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Kritische Kurven

ÖAMTC-Rechtsberatung: Aus der Praxis - Wann muss man als Autofahrer:in blinken, als Radfahrer:in Handzeichen geben? 

Ihr Recht von Dr. Martin Stichlberger, ÖAMTC-Jurist

Jede Änderung der Fahrtrichtung muss bekanntlich angezeigt werden, sofern andere Verkehrsteilnehmer vorhanden sind. Millionen­frage: Ist das Anzeigen auch dann nötig, wenn man zwar anders weiterfahren könnte, dies aber nicht darf, etwa wegen einer Einbahntafel oder weil ein Gebotspfeil zum Abbiegen zu befolgen ist?

Querender Radweg

Erika A. befuhr mit dem Fahrrad einen kombinierten Geh- und Radweg rechts neben der Fahrbahn, ein Auto fuhr hinter ihr in gleicher Richtung. Der Radweg macht eine Linkskurve und quert die Fahrbahn, nämlich in Form einer Radfahrerüberfahrt (weiße Blockmarkierung). Folgendes ist aus der Sicht des Auto­lenkers erkennbar: die Blockmarkierung, die beiden Verkehrszeichen „Radfahrerüberfahrt“ und „Ende Geh- und Radweg“ (das den Radfahrer:innen ein Weiterfahren auf der rechten Straßenseite verbietet) sowie die Randlinien des Radweges, die das Queren der Fahrbahn als einzige erlaubte Radfahrmöglichkeit veranschaulichen.

Handzeichen

Hätte Frau A. das Linksschwenken auf die Radfahrer­überfahrt mit Handzeichen anzeigen müssen? Sie tat es nicht und wurde auf der Radfahrerüberfahrt angefahren. „Ich hab mich vor dem Abbiegen umgedreht und dem Lenker direkt in die Augen geschaut“, schilderte Frau A., „ich war sicher, dass er meinen Vorrang beachtet.“ Sie war arm dran! Rippenbrüche, dazu eine Polizeistrafe: Sie habe die Fahrtrichtungsänderung nicht angezeigt. Aus diesem Grund warf ihr auch die gegnerische Versicherung ein Mitverschulden vor und bot nur die Hälfte des Schmerzengeldes an.

Judikatur

Was sagt die Rechtsprechung? „Die Änderung der Fahrtrichtung muss nicht angezeigt werden, wenn diese vorgeschrieben und diese Vorschrift für alle Verkehrsteilnehmer erkennbar ist.“ Wenn also klar ist, dass es nur eine einzige erlaubte Möglichkeit der Weiterfahrt gibt, muss man nicht blinken (bzw. Handzeichen geben). Dies gilt für alle Fahrzeuge, also auch Autolenker:innen.

Ergebnis

Frau A. war demnach im Recht! Mithilfe der Rechts­beratung gelang ein erfolgreicher Einspruch gegen die Strafe.

Leider blieb die Versicherung beim Mitverschuldens-Einwand, wohl zu Unrecht! Doch Frau A. hatte genug Aufregung gehabt: Da sie nicht rechtsschutzversichert war, wollte sie keinen Prozess riskieren und verzichtete lieber auf einige Tausender Schmerzengeld.

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