Mit Hirn, Laser und GPS

Der Testalltag in der Redaktion des auto touring ist strukturiert, aber dennoch alles andere als langweilig.

Rund 120 Autos testet die Redaktion des auto touring pro Jahr. Einsteigen, fahren, schreiben? Ganz und gar nicht. Unsere Testwagen durchlaufen eine genau festgelegte Testprozedur. Das beginnt bei den Fahrleistungen, bei denen wir nicht einfach die Angaben der Hersteller übernehmen, sondern selber messen. Wichtiger Bestandteil jedes Tests: die auto touring-Normrunde, bei der auf einer festgelegten, 215 km langen Strecke der Praxisverbrauch ermittelt wird (der übrigens durchschnittlich 33 Prozent über den Prospektwerten liegt). Neben Fahrversuchen auf der Straße und in den ÖAMTC Fahrtechnikzentren kommen außerdem Maßband und Laser-Messgerät sowie jahrelange Erfahrung der Motor-Redakteure zum Einsatz.

Peter Pisecker, Chefredakteur auto touring:

Die Vergleichstests sind die Königsklasse: Der Nutzen für unsere Leser rechtfertigt den großen Aufwand.

Vergleichstest. Die auto touring-Vergleichstests finden bei unseren Lesern besonders große Resonanz. Akribisch wird in den unterschiedlichen Disziplinen gemessen, getestet und verglichen. Die Ergebnisse in den einzelnen Kategorien werden mit Schulnoten ("Sehr gut" bis "Nicht genügend") bewertet und in drei Kapitel eingeteilt. Die Gesamtnote ergibt sich aus dem Durchschnitt der Einzelkapitel. Am Ende heißt es dann: "And the winner is…" 

Bremsen

Eine der wichtigsten Bestandteile der Testprozedur ist die Disziplin Bremsen. Mittels eines speziellen GPS-Gerätes (die Genauigkeit beträgt 0,1 Meter) wird bei jedem Testwagen der Bremsweg von 100 km/h bis zum Stillstand gemessen. Mehrere Vollbremsungen werden hintereinander durchgeführt, um auch einem etwaigen Nachlassen der Bremsleistung bei hoher Beanspruchung auf die Schliche zu kommen. Das gleiche Messgerät kommt auch bei den Beschleunigungs- und Durchzugsmessungen zum Einsatz. 

Herausforderung E-Mobilität

E-Auto. Innerhalb von nur fünf Jahren hat sich in der Redaktion das Testen von E-Autos vom absoluten Novum zum ganz normalen Alltag entwickelt. Bestimmendes Thema, nicht ganz überraschend: die Reichweite. Daher haben wir eine genormte Reichweiten-Runde entwickelt, die jedes E-Auto absolvieren muss. Die Strecke ist verbrauchsschonend angelegt, die Geschwindigkeit auf maximal 100 km/h begrenzt. Bisheriger Rekordhalter ist ein Tesla Model S: 395 Kilometer. Aber auch den unterschiedlichen Lademöglichkeiten der E-Autos wird besonderes Augenmerk geschenkt. Bei unseren Dauertestwagen hat mit einem Nissan Leaf die E-Mobilität Einzug gehalten.

Bis in den Grenzbereich: Die ÖAMTC Fahrtechnikzentren bieten uns optimale Testbedingungen.

Fahren. Ein Schwerpunkt liegt natürlich beim Fahrverhalten unserer Testfahrzeuge. Wie fahrsicher sind sie, bergen sie unliebsame Überraschungen im Grenzbereich? Dabei bieten uns die Fahrtechnikzentren des ÖAMTC optimale Bedingungen. Vor allem Teesdorf südlich von Wien und der Wachauring bei Melk werden von der Redaktion regelmäßig aufgesucht.   

Im Gelände

Im Offroad Zentrum Stotzing im Burgenland können Geländewagen und SUV bis an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit getestet werden. Mit 50 Hektar ist es das größte Gelände dieser Art in Österreich. Bei den Testfahrten greifen die auto touring-Redakteure auch gerne auf die Unterstützung der ÖAMTC Geländespezialisten zurück. Meistens zeigt sich, dass die Offroad-Fähigkeiten der Testfahrzeuge durchaus beachtlich sind. Die Grenzen zeigen sich vor allem dann, wenn herkömmliche Straßenbereifung montiert sind. Das war beim Land Rover Defender aber nicht der Fall.

