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Ein Jahr rechts abbiegen bei Rot

Viel Lärm um nichts? ÖAMTC-Beobachtungen zeigen erste Erkenntnisse.

Fahrrad - Rechtsabbiegen bei Rot Fahrschule Fürböck / A. Seger

Fahrrad - Rechtsabbiegen bei Rot

Babenbergerstraße - Mariahilferstraße ÖAMTC

Babenbergerstraße - Mariahilferstraße

Friedrichstraße-Operngasse ÖAMTC

Friedrichstraße-Operngasse

Landstraßer Hauptstraße-Petrusgasse ÖAMTC

Landstraßer Hauptstraße-Petrusgasse

NEU Praterstern - Nordwestbahnstraße_ (5).png ÖAMTC

Praterstern - Nordwestbahnstraße

Rechts abbiegen bzw. geradeaus bei Rot als Neuerung in Österreichs StVO erregte im Vorjahr große Aufmerksamkeit. Ein Zusatzschild mit grünem Pfeil ermöglicht es seit Oktober 2022, das Radfahrende bei ausgewählten roten Ampeln rechtsabbiegen oder geradeaus fahren dürfen. Nach den rechtlichen Vorgaben in der StVO wurden auch technische Einsatzkriterien, als Teil der Richtlinien und Vorschriften für das Straßenwesen (RVS), erstellt.

Das sogenannte „Rechts bei Rot“ ist in Frankreich, Belgien, Dänemark und der Schweiz sowie den Niederlanden schon länger gang und gäbe. Für Radfahrende verringern sich dabei in erster Linie Wartezeiten. Das soll das Fahrrad als Verkehrsmittel für ein (theoretisch) schnelleres Vorankommen attraktiver machen. In Wien wurden seither mehr als 330 Grünpfeile an entsprechenden Kreuzungen montiert.

Aber: Halten sich Radfahrende an die Vorgaben der StVO? Sind die Vorgaben praxistauglich? Ist die Kenntlichmachung an Kreuzungen mittels Zusatztafeln ausreichend erkennbar? Wird das Rechts abbiegen bei Rot überhaupt genützt oder war der hohe Emotionalisierungsgrad vor der Einführung nur dem politisch-medialem Umfeld geschuldet? Der ÖAMTC hat sich diesem Thema angenommen. Die Erkenntnisse aus Wien überraschen nicht wirklich.

Vor-Ort-Beobachtungen

Im Zuge von Vor-Ort-Beobachtungen an neun ausgewählten Kreuzungen zwischen August und Oktober wurde festgestellt, dass Rechts abbiegen bei Rot nur einen kleinen Teil der Radfahrenden „trifft“. So zeigte sich, dass von rd. 2.200 gezählten Radfahrenden nur 20% Rechtsabbieger waren. Davon wiederum bogen 41% bei Grün nach rechts ab. Lediglich der Rest (ca. 12%) der gezählten Radfahrenden kam in die Situation, die neue Regelung in Anspruch zu nehmen. Und genau da zeigte sich, was zu erwarten war: 12% verhielten sich korrekt, 14% nutzten das Abbiegen bei Rot nicht. 74% der Nutzer missachteten die Vorgaben der StVO. Allerdings kam es in nicht einmal einem Prozent der Fälle zu Konflikten (mit querenden Fußgängern).

Ergänzend wurde auch an fünf Kreuzungen, wo Geradeaus bei Rot möglich ist, 500 Radfahrende beobachtet. Zwei Erkenntnisse stachen hervor: Zum einen war der Anteil an Radfahrenden, welche bei Grün die Kreuzung passierten, mit 71% deutlich erhöht und zum anderen der Anteil an Fehlverhalten mit 62% niedriger.

Was lässt sich folglich daraus ableiten? Die rechtlichen und technischen Vorgaben schränken das Einsatzgebiet des Rechtsabbiegens bei Rot von vornherein deutlich ein. Zudem hängt die Nutzungshäufigkeit stark von der Bedeutung im Radwegenetz bzw. der Routenwahl der Radfahrenden ab. Ampelschaltungen im vorgelagerten Bereich spielen ebenso eine wichtige Rolle. Besteht eine Grüne Welle, so kommen Radfahrende kaum in den Genuss der Nutzung des Grünpfeils.

Neue Regelung praxisfern?

Um dem Wiener Übereinkommen zu entsprechen, hat Österreich im Rahmen des Rechtsabbiegens bei Rot die Regelung „Abbiegen nach Halt“ festgelegt. Allerdings ist gerade diese Regelung praxisfern und wird überwiegend nicht eingehalten. Im Rahmen der Erhebung zeigte sich jedoch, dass Konflikte mit anderen Verkehrsteilnehmern die Ausnahme sind.

Letztlich ist jedenfalls festzuhalten, dass diese neue Regelung einen eingeschränkten Einsatzradius und Folge dessen auch geringen Mehrwert hat. Die Erkenntnisse zeigen jedoch, dass es – wenn es entsprechend der Vorgaben erlaubt wird – zu so gut wie keinen Sicherheitseinbußen kommt.

Allerdings sind Nachbesserungen notwendig – dies betrifft vor allem die zum Teil schlechte Erkennbarkeit der kleinen Zusatztafel sowie die hohe Quote an Missachtungen der „Halt“-Regelung. Rechtliche Vorgaben müssen für Verkehrsteilnehmer nachvollziehbar sein. Sind sie das nicht, werden sie nicht eingehalten. Sind sie jedoch notwendig, so muss seitens des Gesetzgebers dafür Sorge getragen werden, dass ein Bewusstsein dafür geschaffen und die Einhaltung kontrolliert wird. Ansonsten entsteht „Totes Recht“.
Übrigens: Vereinzelt wurden Grünpfeile aufgrund Ihrer Unzulässigkeit wieder abmontiert. Aber seitens der Stadt Wien wurde ebenfalls eine Evaluierung durchgeführt. Ergebnisse waren bis dato aber noch nicht bekannt.

Übrigens: Vereinzelt wurden Grünpfeile aufgrund Ihrer Unzulässigkeit wieder abmontiert. Aber seitens der Stadt Wien wurde ebenfalls eine Evaluierung durchgeführt. Ergebnisse waren bis dato aber noch nicht bekannt.

Erhebungsstandorte rechts abbiegen bei Rot

  • Getreidemarkt # Babenberger Straße (01./06. Bezirk)
  • Johannesgasse # Lothringer Straße (01. Bezirk)
  • Getreidemarkt # Linke Wienzeile (01./06. Bezirk)
  • Wollzeile # Stubenring (01. Bezirk)
  • Schottenring # Wipplinger Straße (01. Bezirk)
  • Friedrichstraße # Operngasse (01. Bezirk)
  • Burgring # Babenbergerstraße (01. Bezirk)
  • Hollandstraße # Untere Donaustraße (02. Bezirk)
  • Stumpergasse # Mariahilfer Straße (06. Bezirk)
     

Erhebungsstandorte geradeaus bei Rot

  • Johannesgasse # Lothringer Straße (01. Bezirk)
  • Am Heumarkt # Große Ungarbrücke (01. Bezirk)
  • Praterstern # Nordbahnstraße (02. Bezirk)
  • Landstraßer Hauptstraße # Petrusgasse (03. Bezirk)
  • Billrothstraße # Gymnasiumstraße (19. Bezirk)
     

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