8362--HOCQUEL_A_-_VPA_CMS.jpg Vaucluse/A. Hocquel/VPA

Viele Motive warten in der Provence. Reisende machen ihr eigenes Bild daraus – und sei es nur in Gedanken.
 

© Vaucluse/A. Hocquel/VPA

Viele Motive warten in der Provence. Reisende machen ihr eigenes Bild daraus – und sei es nur in Gedanken.
 

© Vaucluse/A. Hocquel/VPA
Februar 2022

Bilder der Provence

Ein paar Tage sind wohl viel zu wenig, so mancher will sogar für immer bleiben: Genuss und Kultur zwischen Avignon und Aix im herrlichen Süden Frankreichs. 

Ein frischer Morgenwind hat die Wolken der Nacht verscheucht, eine ­frühe Sonne taucht den kleinen Hafen von Hyères in gleißendes Licht.

Ich nehme das Boot hinüber zur Île de Porquerolles, der größten der "Goldinseln" vor der Küste der Provence – ein autofreies Paradies mit Pinienwäldern, Sandstränden, kleinen Hotels und ­Cafés, Radwegen und Olivenhainen.

Jetzt, Ende ­Oktober, ist die Hochsaison im Süden Frankreichs lange vorbei, und das Leben hat seinen mediterranen gemütlichen Gang wiedergefunden.

Mein Ziel ist die neue Attrak­tion der Insel, die Villa Carmignac, in der die Kunstsammlung des französischen Unternehmers seit 2018 der Öffentlichkeit zugänglich ist – und wie!

Denn ebenso wie an vielen anderen Orten der Provence auch finden Kunst, Natur und Lebensstil in der Villa Carmignac in einer wunderbaren Symbiose zueinander: Man spaziert barfuß durch die Ausstellung, die mit Absicht unter der Erde präsentiert wird.

Denn dem phantastischen Ensemble der Inselnatur zu ebener Erde kommt laut Konzept zumindest die gleiche Bedeutung zu wie dem – sündteuren – Menschenwerk, den dargebotenen zeitgenössischen Kunstwerken von Bruce Nauman bis Jeff Koons. 

Werbung
Datenschutz Zur Anzeige von Werbung benötigen wir Ihre Zustimmung.
Provence_Karte CMS.jpg auto touring/Peter Scharnagl © auto touring/Peter Scharnagl
Unterwegs zwischen Orange und Hyères im Süden Frankreichs.

Die Natur ist also niemals alleine Hauptdarstellerin einer Reise durch die Provence. Natürlich zeichnet sie verantwortlich für die große Bühne des Schauspieles: die Landschaften und Strände der Côte d’Azur, die mit Schnee bedeckten Gipfel der Seealpen, das milde Klima im Tal der Rhône, den blühenden Lavendel, der die Touristen anzieht.

Doch Jahrtausende lang waren in diesen Landschaften auch Menschen tätig, die aus den Möglichkeiten der Natur oder aus ganz anderen Motiven heraus Einzigartiges geschaffen ­haben. Sie haben Bilder der Provence erzeugt, die einfach nicht mehr aus dem Kopf zu bekommen sind, wenn sie sich beim Reisenden dort einmal breitgemacht haben.

2021-10_Provence_Fibich_08_CMS.jpg Roland Fibich/auto touring
© Roland Fibich/auto touring

Wo die Päpste wohnten

Avignon ist so ein Bild. Im Vordergrund die Rhône mit den verbliebenen vier Bögen der aus dem französischen Kinderlied bekannten Brücke Saint-Bénézet, der Rest ist schon lange eingestürzt. Im Hintergrund die gewaltigen Mauern des "Palastes der Päpste" aus dem 14. Jahrhundert und die triumphale Statue einer goldenen Madonna auf dem Turm der Kathedrale. 

