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DruckenJahresrückblick 2018: Die wichtigsten Gesetzesänderungen im Straßenverkehr
Das Jahr 2018 brachte zahlreiche wichtige gesetzliche Änderungen im Straßenverkehr mit sich. Mit den Juristen des ÖAMTC blicken wir nochmals auf die wichtigsten von ihnen zurück.

Rauchverbot im Auto, wenn Jugendliche (mit-)fahren
Am 1.5.2018 traten Änderungen des Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetzes in Kraft. Neben der Anhebung des generellen Rauchverbots in Österreich von 16 auf 18 Jahre wurde das Rauchen sowohl im privaten Kfz als auch in gewerblichen Bussen (also Reisebussen und Linienbussen) sowie in Taxis verboten, wenn zumindest eine Person unter 18 Jahren mitfährt oder selbst lenkt. Übertretungen werden mit Verwaltungsstrafen bis zu € 100,--, im Wiederholungsfall mit bis zu € 1.000,-- geahndet.
Das meinen die ÖAMTC-Juristen
Die Intention des Gesetzgebers, Kinder und Jugendliche zu schützen, ist zwar begrüßenswert. Der ÖAMTC erwartet aber Probleme bei der Vollziehung des Gesetzes, da Anzeigen während des Vorbeifahrens erlaubt sind.
Schon wenn eine andere Person als der Fahrzeuglenker raucht, wird es problematisch, weil deren Daten im Rahmen einer Lenkerauskunft nicht bekanntgegeben werden müssen. Besser wäre vermutlich gewesen, die Bestimmung als Anhaltedelikt zu gestalten, d.h. dass Strafen nur möglich sind, wenn ein Polizist ein Fahrzeug im Rahmen einer Amtshandlung anhält und den strafbaren Sachverhalt bei den betreffenden Personen feststellt.
In der Praxis hat sich in den ersten Monaten nach Inkrafttreten kein Mitglied an den Club gewandt, was darauf schließen lässt, dass entweder die Bestimmungen wirklich eingehalten werden oder keine allzu intensive Kontrolle stattfinden könnte.
Neue „Pickerl“-Toleranzfristen und neue Rechtsfolgen bei gewissen Mängeln
Am 20.5.2018 traten einige Änderungen des Kraftfahrgesetzes in Kraft. Geändert wurden u.a. Prüfintervalle und Toleranzfristen für Taxis, Rettungsfahrzeuge, Krankentransporte und sämtliche Lkw-Fahrzeugklassen (also auch Kleintransporter und Fiskal-Lastkraftwagen) sowie Autobusse und Traktoren.
Für diese Fahrzeuge kann die "Pickerlüberprüfung" seit der Novelle bis zu drei Monate (sonst eines) vor dem Ablaufdatum erfolgen – es gibt allerdings keine Überziehungsfrist "nach hinten" mehr (bisher gab es eine Überziehungsfrist von vier Monaten).
Für privat genutzte Pkw, Motorräder, Quads, Mopedautos, historische Fahrzeuge, Anhänger bis 3,5 t und Traktoren bis 40 km/h reicht der Toleranzzeitraum wie bisher von einem Monat vor dem Prüfmonat und bis vier Monate danach.
Das meinen die ÖAMTC-Juristen
Werden im Rahmen der § 57a Begutachtung „Gefahr im Verzug“-Mängel oder schwere Mängel festgestellt, war bereits vor der Novelle des KFG eine Weiterbenutzung des Fahrzeuges nicht bzw. bei schweren Mängeln nur bis zur nächsten Werkstätte gestattet (daran ändert sich nichts). Diese Regelung hat sich in der Praxis als dehnbar und zu unklar herausgestellt und wurde nicht immer eingehalten.
Seit dem 20.5.2018 wird der Fahrzeuglenker oder Zulassungsbesitzer nun zusätzlich darauf hingewiesen, dass das Fahrzeug noch längstens zwei Monate nach dieser Begutachtung, jedoch nicht über die auf der bisherigen Plakette angegebenen Frist hinausgehend, verwendet werden darf. Bei „Gefahr im Verzug“-Mängeln kann seit 20.5.2018 die Zulassung durch die Behörde umgehend aufgehoben werden. „Gefahr im Verzug“-Mängel werden dafür automatisiert aus der § 57a-Prüfsoftware an die zuständige Behörde weitergeleitet. Wenn die Behörde an den Fahrzeughalter eine Verständigung über eine „Aussetzung der Zulassung“ des betroffenen Fahrzeuges sendet, müssen die Kennzeichen abgegeben werden. Bei einer „Aussetzung der Zulassung“ entstehen keine Kosten für Ab- und Anmeldung. Die Kennzeichen des Fahrzeuges werden nach erfolgter Reparatur wieder ausgefolgt.
Die Behebung der Mängel muss durch eine positive § 57a-Begutachtung nachgewiesen werden.
