AT_201402_Antarktis_Fotoshow_Fibich_03_CMS.jpg Roland Fibich

Besuch bei den Königspinguinen von St. Andrews Bay, Südgeorgien.

© Roland Fibich

Besuch bei den Königspinguinen von St. Andrews Bay, Südgeorgien.

© Roland Fibich
April 2015

Expedition Antarktis

Per Kreuzfahrtschiff MS Bremen in eines der letzten Paradiese unserer Erde: zu den Königspinguinen nach Südgeorgien und in die eisige Welt der antarktischen Halbinsel.

Die nächsten Stunden sind unsere letzte Chance. Endlich wollen wir einen Fuß auf das antarktische Festland setzen. In den Morgenstunden bahnt sich unser Schiff zwischen blau schimmernden Eisbergen den Weg durch den schmalen, von kalbenden Gletschern gesäumten Errera-Kanal.

Häfen im herkömmlichen Sinn gibt es in der Antarktis freilich keine. Unser Ziel ist in Wahrheit ein schmaler Kiesstrand am Ende einer Bucht, die von abweisenden, fast vollständig mit Schnee und Eis überzogenen Bergriesen eingeschlossen ist. Ein Zodiac, ein speziell für Expeditions-Kreuzfahrten entwickeltes Boot, wird vom Schiffskran ins eiskalte Wasser gelassen. Das Erkundungsteam unter der Leitung von Expeditionschef "Ha-Jo" Spitzenberger, einem echten Antarktis-Kenner, nimmt Kurs aufs Ufer.

Wir spähen, eine Tasse Morgenkaffee in der Hand, vom Lido-Deck angestrengt durch die Ferngläser. Die Spannung steigt. Können wir heute endlich aufs Festland? Gleich wird Kapitän Roman Obrist seine Entscheidung bekannt geben. Drei Versuche, aufs antarktische Festland zu kommen, sind auf dieser Expeditions-Kreuzfahrt mit der MS Bremen schon fehlgeschlagen.

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Scheitern im Treibeis

Die Klippe, an der viele Pinguine brüten, liegt an der sogenannten Allee der Eisberge, dem Antarctic Sound. Zwischen der Spitze der antarktischen Halbinsel und Joinville Island treiben hier gigantische Tafeleisberge aus dem Weddell-Meer in den Südlichen Ozean. Diese oft Kilometer breiten Eisriesen kann unser wendiges Schiff locker umkurven. Auch das zunächst noch nicht so dichte Treibeis ist für die mit Stahlplatten verstärkte Bremen kein Hindernis. Schließlich hat sie die Eisklasse 4, die höchste für Passagierschiffe. Doch dann wird das Treibeis dichter. Wir laufen Gefahr, eingeschlossen und damit im fernen Österreich zur Spitzennachricht zu werden. Elf Seemeilen vor Brown Bluff wenden wir.

Ganz in der Nähe liegt die argentinische Forschungsstation Esperanza. So wie viele andere Staaten des internationalen Antarktisvertrages zeigt das Land am sechsten Kontinent damit auch politische Präsenz. Doch macht auch hier dichtes Treibeis den Weg diesmal für die Zodiacs unpassierbar.

In der Antarktis beginnt jetzt, Anfang Jänner, der Sommer. Es hat angenehme Temperaturen um den Gefrierpunkt. Doch insgesamt ist es hier südlich des 60. Breitengrades heuer für die Jahreszeit viel zu kalt. Das wird uns auch am dritten Festlandziel, Cierva Cove auf Graham Land, zum Verhängnis. Dichtes Eis versperrt die Zufahrt zur Landestelle an einem Felsabhang. Mehr als ein Trostpreis sind hier freilich eine Zodiac-Rundfahrt zwischen den Eisbergen, bei der wir Seeleoparden beobachten können, und der Besuch eines Buckelwals, der direkt vor dem Schiff eine eindrucksvolle Tauchshow abzieht.

Doch dann kommt uns indirekt schlechtes Wetter zu Hilfe. Über der antarktischen Halbinsel zieht wieder einmal ein Sturmtief auf. Daher muss die Expeditionsleitung den geplanten Besuch von Deception Island streichen. Flexibilität und Improvisation sind die Trümpfe der Bremen-Crew. Und deshalb bekommen wir als Alternative zu Deception Island in Neko Harbour eine vierte Chance aufs antarktische Festland.

Und tatsächlich klappt es diesmal. Die Expeditionsleitung gibt grünes Licht, wir setzen schnell mit den Zodiacs über und betreten, bestaunt und lautstark beschrieen von einer Kolonie Eselspinguine, am 6. Jänner 2014 kurz nach sieben Uhr früh den Kontinent.

