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ÄKVÖ/ÖAMTC: Bike und E-Bike – Gesundheitsrisiko oder Jungbrunnen?

Referenten geben Antworten auf gesundheitliche, technische und rechtliche Fragestellungen

Fahrradfahren gilt allgemein als körperliche Wohltat. Gleichzeitig birgt es jedoch Gefahren. Im vergangenen Jahr wurden 32 Radfahrer im Straßenverkehr getötet – sieben davon verunglückten mit dem E-Bike (Quelle: BMI). Der Vormarsch der E-Bikes rückt den Radverkehr in ein neues Licht – denn Risiken, Unfallfolgen, infrastrukturelle und juristische Anforderungen ändern sich durch die technische Entwicklung. Die Problematik ist zentrales Thema bei einem heute, 9. März 2018, von ÖAMTC und ÄKVÖ (Ärztliche Kraftfahrvereinigung Österreichs) veranstalteten verkehrsmedizinischen Symposium.

Herz-Kreislauf-Risiko bei Radtouren – Gesundheitszustand vorab checken

Regelmäßig und adäquat durchgeführt, verringert Radfahren das Herz-Kreislauf-Risiko: Man ist seltener krank, Lebenserwartung und -qualität werden gesteigert. "Mit längeren Radtouren kann jedoch ein erhöhtes Herz-Kreislauf-Risiko einhergehen – wenn man seinen Gesundheitszustand vorab nicht prüfen lässt und seine individuellen Risikofaktoren nicht kennt", sagt Günter Steurer, Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie. Präventiv empfiehlt er neben einem vernünftigen Lebensstil (z.B. Rauchverzicht, gesunde Ernährung, Salzreduktion) regelmäßige ärztliche Kontrollen inklusive u.a. Blutdruck und Diabetes.

E-Antrieb ermöglicht sanftes Training, mehr Bewegungsfreiheit für Menschen mit Handicap

Auf Herstellerseite ist Bosch eBike Systems der Überzeugung, dass Pedelecs vielen Menschen den Zugang zum Radsport erleichtern oder gar erst ermöglichen. Die frei wählbaren Unterstützungsstufen der Bosch Antriebe ermöglichen eine Kompensation physischer Voraussetzungen, sodass die Belastung stets an Ausdauer und Gesundheitszustand des Fahrers angepasst werden kann. Weil die Gelenkbelastung besser steuerbar ist, bringen E-Bikes insbesondere auch Vorteile für Menschen, denen andere Sportarten Schmerzen bereiten oder die sich nach einer Operation wieder an intensivere Belastungen herantasten.

Auch Personen mit körperlicher Behinderung erhalten dank E-Bikes Zugang zu mehr und verbesserter Bewegungsfreiheit. Christoph Etzlstorfer und Alfred Kaiblinger meinen unisono: "Technische Adaptierungen ermöglichen Radsport mit nahezu jedem Handicap – von einer Bewegungseinschränkung im Kniegelenk bis zur Querschnittlähmung." Beide sind als Trainer im Behindertensport tätig und erreichten trotz funktioneller Einschränkung Höchstleistungen mit dem Rad (Etzlstorfer war u.a. Paralympicssieger). Sie beraten auch Radsportler beim Umbau ihrer Räder, denn oftmals wissen Händler zu wenig über diese Möglichkeiten.

Schwerere Verletzungen durch E-Bikes – Prävention durch Training und Infrastruktur

Facharzt für Unfallchirurgie und Allgemeinmediziner Alexander Mildner widmet sich Verletzungen, die aus Fahrradunfällen resultieren. Sorge bereite ihm die stetig sinkende Fitness der Bevölkerung und die gleichzeitig steigende Durchschnittsgeschwindigkeit von E-Bikes. Gekoppelt an eine zunehmende Verkehrsdichte bedeutet das: Die Anzahl der Unfälle und die Schwere von Verletzungen nehmen zu. Am häufigsten involviert in Fahrradunfälle sind ihm zufolge 10- bis 14-Jährige sowie 40- bis 60-Jährige. Prävention sei vielseitig nötig: "Neben Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit und Schutzvorrichtungen wie Helme oder Protektoren muss aus sportärztlicher Sicht vor allem rechtzeitiges Training forciert werden – bestenfalls ab dem Kindesalter", so Mildner. Er rät zu angemessenem Krafttraining und entsprechenden Fahrkursen.

