Matthias Walkner: Sturschädel in der Sandkiste

Er brennt darauf – mehr noch: Er ist geil auf die Dakar. Warum, das erklärt Doppelweltmeister und Ausnahmebiker Matthias Walkner im Exklusiv-Interview.

Geradlinig, erdig und sauschnell: Matthias Walkner wurde in seiner Karriere oft unterschätzt. Auch noch nach seinem ersten Weltmeistertitel, 2012 im Motocross, in der MX3-Klasse. Doch dann, nach ersten schmerzlichen Erfahrungen bei der Dakar-Rally in Südamerika, wagt "Hiasi" den Umstieg auf Cross-Country-Rallys. Eine Disziplin, in der Tagesetappen zehn Stunden und länger dauern. Und die durchschnittliche Höchstgeschwindigkeit mehr als das Doppelte von Motocross-Rennen beträgt – weit über hundert Stundenkilometer. 

Und gleich im ersten Jahr gewinnt der wilde Hund aus Kuchl erneut den Titel, ist nunmehr Doppelweltmeister und zählt somit zu den Top-Favoriten auf den Dakar-Sieg. Die Wahl zum österreichischen Motorsportler des Jahres war da nur noch reine Formsache.

Doppelweltmeister: Hiasi im Himmel

 

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Posted by Matthias Walkner on Thursday, October 22, 2015


— Matthias, du bist als Motocross-Weltmeister auf Cross-Country-Rallys umgestiegen, bist nun auch da Weltmeister – wie ist dir diese Umstellung so schnell gelungen?

Matthias Walkner: Im Leistungszentrum von Red Bull konnte ich ganz gezielt an meiner Konzentrations­fähigkeit arbeiten. Neu waren für mich Trainingseinheiten am Computer, so etwas habe ich vorher nie gemacht. Das Konditionstraining: Laufen, Radfahren und besonders die Bergläufe wurden intensiver, länger. Bin ich zu Motocross-Zeiten noch zwei Stunden Rad gefahren, so sind es jetzt fünf oder mehr. Zum Vergleich: An einem Motocross-Wochenende sitzt du in Summe zweieinhalb Stunden auf dem Bike, in der Cross-Country-WM sind es fünf Stunden, manchmal mehr. Und das im Extremfall, wie bei der Dakar, 14 Tage lang.

— Als Cross-Country-Weltmeister gehörst du auch zum Favoritenkreis bei der Dakar.

Matthias Walkner:Mit der Favoritenrolle hab ich kein Problem, die musste ich mir hart erarbeiten, die hat mir niemand geschenkt. Für mich ist nur wichtig, dass ich diesmal durchkomme.

—  Im Vorjahr bist du nach tollen Etappen-Ergebnissen ausgeschieden…

Matthias Walkner:Das war mein erstes Antreten, die Situation war neu für mich. Ich habe bei der Ernährung Fehler gemacht, die mich geschwächt haben. Ich war krank, hatte einen Ruhepuls von über 100, konnte weder schlafen noch essen und bin bis zur Aufgabe noch 400 Kilometer wie in Trance gefahren. Dieses Mal nehme ich mein Essen mit – Fertiggerichte mit Vitaminen und Spurenelementen. Das Biwak, in dem 3.000 Leute die gleiche Nudelzange anfassen, werde ich meiden. Wenn ich gesund bleibe und technisch nichts passiert, ist alles möglich. Ich könnte unter die ersten Zehn fahren und mit sehr viel Glück auch gewinnen. Normalerweise aber braucht man für einen Dakar-Sieg Jahre.

Vom Schnee in die Wüste

— Die Dakar fordert gerade bei Motorradfahrern immer wieder Todesopfer, hast du Angst?

Matthias Walkner:Angst nicht, eher Respekt. Ich bin so weit mit der Materie des Rallyesports vertraut, dass ich die Gefahren einschätzen kann. Wenn das Roadbook keine Fehler enthält, fühle ich mich sicher. Gefährlich sind unerwartete Situationen: wenn Tiere in die Spur laufen oder wenn du in der Staubwolke eines Konkurrenten festsitzt und plötzlich große Felsen auftauchen. Aber die Schrecksekunden meiner ersten Einsätze haben sich mit der Erfahrung minimiert. Würde ich an den Tod denken, bräuchte ich erst gar nicht mitzufahren.

— Bist du vor dem Start nervös?

Matthias Walkner:Knieschlottern habe ich schon lange nicht mehr, aber nervös bin ich schon irgendwie. Es ist eine Gefühlsmischung aus Sorgen, aber auch Vorfreude, richtige Geilheit auf das, was da kommen mag. Obwohl die Wahrnehmung von Landschaft und Umgebung durch Konzentration und Speed eingeschränkt ist – bei weitem nicht so spektakulär, wie es die Fernsehbilder vermuten lassen. 






