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Die mysteriöse Garage

ÖAMTC-Rechtsberatung: Aus der Praxis - Frau P. ist verärgert, ein fremdes Fahrzeug stand bereits mehrmals auf ihren Dauerparkplatz. Irgendwann lässt sie es abschleppen. Was sie nicht wusste, die Nummern in der Garage gab es doppelt und es war doch nicht ihr Platz. Wer muss jetzt die Abschleppkosten bezahlen?

Parkgarage auto touring / HE
Parkgarage © auto touring / HE

Ihr Recht von Dr. Martin Stichlberger, ÖAMTC-Jurist

Fremdes Fahrzeug am eigenen Platz?

Es klingt wie ein an den Haaren herbeigezogener Klausurfall aus dem Jus-Studium, aber alles ist wahr: Victoria P. mietet einen Dauerparkplatz in der Tiefgarage einer Genossenschaft, da sie in der Nähe arbeitet. Sie bekommt Platz 148. Was ihr niemand sagt: Die Garage hat einen linken und rechten Teil, alle Nummern gibt es doppelt! Sie fährt einfach immer rechts ab, dabei wäre der Platz im linken Teil der ihre gewesen. Jener Platz, an dem sie monatelang gutgläubig steht, gehört einer Hausbewohnerin, die gar kein Fahrzeug hat. Als sich diese eines zulegt, ärgern sich beide über das jeweils andere Auto, begegnen sich aber nie persönlich, nur Zettel werden hinterlassen.

Selbsthilfe

Irgendwann reicht es Frau P., sie bestellt eine Abschleppfirma. Es wird abgeschleppt, die Kosten sollen bei Abholung verrechnet werden. Der Bewohnerin fällt das erst nach Wochen auf; hohe Standgebühren entstehen. Beim Abholen weist sie nach, dass sie die echte Mieterin von Nr. 148 ist und bekommt das Fahrzeug ohne zu zahlen heraus – rechtlich völlig korrekt, aber in der Praxis ein Wunder! Wer zahlt nun die rund 700 Euro Abschlepp- und Standkosten - Frau P., die Genossenschaft oder die Abschleppfirma?

Viele Rechtsfragen

Klar, die Genossenschaft trifft ein Organisationsverschulden. Doch die konkreten Kosten hat Frau P. verursacht: Sie hätte nämlich nicht abschleppen lassen dürfen! Gemäß einem OGH-Urteil muss vor einer (privaten) Abschleppung dem Besitzer die Gelegenheit zum Wegfahren gegeben werden, daher muss zuvor eine Auskunft aus der Zulassungsdatei eingeholt werden. Dieses Urteil kennen die Abschleppfirmen nur zu gut, daher könnte diese eine Verletzung der Aufklärungspflicht treffen. Eine Besitzstörungsklage der Mieterin gegen die Abschleppfirma wäre fraglos durchgegangen. Hätten sich die beiden Damen gegenseitig geklagt (Besitzstörung, Taxikosten, Ersatzparkplatz), wären diese Verfahrenskosten wohl der Genossenschaft als Schadenersatz verrechnet worden.

Ausgang

Die ÖAMTC-Juristen scharrten schon emsig in den Startlöchern, doch die Sache löste sich friedlich: Die Genossenschaft übernahm, durchaus weise und pragmatisch, freiwillig alle Kosten.

Auskunft aus der Zulassungsdatei:

Eine Auskunft über den Zulassungsbesitzer eines Fahrzeugs wird  gemäß § 47 KFG bei "berechtigtem rechtlichen Interesse" erteilt. Dazu zählen unbestritten Fälle von Besitzstörungen oder zivilrechtlichen Schadenersatzansprüchen. Zuständig: Bezirksverwaltungsbehörde oder Landespolizeidirektion, in Wien das Verkehrsamt. Das Ansuchen ist schriftlich zu stellen; die Gesamtkosten betragen EUR 15,30,-.

OGH-Urteil zur Abschleppung von Privatgrund: 10 Ob 34/17y vom 20.12.2017

Kostenlose Rechtsberatung an den ÖAMTC-Stützpunkten

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