Ein türkiser Nissan Leaf von vorn auf einer Landstraße
© Nissan
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Oktober 2025

Erste Fahrt im neuen Nissan Leaf

Die dritte Generation des Nissan Leaf tritt völlig anders auf als die Vorgänger. Eine erste Testfahrt zeigt die neuen Stärken und Schwächen des japanischen Elektroautos.

Im Jahr 2010 stellte Nissan den ersten Leaf vor: ein vollelektrischer Hatchback in einer Zeit, in der Elektroautos eher als eigentümlicher Gag denn als ernsthafte Alternative wahrgenommen wurden. Bei den Eckdaten kein Wunder: 160 Kilometer Reichweite, 24-kWh-Batterie und 3,3 kWh Ladeleistung. 15 Jahre später fährt der neue Nissan Leaf ganz andere Geschütze auf: bis zu 622 Kilometer Reichweite laut WLTP, 75-kWh-Akku und maximal 150 kW Ladeleistung bietet die Topversion nun. So beeindruckend das im Generationenduell ist, heutzutage reißt der Leaf damit im Konkurrenzvergleich keine Bäume aus. Er mag zwar das einzige Elektroauto sein, das überhaupt schon auf drei Generationen kommt, doch der technische Vorsprung scheint verloren gegangen zu sein.

Ein türkiser Nissan Leaf von hinten auf einer Landstraße © Nissan
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Preise und Format

Das liegt freilich nicht am mangelnden Engagement von Nissans Seite, sondern an den Abermilliarden Euro, die sämtliche Hersteller im Laufe der letzten Jahre in Elektromobilität gepumpt haben. Und während es zwar inzwischen E-Autos gibt, die mit dreistelligen kWh-Kapazitätswerten, über 700 Kilometern Reichweite oder Ladeleistung jenseits der 400 kW protzen, darf man nicht vergessen, dass diese Fahrzeuge auch preislich (und formattechnisch) in eigenen Sphären unterwegs sind. Offiziell stehen die Preise für den Nissan Leaf zwar noch nicht fest, aus Deutschland kursieren aber Einstiegspreise von unter 37.000 Euro für die Basisversion und knapp 42.000 Euro für die große Batterie. Allzu stark dürften die österreichischen Preise davon nicht abweichen. Damit spielt der neue Leaf in einer deutlich volksnäheren Liga als Elektrofahrzeuge, deren Premium-Leistungsdaten mit hohen fünf- oder gar sechsstelligen Summen einhergehen.

In puncto Größe gibt sich der Nissan Leaf besonders bescheiden: Von den 4,49 Metern Länge des Vorgängers bleiben nur 4,35 Meter übrig. Dank der modernen E-Plattform, wie man sie auch von Renault Mégane und Scénic E-Tech Electric kennt, und kurzen Überhängen entsteht den Insassen daraus aber kein Nachteil. Im Gegenteil: Die Kniefreiheit hinten wächst um 18 Millimeter, die Schulterfreiheit sogar um 45 Millimeter. Und das Cockpit ist wie im Ariya locker luftig gestaltet. Von der Hatchback-Form verabschiedet Nissan sich ebenfalls und schwenkt auf eine Crossover-SUV-Silhouette um, wie man sie heute dutzendfach vorgesetzt bekommt.

Technik und Ausstattung

Der Nissan Leaf wird mit zwei verschiedenen Antriebsvarianten angeboten. Die Basis bildet ein 177 PS starker E-Motor mit 345 Nm Drehmoment und Frontantrieb, der von einer 52-kWh-Batterie mit Strom versorgt wird. Diese Version soll auf knapp 440 Kilometer WLTP-Reichweite kommen und mit bis zu 105 kW laden. Der Verbrauch laut WLTP liegt bei 13,8 bis 14,7 kWh auf 100 Kilometern, aus dem Stand auf 100 km/h geht es bestenfalls in 8,3 Sekunden. Die Topversion ist mit 218 PS und 355 Nm Drehmoment ein Stück stärker, bleibt aber ebenfalls beim Vorderradantrieb. Dank 75-kWh-Akku kommt sie aber auf bis zu 622 Kilometer Reichweite und lädt mit bis zu 150 kW. Der Verbrauch fällt mit 23,8 bis 14,8 kWh auf 100 Kilometern nur geringfügig höher aus, dafür geht es um sechs Zehntel flotter auf Landstraßentempo. Gemein haben beide Varianten den Topspeed von 160 km/h und eine DC-Ladeleistung von 11 kW. Der Verzicht auf 22-kW-AC-Laden – wie neuere Ariya-Modelle es können – wird von Nissan damit begründet, dass laut interner Daten von Kundenseite aus keine dringliche Notwendigkeit besteht.

