Christof Lischka, Leiter der BMW-Motorradentwicklung.
© sebastianweissinger.at
© sebastianweissinger.at
November 2025

"Wir haben ein geniales Niveau erreicht."

Wir fragen: Wird es selbstfahrende Motorräder geben? Kommt uns zukünftig der Fahrspaß abhanden? Wie stark ist die Konkurrenz aus China? Es antwortet: Christof Lischka, Leiter der BMW Motorrad-Entwicklung.  

Semiaktive Fahrwerke, LED-Licht, Assistenzsysteme – in puncto Technik hat sich in den letzten Jahren unglaublich viel getan. Geht es mit der Entwicklung in diesem Tempo weiter?

Die Welt dreht sich gefühlt immer schneller, die Entwicklungszyklen werden kürzer, die Erneuerung passiert rascher. Ich glaube schon, dass es in diesem Tempo weitergeht. Ich glaube aber auch, dass die neue Technik das Produkt Motorrad im Grundsatz nicht verändern wird.

Wie soll das funktionieren? Mehr Technik erhöht in der Regel auch die Chance, davon abgelenkt zu werden…

…wobei ein Fahrerassistenzsystem im Grundsatz ja nicht ablenken sollte, auch beim Auto nicht.

Aber aus dem Testalltag und dank des Feedbacks unserer Mitglieder wissen wir, dass Fahrassistenzsysteme im Auto, etwa bei Baustellen, mit ihrem unerwarteten Eingriff für massive Ablenkungen im Auto sorgen. Am Motorrad könnte das schlimme Folgen haben…

Also ich stimme zu, dass dieses Thema beim Motorrad noch stärker ausgeprägt ist als beim Auto. Fahrerassistenzsysteme, sowohl im Auto als auch im Motorrad, sollten den Fahrer wirklich nur unterstützen und auf keinen Fall ablenken. Das muss das höchste Gut sein. Deswegen sind unsere Systeme immer schon so konfiguriert, dass sie den Fahrer in puncto Fahrkomfort und Fahrsicherheit nur unterstützen.

Werbung
Datenschutz Zur Anzeige von Werbung benötigen wir Ihre Zustimmung.
Interviewsituation. Redakteur links, der Leiter der BMW-Motorradentwicklung, Christof Lischka, rechts.  © sebastianweissinger.at
Interviewsituation. Redakteur links, der Leiter der BMW-Motorradentwicklung, Christof Lischka, rechts.  © sebastianweissinger.at
Interviewsituation. Redakteur links, der Leiter der BMW-Motorradentwicklung, Christof Lischka, rechts.  © sebastianweissinger.at

"Assistenzsysteme werden den Komfort und das Sicherheitsniveau zwar weiterhin steigern, uns aber nicht behindern. Wir werden auch in Zukunft aktiv Motorradfahren."

Christof Lischka, Leiter Entwicklung BMW Motorrad

Der Fahrspaß wird uns also nicht abhandenkommen?

Nein, das Erlebnis, das Freiheitsgefühl des Motorradfahrens, das wird sich nicht verändern. Wir werden weiterhin aktiv Motorradfahren. Fahrerassistenzsysteme werden in meinen Augen vorrangig dafür da sein, den Komfort und das Sicherheitsniveau anzuheben. Aber nicht, um das Erlebnis Motorrad im Grundsatz zu verändern.

Werden wir in naher Zukunft autonom fahrende Motorräder erleben?

Das glaube ich nicht.

Motorräder werden immer kräftiger. Braucht man überhaupt so viel Leistung?

Wichtig ist mir, dass wir für jeden Kunden ein adäquates Angebot haben. Von einem Wettrüsten der Leistung allein zuliebe halte ich nichts. Aber man muss es natürlich segmentspezifisch betrachten. Denn ein Superbike wird schlussendlich auch an seiner Leistung gemessen. Viel wichtiger finde ich, dass durch das konventionelle mechanische Niveau des Motorrads, wie aber auch durch Assistenzsysteme, eigentlich jeder ein Superbike wie die S1000RR mit über 200 PS fahren kann. Das ist inzwischen schon ein geniales Niveau, das wir erreicht haben.

Wie BMW auf die Konkurrenz aus China reagiert, wie viel Pkw-Technik in den Motorrädern steckt.

Wie sehr spürt BMW Motorrad die immer stärker werdende chinesische Konkurrenz?

Wettbewerb ist immer willkommen, denn er treibt uns voran und hilft uns, besser und schneller zu werden. Wir schauen uns alle Wettbewerber an und natürlich beobachten wir, was chinesische Hersteller machen. Ich denke aber, dass wir mit unserer Position und Kompetenz keine Angst vor der Zukunft haben müssen.

BMW bietet sowohl Vier- als auch Zweiräder an. Bei der Entwicklung neuer Fahrzeuge kommt es doch sicherlich zu Überschneidungen. Gibt es einen aktiven Austausch auf technischer Ebene?

Die Wechselwirkung ist für uns eine wirklich große Stärke. Explizit natürlich für Motorrad, weil wir auf viel Know-how, Kompetenzen und auch Infrastruktur der Pkw-Abteilung zurückgreifen können, speziell in den Bereichen Entwicklung und Produktion. Diese Möglichkeiten haben eigenständige Motorradhersteller nicht. Andersherum profitieren die Pkw-Kollegen durchaus auch davon, dass die Motorrad-Abteilung mal etwas schneller und pragmatischer agieren kann.

Können Sie konkrete Beispiele für die Zusammenarbeit nennen?

Motorrad kann von Auto beispielsweise bei der Software profitieren, speziell der Programmierung von Steuergeräten. Wir arbeiten auch gut im Bereich der Radarsensorik sowie der Sicherheitstechnik zusammen. Ein schönes Beispiel ist das erste ABS an unseren Motorrädern. Das kam seinerzeit von den Auto-Kollegen.

Und beim Thema Elektroantrieb findet vermutlich auch ein reger Austausch statt?

Genau. In den Batterien unserer Elektroroller kommen beispielsweise die gleichen Batteriezellen zum Einsatz, wie bei unseren Pkw-Modellen.

Interviewsituation. Redakteur links, der Leiter der BMW-Motorradentwicklung, Christof Lischka, rechts.  © sebastianweissinger.at

Kommentare (nur für registrierte Leser)