Einige Fälle sind inzwischen bekannt, bei denen unmittelbar nach der Überprüfung die Kennzeichentafeln abgenommen wurden. Das BMVIT hat darauf hin in einem Erlass ersucht, keine Härtefälle zu provozieren.
Verpflichtender "eCall" in Neufahrzeugen
Seit 31.3.2018 müssen neu genehmigte Fahrzeugtypen der Klasse M1 und N1 über ein eCall-System verfügen – das sind alle Pkw und Lkw bis 3,5 t höchstzulässiges Gesamtgewicht. Will ein Hersteller ein neues Pkw-Modell oder einen Lkw bis 3,5 Tonnen höchstzulässiges Gesamtgewicht für den Verkauf in der Europäischen Union genehmigen (typisieren) lassen, dann muss dieses seit 31. März 2018 serienmäßig mit dem automatischen Notrufsystem eCall (steht für „emergency call“) ausgestattet sein.
Das meinen die ÖAMTC-Juristen
Das automatische Notrufsystem eCall funktioniert mit einem Crashsensor oder über einen Notrufknopf. Bei einem Unfall wird der Crashsensor aktiviert und sendet ein Notsignal aus. Gleichzeitig werden wichtige Informationen an die Notrufzentrale übermittelt. So wird zB über Satellit die genaue Position des Fahrzeugs eruiert und an die alarmierten Rettungskräfte weitergegeben. Sinn dieser Regelung ist es, dass die Einsatzkräfte möglichst umfassende Informationen bekommen und schneller und richtig ausgerüstet an der Unfallstelle sein können.
Der „normale“ eCall ist ein passives System, das nur im Notfall aktiv wird. Den Herstellern wurde jedoch erlaubt, in ihre Autos statt des gesetzlich vorgeschriebenen „Basis“-eCall auch eigene, leistungsfähige Datenübertragungs-Systeme einzubauen. Diese können deutlich mehr als nur automatische Notrufe abzusetzen. Solche Systeme sammeln – oft ohne Wissen der Fahrzeughalter – laufend Daten und senden sie an die Hersteller bzw an . Diese verkaufen diese Daten dann an Werkstätten und Versicherungen weiter.
Der ÖAMTC verlangt, dass Verbraucher detailliert Kenntnis über die Art des Datenaustausches erhalten und dass auch deren aktive Zustimmung eingeholt wird. Fahrzeugbesitzer haben nicht nur Anspruch auf Datentransparenz, sie müssen zudem auch frei wählen können, ob und wem welche Daten zur Verfügung gestellt werden.
Temporäre Freigabe des Pannenstreifens
Die 29. StVO-Novelle ermöglicht die Freigabe des Pannenstreifens, wenn eine Beeinträchtigung des Verkehrsflusses bereits eingetreten oder die Pannenstreifenfreigabe für die Förderung des Verkehrsflusses zweckmäßig und das gefahrlose Befahren des Pannenstreifens möglich ist.
Überprüft wird dies einerseits durch die Verkehrskameras sowie durch die Traffic Manager, die mobilen Spezialteams der ASFINAG. Ist eine Freigabe möglich, wird dies direkt über dem Fahrstreifen auf den elektronischen Fahrstreifensignalisierungen mit einem grünen Pfeil kundgemacht – und weiters rechts neben der Fahrbahn durch das Anzeigen des dritten Fahrstreifens mit einem entsprechenden Hinweiszeichen. Sobald die Verkehrsbelastung zurückgeht, wird der Pannenstreifen für den Verkehr wieder gesperrt.
Das meinen die ÖAMTC-Juristen
Obwohl die Möglichkeit der temporären Freigabe des Pannenstreifens grundsätzlich zu begrüßen ist, werden klassische „Staustrecken“ im Nahbereich von städtischen Ballungsräumen mit zu schmalen Pannenstreifen bzw. fehlender Pannenstreifen, aufgrund zahlreicher Anschlussstellen nicht immer geeignet sein. Bei häufig überlasteten Abschnitten wird an einer baulichen Lösung daher auf lange Sicht kein Weg vorbeiführen. Pannenstreifen leisten zudem einen wichtigen Beitrag zur Verkehrssicherheit und sollten daher nicht dauerhaft dem Verkehrsfluss geopfert werden. Eine Freigabe des Pannenstreifens kann daher nur eine temporäre Notlösung sein.
Eigenartig erscheint, dass bei Sperre des Pannenstreifens die Fahrstreifensignalisierung „finster“ bleibt. Das BMVIT erklärt das damit, dass es sich gar nicht um einen Fahrstreifen handelt und daher eine Sperre nicht möglich ist. Dem widerspricht die Praxis zB im Kaisermühlentunnel der A22, bei der quasi dauernd über dem Pannenstreifen ein rotes „X“ leuchtet.
Der ÖAMTC hat die analoge Anwendung auch bei der Aufhebung der Pannenstreifen-Freigabe vorgeschlagen.
