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Juni 2023

auto touring fährt: Need for Speed Unbound

Dieses Spiel wirst Du lieben. Oder hassen. Fakt ist: Es lässt keine:n kalt. Wir haben durchgehalten und es durchgespielt. Lest und seht, wie es uns dabei ergangen ist.   

 

Ganz ehrlich: Ich hab’s nicht so mit dem Rand des Gesetzes.

Eigentlich kein Wunder. ÖAMTC-Mitglied von Geburt an, mit einem Polizisten als Vater und einer gelernten Fahrlehrerin als Mutter, widerstrebt mir jegliche Rebellion auf der Straße.

Aber wenn ich mich schon in die illegale Tuning Szene einer Metropole hineinwagen möchte, dann virtuell – mit Autos, die ich nie fahren könnte, einem Gangster-Slang, der mir einen Schauer über den Rücken jagt und einer Frisur, für die ich mich im echten Leben ein wenig schämen müsste.

AT_GAMING_er009_CMS.jpg Erich Reismann © Erich Reismann
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Style von Lakeshore City

Need for Speed Unbound lässt eine für die Spielreihe typische eigene Stimmung aufkommen, an die ich mich erstmal wieder gewöhnen musste. Denn das Spiel bewegt sich in der Roadrunner-Szene und es geht grundlegend darum, illegale Straßenrennen zu gewinnen und sich hochzuarbeiten.

Für die eigene Figur gibt es nur den Straßen-Rowdy-Look und sowohl die Bewegungsabläufe als auch Gespräche in den wenigen Cut-Scenes schreien: Pass auf, wir sind cool! Die Open-World, das fiktive Chicago "Lakeshore-City", liefert wie im Vorgänger Need for Speed Heat, den wir auch bereits testfahren durften, Fahrten von Kreuzung zu Kreuzung, bietet aber auch ansprechende Off-Road Areale.

Die Optik

Der in diesem Teil neue Comic-Stil, der wohl an Street-Art erinnern soll, passt auf diese an sich schon absurde Street-Racer Szene meiner Meinung nach wie die Faust aufs Auge. Need for Speed will keine Simulation sein und trennt sich mit gezeichneten Rauch- und Graffiti-Effekten klar von realistischen Autorennspielen ab. Auch die nun eindeutig animierten Menschen passen für mich besser in die Stimmung des Spiels.

Die Musik geht ebenfalls stark in diesen Vibe und trifft sicher nicht jeden Geschmack. Für mich war es eine Bereicherung des Spielerlebnisses und manche Songs haben es sogar in meine privaten Playlists geschafft.

Das Wetter variiert hauptsächlich zwischen Sonne und Regen, wobei die nassen Straßen optisch wirklich was hergeben. Wie in den vorherigen Teilen gibt es Tage und Nächte, die manuell "beendet" werden müssen, um zwischen ihnen zu wechseln – Sonnenuntergänge sind in Lakeshore-City also nie zu sehen.

Nicht nur Rennen

Extra-Challenges, konkrete Aufträge und die umfangreiche Tuninggarage machen Need for Speed Unbound zu einem Arcade-Racer, der vielfältigen Einsatz erwartet.

Neben den eigentlichen Rennen bieten etwa die Drift- und Take-Over-Challenges ein wenig Abwechslung. In den Drift-Challenges geht es, wer hätte es gedacht, um den perfekten Drift. Beim Take-Over müssen Hindernisse gezielt umgefahren und Nitro, also zusätzlicher Boost, richtig eingesetzt werden.

Zusätzlich gibt es immer wieder "Abholjobs", manchmal scheinbar gestohlene Autos, manchmal auch verzweifelte Road-Runner, die der Polizei entkommen müssen. So können neue Verstecke freigeschalten werden, die aufgesucht werden, wenn der Tag oder die Nacht beendet werden sollen.

Sollte es im Offline-Bereich zu langweilig werden, gibt es zusätzlich wieder den Multiplayer, in dem online gespielt wird. Neben den normalen Rennen finden immer wieder "Link-Up's" statt, wo in einer markierten Zone mit Polizeiverfolgung verschiedene Challenges absolviert werden müssen. Hier werden auch regelmäßig Updates herausgebracht, erst am 16. Juni erschein Vol. 3 mit neuen Events und auch Fahrzeugen.

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Tuning ist ein Muss

Das Herz von Need for Speed Unbound ist und bleibt aber die wilde Bastelei an den eigenen Karren: Das Tuning.