Wer vor einer Dakar Silvester feiert, anstatt zu schlafen, der bereut es zwei Wochen lang.






Matthias Walkner, Motorrad-Doppelweltmeister


— Wann hat die Vorbereitung auf die kommende Dakar so richtig begonnen?

Matthias Walkner:Eigentlich schon mit dem ersten WM-Lauf im April. Die letzten Wochen vor der Abreise standen ganz im Zeichen von Roadbook-Trainings. Dafür bin ich extra nach Spanien und noch einmal in die Wüste von Marokko gefahren. Vorbereitung beinhaltet auch: Wie viel Essen brauche ich für 14 Tage, welche Kleidung, wie kann ich mich am besten auf die Höhe vorbereiten. Weihnachten wird noch daheim gefeiert, Silvester geschlafen. Wer da lang feiert, bereut das zwei Wochen lang.

— Apropos Marokko: Tut es dir leid, dass die Dakar jetzt nicht auf der traditionellen Route, sondern in Südamerika stattfindet?

Matthias Walkner:Vom Land her sind beide schön. Die Strecke durch die Dünen Marokkos ist lässig, aber es ist schwer, gesund zu bleiben. Wenn wir dort sind, leidet die halbe Mannschaft unter Darmproblemen. Außerdem sind die Unterkünfte und die Strukturen abseits der Strecke in Südamerika weitaus besser.

Die Karriere: Raus aus den Schi, rauf aufs Bike

— Gibt es besondere Bezugspersonen in deinem Team?

Matthias Walkner:Auf jeden Fall Heinz Kinigadner. Er hat mir, als ich nicht wusste, wie meine Karriere weitergehen sollte, den Floh mit der Rally-WM ins Ohr gesetzt. Und dann Stefan Huber, unser Chefmechaniker, der sich geduldig meine ständigen Fragen anhört und auch immer eine Lösung für mich findet. Und natürlich der Ferdl, der Vater von Marcel Hirscher. Der hat bei ihm daheim in Annaberg alle Bauern abgeklappert, hat mir auf ihren Grundstücken eine Trainingsstrecke und ein Roadbook zusammengestellt. Und in der Endphase der Weltmeisterschaft, wo es um alles ging, hat er mich täglich angerufen.

— Wer trifft wichtige Entscheidungen?

Matthias Walkner:Ich! Was das anbelangt, bin ich ein Sturschädel. Ich komme aus dem Schisport, war in meiner Jugend Salzburger Landesmeister und damals war ich schon so. Ich will manche Dinge eben anders angehen als es bis dato im Rallysport üblich war. Es kommt daher manchmal vor, dass mir jemand aus meinem Umfeld etwas einreden möchte, aber ich kenne meinen Körper am besten, weiß, was er braucht und wie er es braucht. Ein Beispiel: Wir haben bei Cross-Country-Rallys zwei große 17-Liter-Tanks. Fast alle Fahrer fahren zuerst den hinteren Tank leer. Nur ich mache es umgekehrt, weil ich es hasse, wenn mein Motorrad so kopfschwer ist. Mein zweiter Weltmeistertitel gibt mir recht, zeigt, dass es auch anders geht.

— Gibt es ein Teilstück auf der Dakar, vor dem du ein wenig Bauchweh hast?

Matthias Walkner:Hart sind die Etappen durch Bolivien. Da sind wir drei bis vier Tage permanent in einer Höhe zwischen 2.500 und 4.000 Metern unterwegs. Da leiden alle Fahrer unter Kopfschmerzen, haben Probleme mit der dünnen Luft. Da stößt man schnell an seine Grenzen, hier passieren fatale Fehler. Und hier fällt auch die Vorentscheidung für den Sieg.

Der Weg zum Weltmeister

Geboren am 1. 9. 1986 in Kuchl (Salzburg)  –  1997: Beendet Schikarriere als Salzburger Jugend-Meister  –  2000: Erste Gehversuche im Motocross  –  2002: Beginnt zu arbeiten, als Lehrling in einem Motorrad-Shop  –  2004: Testpilot bei KTM  –  2012: Matthias Walkner wird Motocross-Weltmeister in der Klasse MX3, gecoacht von Ferdinand Hirscher, Vater des Schistars Marcel  –  2014: Enduro-Ikone Heinz Kinigadner rät zum Wechsel in die Rally-Szene. Nach Ausfall bei der Dakar gewinnt Matthias den ersten WM-Lauf in Griechenland.  –  2015: Matthias wird Weltmeister in der FIM-Cross-Country-WM.