Der 60 Meter hohe Wasserturm ist eines der bekanntes Wahrzeichen Mannheims

Der 60 Meter hohe Wasserturm in Mannheim.

© Helmut Eckler

Der 60 Meter hohe Wasserturm in Mannheim.

© Helmut Eckler
Dezember 2025

Kultinarik in vier Städten

Baden-Württemberg besticht durch Kunst-, Technik- und Kulturgeschichte – und durch kulinarische Genüsse. Die besten Besichtigungs- und Genuss-Tipps für vier Städte.

Die Hauptstadt Baden-Württembergs ist Stuttgart, aber der ideale Start für eine Kultur- und Kulinarik-Reise im Südwesten Deutschlands ist Mannheim, gefolgt von drei weiteren Städten.

Werbung
Datenschutz Zur Anzeige von Werbung benötigen wir Ihre Zustimmung.

1. Quadratestadt Mannheim

Wegen der rechtwinklig angelegten Innenstadt trägt die Stadt am Zusammenfluss von Rhein und Neckar den Beinamen „Quadratestadt“. Es gibt keine klassischen Straßennamen, sondern Adressangaben auf Basis der Quadrate, zum Beispiel A 3, 1–4a. Für Außenstehende ist das kaum zu durchschauen.

Adressschilder der Quadrate in Mannheims Innenstadt: A3 / A3 1–4a © Helmut Eckler
Adressangabe auf Basis der Quadrate in Mannheims Alt- bzw. Innenstadt.

Am Rand der Innenstadt steht der Sitz der Kurfürsten, das zweitgrößte Barockschloss Europas. Ab Mitte des 18. Jahrhunderts war die Stadt eines der geistigen und kulturellen Zentren Europas, nachdem Kurfürst Carl Theodor von der Pfalz Künstler und Forscher aus aller Herren Länder versammelte. Schiller war erster Hausautor, seine „Räuber“ wurden hier uraufgeführt. Mozart musizierte in Mannheim – fand zwar keine angestrebte Anstellung am Hof, dafür aber die Liebe: Konstanze Weber.

Im 19. Jahrhundert nahm die Stadt so richtig Fahrt auf: Werner von Siemens nahm den ersten elektrischen Personenaufzug in Betrieb, Carl Benz erfand das Motor-Dreirad, Karl Drais das Lauf- bzw. Fahrrad.

Wahrzeichen Mannheimer Wasserturm – davor die Bronze-Nachbildung des Motordreirads von Carl Benz © Helmut Eckler
Zwei Wahrzeichen in Mannheim: der Wasserturm und die Bronzenachbildung des Patent-Motorwagens von Carl Benz.
Radwege-Beschilderungen in Mannheim. Zum Beispiel die Drais-Route oder die Schillerroute © Helmut Eckler
Allgegenwärtige Personen: Überall in Mannheim – wie hier als Radrouten-Namensgeber – sind Hinweise auf Friedrich Schiller, Karl von Drais oder Carl Benz zu finden.

Wir durchstreifen die Mannheim, rasten im urigen Gasthaus „Rheinterrassen“ und probieren einen lokalen Klassiker: Wurstsalat mit Pommes – eine gewöhnungsbedürftige Kombination.

Mannheimer Spezialität: Wurstsalat mit Pommes © Helmut Eckler
Wurstsalat mit Pommes im Rheinterrassen-Gasthaus in Mannheim.

Die Küche ist international, seit der Kurfürst Fachleute und Arbeiter aus ganz Europa und Asien holte; Mannheim präsentiert sich heute multikulturell und „multikulinarisch“. Türkische Spezialitäten gibt es in „Klein-Istanbul“ im Stadtzentrum.

1969 erfand Dario Fontanella als 17-jähriger das heute weltweit bekannte Spaghetti-Eis. In seinem Eissalon schildert er ausführlich, dass ihn die nudelartige Präsentation von Kastanienreis auf die Idee brachte: Vanilleeis als Nudeln, Erdbeersauce als Sugo, weiße Schokolade draufgerieben als Parmesan. Wir probieren das Original – ein süßer Traum.

Dario Fontanella präsentiert seine Erfindung, das Spaghetti-Eis © Helmut Eckler
Beim Erfinder: Dario Fontanella mit SEINEM Spaghetti-Eis.

