Ein wenig Westen im Osten

Teil 6 unserer Serie "Autoland Österreich": Wie der Betrachtung eines Bildbands eine Idee folgte, wegen der wir unseren Fotografen allein nach Niederösterreich schickten, um vom Blitz getroffen zu werden. Ein Nachtreport aus dem Marchfeld.

Will man sich die Ferne möglichst authentisch in seine nächste Umgebung holen, ist das oft nur eine Frage des Blickwinkels und der eigenen Fantasie. Das hat unser Fotograf Markus Zahradnik festgestellt, als wir ihn vor einiger Zeit gebeten haben, eine schlaflose Nacht im nordöstlichen Niederösterreich zu verbringen.

Anlass für den Auftrag: ein gemeinsamer Abend an einer Hotelbar im US-Wüstenstaat Nevada, in der Markus und der Schreiber dieser Zeilen die Nasen zusammensteckten, um in einem fabelhaften Bildband namens "Cars – New York City, 1974–1976" zu schmökern. Dessen Autor, Langdon Clay, ist selbst Fotograf und zog Mitte der 1970er-Jahre los, um in Nordamerikas Ostküsten-Metropole wahllos abgestellte Autos abzulichten – und zwar in einem ganz eigenen Stil, wie man hier auf seiner Website auszugsweise bestaunen kann. (Info: Wer eine gebundene Ausgabe bestellen möchte, wird hier fündig.)

Nach ein oder zwei Kaltgetränken an der Bar entstand schließlich die Idee, dieses Thema in der Gegenwart noch einmal österreichisch zu interpretieren. Bloß wo? Immerhin sind die geographischen Gemeinsamkeiten von USA und Alpenrepublik zum größten Teil ja eher enden wollend.

Nach reiflicher Überlegung kamen wir zu einem Ergebnis: Unsere Wahl fiel ausgerechnet auf eine der landschaftlich unspektakulärsten Ecken des Landes – die Region Marchfeld. Problem: Dort findet man traditionell herrliches Gemüse in rauhen Mengen, aber spannende Auto-Fotomotive?

Markus meinte: ja.

Marchfeld oder Amerika, so viel Unterschied ist da in der Nacht nicht.

Markus Zahradnik, Fotograf

Blitzen und geblitzt werden

Vorweg: Aufmerksame Leserinnen und Leser unserer bisher erschienenen Reportagen zur Reihe "Autoland Österreich" müssen in dieser Geschichte ausnahmsweise einmal auf die gewohnte Fakten- und Text-Lastigkeit verzichten.

Im folgenden sollen ausschließlich die Bilder des Fotografen im Mittelpunkt stehen, die, soviel dürfen wir verraten, tatsächlich unter Einsatz seines Lebens entstanden sind. Sagen wir so: Wer von unten frech in den Nachthimmel blitzt, der erntet mitunter göttliche Gegenwehr… 

35 Impressionen. Unterwegs im Marchfeld.

Epilog

Um 29 Euro nach Barcelona zu fliegen ist heute kein Problem. Den 5-Euro-Eintritt fürs lokale Bezirksmuseum zu bezahlen verblüffenderweise schon. Was wir mit dieser Foto-Story zeigen wollen: einen bewussten Blick nach links, rechts, oben und unten, während des Durchwanderns der eigenen Nachbarschaft, der Alltags-Umgebung, dem Umfeld im Augenblick.

Mitunter passieren dabei Abenteuer, Bilder, Begegnungen, Blickwinkel auf den vermeintlich langweiligen Alltag, die den öden Schleier durchbrechen. Man muss nur genau schauen. Vielleicht zweimal.