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© Luis Steinkellner
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Januar 2023

Am Boden der Tatsachen

Die ständigen Probleme nervten. Ich stellte mir die Frage: Was mache ich mit ihr? Dann entdeckte ich die ersten Elektro-Umbauten. War das die Lösung für meine alte Vespa? Monolog von Luis Steinkellner.  

Die Vespa 50 Special – sie war 1981 mein erstes motorisiertes Fahrzeug und hat mich damals zuverlässig und mit italienischem Charme durch meine Sturm- und Drangzeit begleitet. Dunkelblau war sie im Originalzustand, gekauft habe ich sie für rund 14.000 Schilling, neu. In Euro umgerechnet wäre das ein bisserl mehr als ein Tausender.

Die erste Tour mit ein paar Freuden führte uns gleich bis Italien, nach Udine, Ersatzteile kaufen. Die neuen Parts haben wir noch vor Ort eingebaut, direkt am Straßenrand, Zylinder, Auspuff und allerlei Anbauteile. So waren wir.

Ganz besonders wichtig damals: Das Staufach mit Autoradio und Lautsprecherboxen für den passenden Soundtrack zum Roadtrip. Es war eine schöne Zeit. Aber auch irgendwann vorüber.

Jahre später stand die Vespa letztlich wenig genutzt (aber immer noch viel geliebt) hauptsächlich in der Gegend herum. Irgendwie waren immer andere Motorräder und auch Autos da, mit denen ich unterwegs war.

Darunter litt natürlich die Zuverlässigkeit der Special. So ein alter Zweitakter will regelmäßig laufen, sonst steht er.

Ein Verkauf kam aus sentimentalen Gründen nie in Frage. Aber ständig reparieren, bloß um dann sehr wenig oder erst gar nicht zu fahren – das war auch keine Lösung.

Als dann die ersten, vorerst noch individuell angefertigten Elektro-Umbauten alter Vespas im Internet auftauchten, wurde ich hellhörig: Wäre das nicht eine coole Lösung für meine Vespa? Nie mehr verklebter Vergaser wegen altem Sprit, keine Falschluftprobleme durch ausgetrocknete Simmerringe, kaum noch Wartungsarbeiten, dafür jederzeit startbereit und dazu auch noch deutlich bessere Fahrleistung – das klang nach Musik in meinen Ohren.

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Umbau – ja, nein, vielleicht, später…

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1 Der Umbausatz: ein paar bunte Kabeln sowie Schrauben, Muttern und Beilagscheiben. Was braucht's noch? Ein wenig handwerkliches Geschick, Neugier, Interesse, Geduld, Zeit und rund 3.000 Euro. © Luis Steinkellner

2 Einrad. Ist der Zweitakter einmal heraußen, kann der E-Antrieb gleich rein. Sehr gut: Die neuen Bauteile können an den alten Befestigungspunkten verschraubt werden.  © Luis Steinkellner

3 Schöner neuer Kabelbaum. Der Tausch wäre zwar nicht zwingend notwendig gewesen, aber wenn man schon einmal dabei ist… © Luis Steinkellner

Allein, so einen Umbau im Eigenbau umzusetzen, das traute ich mir nicht zu. Kaum Erfahrung im Bereich der Konstruktion und ebenso wenig Erfahrung auf dem Gebiet der Typisierung von Fahrzeugen, dazu ein Mangel an Werkzeugen und Zeit ließen mich das Projekt immer wieder auf die lange Bank schieben. Ja, mache ich – später.

Irgendwann dann tauchten aber fertige Umbausätze am Markt auf: Motor, Steuerelektronik, Akku – alles dabei und alles fertig aufeinander abgestimmt. Sogar mit allen notwendigen Prüfgutachten versehen; auch der Preis war akzeptabel.

Wirklich entscheidend war jedoch der Hinweis auf die Leichtigkeit des Umbaus, angeblich ein simples "Plug and Play".

Ich schlug kurzentschlossen zu, bestellte um 3.000 Euro online einen Umbau-Kit und dachte mir: Hey, was kann schon schief gehen?

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Und tatsächlich: Der Umbau war selbst für einen Gelegenheits-Schrauber wie mich überraschend einfach: Am Fahrzeug selbst musste bei meinem Bausatz nach dem Ausbau von Motor, Vergaser und Tank kaum etwas verändert werden. Nur drei kleine Löcher zur Befestigung der Steuerelektronik waren zu bohren, alle weiteren Bauteile konnten an vorhandenen Befestigungspunkten verschraubt werden.

Der klassische Gasgriff wich einem verschleißfreien Modell mit Hallsensor – und nachdem nun 12 anstatt 6 Volt Bordspannung zur Verfügung standen, wurden Hupe und Leuchtmittel gleich entsprechend mit erneuert.

Was nicht zwingend notwendig war, aber trotzdem gemacht wurde: Der Kabelbaumtausch, nach 40 Jahren sicher keine schlechte Idee. Ich habe es gemacht, eher so nach dem Motto "Vorbeugen ist besser…", denn der Aufwand war gering.

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Fazit

Insgesamt gab es beim Umbau wenig Unklarheiten, wenngleich meinerseits etwas Skepsis durchaus vorhanden war, speziell im Bereich der Elektrik. Gut überlegt und in aller Ruhe zusammengebaut, war alles letztlich anhand der Bausatzanleitung kein Problem und in rund einem Tag erledigt.

Viel größer war die Herausforderung daheim. Mangels Werkstatt musste ich meine Frau davon überzeugen, den Umbau im Wohnzimmer durchzuführen. Möglicherweise überwog schlussendlich ja die Option, mich bei meinen Spompanadeln im Blick haben zu können ;)

Jedenfalls: Ich durfte!

(Wir sind übrigens noch verheiratet und die Vespa darf sogar im Wohnzimmer überwintern)

Wer meine Umbau-Mood musikalisch auffangen will: Golden Boogie Connection

Und was die Fahrleistungen betrifft: Auch nach dem Umbau bleibt meine Special ein Moped – die Höchstgeschwindigkeit liegt somit bei 45 km/h. Einmal voll Laden dauert rund 3 Stunden, die Reichweite liegt bei knapp 50 Kilometern.

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© Luis Steinkellner

Zur Person

Luis Steinkellner ist geboren in Kärnten, eröffnet nach ersten Schritten als Modedesigner und DJ sowie Fotoassistent in Wien und Paris ein eigenes Fotoatelier in Wien. Neben seiner vielfältigen Erfahrung als Werbe- und Modefotograf hat er sein Spektrum um Regie und Kunstfotografie erweitert. Luis Steinkellner lebt mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern in der Wachau, wo er seiner Vespa den Elektroantrieb implantiert hat.

https://www.luissteinkellner.com/

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