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Eine Klammer zwischen Vergangenheit und Gegenwart: Motorrad-Pannenhilfe des ÖAMTC einst und jetzt.

© ÖAMTC

Eine Klammer zwischen Vergangenheit und Gegenwart: Motorrad-Pannenhilfe des ÖAMTC einst und jetzt.

© ÖAMTC
Oktober 2016

Zurück in die Zukunft: 120 Jahre ÖAMTC

Seit 120 Jahren blickt Österreichs größter Mobilitätsclub nach vorne. Jetzt wird wieder kräftig in die Nothilfe für seine Mitglieder investiert, sagt Verbandsdirektor Oliver Schmerold im Interview.

Ein gemeinnütziger österreichischer Verein, der 120 Jahre alt geworden ist, hat naturgemäß schon immer in die Zukunft geblickt. Wie hätte er sonst die Vergangenheit überlebt? Symbolträchtig genug ist die Tatsache, dass es ausgerechnet das Radfahren ist, das wie eine Klammer diese Epoche über mehrere Generationen umschließt. 

Am 24. Oktober 1896 riefen Radfahrer – alleine in Wien gab es damals 11.000 – zur Gründung eines Touring-Clubs auf: "Sofern … ein Radfahrer auf seinem Vehikel eine Reise zu thun gedenkt, die ihn aus dem heimatlichen Gaubezirk hinausbringen soll, findet er fast gar keine Unterstützung und ist auf sich selber angewiesen."

Dieser Tag gilt heute als Geburtsstunde des ÖAMTC. Generationen später, kurz vor seinem 120. Gründungstag, macht der Club – mittlerweile mit Abstand größter Verein Österreichs und zwei Millionen Mitglieder stark – wieder mit Fahrrädern Schlagzeilen: Seit 2015 sind ÖAMTC-Pannenfahrer mit Elektro-Fahrrädern in Wien unterwegs, um Autofahrern und Radfahrern zu helfen. Eine rot-weiß-rote Variante des Themas "Zurück in die Zukunft". Genauso gibt es zu den schon legendären Motorrad-Beiwagen der Pannenhilfe aus den 1950er-Jahren moderne Pendants.  

Von einem kleinen Verein von Enthusiasten wandelte sich der ÖAMTC freilich zu einer modernen Dienstleistungsgemeinschaft. In einer Welt, die sich immer schneller dreht, wächst der Wunsch nach Sicherheit: Wir suchen Menschen und Institutionen, denen wir vertrauen können. Das hat nichts mit einer Rückwendung in die Vergangenheit zu tun. Wir vertrauen, wenn sich etwas bewährt hat. Das benötigt Zeit. Oft sehr viel Zeit. 

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Eine Erfolgsgeschichte

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Ein Fenster in längst vergangene Zeiten

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1 "Ihre Ausstellung ist sehr schön." Mit diesen Worten, die aus seinem Mund ja schon eine enthusiastische Beifallsbekundung war, verabschiedet sich hier Kaiser Franz Joseph I. von einer Automobilausstellung, die der ÖAC 1904 in der Rotunde im Wiener Prater veranstaltete. © auto touring/ÖAMTC

2 Am 12. August 1908 unternimmt Kaiser Franz Joseph mit dem britischen König Edward seine erste Fahrt in einem Automobil. "Es ist ausgezeichnet gegangen, die Fahrt war sehr schön." © auto touring/ÖAMTC

3 Mitglieder des ÖTC in den 1920er-Jahren: In neuen Clubräumen können nun auch repräsentative Veranstaltungen abgehalten werden. © auto touring/ÖAMTC

120 – eine Zahl mit Zukunft

2016 wird der ÖAMTC 120 Jahre alt. Präsident Werner Kraus: "120 ist für den Club eine Zahl mit Symbolkraft, eine Zahl mit Zukunft. Denn sie steht einerseits für die Tradition dieses großen österreichischen Mobilitätsclubs. Andererseits ist 120 schon seit den Achtzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts die einheitliche Telefonnummer, über die Not- und Pannenhilfe des ÖAMTC Tag und Nacht österreichweit alarmiert werden können.“

Genau diese Kombination ist es, auf die der Club baut. Die Tradition erwächst aus dem langjährigen Vertrauen seiner Mitglieder. Dieses wiederum gibt dem Club die Möglichkeit, rechtzeitig für die Zukunft zu investieren. Vor allem in die Not- und Pannenhilfe auf der Straße, in die Schutzbrief-Nothilfe im In- und Ausland und in die Christophorus-Notarzthubschrauber, die oft lebensrettende Hilfe aus der Luft bringen. 