AT_2014_02_Antarktis_Kreuzfahrt_Karte_CMS.jpg Peter Scharnagl © Peter Scharnagl
Die klassische Route in die Antarktis führt vom südargentinischen Ushuaia über Südgeorgien zur Antarktischen Halbinsel, zurück in die Zivilisation geht es über die wegen der häufigen schweren Stürme gefürchtete Drake-Passage.

Kontinent der Extreme

Die Antarktis ist der einsamste, kälteste, trockenste, im Schnitt höchste und windigste Kontinent unseres Planeten. Weshalb sollte man also ausgerechnet dorthin reisen? Wahrscheinlich genau wegen dieser Extreme. Es gibt nur noch wenige Plätze, an denen die Erde in ihrem Urzustand vor der globalen Umwidmung durch die Menschen erhalten geblieben ist. Antarktika, so eigentlich der richtige Name, ist somit etwas ungeheuer Wertvolles und Einzigartiges. Vor kurzem wurde ein neuer Temperaturrekord für die Antarktis bekannt. Auswertungen von 2010 gesammelten Daten ergaben minus 92,2 Grad auf dem zu 98 Prozent von Eis bedeckten Kontinent, auf dem Stürme mit bis zu 320 km/h toben können. Von solchen Bedingungen ist man als Tourist auf der südlich von Südamerika gelegenen antarktischen Halbinsel von Dezember bis Februar, also im Sommer, weit entfernt. Auf unserer Reise fällt das Thermometer kaum einmal unter null Grad. 

Dieses letzte Paradies ist an den wenigen eisfreien Küstenabschnitten und auf den Inseln rund um die Antarktis voller Leben. Auf unserer Route zum Kontinent steigen wir an einem klaren Morgen vor St. Andrews Bay von der MS Bremen in die Zodiacs. Die Bedingungen sind günstig, die Brandung schwach. Unser Besuch gilt der größten Kolonie von Königspinguinen auf Südgeorgien. Mehr als 300.000 der geselligen Tiere haben sich hier versammelt, deren Verhalten wir – mit dem vorgeschriebenen Respektabstand von fünf Metern – ganz aus der Nähe bestaunen können. Über uns kreisen Riesensturmvögel, Albatrosse und Raubmöwen, neben uns rittern Pelzrobben und Seeelefanten mit ohrenbetäubendem Gebrüll um die besten Plätze am Strand. Wir folgen der vom Expeditionsteam ausgesteckten Route hinüber zu dieser riesigen Pinguin-Stadt unter einem gleißenden Gletscher, der von Zweitausendern umringt ist. Mehr als eine Stunde haben wir hier Zeit, um zu hören und zu sehen, wie die Welt ohne Menschen und ihre Errungenschaften einst ausgesehen hat.

Doch noch mehr Leben ist unter Wasser. Algen und Krill sind die Basis der Nahrungskette, die im Südmeer über Krebse, Fische, Tintenfische und Robben bis hinauf zu den Giganten der Meere, Blau-, Finn- und Buckelwalen sowie den Orcas reicht, deren Populationen sich seit dem Verbot des kommerziellen Walfangs wieder erholen.

Wale sind die ständigen unsichtbaren und sichtbaren Begleiter dieser Reise. Sie erscheinen den Bremen-Passagieren als "Mittagswal" pünktlich während des Essens draußen am Lido-Deck. Oder als "Pausenwal" während der Kaffeestunde im Klub: Pianist Alejandro erspäht den Giganten des Südmeeres so nebenbei durchs Fenster beim Klimpern von "Im Prater blühen wieder die Bäume".

Sturmvögel und Albatrosse sind unsere unermüdlichen Wächter. Stunde und Stunde können wir sie an den Seetagen beobachten, wie sie achtern am Schiff majestätisch, elegant und mühelos ihre Schleifen ziehen. Und natürlich die Pinguine: Sie springen rund ums Schiff und um die Boote eifrig durchs Wasser, an Land stehen sie wie Begrüßungsabordnungen in Reih’ und Glied am Strand oder zeigen ihren aufrechten Watschelgang, der sie neben ihrer Geselligkeit für uns Menschen so interessant und amüsant macht.

Strenger Umweltschutz

Diese einzigartige Welt kann man als Tourist nur erleben, wenn man sich zu einer Expeditions-Kreuzfahrt entschließt. In die Antarktis kann man nicht mit dem Zug fahren, es gibt keine Radwege und keine Flughäfen, die von Linienmaschinen angeflogen werden. Expeditions-Kreuzfahrten wie mit der Bremen unterliegen strengen Umweltschutzbestimmungen, die im Antarktis-Vertrag geregelt und ständig verschärft werden.