In der Konditorei Herrdegen kosten wir „Mannemer Dreck“. Den kultigen, würzigen Lebkuchen erfand ein Konditor 1822 als humorvollen Protest gegen die neue Verordnung, alle Straßen müssten sauber gehalten werden. Damals erinnerte der Lebkuchen optisch an einen Dreckhaufen, heute ist er ein mit Schokolade überzogener Taler.

außenansicht der Konditorei Herdegen in Mannheim © Helmut Eckler
Traditionskonditorei  Herrdegen: Hier kosten wir die Spezialitäten Baumkuchen und „Mannemer Dreck“.
Mannemer Dreck: Verpackungsschachtel plus Schokotaler © Helmut Eckler

Kulinarischer Höhepunkt des Tages: Casual Fine Dining auf dem Oberdeck des historischen Museumsschiffs am Neckarufer. Im Restaurant „The Tourist Trap“ kocht Sternekoch Dennis Maier in legerer Atmosphäre und überrascht mit feinen, großteils fleischlosen, raffinierten Kreationen, die sich als wahre Geschmacksexplosionen entpuppen.

Museumsschiff am Ufer des Neckar in Mannheim © Helmut Eckler
Casual Fine Dining im Museumsschiff: Das Restaurant „The Tourist Trap“ befindet sich auf dem Oberdeck des historischen Museumsschiffs am Neckarufer.
Sternekoch Dennis Maier im Restaurant „The Tourist Trap“ auf dem Museumsschiff am Neckar. © Helmut Eckler
„The Tourist Trap“: Sternekoch Dennis Maier überrascht mit mehrgängigen Menüs voller raffinierter Kreationen.
Kolrabi-Kreation von Sternekoch Dennis Maier im Restaurant „The Tourist Trap“ auf dem Museumsschiff am Neckar. © Helmut Eckler
Der zweite von sechs Gängen: Kohlrabi-Variationen von Sternekoch Dennis Maier. 

Danach – es ist schon dunkel – spazieren wir durch den Jungbusch. Das ehemalige Hafenarbeiter- und Rotlichtviertel ist heute ein angesagter, multikulturell geprägter Szenetreff. Wir landen im „Tap Room“, einem Bierlokal, in dem zahlreiche Sorten aus aller Herren Länder ausgeschenkt werden; jeder wählt aus der umfangreichen Karte vier Biere, die in kleinen Gläsern auf einem Brett serviert werden – spannend, wie unterschiedlich Gebrautes schmecken kann.

Freundliche Kellnerin serviert auf einem Brett vier Biersorten in kleinen Gläsern. © Helmut Eckler
Bier verkosten im „Tap Room“: Vier zum Vergleichen bestellte Biere werden in kleinen Gläsern auf einem Brett serviert.

2. Nächste Station: Schwetzingen

Die Kleinstadt Schwetzingen ist ebenfalls eng mit dem Kurfürsten verbunden, hier lag seine Sommerresidenz. Das Barockschloss mit dem weitläufigen, geometrisch angelegten Park sollte auf keinen Fall verpasst werden. Besonders beeindruckend sind die vielen Skulpturen und Brunnen sowie außergewöhnliche Gartenarchitekturen wie das kleine Naturtheater mit Apollotempel, das Römische Wasserkastell mit Aquädukt, die einzigartige Gartenmoschee und der geheimnisvolle Merkurtempel.

Blick auf Schloss Schwetzingen vom Barockgarten aus © Helmut Eckler
Barockschloss Schwetzingen: Im Vergleich zum weitläufigen Barock-Garten wirkt das verhältnismäßig kleine Schloss schon fast putzig.
REiseleiterin vor einem übergroßen Plan des Barock-Schlossgartens in Schwetzingen © Helmut Eckler
Riesiger Barockgarten in Schwetzingen: Der historische Plan hängt beim Schloss-Eingang. Das Schloss ist ganz klein am unteren Plan-Rand zu erkennen – da lassen sich die Dimensionen des Parks erahnen. 
Naturtheater mit Apollotempel im Schlosspark Schwetzingen © Helmut Eckler
Naturtheater im Barockgarten: Das kleine Naturtheater mit Apollotempel ist nur eine der vielen außergewöhnlichen Gartenarchitekturen im weitläufigen Park des Barockschlosses Schwetzingen. 