Heute Legende: die erste Pannenhilfe

Exemplarisch für den Gedanken der Hilfeleistung stehen Vergangenheit und Zukunft der ÖAMTC-Pannenhilfe auf der Straße, der zentralen Nothilfeleistung des Clubs. Die Mitglieder des Clubs erwarten zu Recht, dass die ÖAMTC-Pannenhilfe immer und überall so rasch wie möglich bei ihnen ist und vor Ort in möglichst vielen Fällen die Weiterfahrt ermöglicht, ohne dass weitere Maßnahmen oder Reparaturen erforderlich sind.

Soweit die einfache Idee. Doch als am 18. Oktober 1954 erstmals in Wien eine ÖAMTC-Pannenhilfe auf Beiwagen-Motorrädern ausfuhr, konnten sich selbst kühne Visionäre eine solche Zukunft nicht vorstellen. Die Erfindung einer Pannenhilfe war schon Innovation genug. Ihr Schöpfer, Club-Techniker Gerhard Seidel, hatte nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst gute Tipps in der Club-Zeitschrift gegeben und sah sich auf Wunsch der Mitglieder dann und wann einmal auch ein Fahrzeug in der Nebenfahrbahn des Clubgebäudes am Wiener Schubertring an. Daraus ergab sich bald die Notwendigkeit, für solche Arbeiten eine Prüfbox im fünften Wiener Bezirk zu mieten.

Die erste Pannenhilfe in Österreich überhaupt, die hier ihren an einem Sommertag in den frühen Fünfzigerjahren des vorigen Jahrhunderts ihren Ausgang nahm, ist heute Legende: Ein Fischhändler, der seine Ware im Beiwagen eines alten Krads transportierte, kam zu Fuß in die Prüfbox. Sein Motorrad streikte, die Ware – für die damalige Zeit eine Kostbarkeit – drohte in der Gluthitze zu verderben. Mit seinem Privatwagen machte sich Seidel gemeinsam mit einem weiteren Mitarbeiter auf den Weg.

Dem Fischhändler konnte geholfen und das Motorrad wieder flott gemacht werden, die erste ÖAMTC-Pannenhilfe war geleistet. Millionen und Abermillionen sollten folgen. Im Jahr 1955 – der Staatsvertrag wurde abgeschlossen und Österreich erklärte seine Neutralität – nahmen die Technischen Dienste und die Pannenhilfe auch in den Bundesländern ihren Betrieb auf. Schon im Juli 1958 wurden die heute legendären Pannenautos vom Typ Steyr-Puch 500 in Dienst gestellt. Weitere Meilensteine waren die Einführung einer flächendeckenden Pannenhilfe in ganz Österreich rund um die Uhr, die einheitliche Notrufnummer 120 landesweit ohne Vorwahl und das "Umfassende Notfall-Service" mit dem Versprechen "100 Prozent Mobilität", das der ÖAMTC seinen heute mehr als zwei Millionen Mitgliedern gibt.

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1 Max Frank war einer der ersten Gelben Engel. Und er ist noch heute "seinem Club" verbunden. © ÖAMTC

2 Von der Beiwagen-Maschine zum "Pannenauto 2000": Auch von den 1950er- bis 1990er-Jahren wurde die ÖAMTC-Flotte laufend modernisiert. © ÖAMTC

3 Wie die Zeit vergeht: Heute werden die Einsätze der Pannenhilfe am Computer gesteuert, noch in den 1980er-Jahren funktionierte das per Zettelwirtschaft. © ÖAMTC

Die Zukunft der Nothilfe auf der Straße

Für die zunehmende Zahl der Elektronik-Pannen führen die "Gelben Engel" jetzt Pannenhilfe-Laptops mit. Diese können sie mit dem Fahrzeug verbinden, um sogenannte Fehlercodes auszulesen und diese Fehler auch zu beheben, also die Computersteuer-Geräte zurückzusetzen. Das ermöglicht dem Mitglied die Weiterfahrt. Diese Ausrüstung mit Spitzentechnologie sorgt dafür, dass der ÖAMTC 80 Prozent der Pannen sofort auf der Straße beheben kann.