Gewinnen geht nur, wenn genug in das Auto investiert wurde. Geld regiert in dieser Welt, denn nur so kommt man an Autoteile. Es gibt neben den technischen Aufbesserungen die Möglichkeit, das Auto in jeder Farbe einzufärben und mithilfe der unglaublich vielen verfügbaren Muster ganz individuell zu gestalten. Das macht das Rennspiel erstaunlich kreativ. Bevor ich auch nur ein Rennen gefahren bin, bastelte ich mir aus meinem 1988 Lamborghini Countach den passenden auto touring-Flitzer.

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Das Spiel verschwendet allerdings keine Zeit damit, die verschiedenen Aufmotz-Möglichkeiten in der Garage zu erklären, was erstmal ein wenig überfordern kann. Das darf jedoch keinesfalls abschrecken, denn diese Maßnahmen entscheiden im Rennen oft über Sieg und Niederlage.

Zu Beginn des Spieles bewegt sich alles noch in der niedrigsten Fahrzeugklasse B. Mit Fortschreiten der Story können stärkere Wägen gekauft und müssen dann höher getuned werden.

Die Story

Natürlich gibt es in Need for Speed Unbound die für diese Serie obligatorische Story, die Rahmenhandlung für die illegalen Rennen, die durchgespielt werden muss.

Das erste Auto ist zu Beginn gerade so rennfähig und sollte auch, zumindest bis zum Ende des Prologs, so belassen werden. Denn dann, Achtung Spoiler, wird der Wagen von der besten Freundin gestohlen und die eigentliche Story beginnt nach einem Zeitsprung: Die Suche nach Rache an der Racer-Königin, die mit dem eigenen gestohlenen Auto die Tuningszene in Lakeshore-City im Griff hat. Und der Weg zu ebendieser Rache führt nur über die illegalen Straßenrennen und das Geld, das so verdient wird.

Wie spielt es sich?

Nachdem ich mit viel Liebe meine Spielfigur und vor allem mein auto touring-Auto designt hatte, startete ich noch recht blauäugig in die Welt von Need for Speed Unbound.

Das Fahrgefühl wirkt für einen Arcade-Racer realitätsnäher als erwartet – soweit das halt bei Autos, die über Stock und Stein fliegen können, möglich ist. Jedes der mittlerweile 148 Autos fühlt sich völlig anders an und das Fahrverhalten verändert sich spürbar, sobald an dem Ding etwas rumgeschraubt wird. Zwischen den Fahrzeugklassen liegen vom Feeling ebenfalls Welten: Nachdem ich im späteren Spielverlauf einige Kilometer mit dem S Wagen auf dem Buckel hatte, kam mir das B Auto plötzlich schwerfällig und unglaublich langsam vor. Spielt man mit einem PlayStation 5 Controller, sind auch eindeutige Vibrationen und eine Reaktion beim Schalten an der hinteren Taste zu spüren.

Fehlender Drive

Das Spielerlebnis war zu Beginn durchwegs gut. Die Rennen machten Spaß und forderten ausreichend, die Flucht vor der Polizei war aufregend, aber nicht aufdringlich und die Vorfreude auf das große Geld, um irgendwann endlich das Auto aufzubessern, motivierte mich ein Rennen nach dem anderen zu absolvieren.

Das eigentlich spaßige Spiel begann jedoch nach dem Prolog stark an Fahrt zu verlieren, da die Rache in Form des großen Finalrennens, dem Grand, noch vier Wochen mit drei Qualifikationen an den Wochenenden entfernt lag ­– vier Wochen, in denen die Story fast gänzlich einschlief und sich nur mehr in Form von recht inhaltslosen Telefonaten und sehr wenigen Cut-Scenes zeigte.

Nur bis zu einer gewissen Platzierung konnte noch erwähnenswertes Geld gewonnen werden und die leider begrenzten Neustarts wurden zu einem wertvollen Gut, mit dem ich sparen musste. Nicht nur einmal scheiterte ich an einem Rennen, weil die plötzlich völlig überzogen aggressiven Polizeiautos intervenierten oder ein am Rennen unbeteiligtes Straßenauto aus dem Nichts vor mir auftauchte. Ein Crash und es ist oft schon vorbei – die guten Platzierungen rücken in weite Ferne und somit auch das Preisgeld, das für das Fortschreiten im Spiel unerlässlich ist.

Eins, zwei, Polizei

Die spannenden Polizeijagden entwickelten sich nach einigen Spielstunden von einem Racing-Erlebnis mit Nervenkitzel zu einer wahren Plage. Im Gegensatz zum Vorgänger steigt auch tagsüber die Fahndungsstufe, nach nur zwei Nachtrennen sind unzählige Polizei-Fahrzeuge am Boden sowie Helikopter hinter einem her und durchsuchen pausenlos die Stadt.

