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Neue Rechte für Bahnreisende

Seit 7.6.2023 gibt es neue Regelungen im nationalen und internationalen Bahnverkehr durch die EU-Bahnrechte-Verordnung 2021/782.

Neben einigen Klarstellungen sieht die neue EU-Verordnung auch Verbesserungen für Fahrgäste vor.

Eine Verschlechterung und relevant für die Geltendmachung von Passagierrechten ist, dass das Bahnunternehmen nun bei Vorliegen „außergewöhnlicher Umstände“ keine Verspätungsentschädigung mehr ausbezahlen muss (ähnlich der Regelung für Flug-Verspätungen).

Die Rechte für Bahnreisende im Detail

Beförderungen von Fahrrädern

Bahnfahrgäste haben das Recht, ihre Fahrräder im Zug mitzunehmen. Dieser Anspruch kann aus betrieblichen oder Sicherheitsgründen eingeschränkt werden, insbesondere aufgrund begrenzter Kapazität während der Hauptverkehrszeiten oder wenn dies aufgrund der eingesetzten Fahrzeuge nicht möglich ist.

Wird die Beförderung des Fahrrads trotz einer entsprechenden Buchung ohne berechtigten Grund verweigert, so stehen dem Fahrgast Erstattung des Tickets, Ermöglichung einer Weiterfahrt, Entschädigung oder Hilfeleistung zu.

Reiseinformationen in Echtzeit

Reiseinformationen für den Fahrgast und andere Zugunternehmen sind nach Möglichkeit in Echtzeit bereitzustellen.

Rechte von Menschen mit Behinderung oder eingeschränkter Mobilität

Die Frist für die Anmeldung für eine Hilfeleistung bei der Fahrt oder am Bahnhof (z.B. für
das Ein-, Um- und Aussteigen) wird von 48 Stunden auf 24 Stunden verkürzt.

Zugausfall oder Verspätung – das sind die Rechte der Bahnreisenden

Entschädigung

Verspätung von mehr als 60 Minuten (bis 119 Minuten) – 25%
Erreicht ein Zug einen Bahnhof mit mehr als 60 Minuten Verspätung, steht dem Fahrgast bei einem Einzelfahrschein eine Entschädigung von 25 Prozent des Ticketpreises zu.

Bei einer Verspätung ab 120 Minuten – 50%
Ist der Zug mehr als 119 Minuten verspätet, erhöht sich diese Entschädigung auf 50 Prozent der Ticketkosten.

Keine Entschädigung bei außergewöhnlichen Umständen

Neu seit 7.6.2023 ist, dass Bahnunternehmen in der EU keine Entschädigungen mehr zahlen müssen, wenn außergewöhnliche Umstände der Grund für die Verspätung oder Zugausfall sind, die das Eisenbahnunternehmen trotz der gebotenen Sorgfalt nicht vermeiden und deren Folgen es nicht abwenden konnte.

Als Beispiele für außergewöhnliche Umstände werden extreme Witterungsbedingungen, große Naturkatastrophen oder schwere Krisen im Bereich der öffentlichen Gesundheit genannt. Aber auch das Verschulden des Fahrgasts, das Verhalten Dritter (wie z.B. Personen auf dem Gleiskörper), Kabeldiebstahl, Notfälle im Zug, Strafverfolgungsmaßnahmen oder Sabotage oder Terrorismus gelten als Gründe für das Nicht-Zahlen-Müssen der Entschädigung. Es liegt am Eisenbahnunternehmen nachzuweisen, dass außergewöhnliche Umstände der Grund für die Verspätung oder den Zugausfall waren.

Die Regeln über die Entschädigung gelten auch für Zeitfahrkarten-Besitzer:innen (zB Jahres- oder Monatstickets).

Achtung Streik! Streiks des Bahnunternehmens (oder relevanter anderer Unternehmen) gelten laut Verordnung explizit NICHT als „außergewöhnlicher Umstand“ und befreit das Bahn-Unternehmen daher nicht vor der Zahlung von Entschädigungen für Verspätungen und Ausfälle – Kund:innen erhalten Ticketkosten retour!

Wichtig: Diese Ausnahmen bei „außergewöhnlichen Umständen“ betreffen lediglich die Verpflichtung des Eisenbahnunternehmens, eine Entschädigungszahlung zu leisten. Weitere Rechte der Fahrgäste (wie z.B. Betreuungsleistungen oder das Recht auf eine alternative Beförderung) bestehen weiter!

