Mitfahren statt selbst fahren

Mitfahrgelegenheiten boomen wieder – dank neuer Apps. Wir wissen, was sie können und worauf man achten sollte. Von Sandra Gloning.

Es ist das Jahr 2014. Ich stehe auf einem abgelegenen Parkplatz in Salzburg und warte auf meine Mitfahrgelegenheit nach Graz. Die Zugverbindung ist schlecht, das Budget als Studentin noch schlechter. Also steige ich – organisiert über eine Facebook-Gruppe – für 15 Euro zu Fremden ins Auto. Das Konzept funktioniert. Ich habe es jedes zweite Wochenende für drei Jahre genutzt. Manche dreistündigen Fahrten waren schweigend. Manche waren ein spannendes Kennenlernen, manche eine Auto-Karaoke-Show, andere Grenzerfahrungen. Aber es war immer eine Erfahrung und ich bin immer ans Ziel gekommen.

Heute funktionieren Mitfahrgelegenheiten ähnlich, aber professioneller. Statt Facebook-Gruppen organisieren spezialisierte Apps den Mitfahr-Markt. Wir haben die wichtigsten Anbieter getestet und Tipps gesammelt, wie man sicher und stressfrei ans Ziel kommt.

Anbieter im Vergleich


BlaBlaCar

BlaBlaCar war einer der ersten Anbieter auf dem Markt und bietet auch heute noch eine Vielzahl an Mitfahrgelegenheiten. Die App hat sich besonders auf Langstrecken spezialisiert und eine große Community. Fahrer:innen werden bewertet, zusätzlich werden mögliche Busverbindungen angezeigt. Während der Dienst früher kostenlos war, so wird nun eine Servicegebühr von 16 bis 20 % von BlaBlaCar verlangt, die zum Fahrpreis dazu gebucht werden. Die Zahlung erfolgt online über die App.

Stärken:


große Nutzerbasis
ideal für Langstrecken
Bewertungssystem schafft Vertrauen


Schwächen:


Servicegebühr (16–20 %) 
keine Alltagsstrecken
teils komplizierte Absprachen



Domino

DOMINO setzt auf den Aspekt der Nachhaltigkeit. Für jede Fahrt werden die eingesparten CO₂-Emissionen angezeigt, Punkte gesammelt und mögliche Kombinationen mit öffentlichen Verkehrsmitteln vorgeschlagen. Der Schwerpunkt der App ist in Oberösterreich, wo sie aktuell am meisten Nutzer:innen und Kooperationen mit einigen Gemeinden und Städten hat. Die Verwendung ist für Fahrer:innen und Mitfahrer:innen kostenlos. Der Fokus liegt weniger auf Langstrecken und mehr auf Alltagswegen.

Stärken:


kostenlos 
zeigt CO₂-Ersparnis
vernetzt mit Öffis
regional gut verankert (OÖ)


Schwächen:


nur regional verfügbar
keine Langstrecken
kleinere Community



Greendrive

Das österreichische Portal mit App vermittelt Mitfahrgelegenheiten für ganz Österreich und Bayern. Auch diese App ist kostenlos. Es gibt für Pendler:innen die Option, einen Serien-Termin einzustellen und beispielsweise immer wieder dieselbe Strecke anzubieten und auch zu buchen. Die Seite zielt auf Berufspendler ab. Auch spontane Fahrten sind möglich.

Stärken:


kostenlos
ideal für Pendler:innen
Serienfahrten möglich


Schwächen:


weniger bekannt
Fokus auf Österreich und Bayern
begrenzte Reichweite



Hey Way

Die App aus der Steiermark richtet sich sowohl an Privat- als auch an Businesskund:innen. Neben dem CO₂-Fußabdruck, der sich mit anderen Nutzer:innen vergleichen lässt, können Fahrer:innen kleine Umwege einplanen – etwa, um jemanden gegen eine geringe Gebühr bei einem P+R-Parkplatz abzusetzen. Der Preis für die Fahrt wird von Hey Way berechnet und ist bewusst günstiger als Öffi-Tickets. Auch hier gibt’s ein Belohnungssystem: Punkte lassen sich in Gutscheine eintauschen.

Stärken:


Umweltbelohnungssystem
günstigere Preise als Öffis
Umwege planbar


Schwächen:


nur regional (v.a. Steiermark)
eher für kurze Strecken gedacht



Pave Commute

Pave Commute richtet sich speziell an Pendler:innen und Unternehmen in Deutschland und Österreich. Sie verknüpft Menschen mit ähnlichen Arbeitswegen, schlägt automatisch passende Mitfahrgelegenheiten vor und belohnt umweltfreundliches Pendeln mit einem Punktesystem beispielsweise im Unternehmen oder bei externen Partnern. Die App trackt CO₂-Einsparungen, bietet eine Chatfunktion und lässt sich gut in Firmenmobilitätskonzepte integrieren.

Stärken:


perfekt für Pendler:innen und Firmen
automatisierte Vorschläge
CO₂-Tracking


Schwächen:


nur mit Firmenfokus sinnvoll
noch nicht flächendeckend verbreitet

Sicherheits-Tipps für Mitfahrgelegenheiten:

Gerade bei Mitfahr-Apps ist Vertrauen ein großes Thema. Nicht nur, dass man auch wirklich abgeholt wird, sondern auch, dass man sich sicher und wohlfühlt. Alle Apps bieten auch eine Bewertung der Fahrenden an. Wir haben ein paar Tipps für alle, die zu fremden Menschen ins Auto steigen:


Profil checken: Schauen Sie sich das Profil von Fahrenden genau an – inklusive Bewertungen und möglicher Verifizierung.
Bewertungen lesen: Gerade Menschen, die häufig fahren, haben oft einige Bewertungen. Achten Sie auf wiederkehrende Warnzeichen (z. B. „ist zu schnell gefahren“, „hat sich unwohl gefühlt“, „kam nicht“).
Öffentliche Treffpunkte vereinbaren: Keine Abholung vor der Wohnungstür, sondern z. B. am Bahnhof, Supermarkt oder Park & Ride.
Nur das Nötigste teilen: Private Infos (Adresse, Arbeitsplatz, Beziehungsstatus…) gehören nicht unbedingt ins Auto-Gespräch mit Fremden, außer man fühlt sich sehr wohl.
App-Funktionen: Fast alle Apps bieten die Möglichkeit, Personen zu melden und mehr Infos einsehen zu können. BlaBlaCar bietet beispielsweise auch die Möglichkeit, „nur Frauen“-Fahrten zu buchen.