Portrait Fritz Lehr und Frau Pulker-Rohrhofer
© Hafen Wien
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September 2025

Wasserstraße Donau: Strom der Möglichkeiten

Von Schleusen, Schiffen und Schwertransporten: Wie die Donau zwischen Passau und Bratislava zur Lebensader für Transport, Tourismus und Technik wird. Von Birgit Schaller
 

Sie ist ein Teil unserer Identität. Alljährlich drehen und wiegen wir uns selig zu Strauß' berühmten "Donauwalzer" ins neue Jahr und besingen das "Land am Strome" und "das Wasser", das "talwärts rinnt, …, fast wia die Tränen von am Kind". 350 Kilometer lang ist die Donau in Österreich. Sie war die Lebensader, die Vindobona, das römische Lager, auf die Landkarten zeichnete.

Heute ist der Fluss, der Europa auf 2857 Kilometern durchströmt, ein vielfältiger Lebensraum, Naturidyll für Schifffahrtsromantik und Wirtschaftsfaktor als Verkehrsader, der die Nordsee über die Flüsse Rhein und Main mit dem Schwarzen Meer verbindet.

In Österreich wird der Donauraum von drei Institutionen getragen: Die via donau ist Infrastrukturbetreiber, die DDSG lädt ein, den Fluss zu entdecken, und der Hafen Wien ist Handels- und Umschlagplatz für Güter mit den Häfen Freudenau, Albern und Lobau.

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Die kleine Schwester der Autobahn

"Was die Asfinag für die Straße ist, das sind wir für die Donau. Wir betreiben die Wasserstraße und verantworten die ökologische Entwicklung von Donau, March und Thaya", sagt Hans-Peter Hasenbichler. Das sei kein Widerspruch: "Es braucht einen ganzheitlichen Ansatz für den Natur-, Wirtschafts- und Lebensraum Donau", findet der Geschäftsführer von via donau.

Bis zu 15 Güterschiffe befahren täglich die österreichische Donau. 6,6 Millionen Tonnen an Transportgut wurden im Vorjahr auf diesem Weg transportiert. "Die Wasserstraße ist die umweltfreundlichste Transportroute, ideal für Schütt- und Flüssiggut, Getreide- oder Erztransporte oder übergroße Schwergüter. Es gibt enorme Kapazitäten."

Aktuell werden zwei Prozent des heimischen Güterverkehrs über die Donau abgewickelt. "Diese würden jedoch auf der Westautobahn zusätzliche 30 Kilometer Lkw-Kolonnenverkehr bedeuten“, erklärt Hasenbichler anschaulich. Güterschiffe können je nach Bauart das Volumen von bis zu 250 Lkw transportieren, und das deutlich umweltschonender als diese.

"Es wird in Zukunft Alternativen brauchen. Die Wasserstraße kann diese bieten, die Donau ist aktuell nur zu 25 Prozent ausgelastet", so Hasenbichler. Noch läuft der Transport von den Häfen Antwerpen, Rotterdam und Amsterdam, trotz Anbindung an die Donau über den Rhein-Main-Kanal, vorwiegend via Bahn und Straße. Allerdings, "das Bahn- und Straßennetz wird bis 2050 an seine Grenzen stoßen, denn die Wirtschaft und damit der Verkehr in Europa wachsen weiter", prognostiziert Hasenbichler.

Portrait Fritz Lehr und Frau Pulker-Rohrhofer © Hafen Wien
Hans-Peter Hasenbichler.

Was die Asfinag für die Straße ist, das sind wir für die Donau.

Hans-Peter Hasenbichler, Geschäftsführer von via donau

Nadelöhr Schleuse

Das Nadelöhr der Wasserstraße Donau in Österreich sind die Schleusen an den Wasserkraftwerken. Die Kraftwerke werden von der Verbund AG betrieben, die gemeinsam mit via donau Wartung und Betrieb der Schleusenanlagen verantwortet. Entlang der Donau befinden sich 18 Wasserkraftwerke, neun davon in Österreich auf einer Strecke von nur 350 Kilometern. Das ist viel – und es bedeutet 40 Minuten Wartezeit, um die bis zu 20 Meter Höhenunterschied je Schleuse zu überwinden.

