediglich 4,3 l/100 km. In der Stadt sind sogar Werte mit einem Dreier vor dem Komma drin. Ein Temperamentsbündel ist der Vierzylinder-Benziner mit einer Systemleistung von 122 PS nicht, zudem stört das sonore Brummen beim Beschleunigen. Fein dafür: der günstige Preis und die zehnjährige Garantie bei Einhaltung des jährlichen Service.

Ford Focus

Die Überraschung im Vergleichstest. Gute Verarbeitung, viel Platz, einfache Bedienung.

2 Viel Platz, einfache Bedienung, sehr gute Verarbeitung, fünf Jahre Garantie.

Anfänglich hatten wir den Focus nicht auf dem Radar als Anwärter für einen der vorderen Plätze. Er hat zwar gerade ein kleines Facelift hinter sich, das aber nur Ein­geweihten auffällt. Aber mit fast jeder Test-Kate­gorie verfestigte der Ford seine gute Bewertung.

Als gutes Beispiel kann das Cockpit dienen: In den Basisausstattungen (mit einem kleineren Bildschirm als die Top-Varianten) wirkt er gegenüber seinen Konkurrenten beinahe antiquiert. So hat er als Einziger noch richtige Zeiger bei Tacho und Drehzahlmesser. Schlecht? Nein. Bedienung über die herkömmlichen Druckknöpfe und Drehregler? Schnell und logisch. Na gut, die Materialien im Innenraum sind teilweise von der günstigen Sorte, das macht der Focus aber mit seiner tadellosen Verarbeitung wieder wett.

Wer ausreichend Platz braucht, weil auch die hinteren Sitze oft belegt sind, wird beim Ford fündig: Keiner bietet dort so viel Knieraum wie der Focus. Mit 28 cm liegt er hier um beachtliche zehn Zenti­meter vor dem Toyota Corolla. Das sind in dieser Klasse Welten.

Etwas eingebüßt hat der Ford bei einer seiner früheren Stärken, dem Fahrwerk. Zwar gibt es hier noch immer nicht viel zu kritisieren, aber die Konkurrenz hat hier einfach aufgeholt.

Motorisch liegt der Focus mit seinem kleinen Dreizylinder im allgemeinen Trend. Der Mild-Hybrid ist ausreichend laufruhig, auch bei höheren Drehzahlen, das Zusammenspiel mit der Siebengang-Automatik ist unauffällig. Und: Bei der Garantie gibt es fünf Jahre.

Kia Ceed

Einfach ausgereift – er leistet sich keine Schwächen und gefällt mit logischer Bedienung.

1 Logische Bedienung, gutes Fahrverhalten, sieben Jahre Garantie.

Die dritte Generation des europäischen Koreaners (produziert in der Slowakei) ist endgültig an der Spitze angekommen. Die Verarbeitung hat hohes Niveau, die Bedienung ist einfach. Durch die sinnvolle Kombination von herkömmlichen Tasten und Drehreglern mit dem Touchscreen findet man sich leicht zurecht. Hervorragend sind auch die ­Sitze, die einen guter Seitenhalt bieten. Ab­lagen sind ausreichend vorhanden.

Motorisch ist der Kia der Stärkste im Vergleichstest. Wer einen Benziner mit Automatik haben will, muss zum 160 PS starken 1,6-Liter-Vierzylinder greifen. Der Mild-Hybrid gefällt in Kombination mit der gut abgestimmten Siebengang-Automatik mit seiner Laufruhe und guten Fahrleistungen. Mit einem Verbrauchszuschlag braucht man trotzdem nicht zu rechnen, bei der auto touring-Verbrauchsrunde bleibt der Ceed unter sechs Liter für 100 Kilometer. Lediglich beim Kofferraum­volumen muss man durch den Mild-Hybrid im Vergleich zu den reinen Verbrenner-Modellen des Ceed einen kleinen Abschlag (knapp 40 Liter Fassungsvermögen) hinnehmen.

Hervorragend die Abstimmung des Fahrwerks: Der Kia lässt sich ­äußerst flott bewegen, im Fall des Falles greift das gut abgestimmte ESP sehr sanft ein und hält ihn exakt in der Spur. Leichter Kritikpunkt dafür beim Fahrkomfort: Kurze Unebenheiten könnte er etwas besser wegstecken. Wie bei Kia gewohnt, gibt es auch für den Ceed beruhigende sieben Jahre Garantie.

Stich.jpg Erich Reismann Christian Stich, Redakteur

Unser Fazit

Auf hohem Niveau. Kompakte zählen neben Kleinwagen und SUV nach wie vor zu den beliebtesten Fahrzeugen auf dem österreichischen Automarkt. Entsprechend gespannt waren wir auf die Performance der einzelnen, zum Teil völlig neuen Modelle.

Sieger im großen auto touring-Vergleichstest – und das mit deutlichem Vorsprung – wird der Kia Ceed. Er leistet sich so gut wie keine Schwächen. Platz zwei geht an den überaus geräumigen und einfach bedienbaren Ford Focus. Dritter wird der Toyota Corolla, keiner verbraucht annähernd so wenig Benzin wie der Japaner. Zudem ist er günstig. Abstriche müssen dafür beim Platzangebot gemacht werden.

Der immer noch überaus agile und geräumige VW Golf wird Vierter. Sein größtes Manko: die umständliche Bedienung. Platz fünf geht an den optisch auffälligen, hochwertig verarbeiteten und fahraktiven Peugeot 308. Wie im Golf stört die mühsame Bedienung, der Verbrauch könnte auch niedriger ausfallen. Knapp dahinter landet der fesche Opel Astra. Er ist alltagstauglich, bietet einen geräumigen Kofferraum und einen soliden Fahrkomfort. Dem gegenüber steht ein höherer Anschaffungspreis und, wie bei Peugeot und VW, eine kurze Garantielaufzeit.

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