Damit dieses System funktioniert, benötigt der ÖAMTC eine Vielzahl von Daten und Informationen über die elektronischen Systeme, die von Herstellern in ihren Autos verbaut werden. Immer weniger davon werden freilich automatisch und unbürokratisch von den Autoherstellern zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus führt der ÖAMTC gemeinsam mit seinen Partnerclubs im Ausland große Dokumentationen, in denen auf den gemeinsamen Erfahrungsschatz zurück gegriffen wird – ein ständiger Lern- und Weiterbildungsprozess, der mit den Innovationen der Autoindustrie immer Schritt hält. Das führt dazu, dass auch kniffligere Fälle, in denen bisher vielleicht nicht sofort geholfen werden konnte, gelöst werden können.

In acht von zehn Fällen kann der ÖAMTC somit jetzt und auch in Zukunft auf der Straße helfen. In allen andern Fällen sorgt der ÖAMTC dafür, die Mobilität des Mitgliedes aufrecht zu erhalten: zum Beispiel mit einer vorläufigen Hilfe – etwa wird der Auspuff provisorisch fixiert oder der Fehlercode im Bordsystem gelöscht, damit zumindest die Weiterfahrt bis zur Tankstelle oder zur Werkstätte oder bis nach Hause möglich ist. Und in jenen Fällen, in denen tatsächlich nichts mehr geht, wird das Fahrzeug abgeschleppt. Allerdings kümmert sich dann der ÖAMTC auch in diesen Fällen weiter ums Mitglied – etwa mit einem Clubmobil als Ersatzfahrzeug oder er wird die Weiterfahrt anders ermöglichen. Das heißt: Die Mobilität des Mitglieds steht immer im Vordergrund, so wird das Versprechen des ÖAMTC "100 Prozent Mobilität" erfüllt.

„Teil der Lösung sein“ – Interview mit Oliver Schmerold

Der Verbandsdirektor des ÖAMTC über die vielfältigen Formen der Mobilität, die Herausforderungen der Zukunft und die Bedeutung des 120-jährigen Bestehens des Clubs.

Seit 2011 liegt die operative Führung des ÖAMTC in Händen von Oliver Schmerold, 47. Gemeinsam mit dem Verbandsdirektorium treibt er die Entwicklung des Clubs voran. Die Initiative zur E-Bike-Pannenhilfe beispielsweise geht auf sein Konto, sie wird mittlerweile von anderen Mobilitätsclubs von Berlin über Amsterdam bis San Francisco nachgeahmt.

Oliver_Schmerold_KurtPinter_01_CMS.jpg Kurt Pinter © Kurt Pinter

— Welche Bedeutung haben 120 Jahre Vergangenheit für den heutigen ÖAMTC?

oliver schmerold:Das 120-jährige Bestehen des Clubs steht für Beständigkeit, Kontinuität und das Vertrauen, das Menschen in die Organisation ÖAMTC setzen. Das ist gerade in Zeiten, in denen vieles im Umbruch ist, in denen viele Werte diskutiert werden, die in der Vergangenheit nicht zur Diskussion standen, für die Menschen wichtig, glaube ich. Dass es noch Dinge gibt, die Bestand haben. Wir sind schon lange im Dienste unserer Mitglieder da und das wird so bleiben.

— Der ÖAMTC hat sich von der ursprünglichen "Kraftfahrervereinigung" zum Mobilitätsclub gewandelt. Was bedeutet das konkret?

OLIVER SCHMEROLD:Als wir die Neuorientierung einleiteten, erschien es mir wichtig, mit zentralen Botschaften zu arbeiten, um unseren Mitgliedern, aber auch den Mitarbeitern zu verstehen zu geben, dass ein Wandel stattfindet. "Mobilitätsclub" war die Überschrift, die musste natürlich mit Inhalten und Angeboten untermauert werden. Dazu haben wir in den letzten fünf Jahren massiv investiert, die persönlichen Leistungen für das Mitglied noch stärker in den Vordergrund gestellt, Angebote im Bereich der Shared Mobility entwickelt, sind in unserer Kommunikation viel breiter geworden. Der ÖAMTC nimmt sich heute Themen an, die nicht mehr nur mit dem Automobil oder dem Besitz eines eigenen Kraftfahrzeugs zu tun haben, sondern bei denen es allgemein um Fragen der Mobilität geht. Deshalb haben wir bewusst begonnen, auch andere Formen der Mobilität stärker zu beleuchten.

