— Frau Kögler, welchen Stellenwert hat Ihre Arbeit in der Fahrzeugentwicklung?
indra-lena kögler: Um ein neues Fahrzeug zu entwickeln, braucht es etwa fünf Jahre. In den ersten zwei Jahren wird ein Design-Konzept samt Zielbild erstellt, bei dem wir Sounddesigner gleich von Beginn an involviert sind. Und dann wieder ganz am Ende, wo wir oft noch adaptieren müssen. Für uns ist das Auto wie ein Instrument, auf dem wir spielen.
— Welche technischen Tricks setzen Sie beim Sounddesign ein?
indra-lena kögler: Mit Tricks arbeiten wir eigentlich nicht. Da geht es um Grundsätze bezüglich Material, Qualität und Bauformen. Wo beobachten wir Eigenfrequenzen, wie weich oder hart muss ein Material sein, damit nichts mitschwingt? Diese Elemente werden intensiv getestet, etwa auf den bekannten Rüttel-Teststrecken. Dazu kommen gesetzliche Bestimmungen und die Frage nach dem Umgebungs-Alltag der Kunden: Wie klingt es, wenn mehrere Autos vorm Kindergarten warten? Oder wie in urbanen Häuserschluchten?
— Wenn Kunden ein Auto viele Jahre fahren, entstehen irgendwann lästige Geräusche. Kann ein Hersteller so etwas voraussehen und unterbinden?
indra-lena kögler: Nein, denn irgendeine Verschraubung wird sich früher oder später immer lockern. Aber: Man lernt über die Jahre von den Projekten davor und versucht mit diesem Erfahrungs-Horizont besser zu werden. Von der Akustik-Seite her natürlich spannend: Wie können wir sicherstellen, dass etwa der Sound eines Elektroautos auch in 15 Jahren noch modern klingt und vor allem nicht nervt?
— Viele Aspekte Ihrer Arbeit scheinen nicht in Zahlen messbar zu sein…
indra-lena kögler: Richtig. Es ist ein sehr persönliches Erlebnis. Unser Team zum Beispiel hat da aber schon ein gutes Grundgefühl entwickelt, wie der Durchschnitt der Kunden die Akustik später empfindet. Wir fragen bei der Entwicklung ja unglaublich viele Menschen sämtlicher Altersklassen, Geschlechter und kultureller Hintergründe. Das ist ein Hauptthema.
— Was verstehen Sie unter Störgeräuschen?
indra-lena kögler: Wenn ein bestimmter Sound schlecht gestaltet ist, zum Beispiel einen falschen Frequenzbereich hat, das geht gar nicht. Da geht es speziell um hohe Frequenzen, die viele Menschen als unangenehm empfinden. Das sind Elemente, die man nur verwenden sollte, wenn extreme Dringlichkeit vorliegt, bei Warnmeldungen etwa. Und selbst dann will man den Autofahrer ja nicht erschrecken, sondern zu einer bestimmten Aktion animieren, sonst verringert das womöglich die Reaktionszeit. So was darf nicht passieren.
— Ein subjektiv sportlicher Motorsound wird heute oft nicht mehr so positiv wahrgenommen wie früher. Warum können sich akustische Emotionen ändern?
indra-lena kögler: Ein Sound hat immer eine psycho-akustische Verankerung. Er weckt Erinnerungen, Gefühle und Erlebnisse. Dachte man vor zwanzig Jahren an Ferrari, hatte man Bilder von Rennsport, Millionären und Monaco im Kopf. Klar, so was wird auch zukünftig immer noch einen Platz in der Gesellschaft haben. Trotzdem reden wir heute über Elektromobilität und die "Fridays For Future"-Bewegung, wo die Akzeptanz eines Zwölfzylinder-Sounds eben schwindet. Das ist schlicht ein Bewusstseins-Wechsel, den die Welt auch braucht.
— Zum Schluss: Ihr Lieblingsgeräusch?
indra-lena kögler: (lacht) Das genüßliche Brummen meines Hunds, wenn ich ihn streichle. Und ich liebe die Akustik von Wasser in der Natur.
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