Kalkalpen_NationalparkKalkalpen_CMS.jpg Oberoesterreich Tourismus GmbH Max Mauthner
© Oberoesterreich Tourismus GmbH Max Mauthner
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März 2023

Unsere Wildnis

Entdecker-Tour mit Rangern zu den uralten Buchwäldern im Herz des Nationalparks Kalkalpen. 

Der Weg ist eigentlich keiner mehr, eher ein Bach, der in einen kleinen Sumpf mündet. Ich bin ein bisschen wackelig auf den Beinen, doch mein Begleiter Hermann Jansesberger, von Beruf Ranger im Nationalpark Kalkalpen, ist mir ein sicherer Halt und Helfer. Entlang der Hänge des Alpsteins oberhalb der Ebenforst­alm steigen wir höher und höher hinauf, bis goldgelbes Licht durch das Blätterdach bricht. Ich muss kurz anhalten und durchschnaufen, ehe ich die gesamte Szenerie aufnehmen kann. Hermann und ich stehen mitten in Ober­österreich in einem echten Urwald aus gigantischen Buchen, die wohl teilweise mehr als ein halbes Jahrtausend alt sind, ihre Reise in die Höhen des Reichraminger Hintergebirges begonnen haben, als Kolumbus einen neuen Kontinent erreichte.

Die natür­lichen Buchenwälder im Nationalpark Kalkalpen sind deshalb so außergewöhnlich, weil es europaweit nur noch wenige Reste davon gibt: 85 Prozent der ursprünglichen Rotbuchenwälder wurden abgeholzt. Im National­park Kalkalpen (und im Wildnis­gebiet Dürrenstein) wurden diese Buchen­wälder 2017 von der UNESCO als erstes Weltnaturerbe Österreichs ausgezeichnet.

Um einen Eindruck von "unserer Wildnis" zu bekommen, muss man sich aber keineswegs mit Unterstützung eines Rangers durchs Dickicht kämpfen. Von Reichraming im Ennstal kann man auch mit Rad oder Auto bis zum Parkplatz Anzenbach fahren und von hier aus den „Wildnistrail Buchensteig“ nehmen, den es in einer zwei- und vierstündigen Variante gibt (Rückweg jeweils ab der Klaushütte auf dem Schotterstraßen-Radweg). Ein Gratis-Heftchen, das in den Nationalparkzentren erhältlich ist, weist die Wege und auf die Natur-Attraktionen hin.

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Der Nationalpark Kalkalpen ist mit über 200 Quadratkilometern die größte Waldwildnis Österreichs und mit 800 Quellen auch das längste natürliche Bach-Öko­system der Nördlichen Kalkalpen. Er ist Heimat für 55 Säugetierarten, darunter den Luchs, 80 Brutvogelarten und auch die sogenannte Urforelle. Etwa 1.600 Schmetterlingsarten und 1.000 verschiedene Blütenpflanzen, Moose und Farne gedeihen hier.

Wer hier in der Gruppe unterwegs ist – zu Fuß oder auf den ausgeschilderten Bike-Routen –, kommt leicht ins Diskutieren oder Grübeln. Denn wären vor einem Vierteljahrhundert andere Entscheidungen getroffen worden, würden heute statt das Nationalparks Speicherkraftwerke die Region prägen. Pro­teste von Naturschützern führten Ende der 1980er-Jahre zur "Mollner Erklärung" und später zum einstimmigen Beschluss von Oberösterreichs Landesregierung zur Planung eines Nationalparks. Auch nach der Gründung blieb es holprig. Wieder angesiedelte Luchse wurden abgeknallt, ein Denkmal im Park erinnert daran. Man möchte glauben: Unser Land hat eigentlich mehr als genug Wald, weshalb also zusätzlich noch ein Nationalpark, sprich, noch mehr Bäume?

"Nur ein einziges Prozent der Waldfläche in Österreich ist nicht bewirtschaftet. Deshalb ist der Nationalpark zur Erhaltung der Artenvielfalt in unserem Land so wichtig", erläutert mir Franz Sieghartsleitner, der schon bei der Gründung des Parks initiativ war und zahlreiche Bücher über den Park und den Kulturraum Eisenwurzen verfasst hat.

Der Wald ist ein Super-Organismus, den wir erst ganz langsam zu verstehen beginnen.

Franz Sieghartsleitner, Nationalpark Kalkalpen

Wir wandern vom Großen Bach, vorbei an der Großen Klause, hinein in den Jörgl­graben. Der Fahrweg, der einst für den Holztransport eingerichtet wurde, ist hier schon zugewachsen, kaum mehr zu erkennen. Die Fichten, die aus wirtschaftlichen Gründen lange Zeit den Wald dominierten, fallen den Borkenkäfern langsam zum Opfer, der ursprüngliche Laubwald erobert das Terrain zurück. “Der Wald ist ein Superorganismus, den wir erst zu verstehen beginnen“, sagt Sieghartsleitner. Sein Traum ist die Ausdehnung des Nationalparks über Bundesländer-Grenzen hinaus bis ins Tote Gebirge.

Wer auf eigene Faust durch die Urwälder des Reichraminger Hintergebirges streifen möchte, kann sich in den Nationalpark-Zen­tren über die Verhaltensregeln informieren. Wichtig für Radfahrer:innen: Es existieren 69 Kilometer freigegebene Radwege, andernorts ist das Radeln nicht gestattet. Für Wanderer stehen rund 300 Kilometer beschilderte Wege bereit.

Zentrale Anlaufstelle für die vielfältigen Programme und Aktivitäten im Park ist die Nationalpark-Website. Das Besucherzentrum befindet sich im Ennstal bei Reichraming, Außenstellen gibt es in Windischgarsten, am Wurbauerkogel und bei der Hengstpasshütte.

Ab Ende April finden auch wieder die beliebten Halb- und Ganztags- Touren mit Rangern statt: Eine Einrichtung, die hier ausdrücklich empfohlen werden soll, denn ohne sachkundige Begleitung erschließen sich viele Geheimnisse des Waldes dem unerfahrenen Gast sicherlich nicht. Einige Touren sind 2023 für Individualgäste mit der Pyhrn-Priel-Gästekarten gratis.

Von hier geht's los (vielleicht)

Das Tor zum Nationalpark ist ohne Zweifel die Stadt Steyr, die ja einst durch die Verarbeitung des vom Erzberg auf der Enns heran­geschifften Eisenerzes zu Wohlstand und Reichtum gelangte und zur wichtigsten Stadt Österreichs aufstieg. Wer also einen Besuch im Nationalpark mit den Annehmlichkeiten einer Kulturstadt verbinden will, wird hier seine Zelte aufschlagen. Und sich vielleicht auch bei einer vom Tourismusverein angebotenen “Nachtwächter“-Stadtführung von der turbulenten Geschichte Steyrs begeistern lassen.

Und noch ein Tipp: Von 7. bis 18. Juni steigt zwischen Steyr, Schlierbach und dem Nationalpark des Kulinarik-Festival “Tavolata“, bei dem Haubenköche die Region in eine kulinarische Bühne verwandeln. Ein Besuch wäre dann, sozusagen, die Belohnung für die vielen weiten Hatscher im Nationalpark.

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