Nur etwas mehr als 30.000 Touristen besuchen den sechsten Kontinent jedes Jahr, Tendenz steigend. Um zu diesem elitären Klub zu gehören, muss man außer dem nötigen Kleingeld in reichlichem Ausmaß nur wenig mitbringen. Man sollte allerdings bei so guter Gesundheit sein, dass man aus dem ankernden Schiff von einer Plattform an der Seitenpforte unter der Mithilfe starker Matrosenarme in ein doch manchmal recht heftig schwankendes Zodiac steigen kann. 

Durch die bordeigenen Zodiacs gelangen die Bremen-Passagiere an Ziele abseits der Touristenpfade. Diesen Vorteil kann das Schiff, das nur 111 Meter lang ist und höchstens 164 Passagiere mit auf die Reise nehmen kann, in der Antarktis voll ausspielen. Damit man auch wirklich versteht, was man sieht, sind Biologen, Geologen, Historiker und Antarktis-Experten an Bord, die alle Fragen beantworten können. Fast immer können die Passagiere auf die Brücke und dem Kapitän und seinen Offizieren bei ihrer Arbeit zuschauen. Und auch nicht unwichtig: Die Bordsprache ist Deutsch.

Richtige und blinde Passagiere

Antarktis_MS_Bremen_2014_01_DIGAT_Kapitän_CMS.JPG Roland Fibich 1
Antarktis_MS_Bremen_2014_01_DIGAT_Passagiere_CMS.JPG Roland Fibich 2
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1 Kapitän Roman Obrist steuert bei den Anlandungen und Rundfahrten häufig selbst eines der Zodiacs. © Roland Fibich

2 Die Passagiere, die sich in der antarktischen Sonne an Deck wärmen, wollen die Bequemlichkeit eines 4-Sterne-Schiffes mit einem Hauch von Abenteuer verbinden. © Roland Fibich

3 Blinde Passagiere, die auf Eisschollen auf eine Weiterfahrt warten, kann die MS Bremen in der Antarktis nicht mitnehmen – auch für einen einsamen Pinguin gibt es keine Ausnahme.  © Roland Fibich

Das passende Schiff

Fürs gute Wetter sind in der Antarktis die Passagiere verantwortlich.

Roman Obrist, Kapitän

Wenn man sich zu einer Antarktisreise entschließt, sollte man eine echte Expeditionstour buchen, ein Schiff mit der höchsten Eisklasse wählen, auf eine Antarktis-erfahrene Leitung setzen, ein nicht zu großes Schiff wählen (maximal 100 Passagiere dürfen gleichzeitig an Land) und auf ausreichend Zodiacs an Bord achten. Alle diese Kriterien erfüllt unsere Bremen von Hapag-Lloyd Kreuzfahrten spielend. Die Kabinen sind ausreichend groß und bequem, das Essen Spitzenklasse. Seine großen Stärken kann das mehr als 100 Köpfe starke Bremen-Team unter Kapitän Roman Obrist ausspielen, wenn es um Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft geht. Party, Shows und sonstige Unterhaltung sucht man jedoch vergeblich. Um elf Uhr abends liegen die Passagiere im Bett. Denn die Crew holt aus dieser Reise alles heraus. Wenn es wie in St. Andrews Bay notwendig ist, früh am Morgen anzufangen, da später starke Fallwinde das Aussteigen aus den Booten unmöglich machen, dann heißt es vor sechs Uhr: Raus aus den Betten und rein in Anorak und Gummistiefel!

Fürs Wetter sind, so betont der Kapitän immer wieder launig, allerdings ausschließlich die Passagiere verantwortlich. Und wenn diese patzen, wird es nach einer stürmischen Fahrt durch die berüchtigte Drake Passage mit Windstärke acht und fünf Meter hohen Wellen dann auch nichts mit der Anlandung bei Kap Hoorn an der Südspitze Südamerikas. Zum Trost gibt es eine Panoramafahrt, Bordlektor Hajo Lauenstein trägt das Gedicht der chilenischen Lyrikerin Sara Vidal vor: "Ich bin der Albatros, der am Ende der Welt auf dich wartet. Ich bin die vergessene Seele der toten Seeleute, die Kap Hoorn ansteuerten von allen Meeren der Erde. Aber sie sind nicht gestorben im Toben der Wellen. Denn heute fliegen sie auf meinen Flügeln in die Ewigkeit mit dem letzten Aufbrausen der antarktischen Winde."

Es ist Zeit, nach Hause zu fahren.

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