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März 2020

Test: Land Rover Defender

Hat auch die Neuauflage des englischen Offroad-Urgesteins das Zeug zum Klassiker? Wir unternehmen eine eher ungewöhnliche Krisen-Expedition mit dem ersten Testwagen, dessen wir habhaft werden konnten, und klären auf, buchstäblich Stein für Stein.

Das Corona-Virus hat auch den Berufsalltag des auto-touring-Teams einigermaßen durcheinander gewürfelt. An reguläre Tests ist momentan nämlich nicht zu denken: Weder stünden derzeit die passenden Fahrzeuge wie gewohnt zur Verfügung noch wäre es möglich, in dieser Situation aufwändige Messungen oder Fotoproduktionen mit mehreren beteiligten Personen durchzuführen.

Allerdings: Not macht bekanntlich erfinderisch. Warum also nicht die jahrzehntelange Expertise einmal auf einen ganz und gar untypischen Testkandidaten anwenden?

Gesagt, getan. Ihr Autor hat sich in diesen Tagen der Heim-Isolation (mit tatkräftiger Unterstützung von Freundin und Sohn) im Schnellverfahren kurzerhand einfach selbst ein Auto zum Testen gebaut. Und zwar ein ganz besonderes: den heiß erwarteten neuen Land Rover Defender.

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9,6 Milliliter Durchschnittsverbrauch auf 100 Meter, fast die Hälfte eines einfachen britischen Gin-Stamperls! Shocking, ist es nicht?

Christoph Lego, Redakteur

Marke Eigenbau

Vorweg: An das Original aus dem Werk kommt unser Exemplar zwar nicht heran (was hauptsächlich daran liegen mag, dass es sich um ein Modell aus dem "Lego-Technic"-Sortiment handelt), aber die traditionell wichtigste Eigenschaft des Defender, seine legendäre Offroad-Kompetenz, könnte sich vielleicht anhand der gewonnenen Eindrücke auch so überprüfen und interpolieren lassen, so mein perfider – aber freilich nicht ganz bierernst gemeinter – Plan.

Nichtsdestotrotz legen wir die üblich peniblen Test-Maßstäbe an: Bevor es gleich auf große Fahrt geht, hat mein Nachwuchs noch tief in seiner Lego-Kiste gekramt und aus unzähligen Figuren einen möglichst originalgetreuen "Papa beim Arbeiten" zusammengebastelt, auf den Sie in der folgenden Geschichte hin und wieder treffen werden. Für meinen passenden Kopf musste beispielsweise ein "Harry Potter" brutal entleibt werden, die Frisur stammt aus der "Ninjago"-Welt, das gelbe ÖAMTC-Hemd hingegen aus der Photoshop-Manufaktur unseres Fotografen Markus. Sie sehen schon: Authentizität ist uns ein bedeutendes Gut.

Stichwort Markus: Dem habe ich das fast vier Kilo schwere und aus 2.573 Teilen bestehende Modell anschließend vor der Haustür zum kontaktlosen Abholen bereitgestellt und ihm aufgetragen, er möge damit nun "alleine in die Natur spielen gehen".

Anhand der Bilder, die dabei entstanden, wollen wir uns jetzt auf einen fiktiven Ausflug begeben, der die Wartezeit auf den "echten" Testwagen verkürzen soll, dem wir uns früher oder später noch ausführlicher – und sachlicher – widmen werden. Denn eines ist sicher: Irgendwann hat auch die Corona-Krise ein Ende – und es kann endlich wieder jener Alltag einkehren, den wir in besseren Zeiten leider allzu oft per genervtem Seufzen geringschätzen. Einstweilen gilt es aber, Kompromisse einzugehen…

Exkurs: gute Seiten, schlechte Seiten

Drei Details, die mir unterwegs bisher aufgefallen sind, möchte ich extra hervorheben…

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1 … den Dachaufbau: Für ausgiebige Expeditionen in die unwirtlichen Regionen dieser Welt erweisen sich die geräumigen Boxen und die seitlich runterklappbare Leiter als höchst praktisch, im normalen Alltag resultieren sie aber – übers Jahr gerechnet – in erheblichen Mehrverbrauch. Auch die Möglichkeit, das Fahrzeug per Zahnrad am Dach von außen steuern zu können, kann nicht der Weisheit letzter Schluss sein – öffnet diese Option doch Tür und Tor für allerhand Unsinn nicht wohlgesonnener Passanten. © markuszahradnik.com