Die Verfolgungen beginnen oft bereits während des Rennens und gehen über die Ziellinie hinaus. Gelingt schließlich Flucht, ist es trotzdem nicht sicher, denn gerät man ins Blickfeld eines der vielen herumstreunenden Polizeiautos und flitzt nicht schnell genug davon, beginnt die Verfolgungsjagd von neuem. Dadurch geht zwangsläufig unglaublich viel Zeit dabei drauf, die Cops abzuschütteln.

Die Open-World, die ich zu Beginn noch genießen konnte, kostete mich nun vor allem Spielstunden, denn Schnellreisen zwischen bestimmten Punkten auf der Karte sind nicht möglich. Somit gibt es keine andere Möglichkeit, als das Risiko auf sich zu nehmen und quer durch die Blaulicht-verseuchte Stadt zu schleichen.

Zweiter Anlauf

Trotzdem wollte ich mich nicht so leicht kleinkriegen lassen. Mein Grant und verletzter Stolz haben mich nach kurzer Spielpause wieder an den Controller getrieben – das kann doch nicht so schwierig sein.

Mit Wut im Bauch nutzte ich Neben-Challenges zum Üben, machte mir beruhigenden Tee für die wilden Nächte und wagte mich wieder nach Lakeshore-City. Langsam kletterte ich wieder auf die oberen lukrativeren Plätze und irgendwann hatte ich auch Driften raus, was sich als Knackpunkt für ein gutes Spielerlebnis herausstellte. Plötzlich schlitterte ich ohne große Probleme im Kurvenrennen auf den ersten Platz.

Es schien, als ob ich endlich im Spiel angekommen war. Ich ballerte durch die Stadt, crashte das ein oder andere Polizeiauto, fluchte wild, aber jubelte beinahe genauso viel und nutzte die Verfolgungsjagden um die Off-Road Areale von Lakeshore-City zu erkunden.

AT_GAMING_er041_CMS.jpg Erich Reismann © Erich Reismann
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AT_GAMING_er034_CMS.jpg Erich Reismann © Erich Reismann

Schwierig zu bewerten

Das Spielerlebnis war für mich wie eine Achterbahn. Das Spiel amüsiert und frustriert zugleich und ich konnte mich nicht ganz mit mir einigen, ob ich Need for Speed Unbound jetzt mag oder nicht.

Die Motivation und der Spaß waren zurückgekehrt, aber lange am Stück spielte ich trotzdem kaum. Dafür blieb der extreme Polizeieinsatz in Need for Speed Unbound zu stressig und zeitfressend, zusätzlich blieb die Story bis zum Grand zu sehr auf der Strecke.

Dank den Hüter:innen des Gesetzes hat das Game ein ordentliches Aggressionspotenzial. Wer sich also nach einem langen Tag abregen will und ein entspanntes Racing-Erlebnis braucht, sollte lieber die Finger von dem Spiel lassen – es sei denn wildes Schimpfen und geschleuderte Controller gehören zum persönlichen Entspannungsprogramm.

Die vielen Autos und das Tuning sind allerdings richtig fein und die Optik und der Sound des Spiels konnten mich, trotz oder vielleicht gerade wegen des neuen Stils, mitreißen. Außerdem sind die Rennen wirklich lustig, was für mich der Hauptgrund war, immer wieder zum Controller zu greifen.

Irgendwie doch gut

Ich schäme mich fast es zuzugeben, aber ich hatte neben dem ganzen Frust auch viel Spaß als illegale Street-Racerin. Ich hatte Spaß am Rennen, Spaß an den wilden Autos und ja – auch hin und wieder Spaß daran volle Wäsche gegen Polizeiautos zu krachen, um mir den Weg frei zu boxen. Ich weiß, ich weiß, das gehört sich nicht für die Tochter eines Polizisten und einer Fahrlehrerin, aber trotzdem.

Eine Sache muss ich dem Spiel auf jeden Fall lassen: Ich kam immer wieder zurück. Ob aus Wut oder Spaß sei dahingestellt, aber losgelassen hat mich Need for Speed Unbound bis zum Ende nicht.

Let's Play: Need for Speed Unbound

Fehlversuche, Crashes und Hoppalas gehören zum Spielerlebnis dazu – ein kleiner Zusammenschnitt unserer besten/schlechtesten Racing-Momente. 

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Pro's und Con's

Pro's:

+ Kreativität beim Tuning

+ Rennen fordernd und unterhaltsam

+ Unglaublich viele Autos verfügbar mit eindeutigem Unterschied im Fahrgefühl

+ Durch Nebenchallenges abwechslungsreich

Con's:

- Polizei zu penetrant

- bei Schwierigkeitsstufe "leicht" zu anspruchsvoll

- Story etwas zu eintönig

- hohes Aggressionspotenzial

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