Der Fürst liebte Spargel und veranlasste, das „königliche Gemüse“ in großem Stil anzubauen. Noch heute ist Schwetzingen eines der Spargelzentren Deutschlands. Wir speisen im kleinen Spitzenlokal „Möbius“ des gebürtigen Leipzigers Tommy R. Möbius, der einige Zeit im Restaurant „Fabios“ in der Wiener Innenstadt kochte. Was er aus Wien mitnahm: Kochkunst – und seine Frau Elli, mit der er das Restaurant betreibt. „Kochen mit Liebe, Lust und Leidenschaft“ ist das Motto – und genau das können wir bei jedem Gang schmecken, wobei jetzt, im Frühling, der Spargel eine Hauptrolle spielt.

Sternekoch Tommy R. Möbius mit seiner Frau Elli in deren Restaurant Möbius © Helmut Eckler
Power-Paar: Sternekoch Tommy R. Möbius kocht, seine Frau Elli führt das Restaurant Möbius in Schwetzingen.
Teller mit Schwetzinger Spargel mit zweierlei Reh, geschmort und mit Purple Curry. © Helmut Eckler
Fine Dining im Möbius, der zweite Gang: Maibock. Reh aus der Kurpfalz,  Purple Curry, Schwetzinger Spargel, Kartoffel-Schnitte, Basilikum-Jus.

3. Mittelalterliche Universitätsstadt Heidelberg

Heidelberg steht für eine ganze Epoche: die Romantik. Über der Altstadt, die zwischen dem Südufer des Neckar und dem Abhang des Königstuhls liegt, thront die Schlossruine. Das alte Gemäuer inspirierte Dichter wie Achim von Arnim, Joseph von Eichendorff und Clemens Brentano genauso wie die Maler Carl Rottmann, Carl Philipp Fohr, Ernst Fries und William Turner.

Schlossruine Heidelberger über der Stadt am Abhang des Königsstuhl © Helmut Eckler
Die Schlossruine über Heidelberg inspirierte Dichter und Landschaftsmaler ebenso wie die Studierenden der ältesten Universität Deutschlands. 

Um 1870 erfand der Chocolatier Fridolin Knösel den „Studentenkuss“, einen Schokoladetaler, den ein Verehrer der Dame seines Herzens überreichen lassen konnte, weil die Gouvernanten das direkte Ansprechen untersagten. Die Chocolaterie in der Haspelgasse gibt es noch immer, und der Studentenkuss ist ein süßes Gedicht.

Verkaufer mit Studentenkuss-Schokotalern auf deinem Tablett steht im der Chocolaterie. © Helmut Eckler
Studentenkuss: In der Chocolaterie in der Haspel­gasse gibt’s heutzutage nicht nur den Schoko-Taler.

Im Karzer, dem Studentengefängnis der alten Universität, ging es weniger romantisch zu. Den sollte man unbedingt besichtigen: Die Graffitis und Texte an den Wänden dokumentieren, dass es für Studenten bis 1914 zum guten Ton gehörte, zumindest einmal hier eingesessen zu sein. Die gängigen Delikte waren unter anderem nächtliche Ruhestörung, Trunkenheit, schlechtes Benehmen, das Zerschlagen von Straßenlaternen und anderer städtischen Einrichtungen oder Nacktbaden in Brunnen oder im Neckar.

Alte Universität Heidelberg von außen © Helmut Eckler
Ehrwürdiges Gebäude: Die Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg ist die älteste Universität in Deutschland mit durchgehendem Lehrbetrieb.
Eingangsschild zum Karzer, dem Studentengefängnis in Heidelberg © Helmut Eckler
Hintereingang der alten Universität in Heidelberg: Hier gibt’s die Tickets und Souvenirs. Der Karzer, das historische Studentengefängnis, wurde seinerzeit allerdings „Carcer“ mit zweimal „C“ geschrieben.
Zelle mit Wandmalereien im Karzer, dem Studentengefängnis der Universität Heidelberg © Helmut Eckler
Eine der Zellen im Karzer: Die vielen Graffitis und Texte dokumentieren, dass es für Studenten bis 1914 zum guten Ton gehörte, hier eingesessen zu sein.
Wandtext im Heidelberger Studentengefängnis: Auf dem Karzer lebt sich herrlich, auf dem Karzer lebt sich schön. O wie schmerzt mich, ach ich soll schon aus dem lieben Karzer gehen. Hätt ich doch statt 5 Laternen 25 ausgemacht. Hätt dann statt 2 der Tage, sehne mal hier zugebracht. 18. Juni 1880, Georg Cuny © Helmut Eckler
Gedicht eines Karzer-Insassen: Auf dem Carcer lebt sich’s herrlich, auf dem Carcer lebt sich’s schön. O wie schmerzt mich’s, ach ich soll schon aus dem lieben Carcer geh’n. Hätt’ ich doch statt 5 Laternen 25 ausgemacht. Hätte dann statt 2 der Tage, Zehne mal hier zugebracht. 18ter Juni 1880, Georg Cuny