Der ÖAMTC nimmt sich Themen an, die nicht mehr nur mit dem Automobil zu tun haben.

Oliver Schmerold, Verbandsdirektor des ÖAMTC

Der ÖAMTC hat sich auch als Gesellschafter bei der Verkehrsauskunft Österreich (VAO) engagiert, die online jederzeit die Frage beantworten kann, wie und mit welchem Fortbewegungsmittel ich genau jetzt am einfachsten und schnellsten von A nach B komme. Die VAO verknüpft Straßenverkehrsinformationen und Fahrpläne öffentlicher Verkehrsmittel in Echtzeit. Das ist einzigartig.

Damit ist der ÖAMTC der einzige nicht staatliche Gesellschafter in der VAO, nimmt also Aufgaben wahr, die weit über seine unmittelbare Vereinssphäre hinausgehen, wenn es um die Mobilität der Österreicherinnen und Österreicher geht.

— Auch die Inbetriebnahme von Rettungshubschraubern ab 1983 war keine ureigene Aufgabe eines "Autofahrerclubs".

Oliver Schmerold: Tatsächlich haben wir damit vor mehr als 30 Jahren begonnen, um schneller Hilfe zu Verkehrsunfällen zu bringen. Mittlerweile finden aber nur noch knapp zehn Prozent aller Einsätze der ÖAMTC-Hubschrauber nach Verkehrsunfällen statt. Der größte Teil sind allgemeinmedizinische Notfälle oder alpine Freizeitunfälle. Dadurch hat der ÖAMTC in den letzten Jahrzehnten mehr und mehr gesellschaftliche Verantwortung in Österreich übernommen. In diesem Bereich ist er unersetzbar geworden.

Vor einigen Jahren schon haben wir ein Leitbild für die Entwicklung des Clubs installiert, das wir "ÖAMTC 2020" nennen. Darin ist festgeschrieben, dass die Aktivitäten des ÖAMTC auf zwei wesentlichen Säulen ruhen: Die eine ist die Nothilfe, die andere die Alltagsbegleitung unserer Mitglieder – also eine Vielzahl von Dienstleistungen. Nicht alles, wobei wir helfen können, ist ja ein Notfall.

Die ÖAMTC-Flugrettung ist ein wesentlicher Faktor unserer Säule Nothilfe und ein zentraler, integrierter Bestandteil des Clubs. Ein wichtiges Thema ist zum Beispiel, wie künftig die medizinische Versorgung vor allem im ländlichen Bereich aussehen kann. In dieser Diskussion sind wir mitten drin – und Teil der Lösung. Es ist eine fantastische Aufgabe, als private, unabhängige Organisation, ähnlich wie das Rote Kreuz auch, an der Beantwortung solcher Fragen mitzuwirken.

— Beamen wir uns kurz ins Jahr 2046, wenn der ÖAMTC sein 150-jähriges Bestehen feiert. Wie wird die Mobilität der Menschen in Österreich dann aussehen und was wird der ÖAMTC für seine Mitglieder leisten?

Oliver Schmerold:Zunächst einmal: Die Entwicklung des ÖAMTC ist klar vorgegeben durch die Entwicklung der Mobilität. Wir folgen den Veränderungen, die sich in der Gesellschaft abspielen, und entwickeln entsprechende Serviceangebote dafür. Was jedoch nicht bedeutet, dass wir nicht aktiv mitgestalten wollen, das tun wir.

Dass es in den nächsten 30 Jahren im urbanen Bereich weniger Individualverkehr geben wird, ist ein Faktum. Stadtbewohner können vieles mit öffentlichen Verkehrsmitteln bewerkstelligen. Trotzdem hat jeder Einzelne individuelle Mobilitätsbedürfnisse. Das bleibt bestehen. Die Frage für uns: Was bietet der ÖAMTC für die urbane Mobilität? Da geht es um Anschluss- oder Ergänzungsmobilität, Carsharing beispielsweise.

Im ländlichen Raum sehe ich eine noch größere Herausforderung, Mobilität spielt sich dort unter ganz anderen Rahmenbedingungen ab. Ich bin überzeugt, dass der ÖAMTC auch in 30 Jahren noch Stützpunkte betreiben und technische Dienstleistungen für Kraftfahrzeuge anbieten wird, aber er wird daneben vielleicht kleine Mobilitätszentren haben, in denen man sich über andere Mobilitätsformen informieren, sie buchen und in Anspruch nehmen kann.

