Radeln mit Kindern

Ja, das kann wunderschön sein. Aber auch mega herausfordernd. Was Sie für die gemeinsamen Ausfahrten wissen müssen – und worauf Sie achten sollten.

Fun fact: Als das Radfahren vor rund 200 Jahren erfunden wurde, warnten Wissenschafter vor dem sogenannten Fahrrad-Gesicht. Gemeint waren wenig vorteilhafte und möglicherweise irreversible Verformungen des Gesichts, die durch Anstrengung und Fahrtwind entstehen könnten.

Heute wissen wir es glücklicherweise besser. Denn die einzig nennenswerten Verformungen, die bei Radlern dauerhaft im Gesicht zurückbleiben, sind Lachfalten.

Klar, phasenweise können auch Zornes­röte, Schockstarre und Erschöpfung die Mimik dominieren. Man kann sich über andere Verkehrsteilnehmer ärgern, gerade noch einer kolossalen Brez'n entkommen oder mit letzter Kraft am Ziel angekommen sein.

Aber summa summarum ist das gleichmäßige In-die-Pedale-Treten eine der verträglichsten und gesund­heitsfördernsten Tätigkeiten, die wir unserem Körper angedeihen lassen können.

Und genau darum sollten wir nicht zögern, diese charmante und zudem ökologisch wertvolle Fortbewegungsart möglichst früh in den Alltag unserer Kinder zu integrieren.

Liebe Eltern und Großeltern, mit diesem Artikel wollen wir Sie motivieren und unterstützen, mit Tipps fürs Zwischenmenschliche (Stichwort: Unfallvermeidung) sowie Hinweisen auf rechtliche Vorgaben (Stichwort: Sicher­heitsausrüstung).

Und sollten Sie unter­wegs mit dem Fahrrad eine Panne haben – der ÖAMTC hilft Ihnen auch in diesen Fällen. Den Lachfalten zuliebe.

Kinder sind leicht ablenkbar und können daher manchmal noch Hilfe beim Fahren benötigen.

Marion Seidenberger, ÖAMTC Verkehrspsychologin

Wenn Kinder selber radeln

Der erste Tritt in die in unabhängige Mobilität ist für Kinder etwas ganz Besonderes. Dieser Moment, wenn sich nach den ersten selbstständig zurückgelegten Metern Stolz und Freude in Gesicht und Körper breitmachen – unvergesslich.

Bis zum sicheren Mitschwimmen im allgemeinen Verkehrsgewusel bedarf es allerdings einer gehörigen Portion Vorbereitung. "Kinder haben aufgrund ihrer Körpergröße und fehlenden Praxis einen schlechteren Überblick, können Gefahren noch nicht so gut einschätzen. Auch sind sie leichter ablenkbar. Die Begleitung durch einen erfahrenen Mitfahrer ist also nicht nur in Hinblick auf die Unfallvermeidung absolut sinnvoll", rät ÖAMTC-Psychologin Marion Seidenberger.

Diese Aufsichtsperson muss mindestens 16 Jahre alt sein. Hat das Kind jedoch die Radfahrprüfung in der vierten Schulstufe erfolgreich abgelegt, darf es auch alleine unterwegs sein – aber bis zum 12. Geburtstag nie ohne Helm.

Für die ersten eigenständigen Ausfahrten ist es jedenfalls empfehlenswert, stark befah­rene Straßen zu meiden und (nach Möglichkeit) auf Radwege bzw. -routen zu beschränken. So können Sie mit dem Kind unterwegs sein, ohne es gleich mit zu vielen Verkehrs­regeln zu überfordern, die es beachten muss.

Und: Realistisch bleiben, kleine Runden planen, immer wieder Pausen einlegen und dabei für Ablenkung sorgen (wie wär es mit einem Halt bei einem Spielplatz?)

Video: Kindertransportsysteme im Vergleich

Kinder als Passagiere

Gemeinsame Radausflüge können natürlich auch dann stattfinden, wenn der Nachwuchs nur als Passagier dabei ist – im Kindersitz, im Anhänger oder im Lastenrad. Wichtig: Die Helmpflicht gilt überall!

Der Kindersitz hat viele Vorteile, aber einen großen Nachteil: Das Kind ist nicht im Blickfeld. 




Wenn der Nachwuchs hinten sitzt: Unbedingt vor der Fahrt einen "Notruf" für dringende Momente vereinbaren.






Marion Seidenberger, ÖAMTC-Psychologin
"Umso wichtiger ist die Kommunikation", betont Marion Seidenberger. Reden Sie doch darüber, was Sie am Wegrand sehen. Außerdem sollten Sie vor der Fahrt einen eindeutigen "Notruf" für dringende Momente vereinbaren. Schläft das Kind während der Fahrt im Kindersitz ein, ist eine generelle Pause empfehlenswert, um ein unkontrolliertes Nach-vorne-Fallen des Kopfes zu verhindern.