Im Anschluss vertieft Johann Beck-Mannagetta den Aspekt möglicher Verletzungen. Der Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichts-Chirurgie hält fest, dass ein Helm zwar den Gehirnschädel schützt, nicht aber das Gesicht. Doch gerade Verletzungen an Zähnen, Gesichtsknochen oder Augen sind von besonderer Tragweite (u.a. aufwändige Behandlung, bleibende Narben). Er rechne mit einer Zunahme an Gesichtsverletzungen – einerseits aufgrund überhöhter und unbeherrschter Geschwindigkeit, wie es mit E-Bikes durchaus vorkommt, andererseits aufgrund von Gefahrenstellen im Straßenverkehr (z.B. schlecht gekennzeichnete oder fehlende Radwege). Anhand von Beispielen in Salzburg verdeutlicht Beck-Mannagetta, dass sich zahlreiche Unfälle durch eine verbesserte Infrastruktur vermeiden ließen. Schon in der Planungsphase von Straßen und Einfahrten müsse die Sicherheit von Radfahrern berücksichtigt werden. Nach dem Vorbild der Niederlande könne er sich verpflichtende Nummernschilder für Fahrräder vorstellen – diese einfache Maßnahme könne wesentlich zum Verantwortungsbewusstsein der Radfahrer beitragen.

An die optimalen infrastrukturellen Voraussetzungen für Radfahrer knüpft Erwin Wannenmacher vom Kuratorium für Verkehrssicherheit an. Handlungsbedarf bestehe jedenfalls: Bezogen auf alle bei Verkehrsunfällen verletzten bzw. getöteten Personen stieg der Anteil der Radfahrer in den letzten Jahren an. Im Ortsgebiet ereignet sich rund die Hälfte aller Radfahrunfälle an Kreuzungen, im Streckenbereich ist die Unfallgefahr dort am höchsten, wo keine Radfahranlagen existieren. "Ausreichend dimensionierte, sichere Radfahranlagen senken das Risiko schwerer oder gar tödlicher Verletzungen erheblich", sagt Wannenmacher. Ein positiver Nebeneffekt: "Wird der Radverkehr durch ein entsprechendes Infrastruktur-Angebot gefördert, steigen mehr Personen auf das Rad um."

E-Bikes gelten nur bis 25 km/h und 600 Watt als Fahrrad,Versicherung wünschenswert

Aus technischer und juristischer Perspektive betrachtet der ÖAMTC abschließend die Thematik. Der Elektromotor eines E-Bikes schaltet sich bei 25 km/h automatisch ab, die Maximalleistung liegt bei 600 Watt. "Bei höherer Leistung gilt das E-Bike nicht mehr als Fahrrad, sondern als Moped – damit gelten strengere Gesetze bezüglich Führerschein, Zulassung, Versicherungs- und Helmpflicht", erklärt Martin Hoffer, Leiter der ÖAMTC-Rechtsdienste. "Auf EU-Ebene wird diskutiert, E-Bikes versicherungspflichtig zu machen. Bei Unfällen wären Geschädigte damit besser geschützt", befürwortet Jurist Hoffer das Vorhaben.

Der Club unterstützt Radfahrer in Notsituationen und im Alltag: mit Pannenhilfe, technischer Überprüfung und umfassender Beratung. Um einen sanften Einstieg zum E-Bike-Fahren zu ermöglichen, bietet der ÖAMTC in fünf Bundesländern kostenlose E-Bike Kurse an. Sämtliche Infos rund um Fahrradmobilität erhält man online unter www.oeamtc.at/fahrrad oder am nächsten Stützpunkt.

Rückfragehinweis für Journalist:innen:

ÖAMTC | Öffentlichkeitsarbeit
T +43 (0)1 711 99 21218
kommunikation@oeamtc.at
https://www.oeamtc.at

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