Historical center of old Tbilisi, sulphur baths and Juma mosque, Georgia

Traditionelles Brotbacken im Erdofen bei einer armenischen Familie.

© auto touring / Roland Fibich

Traditionelles Brotbacken im Erdofen bei einer armenischen Familie.

© auto touring / Roland Fibich
Mai 2025

Armenien & Georgien: In der Fremde zu Hause

Legendäre Landschaften und unvergessliche Begegnungen: Was entdeckungslustige Reisende in Armenien und Georgien erwartet.

Palmsonntag im Kloster Geghard oberhalb von Jerewan. Die Frauen haben sich hübsch gemacht, viele tragen bunte Blumenkränze in den Haaren. Beim Eingang zur Anlage, die ins vierte Jahrhundert zurückdatiert, werden Palmzweige angeboten. Schwarz gekleidete Geistliche mit langen Bärten schreiten zur Surb Astvatsatsin ("Muttergotteskirche"), von der schon zur Messe geläutet wird – nach dem Ritus der Armenischen Apostolischen Kirche, der ältesten Staatskirche der Welt. Die Stimmen eines Chors aus der nahen Musikschule verleihen der Szenerie eine besondere Atmosphäre.

Die Messe kann gut zwei Stunden dauern, daher mache ich zunächst einen Abstecher in die Seitenkapellen: Durch eine fließt ein kleines Bächlein mit heiligem Wasser, eine zweite, ebenso düstere Kapelle beherbergt Fürstengräber und in Stein gemeißelte Adler und Löwen. Ich bin alleine in dem mystischen Ort, an dem die Gemäuer zu mir zu sprechen scheinen – von der einzigartigen Geschichte Armeniens.

Das heute nur noch kleine Land mit seiner großer Geschichte im Kleinen Kaukasus zieht Reisende aus aller Welt vor allem durch seine Klosterkirchen an, die vielerorts in spektakulärer Lage inmitten von atemberaubenden Berglandschaften liegen. Diese Monumente ­waren und sind nicht zuletzt auch Zeugen schicksalhafter Ereignisse in einem Land, das sich wie vielleicht sonst kein anderes als Inspiration für ein Fantasy-Epos eignen würde.

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Video: Reise in den Kaukasus

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Ararat & Jerewan erleben

Allgegenwärtig ist er in der großen Ebene von Jerewan (Eriwan): der gigantische Ararat. Mit 5.137 Metern ist er der höchste Berg – der Türkei. Denn gleich östlich von Jerewan verläuft die bis heute geschlossene Grenze zwischen den beiden Ländern, ein Ergebnis der Ermordung und Vertreibung der Armenier aus dem damaligen Westarmenien (heute Osttürkei) und der Verträge nach dem Ersten Weltkrieg. Mehr als 100 Jahre sind seither vergangen, aber noch immer sind diese tragischen Ereignisse in Armenien höchst lebendig.

"Ich kann unseren heiligen Berg jeden Tag von meinem Büro in Jerewan sehen", sagt unsere armenische Reiseleiterin Liana. Wir stehen vor dem Kloster Chor Virap, die Grenze ist hier nur wenige Hundert Meter entfernt. Das vermittelt ein Gefühl wie einst am Eisernen Vorhang in Ostösterreich. Der mythische Platz mit dem Ausblick auf den Berg, auf dem laut Bibel Noah mit seiner Arche die Sintflut überstand, ist auch ein Symbol für die Verwurzelung der Armenier im Christentum: Der Legende nach wurde der erste "Katholikos" des Landes hier Ende des dritten Jahrhunderts von König Trdat 13 Jahre lang in einer Höhle gefangen gehalten.

Die Konflikte, in die Armenien noch immer verheddert ist (vor fünf Jahren ging Bergkarabach an Aserbaidschan verloren, eine Flüchtlingswelle war die Folge) fühlen sich manchmal wie ein Schatten an, der auf dem Land liegt. Spaziert man an einem milden Frühlingsabend durch Jerewan, ist davon freilich nichts zu merken. Scharen junger Leute ziehen fröhlich über die von Bäumen gesäumten Boulevards, die Cafés und Restaurants sind gut besucht. "Manchmal sind wir traurig", sagt Liana, "aber die meiste Zeit freuen wir uns. Und wir lieben Witze."

Historical center of old Tbilisi, sulphur baths and Juma mosque, Georgia © Shutterstock
Der Ararat gilt den Armeniern als Heiliger Berg, befindet sich aber heute auf türkischem Staatsgebiet.

Ein Besuch bei Radio Jerewan?

Ach ja, die Witze! Der – freilich frei erfundene – Sender "Radio Eriwan" diente in der Ära der Sowjetunion als Ventil für Witze über das Regime.

Eine Erzählung, die damals auch im Westen und in Österreich populär war. Das Gebäude des tatsächlichen Radio Jerwewan in der armenischen Hauptstadt ist heutzutage noch immer mit einem morschen Sowjetstern verziert, beherbergt aber einen ganz anderen Sender.

Reiseleiterin Liana kennt für fast jede Lebenslage einen passenden Witz in typisch armenischem Humor, der dem jüdischen Witz nicht so unähnlich ist. Zum Beispiel: Frage an Radio Eriwan: Gibt es einen spezifisch armenischen Humor? – Antwort: Im Prinzip ja. Und wir haben ihn auch bitter nötig!