Für den Fahrrad-Anhänger gelten beinahe die gleichen Tipps wie für den Kindersitz – Kontakt halten und immer wieder selbst nach hinten schauen, um auch optisch sicher zu gehen, dass alles passt. Aus Sicherheitsgründen sollten Haustiere und Kinder nie gemeinsam transportiert werden. Stöcke, Tücher und andere Dinge, die in den Speichen landen könnten, haben im Anhänger nichts verloren.

Bei vielen Lastenrädern sitzen die Kinder im Blickfeld – ein Vorteil vor allem im Hinblick auf das Handling der Kleinen. Werden befreundete Kinder erstmals mitgenommen: Klare Anweisungen vor Fahrbeginn beugen Fehlverhalten vor.

Eigenes Rad: Kleine Radfahrer

Ob mit Stützen oder ohne, das erste Rad mit Pedalen ist etwas Besonderes für die Kleinen. Endlich geht es flott dahin, der erste Ansatz von Geschwindigkeit und Freiheitsgefühl wird geschnuppert.

Diese Freiheit bedeutet für die mitfahrenden Eltern oft Stress: Fährt das Kind gerade, achtet es auf den Verkehr, kann es rechtzeitig bremsen?

Worauf also kommt es an, bevor man mit dem Kind am Straßenverkehr teilnimmt? 

Die Straßenverkehrsregeln sollten Eltern und Kindern gut bekannt sein. Beim gemeinsamen Radfahren daran denken, dass sich Kinder sehr leicht ablenken lassen und aufgrund ihrer Größe das Verkehrsgeschehen nicht so gut überblicken wie Erwachsene. Das Kind sollte gut Kurven fahren, richtig lenken sowie auf Zuruf abbremsen können.

Beim Fahrradkauf auf die richtige Größe achten: Nicht zu groß!

Grundsätzlich gilt, dass Kinder unter zwölf Jahren nur unter Aufsicht einer mindestens 16-jährigen Begleitperson auf öffentlichen Straßen mit dem Rad fahren dürfen. Ausnahme: mit Radfahrprüfung, die ab der vierten Schulstufe gemacht werden kann.

Tipp: Kostenlose ÖAMTC Fahrrad-Champion App mit über 120 Fragen, verpackt in ein cooles Quiz zu Straßenverkehrsregeln.

Kindersitz: Zum Draufsetzen

Der Kindersitz ist die günstigste Möglichkeit zum Transport von bis zu achtjährigen Kindern. Er ist praktisch, leicht zu (de-)montieren und passt auf fast jedes Fahrrad.

Das sollten Sie berücksichtigen:

Der Kindersitz muss hinter dem Fahrenden angebracht werden und fest mit dem Rahmen verbunden sein. Kindersitze am Lenker sind in Österreich nicht erlaubt. Im Gegensatz zu Anhänger und Lastenrad darf nur ein Kind pro Fahrrad damit befördert werden.

Bei der Ausstattung ist vor allem darauf zu achten, dass das Kind die Gurte nicht leicht öffnen kann. Ein höhenverstellbarer Beinschutz inklusive Fixierriemen für die Füße sowie eine Vorrichtung, damit die Beine nicht in die Speichen gelangen können, sind ebenso wichtig wie eine Lehne zum Abstützen.

Sitzt das Kind angeschnallt im Sessel, darf der Helm nicht vergessen werden, denn auch hier gilt: Helmpflicht!

Achtung bei Geschwister-Fahrten: Für das Mitführen von Kindern im Kindersitz muss der Radler zumindest 16 Jahren alt sein, erst ab dann ist's erlaubt.

Tipps: Für einen stabilen Stand des Fahrrads auf einen soliden Seitenständer achten. Besser (und noch stabiler) ist der sogenannte Zweibeinständer. Bevor man mit dem Nachwuchs am Straßenverkehr teilnimmt, ist es sinnvoll, ein paar Runden in ruhiger vertrauter Umgebung zu drehen, um sich an den erhöhten Schwerpunkt und das zusätzliche Gewicht zu gewöhnen.

Weitere Infos zum Thema Kindersitz gibt's hier.

Radanhänger: Einfach anhänglich

Er ist der praktische Allrounder, weil Kinder gut vor Wind und Wetter geschützt transportiert werden können. Einige Modelle sind solo als Kinderwagen nutzbar.

Was benötigt ein geeigneter Anhänger? 

Er darf nur eine Achse haben sowie entweder eine Feststellbremse oder eine Radblockiereinrichtung, die auf beide Räder wirkt. Ein Anhänger benötigt eine vom Fahrrad unabhängige Lichtanlage und, je nach Breite, ein bis zwei rote Rücklichter sowie weiße (nach vorne), rote (nach hinten) und gelbe (zur ­Seite) Reflektoren. Außerdem muss er über eine mindestens 1,5 Meter hohe Fahnen­stange mit leuchtfarbenem Wimpel verfügen.

Die Anhängerkupplung sollte übrigens so konzipiert sein, dass der Anhänger selbst dann stehen bleibt, wenn das Fahrrad umfällt.

