Der Andrang war enorm. Geely, einer der größten Autohersteller Chinas, zu dem auch Volvo gehört, präsentierte heuer auf dem Internationalen Wiener Motorensymposium einen seiner Hauptpfeiler zur Dekarbonisierung des Verkehrs: Methanol statt Wasserstoff.
"Ein Liter Methanol enthält eineinhalb Mal so viel reinen Wasserstoff wie flüssiger Wasserstoff", sagte Yuan Shen, Chefentwickler der Zhejiang Geely Holding in China. Methanol kann ohne große Umbauten die bestehende Tankinfrastruktur nützen und in Verbrennungsmotoren eingesetzt werden. "Methanol ist obendrein viel sicherer als Wasserstoff."
Dessen Einsatz kennt zwei weitere Hürden: Die Brennstoffzelle erfordert von Wasserstoff eine extrem hohe Reinheit von 99,999 Prozent. Im Verbrennungsmotor löst er nach wie vor problematische Verbrennungsanomalien aus.
"Wasserstoff ist die Diva der Kraftstoffe", meint Andreas Wimmer, Berater für Großmotoren an der TU Graz.
China am Vormarsch
Geely will mit "grauem" Methanol, das aus fossilen Quellen erzeugt wird, starten. Das während der Fahrt entstehende CO2 soll an Bord abgeschieden und wieder in den Methanolkreislauf zurückgeführt werden, an dem in China seit Jahrzehnten gearbeitet wird. "Damit können wir den Großteil des durch den Verkehr verursachten CO2 einfangen. So wird die CO2-Neutralität insgesamt viel einfacher zu erzielen sein", sagte Shen. Geely will Lkw mit Methanolantrieb und einem integrierten CO2-Abscheidesystem noch heuer in China auf den Markt bringen.
Ein anderer chinesischer Hersteller, FAW, stellte auf dem Symposium "Sustainable Mobility, Transport and Power Generation" der TU Graz diesen September ein Forschungsprojekt mit Ammoniak als Sprit für Lkw vor.
Während Europa nach wie vor darüber diskutiert, ob grüne E-Fuels (siehe Zusatzartikel unten) sinnvoll und leistbar sind, arbeitet China intensiv an der Industrialisierung und Verwendung von E-Fuels aus unterschiedlichsten Quellen in Verbrennungsmotoren. Diese sollen samt passender Antriebe quer über alle Mobilitätsbereiche nach den Batterien die nächsten weltweiten Exportschlager werden. China will bis 2050 null CO2-Ausstoß aus dem Auspuff erreichen, aber verbietet Verbrennungsmotoren nicht.
Aufwendig, aber günstig
Obwohl E-Ammoniak und E-Methanol aufwendiger zu produzieren sind als Wasserstoff aus der Elektrolyse, sind sie günstiger, weil sie leichter zu speichern und damit billiger zu transportieren sind. Wasserstoff benötigt laut Wimmer einen zwei bis drei Mal so großen Tank wie Ammoniak oder Methanol.
Methanol ist bei Umgebungstemperatur flüssig, Ammoniak lässt sich mit Drücken von nur rund 10 bar bei Umgebungstemperatur verflüssigen. Wasserstoff ist dagegen erst ab minus 253 Grad Celsius flüssig, Tanks verlieren pro Tag wegen der Verdampfungsverluste rund ein Prozent ihres Energieinhalts.
Schiffe als Transportlösung
Die Transport- und Speichereigenschaften der einzelnen Energieträger sind umso wichtiger, als Europa auch in Zukunft einen großen Teil seines Energiebedarfs wird importieren müssen. Die tragende Rolle kommt dabei der Hochseeschifffahrt zu, die heute mehr als 90 Prozent des Welthandels abdeckt. Denn "die Übertragung von Strom und der Transport von Wasserstoff haben Grenzen", erklärt Uwe Grebe, Institutsvorstand an der TU Wien. "Wenn aber grüne Energie etwa aus Chile als E-Ammoniak per Schiff nach Europa transportiert wird, ist es sinnvoll, auch den Schiffsmotor mit Ammoniak zu betreiben, ähnlich wie sich dies beim Transport von Flüssigerdgas, LNG, etabliert hat", sagt Wimmer.
Für die rund 100.000 Hochseeschiffe, die derzeit unterwegs sind, "wird bis 2050 CO2-Neutralität angestrebt", erklärt Wimmer. Sie fahren weitgehend mit Verbrennungsmotoren "und das wird noch längere Zeit so bleiben."
Die größten Motoren leisten 80 Megawatt und mehr. Die CO2-Neutralität der Schiffe soll neben dem Einsatz von Biokraftstoffen vor allem durch E-Ammoniak und E-Methanol erreicht werden. Erste CO2-Einsparungen erlaubte der Einsatz von Flüssigerdgas. Kleinere Fährschiffe in Norwegen sind bereits batterieelektrisch unterwegs.
Grüner Transport
Drohende CO2-Strafzahlungen beschleunigen den Umstieg auf alternative Kraftstoffe in der Hochseeschifffahrt trotz der höheren Spritkosten. Weltweit werden eigene "grüne Korridore" mit CO2-neutralen oder CO2-armen Schiffen etabliert. Große Schiffe sind mehrere Jahrzehnte im Einsatz und kosten hunderte Millionen Euro. Reeder wollen daher langfristig ihre Versorgung mit CO2-neutralen Kraftstoffen absichern. Der Containerriese Maersk etwa will ab 2027 mehr als 50 Prozent seines Methanolbedarfs durch Biomethanol, vor allem aus China, abdecken, um seinen CO2-Ausstoß gegenüber fossilen Kraftstoffen um mindestens 65 Prozent über den Lebenszyklus gerechnet zu senken.
"Ausgerechnet der Marinebereich, früher immer Nachzügler, wird plötzlich Vorreiter bei der CO2-Reduktion", meint Wimmer.
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