In diesem Stimmungsmix zwischen unvermeidlicher Katastrophe und plötzlich ausbrechender Heiterkeit gondeln wir mehrere Tage durch die grandiose armenische Gebirgslandschaft: Wir übernachten am Sewansee, einem der höchstgelegenen Süßwasserseen der Welt, staunen über alte Klöster, antike Ruinen und lernen viel über die armenische Schrift und Sprache, die uns auf den ersten Blick gleichermaßen unleserlich und unverständlich erschien.

Georgische Gastfreundschaft

Viele Reisen nach Armenien werden in einer Kombination mit dem Nachbarland Georgien angeboten, das nur aus oberflächlicher europäischer Perspektive viel mit Armenien gemeinsam hat. Die Kombi hat dennoch Vorteile: Man kann etwa über Istanbul in die georgische Hauptstadt Tbilissi (Tiflis) fliegen, in einer großen Runde die besten Ziele beider Länder genießen und dann von Batumi (wieder in Georgien, aber am Schwarzen Meer) den Heimflug antreten. Das ÖAMTC-Reisebüro bietet derzeit solche Reisen an.

"Das Georgische hat mit dem Armenischen so viel zu tun wie das Deutsche mit dem Japanischen", erläutert Lia na. Die Reisenden aus Europa staunen. Bei zwei uns völlig fremden Schriften und Sprachen, beide Jahrtausende alt und wichtigstes Zeichen eigenständiger Kultur, hätten wir mehr Gemeinsamkeiten erwartet.

Schönes Wetter vorausgesetzt, kann man in Georgien die von Schnee und Eis gekrönten Bergriesen des Großen Kaukasus ganz aus der Nähe bestaunen.

Die Hauptstadt Tiflis ist ein Schmelztiegel, der für den Reisenden nicht überschaubaren Völkerschaften dieser Region geworden. Und sie ist gemeinsam mit ihrer Schwester Batumi am Schwarzen Meer zur wirtschaftlichen Boomtown zwischen Ost und West, auch zwischen Russland und Europa, geworden.

Wir spazieren durch die verwinkelte Altstadt von Tiflis mit ihren gemütlichen Cafés. Kirchen, Moscheen und ­Synagogen liegen hier friedlich nebenein­ander, worauf die Georgier ganz besonders stolz sind.

Dann geht es hinaus aufs Land, wo nicht nur Jahrtausende alte Höhlensiedlungen, sondern auch Weinkeller samt georgischer Jause warten.

Das ist dann fast schon wie zu Hause, denn Gastfreundschaft hat in den Ländern des Kaukasus Kult-Status.

In dieser und anderen gemütlichen Runden bemerken wir bald, wie ähnlich uns diese Länder am Rande Europas in vielerlei Hinsicht dann doch wieder sind.

Und so macht es auch überhaupt nichts, dass der Ausflug in den Hohen Kaukasus bis nahe an die russische Grenze ausfällt, weil ein letzter Kälteeinbruch die Straßen unpassierbar gemacht hat. Wir Reisende sind ja ziemlich flexibel.

Kaukasus-Tipps von Roland Fibich

1. Reisezeit: Frühjahr und Herbst sind ideal. Extremer Frost im Winter im Hochland und in den Gebirgen.

2. Anreise: Turkish Airlines bietet gute Verbindungen über Istanbul nach Tiflis bzw. Batumi an.

3. Familienbesuche: Gastfreundschaft genießt in beiden Ländern Kult-Status. Viele Veranstalter bieten organisierte Besuche bei einheimischen Familien an – Erlebnisse, die man nicht vergessen wird.

4. Kirchenbesuche: Für Männer sind lange Hosen Pflicht. Frauen müssen den Kopf mit einem Tuch oder Schal bedecken, Röcke müssen übers Knie gehen.

5. Besser nicht: Diskussionen über die Konflikte Armeniens mit Aserbaidschan (Berg Karabach) und jene Georgiens mit Russland (Süd-Ossetien, Abchasien) weicht man besser aus.

Historical center of old Tbilisi, sulphur baths and Juma mosque, Georgia © auto touring / Roland Fibich
Roland Fibich im armenischen Nationalmuseum in Jerewan.

Armenien

Lage: in Vorderasien.

Fläche: 29.743 km2 (ca. ein Drittel Österreichs).

Bevölkerung: drei Millionen, ein Drittel in der Hauptstadt Jerewan. Weltweit leben weitere sieben Millionen ethnische Armenier. Eigenständige armenische Schrift und Sprache.

Sicherheit: trotz Konflikten mit Nachbarländern derzeit für Touristen sicher.

Georgien

Lage: in Vorderasien, die Georgier selbst sehen sich als Europäer.

Fläche: 69.700 km2 (etwas kleiner als Österreich).

Bevölkerung: 3,7 Millionen, 26 verschiedene Volksgruppen. Eigenständige georgische Schrift mit 33 Buchstaben.

Sicherheit: trotz Konflikten um den EU-Kurs des Landes für Touristen sicher.

Information & Buchung

Klicken Sie hier zum aktuellen Angebot "Georgien und Armenien" von ÖAMTC Reisen (Link-Gültigkeit endet mit der Verfügbarkeit des Reiseangebots).

Mehr Infos unter der Hotline Tel. 01 711 99 34000 und in den Filialen von ÖAMTC Reisen.

ÖAMTC-Länderinformationen: Georgien.

ÖAMTC-Länderinformationen: Armenien.

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