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Erhebung: Nur 35 Prozent der beobachteten Radfahrenden trugen einen Schutzhelm

Nur jeder elfte E-Tretrollerfahrende verwendet Helm – Sicherheitsbewusstsein für Kopfschutz nach wie vor zu gering.

Im Vorjahr entwickelte sich Corona-bedingt ein regelrechter Fahrrad-Boom, der auch im aktuellen Jahr anhält. Im städtischen Verkehr zeigt sich dabei jedoch ein problematisches Bild: Viele Radfahrende sind ohne Schutzhelm unterwegs. In Österreich besteht zwar keine gesetzliche Radhelmpflicht für Erwachsene. Das Tragen eines Helmes ist jedoch nahezu die einzige Möglichkeit des Selbstschutzes von Rad- und E-Tretrollerfahrenden. Der ÖAMTC wollte in dem Zusammenhang wissen, wie viele Personen freiwillig mit Helm unterwegs sind und hat dafür bundesweit in allen Landeshauptstädten 14.600 Radler beobachtet.

Das Ergebnis: Insgesamt haben 35 Prozent der Radfahrenden einen Helm getragen. Der Anteil der helmtragenden Männer (37 Prozent) war dabei um fünf Prozentpunkte höher als bei Frauen (32 Prozent). Im Vergleich der Landeshauptstädte zeigten sich teilweise große Unterschiede. Während etwa in St. Pölten und Klagenfurt nur je 16 Prozent der Radfahrer einen Helm trugen, waren es in Eisenstadt 47 und in Linz sogar 72 Prozent.

Große lokale Diskrepanzen bei Helmtragequote

Die Ursachen für die zum Teil großen lokalen Diskrepanzen bei der Helmtragequote können vielschichtig sein. "Es ist anzunehmen, dass ein Helm am Weg zu Geschäfts- oder Büroterminen in der Stadt eher als unpassend und hinderlich empfunden wird als beispielsweise bei privaten Wegen oder am Weg zu ausgedehnten Radtouren, die oftmals in Städten ihren Ausgangs- und Endpunkt haben", erklärt ÖAMTC-Verkehrstechniker David Nosé.

Eine Einteilung der Erhebungsstandorte in Strecken mit (überwiegend) Freizeit- oder Alltagsverkehr sowie Routen mit (überwiegend) gemischtem Radverkehr zeigten Tendenzen, welche oben genannte Einschätzung unterstützen. Erhebungen an Freizeitstrecken brachten eine Helmtragequote von rund 39 Prozent, an Alltagsstrecken 31 Prozent zu Tage.

Zahl der verunglückten Radfahrer auf Österreichs Straßen steigt

Helmtragequote ÖAMTC Helmtragequote

Dass das Radfahren immer beliebter wird, spiegelt sich auch in der Unfallstatistik wider. So hat sich die Zahl der unfallbeteiligten Radfahrenden seit 2012 um ein Drittel erhöht. Die Zahlen der tödlich verunglückten Radfahrenden sind im selben Zeitraum jedoch um 23 Prozent zurück gegangen. Im Jahr 2020 verunglückten laut Statistik Austria 9.348 Radfahrer (E-Bike und E-Scooter eingeschlossen) auf Österreichs Straßen. Seit 2013 (6.386 Verunglückte) ist diese Zahl nahezu stetig gestiegen.

Bei Betrachtung der Fahrradunfälle nach Unfalltyp zeigt sich, dass insbesondere Alleinunfälle (wo kein anderer Verkehrsteilnehmer involviert war) mit rund 70 Prozent deutlich zugenommen haben und bereits ein Drittel aller Fahrradunfälle ausmachen. Ebenso ersichtlich wird, dass ein weiteres Drittel der getöteten Radfahrer der letzten Jahre bei Unfällen im Kreuzungsbereich verstarb. Die Gründe waren zumeist Unachtsamkeit, Ablenkung, Vorrangverletzung oder das Missachten von Geboten und Verboten – sowohl verursacht von Kraftfahrern als auch von Radfahrern selbst.

Helm verringert Risiko schwerer Kopfverletzungen

Laut Daten der ÖAMTC-Unfallforschungsdatenbank liegt der Anteil an verunglückten Radfahrenden ohne Helm, die schwere bis tödliche Kopfverletzungen aufwiesen, bei 57 Prozent. Bei Radfahrenden, die mit Helm unterwegs waren, ist dieser Prozentsatz mit 26 Prozent deutlich geringer. 