Auf den 2200 Kilometern der Donau bis zum Schwarzen Meer gibt es an der slowakisch-ungarischen Strecke nur eine Schleuse bei Gabčíkovo, eine in Serbien bei Djerdap und eine in Rumänien an der bekannten Engstelle Eisernes Tor. Hinter der österreichischen Grenze verwandelt sich der Alpenfluss in einen Tieflandfluss, der breiter ist und langsamer fließt.

Klimakrise und Technologie verlangen Veränderung

Wichtig ist auch die Weiterentwicklung des teilautonomen Fahrens der Schiffe. Derzeit fahren die Kapitäne noch mit Joystick und Ruder. Da könne man in der Flussschiffahrt klarerweise mit der Topliga der Meeresfrachter und deren hochtechnologischen Schiffahrtssystemen nicht mithalten. Vorzeigen lasse sich das standardisierte Riverinformationssystem DoRIS (Donau River Information Services), welches von der via donau entwickelt und über die Grenzen ausgerollt wurde. Es erfasst Echtzeitdaten zu Schifffahrt, Wasserstand, Strömung und gibt Tipps in der Verkehrsplanung.

Ein anderes Thema beschäftigt die via donau zunehmend: der Hochwasserschutz. "Extreme Wetterbedingungen sind Folge der Klimakrise, hier gilt es zu handeln", weiß Hasenbichler. So würden harte Betonverbauungen deutlich reduziert, um das Einsickern in den Boden bei höherem Wasserstand zu ermöglichen. Alte Nebenarme des Flusses werden wieder angebunden, um die Flussdynamik zu unterstützen. Das hilft auch dem Ökosystem Donau.

DDSG_Flotte auf der Donau © Blue Danube

Der bunte Lebensraum Donau

Denn die Donau ist nicht nur Verkehrsweg. Im Nationalpark Donau-Auen leben unzählige schwimmende, quakende, krabbelnde und fliegende Arten. Viele stehen unter Naturschutz wie Biber, Unken, Totholzkäfer, die Sumpfschildkröte, Vogelarten wie Wachtelkönig, Eisvögel und der Seeadler.

20.000 Fische wurden über Jahre gechippt und ihr Lebensweg wird für ökologische Forschungen beobachtet. Ein langjähriges Projekt ist die "Donau-Arche“, eine Kooperation mit der BOKU Wien, unterstützt von EU-Geldern. Die LIFE-Boat4Sturgeon ankert an der Donauinsel. Hier werden Störarten aufgezüchtet. 240.000 Störe sind schon im Freiwasser, weitere 1,6 Millionen Jungfische sollen bis 2030 aufgezogen und ausgewildert werden.

Die via donau erhält auch 500 Kilometer Treppelwege, auf welchen früher Zugtiere Schiffe flussaufwärts zogen. 250 Kilometer davon dienen als Radweg. Eine Million Radler:innen nutzen jährlich den Eurovelo 6 zwischen Passau und Bratislava, der in Frankreich beginnt und in Constanta am Schwarzen Meer endet. Die lebendige Botanik zwischen Wasser und Au ist durchaus eine Herausforderung für die Erhaltung.

DDSG: Schiffsromantik und Sonnendeck

Rund 300.000 Menschen im Jahr erleben die Donau nicht als Transportweg, sondern als Ausflugsziel und Tourismusattraktion: Die Donaudampfschifffahrtsgesellschaft Blue Danube, kurz DDSG, bringt Gäste auf Tagesausflügen "mit Glücksmomenten" in die Wachau oder präsentiert Wien-Highlights entlang des Donaukanals. Dazu werden lustige Themenfahrten auf der Donau geboten mit Wienerlied, Heurigen- und Après-Ski-Feeling. Man kann ganze Boote mit Kapitän mieten oder in nur 75 Minuten Bratislava mit dem Twin City Liner besuchen und ein erfrischendes Bier in der Altstadt genießen.

"Unsere Schiffe sorgen für Flair. Wir schlagen Wellen mit Charterangebot für Hochzeiten, Firmenevents oder Weihnachtsfeiern", lacht Wolfgang Fischer. "Unsere neun Schiffe und 12 Kapitäne und eine Kapitänin bieten Entschleunigung mit kulinarischen Höhepunkten", ergänzt der DDSG-Geschäftsführer. Alljährlich nimmt die DDSG, die bereits 1829 gegründet wurde, bis zu sieben Lehrlinge auf und bildet sie nautisch und technisch aus, der Weg vom Lehrling zum Kapitän dauert bis zu 12 Jahre. "Wasser hat etwas Magisches", findet Fischer und ist schon wieder am Sprung auf eines seiner Schiffe.

