Wie verläuft ein typischer Arbeitstag?
Bei einer 7-Tage-Reise besuchen wir meist fünf Häfen. Wir fahren in der Nacht und liegen untertags vor Anker.
Eine Stunde vor Anlege-Manöverbeginn stehe ich auf, dreißig Minuten später erscheine ich auf der Brücke. Nach Lageaustausch und Manöverbriefing folgt das Manöver selbst. Hinterher Nachbesprechung, Frühstück und Büroarbeit. Ich hole Infos von meinen direkten Ansprechpartnern ein, dem Staff Captain, dem Chief Engineer und dem General Manager. Danach inspiziere ich verschiedene Abteilungen, erledige Büroarbeit.
Nach dem Mittagessen folgt die Manöverbesprechung fürs Auslaufen, dann das Manöver. Abends mache ich oft einen Rundgang durch die Outlets, um Belegung und Stimmung zu prüfen.
Kennen Sie jeden Winkel Ihres Schiffes?
Vielleicht nicht jeden Millimeter, aber ich kann mich überall orientieren.
Der Verkehr- bzw. Transportsektor gilt als einer der größten CO2-Verursacher weltweit. Dazu zählen Straßen- und Flugverkehr, aber auch die Schifffahrt. Wie kann die Schifffahrt in Zukunft noch grüner werden?
Viele vergessen, dass über 90 % des internationalen Warenverkehrs über See läuft. Pro Tonne und Kilometer entstehen bei der Seefracht also schon jetzt deutlich weniger Emissionen als beim Landverkehr. In puncto Nachhaltigkeit kann aber noch einiges gemacht werden.
Zum Beispiel?
Mit Flüssigerdgas-Antrieben hat AIDA Cruises eine nachhaltigere Brückentechnologie eingeführt, obwohl man dabei in der Branche anfangs oft auf Widerstand stieß.
Durch Big-Data-Analyse der etwa 40.000 unterschiedlichen Messpunkte unseres Schiffes optimieren wir laufend die Treibstoffeffizienz. Wir testen Batterie-Pack-Systeme mit zehn Megawattstunden und erforschen Biokraftstoffe. So kann das auf der Aida Prima installierte Batteriepacksystem beispielsweise während eines Manövers genutzt werden, um Emissionen zu reduzieren.
Langfristig könnten Technologien wie die Brennstoffzelle interessant werden. Die Branche ist aber davon abhängig, wie die technische Entwicklung voranschreitet. Bis 2050 soll die Flotte Netto-Null-Emissionen haben.
Außerdem optimieren wir die Vorgänge an Bord, etwa die Versorgungslogistik, und reduzieren Müll durch das Einsparen von Verpackungen.
Apropos Versorgung: Wie viele TonnenAusrüstung werden für eine Reise geladen?
Alle 14 Tage etwa 200 bis 300 Tonnen, das entspricht 10 bis 15 Lkw-Ladungen.
Das Logistik-Management ist sicherlich herausfordernd. Passagiere wollen an Land, Ausrüstung muss an Bord. In beiden Fällen handelt es sich um große Mengen… Zeitgleich befinden sich maximal 40 % der Passagiere an Land. Unsere Shore-Excursion-Abteilung plant die Ausflüge gestaffelt. Wir koordinieren dies mit der Auslastung der Restaurants an Bord. Es bedarf einer präzisen Abstimmung, damit nicht alle Gäste zur selben Zeit am selben Ort sind.
Wie gehen Sie mit der Verantwortung um?
Man muss sich der Verantwortung bewusst sein, darf sich von ihr aber nicht erdrücken lassen.
Das klingt so einfach…
Ich persönlich sehe die Verantwortung weniger als Last, sondern als Versprechen an die Gäste. Wir sorgen dafür, dass sie den Aufenthalt sicher und angenehm bei uns verbringen.
Gehen Sie im Notfall als Letzter vom Schiff?
Dies ist ein sehr unrealistisches Szenario. Aber wenn es wirklich nötig ist, werde ich das tun.
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