Hilfeleistungen bei Verspätungen oder Zugausfällen: Verpflegung und Unterkunft

Ab einer Verspätung von 60 Minuten hat das Bahnunternehmen Mahlzeiten und Erfrischungen zur Verfügung zu stellen. Wenn nötig, muss auch eine Übernachtung in einem Hotel organisiert werden. Neu ist, dass in Fällen der außergewöhnlichen Umstände das Bahnunternehmen nur mehr bis zu drei Übernachtungen zahlen muss.

Wahl zwischen Erstattung oder Weiterfahrt

Fahrgäste haben bei Verspätung, verpasstem Anschluss oder Zugausfall und einer absehbaren Ankunftsverspätung ab 60 Minuten die Wahl, ob sie

  • den Ticketpreise zurückerstattet erhalten,
  • auf den Zug eines anderen Anbieters umbuchen (= alternative Beförderung, dies nach Zustimmung des Bahnunternehmens!) oder
  • zu einem späteren Zeitpunkt weiterfahren wollen.

Laut Verordnung dürfen den Bahnkund:innen durch eine Umbuchung keine zusätzlichen Kosten entstehen - auch bei Benützung einer höheren Klasse. Andererseits soll zusätzliches Umsteigen vermieden werden und die Gesamtreisezeit möglichst kurz bleiben.

Dazu kann auch vom Bahnunternehmen auf ein Transportmittel eines anderen Anbieters umzubuchen, wenn die Leistung nicht selbst erbracht werden kann.

Achtung Selbsthilfe! Wenn das Bahnunternehmen nicht binnen 100 Minuten nach der planmäßigen Abfahrtzeit, dem verpassten Anschluss oder dem ausgefallenen Zug eine alternative Reisemöglichkeit anbietet, haben Reisende nun das Recht, sich die Weiterreise selbst mittels Bahn oder Bus (oder anderen Anbietern öffentlicher Verkehrsdienste. Ob damit auch ein Linienflug gemeint sein könnte, ist nicht erwähnt. Taxi oder Mietwagen sind jedenfalls nicht gemeint) zu organisieren. Die dafür entstandenen Kosten werden vom Bahnunternehmen rückerstattet.

Durchgangsfahrkarte – weiterhin keine idealen Regelungen

Durchgangsfahrkarten sind für aufeinanderfolgende Fahrten gebuchte Tickets, die durch ein oder mehrere verschiedene Eisenbahnunternehmen erbracht werden. Hier gibt es einzelne Verbesserungen:

So müssen Bahnunternehmen Durchgangsfahrkarten anbieten, wenn die Züge von einem einzigen Unternehmen bzw von hundertprozentigen Tochtergesellschaften betrieben werden - also wenn Anschlusszüge von einem Eisenbahn- oder Tochterunternehmen betrieben werden, z.B. bei Verbindung zwischen Fern- und Regionalzug. Es gibt auch spezielle Entschädigungsregelungen, wenn die Tickets von einem Fahrkartenverkäufer zu einer Reise miteinander kombiniert werden.

Auch der Schutz der Reisenden bei verpassten Anschlüssen wird gestärkt. Bei einer Durchgangsfahrkarte bestehen die Rechte der Fahrgäste für die gesamte Strecke mit Umstiegen. Verpasst der Fahrgast mit einer Durchgangsfahrkarte einen oder mehrere Anschlüsse, stehen ihm gegenüber dem Eisenbahnunternehmen die Rechte auf Erstattung oder Weiterfahrt, Hilfeleistungen, Entschädigungen etc. zu.

Wichtig: Die Bahn-Fahrgastrechte gelten nicht, wenn vor dem Kauf darüber informiert wurde, dass die Fahrkarten getrennte Beförderungsverträge darstellen. Dies muss auf den Fahrkarten, in anderen Unterlagen oder in elektronischem Format angegeben sein.

Achtung! 3-Monats-Frist!

Wer Entschädigungen geltend machen will, muss den Antrag nun innerhalb von drei Monaten stellen (statt wie bisher innerhalb eines Jahres). Jedes Eisenbahnunternehmen bzw. Bahnhofsbetreiber muss ein Verfahren zur Beschwerdebearbeitung einrichten.

TIPP:

Wenn Sie einen Anspruch wegen einer Zugverspätung geltend machen wollen, sollten Sie sich die Verspätung vom Zugpersonal oder am Schalter schriftlich bestätigen lassen. In vielen Fällen kann eine solche Bestätigung auch online angefordert werden, zB für die ÖBB hier.

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