Der Kofferraum fasst zwischen 437 und 1.052 Litern, das Leergewicht schwankt je nach Version und Ausstattung von 1.789 bis 1.942 Kilogramm. Apropos Ausstattung: Der Nissan Leaf wird in vier verschiedenen Trims angeboten, wobei die zwei hochwertigsten der stärkeren Motorisierung mit der großen Batterie vorbehalten bleiben. Hier kommen aber hauptsächlich optische Features wie das dimmbare Panoramaglasdach oder 3D-LED-Heckleuchten sowie Komfortgoodies à la Synthetikledersitze mit 8-Wege-Verstellung oder Bose-Soundsystem hinzu.

Cockpit eines Nissans mit weißen Sitzen © Nissan
Das Cockpit des Nissan Leaf ist in der Topversion nicht nur modern und luftig, sondern auch hübsch hergerichtet.
Weiße Ledersitze in einem Auto © Nissan
Die violetten Zierelemente an den Sitzen beißen sich allerdings mit der türkisen Lackierung.
Panoramaglasdach des Nissan Leaf von innen © Nissan
Das Panoramaglasdach kann vollständig, nur vorne oder nur hinten gedimmt werden.

Erkenntnisse der Testfahrt

Der neue Nissan Leaf ist zwar erst ab Februar 2026 in Österreich bestellbar und soll bald danach bei den Händlern eintreffen, doch eine erste Testfahrt in der Topversion Evolve samt großer Batterie konnten wir schon jetzt unternehmen. Das Design des Autos ist auch in natura meilenweit von den ersten beiden Generationen entfernt. Für die einen mag das eine willkommene Verjüngungskur sein, andere stören sich vielleicht an der Angleichung an die momentan prototypische Elektroauto-Formensprache. Fakt ist: Der Leaf tritt nun deutlich bulliger und dynamischer auf und geizt bei Details wie den Leuchten nicht mit stylishen Elementen. Auch der Innenraum ist massiv aufgewertet: Zwei 14,3 Zoll große Screens samt flott reagierendem Android-Betriebssystem und Google-Integration bedienen alle modernen Bedürfnisse. Die hellen Synthetikledersitze wirken edel, über die violetten Zierelemente an Sitzen, Armaturenbrett und Türen kann man sich, je nach Geschmack, streiten. Das Lenkrad bietet haufenweise Funktionen und wirkt deshalb etwas überladen, bis man sich damit vertraut gemacht hat. Dafür strahlt der Innenraum sonst größtenteils eine gute Wertigkeit aus. Die Passagiere hinten sollten aufgrund der abfallenden Dachlinie die 1,80 Meter nicht allzu weit überschreiten.

Fahrerisch bleibt der Nissan Leaf ganz große Aha-Erlebnisse schuldig. Das muss aber nicht schlecht sein: Er gleitet cool dahin und präsentiert sich rundum komfortabel. Und das ist im Alltag zweifellos das Wichtigste. Der Antrieb bietet zumindest im Sportmodus den üblichen E-Punch, aber bleibt stets zivilisiert. Ein cooles Feature: Neben vier Rekuperationsstufen plus E-Pedal-Drive bietet der Leaf auch ein automatisches Rekuperationslevel, das sich am Verkehrsgeschehen orientiert. Nimmt man bei freier Fahrt den Fuß vom Gas, segelt das Auto flüssig dahin. Ist der Vordermann langsam unterwegs, verringert sich das Geschwindigkeitslimit oder sieht das Navi eine Abbiegung vor, bremst der Leaf sich automatisch per Rekuperation ein. Das funktioniert in der Praxis einwandfrei und steigert die Effizienz beim Fahren. Ebenfalls sehr gut: Auch bei Nissan lassen sich nun mit zwei Tastendrücken vorab personalisierte Assistenzsystem-Einstellungen aktivieren. Und der Sensor zur Lenkradberührung ist sehr sensibel eingestellt. Wo andere Fahrzeuge darauf bestehen, wortwörtlich wachgerüttelt zu werden, reicht beim Leaf eine sanfte Berührung, damit die Lenkbereitschaft des Fahrers erkannt wird. In puncto Verbrauch macht der Japaner auf der ersten Testfahrt mit 15,5 kWh pro 100 Kilometern bei Temperaturen um die zehn Grad eine gute Figur. Genaueres wird sich beim ausführlichen Test weisen.

Touchscreen und Schalter in einem Auto © Nissan

Fazit

Der Nissan Leaf zieht in seiner dritten Generation mit der Konkurrenz mit – nicht mehr, nicht weniger. Das leicht angestaubte Image ist dahin, große Überraschungen bleiben aus. Er tritt modern auf und bietet alles, was man sich von einem kompakten Elektroauto erwartet. In puncto Konkurrenz fällt die Einordnung gar nicht so leicht. Schließlich liegt er mit seinen 4,35 Metern länge genau zwischen den kleineren Kompakten um VW ID.3 etc. und den größeren Vertretern des Segments, etwa Škoda Elroq und Konsorten. Quasi gleich lang ist der Hyundai Kona Elektro, der allerdings eine um rund zehn kWh kleinere Batterie bietet. Ob der Nissan Leaf sich im dicht bevölkerten elektrischen Kompaktsegment durchsetzt, wird sich im Lauf des nächsten Jahres zeigen.

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