Tempo 140
Mit einem als solchem bezeichneten „Pilotprojekt“ wurde mit der Aufstellung entsprechender Verkehrszeichen am 1.8.2018 auf zwei Teilstücken der A1 Westautobahn gestattet, eine Höchstgeschwindigkeit von 140 km/h einzuhalten. Damit hat die zuständige Behörde (der BMVIT) von ihrer Kompetenz Gebrauch gemacht, eine höhere Fahrgeschwindigkeit zuzulassen, wenn dagegen aus Gründen der Verkehrssicherheit keine Bedenken bestehen. In gewisser Hinsicht wird die Verordnung dennoch als „Versuch“ betrachtet, denn nach Ablauf eines Jahres soll eine Evaluierung stattfinden, wo und unter welchen Voraussetzungen eine Ausweitung eines derartigen Limits vertretbar ist.
Das meinen die ÖAMTC-Juristen
Nach einer Zwischenbewertung im November 2018 wurde angekündigt, den bisherigen Versuch, der auf dreistreifigen Richtungsfahrbahnen stattfindet, auf zwei- und vierstreifige Teilstrecken einer Autobahn ausdehnen zu wollen. Die bisherigen Unfalldaten deuten darauf hin, dass die prognostizierten Einschätzungen zur Auswirkung auf die Verkehrssicherheit zutreffen dürften und keine Verschlechterung der Unfallbilanz erkennbar ist.
Endgültige Erkenntnisse werden aber erst nach Ablauf des Beobachtungsjahres sinnvoll und möglich sein.
Digitale Vignette
Mit der Möglichkeit, statt einer Klebevignette eine digitale Vignette zu erwerben, hat die Asfinag in Abstimmung mit dem BMVIT mit Beginn des Mautjahres 2018 die Voraussetzungen geschaffen, die Maut online zu entrichten. Damit wird es nach langen Forderungen des ÖAMTC möglich, auch mehrere auf Wechselkennzeichen zugelassene Fahrzeuge mit bloß einer „Vignette“ auf dem Bundesstraßennetz zu betreiben.
Dem Umstand des Fernabsatzes an Konsumenten ist die Tatsache geschuldet, dass Konsumenten im Sinne des Konsumentenschutzgesetzes erst am Beginn des 18. Tages nach der Online-Buchung von der Berechtigung Gebrauch machen können, da ihnen eine 14-tägige Rücktrittsfrist zur Verfügung steht. Weil manche Käufer aber sofort die Vignette nutzen möchten, besteht ein gewisses Interesse, auf dieses Recht verzichten zu können. Indirekt ist dies dadurch möglich, dass die Maut bei einer Verkaufseinrichtung bezahlt wird, die eine digitale Vignette verkauft. Für Unternehmer wird die Vignette sofort nach Kauf gültig.
Die Digitale Vignette ist seit Juli 2018 auch beim ÖAMTC erhältlich und ist nach Kauf sofort gültig.
Das meinen die ÖAMTC-Juristen
Als problematisch werden nach wie vor Fälle eingestuft, bei denen innerhalb des Jahres eine neuerliche Gebühr entrichtet werden muss, obwohl von der bisher bezahlten niemand Gebrauch machen kann. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn sich bei einem Fahrzeugwechsel auch das Kennzeichen ändert. Auch die Gefahr der mehrfachen Bestrafung (Ersatzmautforderungen) besteht, wenn es beim Onlinekauf zu Tippfehlern bei der Kennzeicheneingabe kommt, wovon die Betroffenen erst im Zuge einer Beanstandung Kenntnis erlangen.
„Gaffer-Verbot“
Mit einer Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz wurde die Exekutive ausdrücklich ermächtigt, unbeteiligte Dritte vom Ort des Geschehens wegzuweisen, wenn diese Hilfeleistungen behindern oder die Privatsphäre jener Menschen unzumutbar beeinträchtigen, die vom Unfall betroffen sind. Wer sich trotz Abmahnung nicht an die Anordnungen der Polizei hält, riskiert eine Geldstrafe von bis zu € 500,--. Bei Vorliegen erschwerender Umstände kann alternativ auch eine Freiheitsstrafe von bis zu einer Woche bzw. im Wiederholungsfall von bis zu zwei Wochen verhängt werden.
Das meinen die ÖAMTC-Juristen
Bei Verkehrsunfällen oder sonstigen Vorfällen kommt es immer wieder vor, dass dritte Personen, die sich nicht an den erforderlichen Hilfeleistungen beteiligen, ihre Schaulust befriedigen und gleichzeitig eine Hilfeleistung durch die Polizei oder andere Hilfskräfte behindern und die Privatsphäre der von dem Vorfall betroffenen Menschen verletzen. Bei Unglücksfällen zählt jede Sekunde, sodass ein schnelles und ungehindertes Vorgehen der Hilfskräfte besonders wichtig ist. Die Novelle bietet nun eine Möglichkeit, um störende Schaulustige effektiv und längerfristig vom Vorfallsort wegweisen zu können.