Wie funktionieren Navis?

Navis und Routenplaner bringen uns ohne lange Planung von A nach B. Doch wie funktionieren sie? Und was wird sich in Zukunft noch verbessern?

Navigationsdienste sind nicht mehr aus unserem Alltag wegzudenken. 49 % aller Österreicher:innen über 18 Jahre nutzen beispielsweise die Google-Maps-App mindestens ein Mal pro Woche. Insgesamt werden hierzulande pro Person drei verschiedene Quellen für Mobilitätsinformationen regelmäßig und acht zumindest gelegentlich verwendet. Doch weshalb ist diese Vielfalt überhaupt notwendig? Die Antwort liegt in der Funktionsweise der unterschiedlichen Dienste.

So funktioniert ein Navi

Grundsätzlich benötigt jedes Navigationssystem aufwendig erstelltes Kartenmaterial, egal ob Live-Navi oder Routenplaner. Das kann entweder vom Anbieter selbst produziert oder zugekauft werden. Hinzu kommen aktuelle Daten zu Straßensperren und Umleitungen sowie Verkehrsinformationen, die über das digitale Straßennetz gelegt werden. Fragt ein:e Nutzer:in nun eine Route von A nach B an, berechnet das System die schnellste Route laut Karte. Dann überprüft es, ob einzelne Abschnitte davon durch aktuelle Umstände langsamer, im Fachjargon „teurer“ als normal sind. „Teuer“ bezieht sich dabei rein auf die Fahrzeit. Beispielsweise erhöht ein Stau die Dauer und damit den Preis einer Strecke. Eine Sperre macht den jeweiligen Abschnitt überhaupt „unendlich“ teuer, weil unbrauchbar.

Auch regelmäßig auftretende Muster wie die Rushhour werden berücksichtigt. Sobald eine alternative Route „billiger“ wird als die ursprüngliche, empfiehlt das System stattdessen diese.

Welche Daten nutzt ein Navi?

Die Anbieter verwenden für diese Berechnungen allerdings unterschiedliche Daten. Der ÖAMTC Routenplaner baut auf hochqualitative, aktuelle Informationen von Asfinag, Bundesländern, Gemeinden und Polizei und ist daher immer auf dem neuesten Stand bei Straßensperren, Umleitungen und Co.

Google Maps hingegen setzt ganz auf die Daten, die seine Nutzer ihm zuspielen. Einerseits handelt es sich dabei um Bewegungsdaten, andererseits um manuelle Meldungen von Verkehrsbehinderungen. Helmut Beigl, Leiter der ÖAMTC Mobilitätsinformationen, erklärt: „Auf offizielle Informationen verzichten Google und viele weitere Navi-Anbieter vollständig. Daher dauert es oft Tage oder sogar Wochen, bis Sperren angezeigt werden. Fahrverbote wie die Abfahrtssperren in Salzburg und Tirol oder auch Wohnstraßen fehlen unter Umständen ganz.“ Deshalb erfreut sich der ÖAMTC Routenplaner beispielsweise bei von langer Hand geplanten Fahrten großer Beliebtheit, um böse Über­raschungen zu vermeiden.

Fest steht: Welche Daten ein Navigationssystem nutzt, ist dem Anbieter überlassen. Es werden ganze Pools von Daten aus mehreren Quellen gehandelt, die sich unter Umständen überschneiden. Der/die Endverbraucher:in hat de facto keine Möglichkeit, Einblick in die Qualität der Informationen zu nehmen. Doch das Problem dürfte schon bald der Vergangenheit angehören.

Was ist EVIS.AT?

Vor rund zehn Jahren wurde das Projekt „Echtzeit Verkehrsinformation Straße Österreich“, kurz EVIS.AT, unter intensiver Beteiligung des ÖAMTC realisiert. Hier fließen nicht nur Daten von Asfinag, Ländern, Kommunen und Polizei ein, sondern auch Ereignismeldungen, Sensorik an den Straßen sowie Bewegungsdaten aus fahrenden Autos, sogenannte „Floating Car Data“. Diese Infos werden abschließend noch von einer zentralen Stelle geprüft und in ein Verteilsystem eingepflegt. Hier können sie von jedem Interessenten erworben und für den ­eigenen Dienst genutzt werden. Doch daran hapert es noch. „Google will in erster Linie Mobilitätsprofile sammeln und so Werbung verkaufen. Dafür sind perfekte Navigations-Daten nicht nötig“, merkt Beigl an. So agieren auch viele anderen Anbieter.

Zukünftig soll in der EU aber jeder ­Navigationsdienst verpflichtet sein, hochqualitative Daten wie jene von EVIS.AT zu nutzen. Im Rahmen der ­ITS-Direktive (Intelligente Transportsysteme) befindet sich die EU aktuell auf der Zielgeraden, ein entsprechendes Gesetz zu finalisieren. Ein exakter Zeitpunkt für die Umsetzung in den Mitgliedsstaaten steht noch nicht fest.

Doch Martin Paweletz, Leiter der ÖAMTC-Kommunikation, zeigt sich zuversichtlich: „Der Prozess hat mit österreichischer Beteiligung bereits begonnen und sollte in den kommenden zwei bis drei Jahren abgeschlossen ­werden.“ Alle Endbenutzer:innen können sich dann über Navigationssysteme ­freuen, die so ver­lässlich wie noch nie zuvor funktionieren.