ÖAMTC-Verkehrstechniker David Nosé

"Auch wenn nicht alle Unfälle ohne weiteres miteinander vergleichbar sind, zeigt sich doch, dass das Tragen eines Helmes eine der wenigen Möglichkeiten ist, sich als Radler bei einem Sturz oder Unfall vor Kopfverletzungen zu schützen oder zumindest die Unfallfolgen deutlich abzuschwächen."

Nur neun Prozent der E-Tretrollerfahrenden mit Helm unterwegs

Im Rahmen der Erhebung der Helmtragequote von Radfahrenden wurde auch die Helmverwendung bei E-Tretrollerfahrenden bei über 600 Nutzern erhoben. Wesentliche Erkenntnis dabei war, dass nicht einmal einer von zehn Scooter-Fahrenden einen Helm verwendet hatte. Dies weist klar auf die Problematik hin, dass trotz herausfordernder fahrdynamischer Eigenschaften (bspw. bei Notbremsungen oder Armzeichengeben bei Abbiegemanövern) das Sicherheitsbewusstsein bei Rollerfahrenden sehr gering ist – insbesondere bei Nutzern von Leih-Scootern. 

Miteinander im Straßenverkehr für mehr Sicherheit das Um und Auf

Gerade im Kreuzungsbereich kommt es oftmals zu Missverständnissen und Fehlverhalten – sowohl von Kfz- als auch von Radfahrer-Seite. Vor allem Kollisionen mit abbiegenden Kfz können für ungeschützte Verkehrsteilnehmer dramatisch enden. Aber auch ohne Fremdeinwirkung kommt es oft zu Stürzen – beispielsweise beim Anfahren oder Abbremsen – ein Aufprall mit dem Kopf kann die Folge sein.

Um Unfälle zu vermeiden, sollten Kraftfahrer beim Abbiegen unbedingt den 3-S-Blick (Spiegel-Spiegel-Schulter) anwenden. Rad- und E-Tretrollerfahrende ihrerseits sollten riskantes Vorbeischlängeln vermeiden. Außerdem dient das Einhalten der Verkehrsregeln im Endeffekt nicht nur der eigenen Sicherheit. Wenn alle Verkehrsteilnehmer die Bestimmungen kennen und sich daranhalten, defensiv fahren und mit Fehlern anderer rechnen, gibt es wesentlich weniger Konfliktpotential.

Helmtragequote in den Bundesländern

Helmtragequote in den Bundesländern
Bundesland Summe  
  Ja Nein
Burgenland 47% 53%
Kärnten 16% 84%
Niederösterreich 16% 84%
Oberösterreich 72% 28%
Salzburg 40% 60%
Steiermark 29% 71%
Tirol 37% 63%
Vorarlberg 27% 73%
Wien 35% 65%
Österreich 35% 65%

Quelle: ÖAMTC

Unfälle sowie getötete Radfahrer nach Bundesland

Unfälle sowie getötete Radfahrer nach Bundesland (2018-2020)
  2018   2019   2020  
Bundesland Unfälle Getötete Unfälle Getötete Unfälle Getötete
Burgenland 127 1 140 3 161 1
Kärnten 508 1 598 0 770 3
Niederösterr. 1.240 11 1.166 8 1.461 9
Oberösterr. 1.197 10 1.167 9 1.227 5
Salzburg 897 1 865 5 929 6
Steiermark 1.163 5 1.125 4 1.302 4
Tirol 1.289 4 1.230 2 1.294 7
Vorarlberg 685 5 671 2 781 5
Wien 1.032 3 1.134 0 1.262 -
Österreich 8.138 41 8.096 33 9.187 40

Quelle: Statistik Austria, Bearbeitung: ÖAMTC Unfallforschung

#roadsafety - ÖAMTC ist Partner der UN-Verkehrssicherheitswoche 2021

Die UN-Verkehrssicherheitswoche ist Teil des 10-Jahres-Aktionsplans "Decade of Action for Road Safety“ der Vereinten Nationen zur Verbesserung der globalen Verkehrssicherheit. Ziel ist, von 2021 bis 2030 mindestens 50 Prozent der Todesfälle und Verletzungen im Straßenverkehr zu verhindern. Als Partner der UN-Verkehrssicherheitswoche unterstützt der ÖAMTC Maßnahmen zur Vermeidung von Unfällen und Verletzten in allen Verkehrsteilnehmergruppen. Die Anerkennung hoher Sicherheitsstandards zum Nutzen der Verkehrsteilnehmer ist dabei ebenso eine zentrale Aufgabe wie die Weitergabe von neuen technischen Erkenntnissen und allgemeinen Sicherheitsinformationen, die Durchführung von Schulungen, Trainings sowie der aktive offene Dialog mit allen Verkehrsteilnehmergruppen auf Augenhöhe.

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