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Ladeinfrastrukturtest 2020 ÖAMTC

ÖAMTC Test: Ladeinfrastruktur in Österreich

Das laden eines E-Autos kann unterschiedlich lang dauern.

© ÖAMTC

Das laden eines E-Autos kann unterschiedlich lang dauern.

ÖAMTC Test: Ladeinfrastruktur in Österreich:
Einleitung

Einleitung

Der Großteil der österreichischen Ladeinfrastrukturbetreiber bietet aktuell ausschließlich zeitbasierte Ladetarife an. Ein Kunde, der sein Elektrofahrzeug öffentlich an einer Ladestation aufladen möchte, bezahlt für die Zeit in der sein Fahrzeug an einer Ladestation angesteckt bleibt und damit den Ladepunkt besetzt. Anders als bei der Haushaltsstromabrechnung wird im Bereich der Ladeinfrastruktur nicht nach bezogener Energiemenge abgerechnet. Welchen Preis in [€/kWh] der Kunde bei einer zeitbasierten Abrechnung in [€/h] für den Ladevorgang zu bezahlen hat, ist vorab nicht feststellbar. Ein Zeittarif stellt damit eine für den Kunden intransparente und schwer nachvollziehbare Form der Abrechnung eines Ladevorganges dar.

Ladezeit

Ein Elektroauto lädt nicht immer gleich schnell

Die Gründe für die stets variierende Ladeleistung während eines Ladevorganges sind hauptsächlich fahrzeugseitig hohe Ladezustände und zu hohe oder zu tiefe Temperaturen in der Antriebsbatterie. Der Zeitbedarf der für die Aufladung benötigt wird kann dadurch auch nie genau vorhergesagt werden. Bei einem Zeittarif bedeutet das, dass der Energiepreis von der Ladeleistung über dem gesamten Zeitraum des Ladevorganges abhängt.

Die im Zuge dieses Ladeinfrastrukturtests ausgewerteten Messungen zeigen hingegen auch, dass der Kunde trotz Zeittarif den Ladevorgang aus finanzieller Sicht optimieren kann. Von entscheidender Bedeutung hierfür ist, dass das Elektrofahrzeug die ladestationsseitige Ladeleistung vollständig aufnehmen kann und diese zudem über einen möglichst langen Zeitraum nahe ihrem Maximalwert hält. Kommt es zu einer Reduktion der Ladeleistung meist ab einem Ladezustandes von etwa 80 %, sollte die Aufladung beendet werden.

Ergebnis

Ergebnis des Ladeinfrastrukturtest

Der ÖAMTC hat im Zuge dieses Ladeinfrastrukturtests die Zeittarife der wichtigsten österreichischen Ladeinfrastrukturbetreiber betrachtet und die sich ergebenden Energiepreise in Abhängigkeit der Ladeleistung dargestellt.

Diese österreichischen Ladeinfrastrukturbetreiber wurden verglichen:

  • SMATRICS GmbH & Co KG
  • Energie AG Vertrieb GmbH
  • Energie Burgenland Wärme und Service GmbH
  • Energie Graz GmbH & Co KG
  • Energie Steiermark Kunden GmbH
  • EVN AG
  • KELAG-Kärntner Elektrizitäts-Aktiengesellschaft
  • LINZ Strom GmbH
  • illwerke vkw AG
  • Wien Energie GmbH

Um einen möglichst fairen Vergleich der Ladetarife unter den verschiedenen Betreibern zu gewährleisten, wurden stets die Basistarife ohne Grundgebühr und ohne Vertragsbindung, jedoch inkl. österreichweitem Roaming, für eine Ladeleistung von bis 11 kW (AC) sowie bis 22 kW (AC) herangezogen.