Damit bei einem Unfall der Nachwuchs gut gesichert ist, ist die Verwendung des Gurts vorgeschrieben. Wichtig: Auch hier gilt die Helm­pflicht für Kinder unter 12 Jahren!

Verzichten Sie bei Ihren Kindern zudem auf Schals. Diese könnten sich während der Fahrt in den Speichen verfangen.

Tipp: Ein gefedertes Modell ist komfortabler. Probefahren, um sich an das zusätzliche Gewicht vor allem beim Bremsen zu gewöhnen.

Alle Vorschriften, die Sie beim Transport mit Anhänger beachten müssen, gibt's hier.

Hier finden Sie weitere Infos zum Thema Kindertransport am Rad.

Lastenrad: Süße Last am Rad

Mehrere ein- und zweispurige Varianten sind erhältlich und vor allem im urbanen Bereich sehr beliebt. Da kann das Auto schon einmal daheim stehen bleiben. Im Vergleich zu Anhänger und Kindersitz ist das Lastenrad die teuerste Anschaffung. Sein großer Vorteil liegt in der Möglichkeit der Beförderung mehrerer Kinder (bzw. von klobigen Einkäufen).

Was ist zu beachten?

Auch wenn Sie damit mehrere Kinder be­fördern und es breiter als ein übliches Rad ist, gilt es rechtlich als normales Fahrrad. Das gilt für Lastenräder ohne und mit Tret­unterstützung und einer Bauartgeschwindigkeit von max. 25 km/h bzw. 600 Watt maximaler Antriebsleistung. Damit Sie auch mit schwerer Beladung sicher unterwegs sind (Balance-technisch heikel sind vor allem das Anfahren und das Stehenbleiben) empfiehlt es sich, über ausreichend trainier­te Waden zu verfügen – oder aber ein Modell mit Elektroantrieb zu wählen.

Ist das Lastenrad nicht breiter als ein Meter, dürfen Sie damit den Radweg benützen.

Wird das Lastenrad vor allem als "Kinder-Taxi" genutzt, muss die Transportbox laut Hersteller für den Kindertransport geeignet sein und über ein Gurtsystem verfügen, das die Kleinen nicht leicht öffnen können.

Und auch am Lastenrad gilt: Kinder bis 12 Jahren müssen einen Helm tragen.

Tipp: Vor dem ersten Transport unbedingt üben – zunächst ohne, dann mit Gewicht fahren. Es macht Spaß, ist aber definitiv gewöhnungsbedürftig.

Alle wichtigen Infos zum Thema Lastenrad hier.

Hier geht's zum ÖAMTC-Lastenradtest.

Video: E-Lastenfahrräder im Test

ÖAMTC & Fahrrad 

Als Mobilitätsclub bieten wir unseren Mitgliedern auch ein umfassendes Rad-Service. Folgende Leistungen werden an ausgewählten Stützpunkten angeboten:

Gratis Fahrrad-Check
Ist mein Rad fit für die neue Saison? Passen Kette, Bremsen und Beleuchtung? Ein schneller 10-Minuten-Check beim ÖAMTC-Stützpunkt sorgt für sicheres Fahrvergnügen.

E-Bike-Akku-Check
Wie gut hält sich der Akku meines Pedelecs? Eine wichtige Frage, denn die Kapazität verringert sich mit der Zeit. Der Akku-Check informiert über den Zustand, ist somit auch eine wichtige Hilfe bei der Kaufentscheidung eines gebrauchten E-Bikes. Einfach ohne Terminvereinbarung beim Stützpunkt mit Akku und Ladegerät vorbeikommen, das Rad kann daheim bleiben.
Kosten für den Check: € 29,–.

Weitere ÖAMTC-Dienstleistungen:


Fahrrad-Champion App. Einfach für den „Radführerschein“ lernen mit der praktischen App. Über 120 Fragen zum Verkehrsgeschehen helfen den Kindern, spielerisch ihr Wissen zu verbessern und sich auf die Prüfung vorzubereiten. Die App ist kostenlos im App Store, Google Play Store oder in der Huawei App Gallery für mobile Geräte erhältlich.
Die Gratis-Fahrrad-Broschüre „Radgeber“ mit vielen wichtigen Infos und Tipps ist seit April am Stützpunkt und als Download erhältlich.
Für passionierte Radler: Die ÖAMTC-Touring-Mitgliedschaft. Stets bestens geschützt.
Die ÖAMTC-Pannenhilfe gibt es auch für E-Bike und Fahrrad!
Wenn etwas passiert: Ob Unfall oder Diebstahl, hier finden Sie Infos dazu.
Tipp: Sie möchten ein Fahrrad von einer Privatperson kaufen? Der ÖAMTC bietet seinen Mitgliedern einen standardisierten Kaufvertrag zum Download und Tipps von Juristen an.
Hier finden Sie alles über den ÖAMTC-Test Fahrradhelme für Kinder 2022.

Video: ÖAMTC-Test Kinderfahrradhelme 2022