2 … die Achtgang-Automatik: Das formidable Getriebe sortiert in jeder Situation – egal, ob auf der Autobahn oder im Geländebetrieb – stets passend die Gänge. Außerdem kann man, je nach Untergrund, fünf vorprogrammierte Fahrmodi wählen (z.B. Wat-Modus für Wasserdurchfahrten), die ihrer jeweiligen Situation auch in der Praxis tatsächlich gerecht werden. Mehr dazu später. © markuszahradnik.com

3 … den Verbrauch: 9,6 Liter Benzin auf 100 Kilometer gönnt sich das große Äquivalent zu unserem Lego-Defender im Schnitt. Das ist die Normverbrauchsangabe nach NEFZ und für einen Mildhybrid mit 400 PS Leistung einfach zu viel. Umgerechnet auf die Mini-Welt unseres Testkandidaten bedeutet das: 9,6 Milliliter auf 100 Meter*, also fast die Hälfte eines einfachen britischen Gin-Stamperls. Shocking, ist es nicht?

Anm: Da wir für diesen Test aus Isolationsgründen keine Tankstelle aufsuchen wollten, um wie gewohnt den auto-touring-Normrunden-Verbrauch exakt zu ermitteln, haben wir, siehe Foto, ausnahmsweise ein Fass Benzin mitgenommen. Der Verbrauchswert ist demnach ohne Gewähr, vielen Dank aber an meinen Sohn Paul für die kurzfristige Bereitstellung des Fasses. © markuszahradnik.com

Langes Fazit

Rückblick in den Mai 2016: Damals habe ich – hier nachzulesen – mit dem letzten für Österreich vorgesehenen Klassik-Defender-Exemplar eine finale Ausfahrt unternommen. Bis heute ist dieses aus der Zeit gefallene Trumm mein ewiges Lieblingsauto. Woran das liegt, weiß ich nicht. Vielleicht ist es meine pathologische Anglophilie von Kindesbeinen an, vielleicht sind's die vielen prägenden, wichtigen oder sogar intimen Momente (s. Link), die ich ausgerechnet mit diesem Fahrzeug über all die Jahre erleben durfte.

Nach weit über 3.000 bis dato gefahrenen Autos (ja, ich führe eine Liste) bleibt der Land Rover Defender vermutlich trotzdem bis an mein Lebensende mein einzig echter Freund aus Blech. Ich wüsste nicht, was in punkto Charakter – wenn auch leblos – mit ihm auf vier Rädern jemals konkurrieren könnte.

Umso größer war meine Angst, als klar wurde, dass er ersetzt wird. Durch "was Neues". Nun bin ich im Alltag zwar kein Kulturpessimist, definitiv auch kein "Früher war alles besser"-Mensch und freue mich immer über Verbesserungen (Elektroautos zum Beispiel) – aber was den Defender betrifft, hat's mir schon ein wenig das Herz zusammengezogen.

Das Fazit meiner damaligen Geschichte lautete: "Wenn irgendwann in den nächsten Jahren Dein geplanter Nachfolger präsentiert wird, der, soviel weiß man bereits, nur sehr wenig mit Deinem urigen Charakter gemein haben wird, werde ich wohl einen Satz aussprechen müssen, der mir im Normalfall eigentlich zuwider ist: 'Es kommt nicht Besseres nach.' In Deinem Fall trifft er aber leider zu: Ein Stück großartiger Automobilgeschichte, ein Eckpfeiler britischer Lebensart, wird mit Dir sterben, und die Lücke, die Du hinterlässt, wird leer bleiben. Ich verspreche Dir aber etwas, lieber Freund: Mit diesem Auto, das Dich beerben soll, werde ich mir niemals gemeinsam einen Beatles-Song anhören. Ich könnte es nicht ertragen."

Vier Jahre sind seitdem vergangen, und nie hätte ich mir damals ausmalen können, dass mein erster Test des Nachfolgers ein Lego-Maßstabs-Modell sein würde, weil unsere Gesellschaft gerade ihre größte Krise seit dem Zweiten Weltkrieg erlebt. Geschweige denn, dass ich im Lego-Auto ja gar keine Beatles-Nummer auflegen hätte können, selbst wenn ich das gewollt hätte.

In diesem Sinne: Wie alles momentan ist mein Erstkontakt mit dem echten neuen Land Rover Defender einstweilen verschoben. Aber ich bin schon jetzt gespannt, ob wir Freunde werden können. Meine Defender-Geschichte besteht derzeit erst aus zwei Teilen – hoffentlich wird in ein paar Monaten eine Trilogie daraus.

Bis dahin: Das wäre der Song gewesen, den ich zum Einsteigen in den "Neuen" gewählt hätte. 

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Christoph Lego über den neuen Defender: "You say goodbye, I say hello".

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