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Maßarbeit Autotest

Wie auto touring, das Magazin des Mobilitätsclubs, Fahrzeuge testet.

Verbrauchsfahrt_Porsche_eSoul_er264_CMS.jpg Erich Reismann

März 2024, Seite 21 bis 23, auto touring: Wer die neuste Ausgabe des ÖAMTC-Magazins ebendort aufschlägt, wird auf den drei Seiten das finden, was Christian Stich als "Königsdisziplin" bezeichnet: den Vergleichstest, in diesem Fall zwischen einem BYD Seal und VW ID.7. Christian ist seit 2004 Redakteur beim auto touring und testet gemeinsam mit seinen Kolleg:innen um die 120 Autos im Jahr. Sicher über 1.000 Pkw sei er in seinem Leben gefahren. Was, wie er sagt, ein ganz wesentlicher Punkt sei: "Durch diese jahrelange Erfahrung und die Vergleichsmöglichkeiten zwischen vielen Testwagen kann ich ein Auto effektiv einordnen, wenn es zum Beispiel um Materialwertigkeit und Verarbeitungsqualität geht." Also einsteigen, losfahren – und dann nach Gefühl einen Autotest schreiben? Ganz und gar nicht, wie uns Christian in diesem Blogartikel verrät.

Der Testalltag in der Redaktion des auto touring ist strukturiert, jeder Testwagen durchläuft eine fixe Testprozedur. Einer der wichtigsten Bestandteile darin ist das Messen des Verbrauchs. "Wir verlassen uns nicht allein auf die WLTP-Werte", sagt Christian. "Mit jedem Auto, das wir testen, fahren wir die immer gleiche, rund 160 Kilometer lange Normrunde." Doch wie funktioniert das ganz konkret?

VERGLEICHSTEST 2022 KOMPAKTE_er026_CMS.jpg Erich Reismann
Der Vergleichstest ist die Königsdisziplin beim Autotest., © Erich Reismann

Die Verbrauchsrunde

Oktober 2022 an einer Tankstelle. Benzin fließt durch einen Trichter in den Tank hinein. Wobei: Eigentlich ist es mehr ein Tropfen als ein Fließen. 0,1 Liter, 0,2 Liter, 0,3 Liter. Christian hat mich vorgewarnt: "Nachdem der automatische Tankstopp erfolgt ist, die Zapfpistole also ,geklackt‘ hat, ist der Tank noch lange nicht voll. In manche Autos passen dann noch mehr als zehn Liter Sprit hinein." Und die – das habe ich an diesem Tag im Oktober 2022, an dem ich meine erste Verbrauchsrunde fuhr – müssen im schlimmsten Fall (nämlich dann, wenn im Tank eine Rückschlagklappe verbaut ist) über einen dünnen Trichter ins Auto. Das kann dauern.

Das Volltanken ist der vorletzte Schritt der Startprozedur: Davor werden Reifendruck und Umgebungstemperatur gecheckt und Motorisierung und Kilometerstand notiert, damit diese Daten gemeinsam mit dem ermittelten Verbrauch später archiviert werden. Unmittelbar vor dem Start der Runde wird noch die Uhrzeit notiert und der Bordcomputer "genullt". Dann geht’s los: Zuerst mehr als 50 Kilometer durch die Stadt, dann dieselbe Distanz über Landstraßen und schließlich noch ein ebenso langer Weg über die Autobahn. Gefahren wird defensiv und freilich streng nach Vorschrift. Zurück an der Tankstelle wird wieder vollgetankt, notiert – und, später im Büro, berechnet: Wie viele Liter Sprit haben wir umgerechnet auf 100 Kilometer benötigt? Es ist meist mehr, als Bordcomputer und WLTP ausweisen.

Übrigens: Wenn du wissen willst, welche Testautos der auto touring-Redaktion in den letzten zwei Jahre am sparsamsten waren, kannst du das hier nachlesen.

Sonderfall Strom

Und wie wird das bei Elektroautos gehandhabt? "Vor einigen Jahren haben wir für E-Fahrzeuge noch eine kürzere Verbrauchsrunde benötigt", erzählt Christian. "Mittlerweile ist das kein Thema mehr, wir fahren mit allen Autos die gleiche Runde." Oder zumindest fast: Gestartet wird mit dem E-Auto nämlich nicht an der Tankstelle, sondern am Parkplatz des ÖAMTC-Mobilitätszentrale. Die ist mit eigenen Ladestationen ausgerüstet, von denen dann abgelesen wird, wie viele Kilowattstunden (kWh) nach einer Runde ins Auto fließen, um es wieder voll zu machen. Die angefallenen Ladeverluste gibt auto touring beim Verbrauch freilich an. Ebenfalls in der Praxis getestet wird die Ladeleistung von E-Autos am Schnelllader.

Die Abmessungen

Mit Maßband und Laser-Messgerät vermisst die auto touring-Redaktion alle Testwagen akribisch – von der Sitzhöhe bis zur Laderaumstufe zum Kofferraumboden. "Wir merken dann schnell, wenn ein paar Zentimeter mehr Fußraum für die Passagier:innen auf den Rücksitzen mit einer zu kurzen Sitzfläche erkauft werden", sagt Christian.

So testen wir__DSC3346_CMS.jpg Heinz Henninger
Maßarbeit., © Heinz Henninger

Die Fahrwerte

Automobilhersteller geben Fahrwerte an, wie zum Beispiel die Beschleunigung. Das Testteam von auto touring checkt mit einem GPS-Messgerät, ob diese Werte der Realität standhalten. Der wohl wichtigste Wert darunter ist der Bremsweg. "Mit jedem Fahrzeug führen wir mehrere Vollbremsungen von 100 km/h bis zum Stillstand durch. Wir ermitteln so einerseits den Bremsweg, anderseits kommen wir so einem etwaigen Nachlassen der Bremsleistung bei hoher Beanspruchung auf die Schliche", so der Tester.

Der Dauertest

All diese Tests werden innerhalb eines meist zweiwöchigen Zeitraumes absolviert. "Zusätzlich führen wir aber auch mehrere Dauertests durch, die ein Jahr lang dauern." Damit lassen sich die Eigenschaften bei großer Hitze in Südeuropas Sommer genauso "erfahren" wie umgekehrt die Wirksamkeit der Heizung im tiefen Winter. Auch für die Qualität der Verarbeitung sind bis zu 50.000 Kilometer in einem Jahr eine Herausforderung. Unterschiedliche Fahrer:innen mit einer großen Bandbreite bei Gewicht oder Körpergröße gewährleisten eine differenzierte Sicht auf Sitze oder Rundumsicht.

Der Vergleichstest

Zurück zur Königsdisziplin. Was macht sie so besonders? Sind es die mehr als 25 Kategorien, in denen die Autos nach Schulnotensystem bewertet werden? Für Christian ist es ganz klar der Nutzwert für die Leser:innen: "Für unsere Mitglieder schaffen wir Fakten. Transparent und klar."