Auf zwei Rädern

Der Motorrad-Spezialist in unserer Redaktion ist Alexander Fischer. Egal ob Roller, Supersport (etwa die Honda CB500R im Bild unten) oder Chopper, egal ob mit Verbrennungs- oder Elektromotor – seine Expertise ist gefragt. Und gemeinsam mit Christian Stich werden auch muskelbetriebene Zweiräder unter die Lupe genommen. Im auto touring konnte man etwa die Reportage über den Arbeitsweg von Christian lesen – einmal mit einem herkömmlichen Fahrrad, einmal mit einem E-Bike. Der Zeitunterschied auf der 18 km langen Strecke: 23 Minuten (72 zu 49 Minuten). 

Zwei Wochen sind nicht genug

Dauertest. "Normale" Testwagen stehen der Redaktion für zwei Wochen zur Verfügung. Zusätzlich unterzieht der auto touring laufend mehrere Fahrzeuge einem Dauertest. Dabei sind die Testautos ein ganzes Jahr in der Redaktion, wobei es nicht um eine möglichst hohe Kilometerleistung geht.

Aber damit lassen sich etwa die Eigenschaften bei großer Hitze in Südeuropas Sommer genauso "erfahren" wie umgekehrt die Wirksamkeit der Heizung im tiefen Winter. Auch für die Qualität der Verarbeitung sind bis zu 50.000 Kilometer in einem Jahr eine Herausforderung. Unterschiedliche Fahrer/-innen mit einer großen Bandbreite bei Gewicht oder Körpergröße gewährleisten eine differenzierte Sicht auf Sitze oder Rundumsicht.

Nicht immer schaffen die Autos einen Dauertest ohne Defekt. Besonders die Elektronik spielt manchmal verrückt: ausgefallene Touchscreens, spinnende Navis oder Motoren, die unverhofft ins Notlaufprogramm schalten. Im Endbericht des auto touring werden die Stärken und Schwächen im Alltagsbetrieb genau beschrieben und auch die aufgelaufenen Kosten detailliert aufgeführt. 

Die Verbrauchsanzeige untertreibt meistens, der wirkliche Verbrauch liegt fast immer höher.

Tanken für Fortgeschrittene

Treibstoffverbrauch. Einer der interessantesten Werte, die der auto touring bei den Tests erhebt und bewertet, ist der Verbrauch. Nach peniblem Volltanken wird von einem Test-Redakteur eine genormte Verbrauchsrunde auf immer der gleichen Strecke gefahren, die insgesamt 215 Kilometer lang ist. Danach stehen der zweite Tankvorgang und die Ermittlung des Verbrauchs auf dem Programm. Die gesamte Prozedur ist bei jedem Testwagen gleich. Damit werden eine verschiedene Anzahl an Kaltstarts, nicht vergleichbare Strecken oder der Einfluss unterschiedlicher Fahrstile ausgeschlossen. 

Ausmessen. Mit Maßband und Laser-Messgerät werden alle Testwagen akribisch vermessen, im Bild unten zum Beispiel die Sitzhöhe (für viele SUV-Besitzer ein wichtiges Kaufargument) oder die Laderaumstufe zum Kofferraumboden. So zeigt sich oft rasch, wenn ein paar Zentimeter mehr Fußraum für die Passagiere auf den Rücksitzen mit einer zu kurzen Sitzfläche erkauft werden. Zum Nachmessen beim eigenen Auto: Eine Sitzfläche sollte zumindest 49 bis 50 Zentimeter lang sein.

Materialien. Ob man sich in einem Fahrzeug wohlfühlt, entscheiden zu einem gewichtigen Teil auch die Qualität der Materialien und deren Verarbeitung. Harter Kunststoff sieht oft billig aus und zerkratzt leicht, weichere Materialien fühlen sich besser an, sind aber auch teurer. Die Bewertung wird durch jahrelange Erfahrung und die Vergleichsmöglichkeiten zwischen vielen Testfahrzeugen erleichtert. Außerdem wissen die Testredakteure, an welchen Stellen die Hersteller gerne einsparen (Bild unten).