Ladetarifvergleich

Ladetarifvergleich betrachteter Ladeinfrastrukturbetreiber

(Stand der Tarife: April 2020)

Basis-Ladetarife (11 kW AC)

(inkl. österreichweitem Roaming)

Betreiber Tarifbezeichnung AC-Ladeleistung
[kW]
Tarifgebühren
[€/min]
Umgerechneter Energiepreis bei voller Ladeleistung
[€/kWh]
Smatrics Single Net
NORMAL
bis 11 0,040 0,22
Energie AG Typ 2
AC 11 kW
bis 11 0,048 0,26
Energie Burgenland Tanke AC 11 bis 11 0,066 0,36
Energie Graz GRAZdrivEflex bis 11 0,040 0,22
Energie Steiermark easyFLEX
AC 11 kW
bis 11 0,040 0,22
EVN AC 11 bis 11 0,065 0,35
KELAG Autostrom Light AC11 bis 11 0,052 0,28
LINZ AG 11 kW bis 11 0,040 0,22
illwerke vkw AG vkw vlotte Public
Tarifgruppe 2
bis 22 0,110 0,60
Wien Energie Tanke START
AC 11 kW
bis 11 0,083 0,45

Basis-Ladetarife (22 kW AC)

(inkl. österreichweitem Roaming)

Betreiber Tarifbezeichnung AC-Ladeleistung
[kW]
Tarifgebühren
[€/min]
Umgerechneter Energiepreis bei voller Ladeleistung
[€/kWh]
Smatrics Single Net
BESCHLEUNIGT
bis 22 0,150 0,41
Energie AG Typ 2
AC 22 kW
bis 22 0,115 0,31
Energie Burgenland Tanke AC 22 bis 22 0,132 0,36
Energie Graz GRAZdrivEflex bis 22 0,140 0,38
Energie Steiermark easyFLEX
AC 22 kW
bis 22 0,140 0,38
EVN AC 22 bis 22 0,130 0,35
KELAG Autostrom Light AC22 bis 22 0,086 0,24
LINZ AG 22 kW bis 22 0,079 0,22
illwerke vkw AG vkw vlotte Public
Tarifgruppe 2
bis 22 0,110 0,30
Wien Energie Tanke START
AC 22 kW
bis 22 0,133 0,36

Die in den Tabellen umgerechneten Energiepreise beziehen sich stets auf die jeweilige Tarifleistung mit 11 kW bzw. 22 kW. Abhängig von der Ladeleistung ergeben sich die über der Ladezeit bezogene Energiemenge und dadurch auch der tatsächliche Energiepreis.

Ladeinfrastruktur 2020 - Abbildung 1.jpg ÖAMTC Abbildung 1
Verlauf des Kostenfaktors in Abhängigkeit der Ladeleistung

Der in Abbildung 1 gezeigte Verlauf des Kostenfaktors in Abhängigkeit der jeweils momentanen Ladeleistung zeigt das Verhältnis zwischen einem eintretenden Ladeleistungsabfall und dem zugleich starken Anstieg des tatsächlichen Energiepreises bei einem Zeittarif. Fällt die Ladeleistung aufgrund zu geringer Temperaturen in den Akkuzellen geringer aus oder nimmt ab Erreichen eines fahrzeugspezifischen Ladezustandes allmählich ab, erhöht sich der umgerechnete Energiepreis. Dieser wird anhand eines Kostenfaktors dargestellt. Herrschen optimale Ladebedingungen und die Ladeleistung kann zu 100 % vom Fahrzeug aufgenommen werden, beträgt der Kostenfaktor 1.

Ladeinfrastruktur 2020 - Abbildung 2.jpg ÖAMTC Abbildung 2
Energiepreisverläufe von 11 kW Zeittarifen nationaler Ladeinfrastrukturbetreiber

Bei vielen der am Markt verfügbaren Plug-in-Hybride sowie auch einiger Batterie-Elektrofahrzeuge beschränkt die interne Ladeelektronik die maximal unterstütze Ladeleistung auf eine 1-phasige Ladung mit 3,68 kW bzw. max. 7,36 kW. Der Großteil heutiger Plug-in-Hybride kann systembeding im Wechselstrombereich nur mit max. 3,68 kW geladen werden. Wird ein solches Fahrzeug an einem zeittarifierten 11 kW Ladepunkt geladen, kostet die kWh umgerechnet immer um den Faktor 3 mehr, als bei einem Fahrzeug, welches über die gesamte Ladedauer die vollen 11 kW beziehen könnte. Erfolgt die Ladung mit max. 3,68 kW hingegen an einem 22 kW Ladepunkt, kostet die umgerechnete kWh sogar das 6-fache.