Für Wasserliebhaber: Schöne Momente kann man auch bei einer Flusskreuzfahrt erleben. Viele Anbieter entführen von Wien oder Passau flussabwärts bis in die Slowakei, nach Ungarn und weiter nach Serbien, Bulgarien bis ins Donaudelta in Rumänien. Wen es in den Norden zieht, der reist auf der Donau flussaufwärts nach Amsterdam, der Rhein-Main-Donau-Kanal macht es möglich, allerdings über insgesamt 18 Schleusen.

Am Hafen Wien wird 24/7 gearbeitet

Der Hafen Wien ist das dritte Unternehmen, das für die Bewirtschaftung der Donau eine Rolle spielt. Er liegt gut versteckt zwischen der Trabrennbahn Freudenau und der Lobau und ist so groß wie die Wiener Innenstadt. Zu den drei Häfen zählt der Güterhafen Freudenau, der Ölhafen Lobau und der Getreidehafen Albern mit seinen fünf riesigen Getreidespeichern, die auch von der Tangente aus als Landmark weithin sichtbar sind.

Der Hafen Freudenau wurde schon 1902 in Zeiten der Donaumonarchie erbaut, sehr spät, da die Länden, die flachen Uferstellen zum Be- und Entladen von Schiffen anfangs ausreichend bequem waren. Erst die Dampfschifffahrt und die Donauregulierung, die 1875 abgeschlossen war, entstand ein Stromhafen und später der Winterhafen Freudenau. Die beiden anderen Häfen wurden vor Kriegsbeginn in den 30er-Jahren deutlich überdimensioniert geplant und begonnen. "1962 wurde die Wiener Hafenbetriebs GmbH errichtet, das ist die eigentliche Geburtsstunde des Hafen Wien", erklärt Frau Pulker-Rohrhofer, technische Geschäftsführerin des Hafens Wien.

Der Hafen Wien ist ein logistisch hochvernetzter Knotenpunkt – mit Anbindung an Schiene, Straße und Wasser und Nähe zum Flughafen Wien. "Das eröffnet uns viele Möglichkeiten", findet der kaufmännische Geschäftsführer Fritz Lehr.

Der Hafen Wien ist das größte Zollfreilager Österreichs. Die Flächen am Hafen Wien sind nahezu voll ausgelastet, aktuell wird um 43.600 m² erweitert – das bedeutet, dass Teile der Wasserfläche zugeschüttet werden, denn zu Land bilden Freudenau und Lobau natürliche, nicht erweiterbare Grenzen. Schon zwischen 2011 und 2015 wurden 70.000 m² Hafenbecken verlandet, um neue Umschlags- und Lagerflächen zu gewinnen.

Zu den Facts: 2024 wurden rund 3,8 Millionen Tonnen an Waren umgeschlagen, rund 40 Prozent via Lkw, der Rest wurde zur Hälfte per Bahn und per Schiff transportiert. Pulker-Rohrhofer ergänzt: "Neben den Gütern, gibt einen Autoterminal mit 8.000 Stellplätzen. Gesamt wurden 2024 rund 27.000 Autos abgefertigt."

Zu den wichtigsten Gütern, die mit dem Schiff transportiert werden, zählt Schüttgut wie Streusalz, Erze und Metallabfälle, die rund ein Viertel der Menge ausmachen. Auf dem Wasserweg kommen auch Erdölerzeugnisse, Baumaterialien, Nahrungs- und Futtermittel ins Land. Der größte Teil der Güter kommt aus Rumänien, gefolgt von Serbien, Kroatien und Frankreich. Exportiert wurden 2024 hauptsächlich Mineralölerzeugnisse innerhalb des Landes oder in die Nachbarstaaten Ungarn und Slowakei.

Historisches Bild Hafen Wien © Hafen Wien
Der Hafen Wien damals…
Kran am Hafen Wien © Hafen Wien
… und heute.

