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© ÖAMTC/Postl
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März 2022

Gelbe Engel fliegen grüner

Klimaneutral Leben retten ist aktuell noch eine Vision. Die ÖAMTC Flugrettung stellt jedoch bereits jetzt die Weichen für ein grüneres Fliegen.

Das Ziel ist klar: Um die menschengemachte Erderwärmung zu stoppen, muss der weltweite CO2-Ausstoß deutlich sinken. Die Euro­päische Union hat sich beispielsweise eine Reduktion um 55 Prozent gegenüber 1990 zum Ziel gesetzt – und zwar bis 2030, bis 2050 soll Europa sogar völlig klimaneutral sein.

Ein ehrgeiziger Plan, zu dem auch Luftfahrtunternehmen wie die ÖAMTC-Flugrettung ihren Beitrag leisten müssen und werden. Denn auch wir wissen, dass sich etwas ändern muss – und die ersten Versuche in Richtung des nachhaltigeren Betriebs von Notarzthubschraubern laufen bereits.

Wie viel Kerosin ein Hubschrauber braucht, hängt von verschiedenen Faktoren ab – darunter die Triebwerkskonfiguration, die Nutzlast und das Einsatzgebiet. Im Falle der Christophorus-Flotte, die ausschließlich aus H135 von Airbus Helicopters besteht, liegt der Verbrauch im Schnitt bei 230 Litern pro Flugstunde.

Das klingt für den Laien, der den Spritverbrauch seines Pkw im Kopf hat, im ersten Moment nach einer unglaublichen Menge. Dabei muss man aber bedenken, dass sogar ein vergleichsweise leichter Hubschrauber wie die H135 eine ganze Menge Energie benötigt, um überhaupt in die Luft zu kommen, dort zu bleiben und natürlich auch schnell voranzukommen, was speziell im Aufgabengebiet der ÖAMTC-Notarzthubschrauber im wahrsten Sinne des Wortes überlebenswichtig ist.

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Dass dabei CO2 entsteht, liegt auf der Hand. Im Bewusstsein ihrer Verantwortung für Mensch und Umwelt unternimmt die ÖAMTC Flugrettung daher laufend Anstrengungen, den Verbrauch – und damit den CO2-Fußabdruck – ihrer Flotte zu reduzieren.

Derzeit wird das vorwiegend über technische Modifikationen und Upgrades in Zusammenarbeit mit Triebwerkshersteller Safran bewerkstelligt, denn ein einwandfreier technischer Zustand ist die Grundvoraussetzung für einen sauberen Betrieb. Ein weiterer Faktor ist die kontinuierliche Erneuerung der Flotte. Denn ähnlich wie im Pkw-Bereich (wo sich der Fahrzeugbestand freilich deutlich dynamischer verändert) werden auch Luftfahrzeuge ständig weiterentwickelt und dadurch effizienter, was ­wiederum der Umwelt zugute kommt.

All das ist ein Anfang – ein wichtiger Schritt in Richtung grüneren Fliegens, der sich direkt auf die Fluggeräte konzentriert. Noch größer ist das CO2-Sparpotenzial jedoch an anderer Stelle: Künftig sollen die Christophorus-Notarzthubschrauber nicht mehr mit herkömmlichem Kerosin, sondern mit Sustainable Aviation Fuels (kurz: SAF), also nachhaltigen Kraftstoffen für die Luftfahrt, betankt werden. Diese Maßnahme hat das Potenzial, die CO2-Emissionen um bis zu 90 Prozent (!) zu verringern.

Nachhaltigkeit ist eines der wichtigsten Themen unserer Zeit. Speziell für uns – ist die Gesundheit der Menschen doch unsere Kernaufgabe. 
 

Reinhard Kraxner, Geschäftsführer ÖAMTC Flugrettung

Doch was sind SAF überhaupt?

Vereinfacht ausgedrückt handelt es sich dabei um Kraftstoffe, die aus nachhaltigen Energieträgern hergestellt werden. Dafür gibt es verschiedene Verfahren und Zugänge.

Im Falle der ÖAMTC-Flugrettung und ihrer Partner liegt der Fokus auf dem sogenannten "Biomass to liquid"-Verfahren zweiter Generation. Dabei wird der Biokraftstoff aus Rest- und Abfallstoffen, zumeist Altspeiseöl und -fetten, gewonnen, sodass es keine Auswirkungen auf die Nahrungsmittelproduktion gibt.

Wichtig: Nicht nur die Biomasse selbst muss ökologisch nachhaltig sein, auch die zu ihrer Erzeugung notwendige Energie sowie die Lieferkette für die SAF sind im Sinne einer möglichst hohen ­CO2-Reduktion zu berücksichtigen.

Das alles mag im ersten Moment wie Zukunftsmusik klingen. Ganz so fern ist der flächendeckende Einsatz von SAF jedoch nicht: Die ADAC Luftrettung, Partnerorganisation der ÖAMTC Flugrettung, hat Anfang Juni 2021 in Köln den ersten Testflug mit einer H145 von Airbus Helicopters ­durchgeführt. ­Betankt war der Hubschrauber mit ­einem Gemisch aus 40 Prozent SAF und 60 Prozent herkömmlichem Kerosin. Der Versuch wurde problemlos absolviert, die langfristigen Auswirkungen auf die Technik sind derzeit Gegenstand von Untersuchungen.

Die Investition in neue Technologien, die uns und anderen ­künftig ein "grüneres" Fliegen ermöglichen werden, ist für uns keine Pflicht, sondern eine ­Selbstverständlichkeit.
 

Marco Trefanitz, Geschäftsführer ÖAMTC Flugrettung

Der erste Flug eines Christophorus-Notarzthubschraubers, der mit einem SAF-Gemisch abheben soll, ist im Laufe des Jahres 2022 geplant. Der Grund für diese Vorlaufzeit liegt auf der Hand: Die Sicherheit genießt in der Luftfahrt oberste Priorität. Entsprechend großes Augenmerk wird daher auf die Verlässlichkeit und die Verträglichkeit zwischen Biokraftstoff und Turbinentechnik gelegt.

Derzeit wäre beispielsweise nur ein Mischverhältnis mit einem 50-prozentigen Anteil an SAF zugelassen – ein Wert, dessen Erhöhung erst nach umfangreichen Versuchen möglich ist, schlicht, weil es noch keinerlei Erfahrungen dazu gibt. Sind alle freiwilligen und vorgeschriebenen Tests absolviert, die Zertifizierungsverfahren abgeschlossen und die Finanzierung geklärt (SAF sind derzeit deutlich teurer als herkömmliches Flugbenzin), könnte es schnell gehen: Innerhalb von 18 Monaten, so die ersten Einschätzungen, könnte die gesamte Flotte der ÖAMTC-Flugrettung mit einer SAF-Beimischung fliegen.

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