Ladeinfrastruktur 2020 - Abbildung 3.jpg ÖAMTC Abbildung 3
Energiepreisverläufe von 22 kW Zeittarifen nationaler Ladeinfrastrukturbetreiber

Anhand der beiden daneben gezeigten Energiepreiskurven in Abbildung 2 sowie Abbildung 3 wird der Einfluss der Ladebedingungen auf das Ladeverhalten und somit auch auf den sich ergebenden Energiepreis bei vorliegendem Zeittarif dargestellt. Diese Energiepreisbetrachtungen in Abhängigkeit der Ladeleistung wurden von den Zeittarifen der genannten Ladeinfrastrukturbetreiber für sowohl 11 KW als auch 22 kW durchgeführt.

Feldtest (Renault ZOE)

Der Feldtest mit dem Renault ZOE R90 Z.E.40

Ladeinfrastruktur 2020 - Abbildung 4.jpg ÖAMTC Abbildung 4
Ladezustand des Testfahrzeuges in Abhängigkeit der Ladeleistung über der Zeit

Als eines der wenigen Batterie-Elektrofahrzeuge am Markt kann der Renault ZOE an Wechselstrom mit bis zu 22 kW geladen werden, weswegen er für die Durchführung dieses Tests optimal geeignet war. Um eine möglichst vollständige Aufladung darzustellen, wurde die Ladung bei 20 % gestartet und bei Erreichen des Ladezustandes von exakt 100 % beendet. Zudem lag an dem Testtag eine nicht optimale Umgebungstemperatur von 0 °C vor.

Die nebenstehende Abbildung 4 zeigt die Ladekurve sowie die sich daraus ergebende Änderung des Ladezustandes über der Ladezeit. Aufgrund der ladeleistungsbegrenzenden Faktoren, wie etwa der an dem Testtag vorherrschenden tiefen Temperatur, konnte die Ladeleistung des Ladepunktes mit 22 kW von Anfang an nicht aufgebracht werden. Die Leistung von rd. 19,5 kW zu Beginn bei einem Ladezustand von 20 % wurde dann hingegen exakt eine Stunde bis zu einem Ladezustand von 70 % nahezu konstant gehalten. Ab 70 % hat das Testfahrzeug mit der sukzessiven Reduzierung der Ladeleistung begonnen. Aufgrund der immer weiter abfallenden Leistung hat das Erreichen des Ladezustandes von 100 % exakt eine weitere Stunde gedauert. Bei einem Zeittarif bedeutet dies, dass die erste Stunde genau so viel gekostet hat wie die zweite Stunde, nur dass in der ersten Stunde 50 % des Batterie-Energieinhaltes aufgefüllt werden konnten, in zweiten Stunde jedoch nur noch 30 %. Mit dem eintretenden Ladeleistungsabfall ab 70 % Ladezustand ist der effektive Energiepreis im Umkehrschluss angestiegen. Da die Ladeleistung abgefallen ist und somit der Preis pro kWh in der zweiten Stunde nach und nach höher wurde, hätte der Ladevorgang zur optimalen Ausnutzung des Zeittarifs bestenfalls nach Erreichen des Ladezustandes von 70 % beendet werden sollen.

Empfehlungen

Empfehlungen zur optimalen Ausnutzung von Zeittarifen

  • Stellen Sie erstmal fest, ob Ihr Elektrofahrzeug an Wechselstrom (AC) oder auch an Gleichstrom (DC-Schnellladen) geladen werden kann. An einer Schnellladestation bleiben Sie nicht unnötig lange stehen und tappen damit nicht in eine Zeitfalle.
  • Für die optimale Aufladung an Wechselstrom finden Sie heraus, ob Ihr Fahrzeug nur eine 1-phasige oder auch eine 3-phasige Aufladung unterstützt.
  • Kann Ihr Elektrofahrzeug an Wechselstrom 3-phasig geladen werden, sollte ladeinfrastrukturseitig nicht mehr Leistung zur Verfügung gestellt werden, als Ihr Fahrzeug aufnehmen kann (z.B. 11 kW).
  • Lassen Sie Ihr Fahrzeug nur so lange an der Ladestation angesteckt, so lange es die maximale Ladeleistung auch aufnehmen kann. Kommt es aufgrund eines erhöhten Ladezustandes zu einem Abfall der Ladeleistung, sollten Sie die Ladung möglichst beenden. Das wird bei milden Temperaturen ab in der Regel etwa 80 % Akku-Ladezustand der Fall sein.
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