Wer sich von der fürstlichen Macht der Päpste im Mittelalter ein Bild machen will, muss auch das Innere der Festung besichtigen. Mein Lieblingsplatz hier ist die Kapelle des heiligen Martial mit den ausdrucksstarken Fresken des italienischen Meisters Matteo Giovannetti, die erst vor Kurzem restauriert wurden und durchaus mit jenen in der Sixtinischen Kapelle des Vatikans konkurrieren können.

Sie können freilich nur im Rahmen einer Führung bewundert werden, für die man sich schon vor der Reise rechtzeitig im Internet anmelden sollte. Wer darauf verzichtet, kann sich mit dem Anblick des prächtigen Schlafgemachs der Päpste trösten. 

EmpreinteDAilleurs-6586_CMS.jpg  Avignon-Tourismus © Avignon-Tourismus
Vom Ufer jenseits der Rhône genießt man den besten Blick auf Avignon.
EmpreinteDAilleurs-2729_CMS.jpg  Avignon-Tourismus © Avignon-Tourismus
Der große Palast ist Ausdruck weltlicher Macht der Päpste im Mittelalter.
2021-10_Provence_Fibich_272_CMS.jpg Roland Fibich/auto touring © Roland Fibich/auto touring
In der Nacht wirkt der Palast der Päpste allerdings eher wie eine vom Mistral umtoste Gespensterburg.

Köstlichkeiten und Kunst in Aix-en-Provence

Ein ganz anderes Bild, das wir von der Provence im Kopf haben, hat nichts mit dem Seelenheil, sehr wohl aber mit weltlichem Genuss zu tun. Es geht um die Märkte.

"Les Halles" an der Place Pie von Avignon, die Place Richelme in Aix-en-Provence oder auch die Gässchen von Hyères, die hinauf zum Turm der Templer führen: Überall warten Stände und Geschäfte mit raffinierten Köstlichkeiten, duftenden Wohltaten und farbenprächtigen Utensilien für zu Hause, die der Provence weltweiten Ruhm eingebracht haben und die aufzuzählen hier den Rahmen sprengen ­würde. Man sehe, staune und schmecke selbst!

Womit wir schon beim Wein sind. Wenn der Mistral die Luft sauber geblasen hat, kann man bei gutem Wetter von den Gärten des Papstpalastes von Avignon recht deutlich die Burgruinen von Châteauneuf-du-Pape er­kennen. Der kleine Ort oberhalb der Rhône hat durch seine Weine weltweite Berühmtheit erlangt. Ehrfurcht oder gar Angst, als Banause entlarvt zu werden, muss man hier freilich schon lange nicht mehr haben.

Bei einer Verkostung zum Beispiel im Pavillon Bouachon werden die verschiedenen Sorten (in englischer Sprache) freundlich und launig erläutert. Mit jeder Kostprobe wird mir klarer, warum sich auch die Päpste von Avignon, die ja Weltlichem keineswegs abgeneigt gewesen sein sollen, Châteauneuf einst als Sommer­residenz erwählt hatten.

2021-10_Provence_Fibich_14_CMS.jpg Roland Fibich/auto touring 1
2021-10_Provence_Fibich_18_CMS.jpg Roland Fibich/auto touring 2
14214--HOCQUEL_A_-_VPA_CMS.jpg Vaucluse/A. Hocquel/VPA 3

1 Ein Spaziergang durch Aix-en-Provence ist eine Wohltat für Geist und Köper. © Roland Fibich/auto touring

2 Schon die Päpste schätzten die Weine von Châteauneuf-du-Pape. © Roland Fibich/auto touring

3 In diesem Keller warten Weine von Weltruhm auf ihre Verkostung. © Vaucluse/A. Hocquel/VPA

Zu Besuch bei Paul Cézanne

Aix-en-Provence ist noch immer so etwas wie die heimliche Hauptstadt der Provence, steht aber wirtschaftlich im Schatten der Hafenstadt Marseille. Ein jugendliches studentisches Publikum prägt das Stadtbild des vor 2.100 Jahren an heilenden Thermalquellen gegründeten römischen Aquae Sextiae. Treffpunkt der Studenten ist der Cours Mirabeau, aber das Herz der Stadt schlägt am Marktplatz.