Die Konditorei Schafheutle mit ihrem beschaulichen Gastgarten ist eine Institution in Heidelberg. Im Frühling ist besonders viel los, denn dann hat die fruchtig-säuerliche Rhabarbertorte Saison. Und in der Neugasse gibt es seit 1986 den Zuckerladen, ein Paradies für Schleckermäuler. Zuckerl, Lakritz, Kaugummi in allen Facetten, Gummi- und Schaumzuckerzeug sowie längst vergessen geglaubte Süßigkeiten werden hier verkauft. Und wie früher kann an einer Wand voller bunt gefüllter Gläser gustiert werden, um sich die persönliche süße Mischung im Papierstanitzel zusammenstellen zu lassen.

Verkäuferin füllt für ein Kind ein Papierstanitzel mit Süßigkeiten im Heidelberger Zuckerladen © Helmut Eckler
Heidelberger Zuckerladen: Meist sind es junge Kund:innen, die sich die ganz persönliche süße Mischung im Papierstanitzel zusammenstellen zu lassen.

4. Pforzheim, die Goldene Stadt

Um 1768 wurden eine Uhren- und Schmuckfabrik und gleichzeitig die erste Berufsschule für Goldschmiede und Uhrmacher gegründet – aus Italien, Frankreich und der Schweiz holte man Spezialisten aus beiden Bereichen. In der Blütezeit im 19. Jahrhundert stammten in Deutschland schließlich rund 90 Prozent des Schmucks aus Pforzheim, was der Stadt den Beinamen „Goldene Stadt“ einbrachte. Heute finden sich – abgesehen von großen Produzenten – überall Schilder von kleinen Goldschmiede- und Uhrmacherwerkstätten.

Im Schmuckmuseum sind Uhren und Schmuck aus Jahrtausenden, aber auch moderne Exponate zu bestaunen. Es wird die Frage „Was ist Schmuck?“ gestellt und mit Exponaten aus unterschiedlichen Materialien beantwortet – von Gold, Silber und Edelsteinen über Keramik, Stein und Pflanzengeflechte bis hin zu Ausstellungsstücken aus Horn, Holz und Leder.

In Pforzheim wird ein „Kulinarischer Spaziergang“ geboten. Kleingruppen gehen mit Guide-Begleitung durch die Stadt, erfahren Wissenswertes und machen immer wieder Halt bei historischen Gebäuden und in Restaurants, Cafés oder Bars. Die Routen sind immer anders und orientieren sich daran, welche Lokalitäten gerade geöffnet haben.

Wir genießen im „La Trinacria Gourmet“ von Pizza-Weltmeister Francesco Salamone dessen WM-Pizza.

Pizza-Weltmeister Francesco Salamone in seinem Pforzheimer Restaurant „La Trinacria Gourmet“ mit seiner WM-Pizza. © Helmut Eckler
Pizza-Weltmeister: Francesco Salamone im „La Trinacria Gourmet“ mit seiner WM-Pizza. Der Belag: Fenchel-Sauce, Nebrodi-Schinken, Büffel-Mozzarella, gelbe Kirsch­tomaten und Zitronen-Pulver.

Danach landen wir im vietnamesischen Kaffee- und Teehaus „Caphe“, wo wir saftiges Bananenbrot probieren. Im „Café Roland“ in einem 1950er-Jahre-Turmbau, der heute zur Kunsthochschule gehört und dessen Inneneinrichtung noch original aus den 1950ern stammt, erfrischen wir uns mit einem Rosenwasser-Cocktail. Der Sightseeing-Bummel führt uns an Monumenten, Skulpturen und historischen Gebäuden vorbei schließlich ins „Oh Zoe“, wo wir asiatische Spezialitäten verkosten.

Himbeer-Blätterteig-Schnitte mit Himbeer-Eis von Möbius © Helmut Eckler
Und zum Abschluss etwas Süßes: „Frühlingsgefühle“ von Tommy R. Möbius. Mille Feuille, rosa Rhabarber, Himbeersorbet und weiße Scshokoladecreme.

Reich an Eindrücken aus vier sehr unterschiedlichen Städten kehren wir nach Österreich zurück – und um einige Kilogramm schwerer.

Kommentare (nur für registrierte Leser)