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Oliver Schmerold treibt die Wandlung des ÖAMTC zum Mobilitätsclub voran.

"Die ganze Autoindustrie muss sich bei der Nase nehmen"

— Der ÖAMTC hat die Nachrüstaktion des Volkswagenkonzerns nach dem aufgedeckten Abgasbetrug überprüft. Das Resultat war eigentlich positiv: Das Software-Update hält, was es verspricht. Dem ÖAMTC wurde daraufhin von manchen vorgeworfen, aufseiten des Autoherstellers zu stehen statt auf der Seite seiner Mitglieder, die ein solches Fahrzeug besitzen. Was antworten Sie darauf?

OLIVER SCHMEROLD: Hier geht es um die Glaubwürdigkeit der Autoindustrie auf der einen Seite, zum anderen um die Durchsetzungskraft der europäischen Gesetzgebung, zum dritten um die Frage der Zukunft für den Diesel. In Zeiten hitziger medialer Diskussionen sollte man mit Fakten operieren. Deshalb haben wir im Interesse unserer betroffenen Mitglieder aufwändige Tests dieser Umrüstmaßnahmen durchgeführt, sind dabei völlig unvoreingenommen ans Werk gegangen und haben uns mit anderen europäischen Ländern abgestimmt. So konnten wir nachweisen, dass sowohl die Fahreigenschaften als auch die Verbrauchswerte sich nach dem Software-Update nicht zum Nachteil des Konsumenten verschlechtert haben. Das ist aber kein Freispruch für VW.

Im Grunde muss sich die ganze Autoindustrie bei der Nase nehmen und im Sinne des Konsumenten mitarbeiten, dass es zu realistischen Verbrauchsangaben kommt. Denn was wir mit den Tests auch belegt haben, sind wieder einmal die Abweichungen der Testverbrauchswerte zu den Normverbrauchsangaben. Diese Diskrepanz besteht aber nicht aufgrund von Manipulationen, sondern aufgrund gesetzlicher Vorgaben, wie die Normwerte zu ermitteln sind. 

Wir begrüßen das realitätsnähere Abgas-Testverfahren, das 2017 in Kraft tritt.

Oliver Schmerold, Verbandsdirektor des ÖAMTC

Die europäischen Clubs waren immer Kritiker dieser Messmethode und haben die Unterschiede durch reale Verbrauchsangaben aufgezeigt, wie z.B. in den Autotestberichten des auto touring. 

Jetzt tritt 2017 ein neues, realitätsnäheres Testverfahren in Kraft. Das begrüßen wir, mit einer wesentlichen Einschränkung: dass die darauf aufbauenden Steuersätze für den Konsumenten entsprechend angepasst werden müssen. Es darf nicht sein, dass man auf einmal für dasselbe Fahrzeug mehr bezahlt, weil der Normverbrauch anders ermittelt wird.

— Hat der Diesel-Pkw noch eine Zukunft?

OLIVER SCHMEROLD: ​Die Mineralölsteuer auf Dieselkraftstoff zu erhöhen, ist eine Entscheidung, die man zwar treffen kann. Dazu ist aber ein mehrjähriger Vorlauf notwendig, weil Konsumenten die Chance haben müssen, sich eingehend zu informieren und sich danach zu richten. Auch die Autohersteller sollen ihre Modellpaletten danach ausrichten können. Es gibt ja durchaus welche, die sich überlegen, aus dem Dieselmarkt auszusteigen. Jedenfalls soll die Regierung nicht handstreichartig die Kaufentscheidung von Zehntausenden Konsumenten negativ beeinflussen. 

— Wie wird es in naher Zukunft mit dem ÖAMTC weitergehen?

OLIVER SCHMEROLD: Es steht fest, dass sich die Mobilität der Menschen weiter verändern wird. Der ÖAMTC wird diese Veränderungen aktiv mitgestalten und mit viel Innovationskraft begleiten. 

Das hat er im Übrigen schon immer getan: Wenn man die 120 Jahre Revue passieren lässt, kann man feststellen, dass der ÖAMTC immer am Zug der Zeit war, nie statisch blieb, immer vorneweg war. So dynamisch werden wir auch in Zukunft mit unseren Mitgliedern in allen Mobilitätsformen verbunden bleiben.

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