Von hier geht es vorbei an der Kathe­drale mit ihrer Taufkapelle aus dem sechsten Jahrhundert und Geschäften, in ­denen es die süßen Mandel-Calissons zu kaufen gibt, hinaus zum Atelier von Paul ­Cézanne, der ein echtes Kind der Stadt war.

Das Haus, das sich Cézanne nach einer Erbschaft nach seinen Wünschen einrichten ließ, ist praktisch originalgetreu erhalten. Aber nicht deshalb ist der Ort faszinierend: Vielmehr erzählt er von einem Mann, dessen Kunst fast die gesamte Zeit seines Lebens verspottet wurde, der aber heute zu den Begründern der Moderne gerechnet wird.

Erst 100 Jahre nach Cézannes Tod 1906 konnte sich die Stadt Aix dazu durchringen, ihm ein Denkmal zu erreichten. Bezeichnenderweise waren es auch US-amerikanische Kunstlieb­haber, die Cézannes Haus kauften und es der Stadt und der Universität schenkten.

Und so kann ich es mir heute in Cézannes ehemaligem Atelier gemütlich machen, einen Holztisch mit einer Flasche und einer Schale Äpfeln darauf anstarren – und überlegen, ob das wohl für ein Gemälde etwas hergeben würde.

Auch in der Gegenwart kann man in der Provence freilich die Bekanntschaft faszinierender Persönlichkeiten machen. Léo Coupat etwa hat aus dem auf den ersten Blick unscheinbaren Olivengut "Bastide du Laval" nördlich von Aix einen Bio-Vorzeigebetrieb gemacht, dessen Produkte sogar im Pariser Palais de l’Élysée dem Präsidenten der Repu­blik serviert werden.

2021-10_Provence_Fibich_13_CMS.jpg Roland Fibich/auto touring 1
2021-10_Provence_Fibich_15_CMS.jpg Roland Fibich/auto touring 2
2021-10_Provence_Fibich_16_CMS.jpg Roland Fibich/auto touring 3

1 Die süßen Callissons sind die verführerische Spezialität der Stadt Aix-en-Provence. © Roland Fibich/auto touring

2 Besucher/-innen können sich im Atelier selbst ein Bild von Paul Cézannes Kunst machen. © Roland Fibich/auto touring

3 Leo Coupat produziert wahrscheinlich das beste Olivenöl der Provence.
© Roland Fibich/auto touring

Es ist schon spät, als ich an diesem Tag Orange erreiche, meine vorerst letzte Etappe. Das großartige römische Theater der Stadt wollte ich schon immer sehen, und zum Glück schaffe ich es auch, bevor die Tore für Besucher/-innen geschlossen werden.

Neben jenen im türkischen Aspendos und im syrischen Bosra ist das Theater von Orange eines der wenigen, in dem die originale Bühnenwand noch erhalten ist.

In einer ihrer Nischen steht eine Statue des Kaisers Augustus. Hebt er triumphierend oder grüßend den rechten Arm in Richtung Publikum? 

So fern sind uns die Zeiten dieses antiken Herrschers! Und doch war und ist die Provence, diese römische "Provinz", praktisch ununterbrochen Kernland (und nicht Provinz) europäischer Kultur. Unzählige dieser Bilder der Provence gibt es, denen wir als Reisende heute unsere ganz persönlichen Erinnerungen hinzufügen können.

shutterstock_401946109_CMS.jpg Shutterstock
© Shutterstock

Klicken Sie hier zu den aktuellen Corona-Reiseregeln für Frankreich

Klicken Sie hier für Provence-Angebote des ÖAMTC-Reisebüros.

Frankreich-Tourismus (Atout France)

Provence-Alpes-Côte d'Azur (auch in deutscher Sprache).

Var Tourisme (in englischer Sprache).

Provence Tourisme (in englischer Sprache).

Kommentare (nur für registrierte Leser)