Der Hafen Wien und seine Besonderheiten

Was viele nicht wissen: Am Hafen Wien haben 200 Unternehmen mit 5.000 Arbeitsplätzen ihren Sitz, rund ein Fünftel sind Speditionen. Ein wenig entfernt gibt es eine Kaffeerösterei, ein echtes Highlight sind die HQ7 Filmstudios. "Die Filmproduktionshallen wurden neu errichtet. Zuletzt war HQ7 Set der Drehs von Tatort oder der ORF-Stadtkomödien. Nach dem Ende der Rosenhügelstudios gibt HQ7 der Branche einen positiven Push", erläutert Fritz Lehr.

"Gemeinsam mit Thinkport Vienna arbeiten wir an innovativen Projekten, logistischen Lösungen und Ideen, auch für Themen wie Niedrigwasser oder Auswirkungen durch den Klimawandel wie Niedrigwasser oder Hochwasser", so Pulker-Rohrhofer.

Eine weitere Besonderheit ist der ein wenig versteckte, weltweit einzigartige "Friedhof der Namenlosen" am Areal des Alberner Hafens bei Stromkilometer 1.918. Hier fing ein Wasserwirbel neben Treibholz 600 Menschenleichen ein, die bis 1940 hier ihre letzte Ruhestätte fanden. Der Totengräber Josef Fuchs hat den Friedhof bis in die 90er liebevoll betreut und vielen Menschen mit seiner akribischen Suche ihre Name zurückgegeben.

"Die Donau ist keine Meeresautobahn"

Im Vergleich zeigt sich schnell: Die Dimension der Binnenschifffahrt auf der Donau ist bescheiden im Verhältnis zur internationalen Containerschifffahrt auf den Weltmeeren. Während der Hafen Wien jährlich etwa eine Million Tonnen an Waren über das Wasser transportiert, schlagen große Seehäfen wie Antwerpen oder Rotterdam ein Vielfaches um. Allein in Antwerpen wurden 2024 rund 278 Millionen Tonnen abgefertigt.

Containerschiffe sind riesig im Vergleich zu Flussgüterschiff. Das weltgrößte ist die MSC Michel Cappellini, sie ist 400 Meter lang und hat einen Tiefgang von 17 Metern und fasst 24.000 TEU Standardcontainer. Das entspricht dem Volumen von etwa 12.000 voll beladenen Lkw. Rund 90 Prozent der Weltgüter werden jährlich mit mehr als 6.000 Schiffen auf den Weltmeeren transportiert.

Auf der Donau hingegen fährt man mit kleinen Pushern mit maximal 2.500 Tonnen je Schiffseinheit. Das entspricht rund 60 Lkw. "Das ist die Realität auf einem Fluss", sagt Hans-Peter Hasenbichler von via donau. "Wir haben Engstellen, niedrige Brücken und Schleusen und einen maximalen Tiefgang von 2,5 Metern. Die Donau hat in Österreich noch Gebirgsflusscharakter und wird in Bratislava zum Tieflandstrom. Sie ist keine Meeresautobahn."

Gleichzeitig sind Flexibilität, Umweltverträglichkeit und regionale Anbindung garantiert. Während die Weltmeere die globalen Güterströme bewegen, könnte die Donau ein Rückgrat für die regionale Versorgung werden und als nachhaltiger Transportweg punkten. Noch ist das Potenzial nicht ausgeschöpft, doch das Bewusstsein wächst, dass neben der Westautobahn ein zweiter Verkehrsweg liegt. Einer, der langsamer ist, aber gut angebunden und mit umweltfreundlichen Möglichkeiten. Die Zukunft darf Wellen schlagen. Schiff ahoi!

Güterschifffahrt Donau auf der DOnau © viadonau_Zinner

Donau – Passau bis Ybbs mit Kraftwerken und Schleusen

Schleusen sind Bauwerke, die Wasserfahrzeuge, also Schiffe, durch das Füllen und Leeren von Kammern heben und senken. Dadurch werden Fallstufen überwunden und die Weiterfahrt wird ermöglicht.

Karte Donau - Passau bis Ybbs mit Kraftwerken und Schleusen © auto touring
 Karte Donau - Passau bis Ybbs mit Kraftwerken und Schleusen © auto touring

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