Was fährt denn da?

Fliegen ist für Reisende eine Selbstverständlichkeit geworden. Ein Flugzeug in die Höhe zu bekommen, erfordert jedoch mehr als einen Profi im Cockpit. Was passiert hinter den Kulissen?

Wir sehen den Koffer verschwinden, Essen, das einfach an Bord ist, und die fertig abgestellten Flugzeuge. Es herrscht außerdem ein reger Verkehr am Vorfeld. Was ist da alles unterwegs?

Damit das Flugzeug fliegt, müssen erst einmal zig Autos und andere Fahrzeuge fahren. Wir werfen einen Blick auf den typischen Abfertigungsprozess am Flughafen Wien und die Helfer:innen auf Rädern, die für einen Abflug ohne Probleme sorgen.

Direkt nach der Landung

Das Flugzeug ist positioniert und es kommen von allen Richtungen Fahrzeuge angeschwärmt. Während die Passagier:innen das Flugzeug verlassen, wird schon fleißig an der Abfertigung gearbeitet. Jeder Handgriff und jede Sekunde sind genau geplant, denn es bleibt keine Zeit für Fehler oder Rückfragen.

Ein Turnaround soll so schnell wie möglich erledigt sein: Bei kleineren Flugzeugen in bestenfalls 30 bis 45 Minuten, bei Langstreckenflügen kann es schon bis zu 90 Minuten dauern. "An einem Turnaround sind insgesamt nur um die 15 Personen beteiligt und dabei sind nie alle gleichzeitig am Flugzeug", erzählt Johannes Smejkal, Leiter der Bodenabfertigung der Flughafen Wien AG.

In der Führungsposition ist der Ramp Agent, denn er ist für den ganzen Ablauf der Bodenprozesse rund um die Flugzeugabfertigung verantwortlich. Wesentlich ist die Beladung mit Gepäck, Fracht und Post. Der Ramp Agent entscheidet, wo was eingeladen wird, damit das Flugzeug nicht nur das richtige Gewicht, sondern auch die richtige Gewichtsverteilung und den richtigen Schwerpunkt hat. Dieser darf nicht zu Nose Heavy (Gewicht vorne) oder Tail Heavy (Gewicht hinten) sein.

Um all das zu berechnen, ist in dem von außen unauffälligem Auto des Ramp Agent eine Menge IT verpackt.

Letztverantwortlich für die Vorgänge ums Flugzeug ist immer der/die Kapitän:in, doch nie ohne die Daten des Ramp Agent. "Sobald alles berechnet ist, gibt der Ramp Agent die Informationen weiter, der/die Kapitän:in zieht daraus Rückschlüsse, stellt alles korrekt ein und kann so einen sicheren Abflug gewährleisten. Ohne den Ramp Agent geht gar nichts", betont Smejkal.

Parken und Tanken

Der nächste Protagonist ist der Rampenkontrolldienst, beim Flughafen als "Follow-Me-Car" bekannt. Er spielt eine entscheidende Rolle beim "Einparken" des Flugzeugs. Der unscheinbare Škoda ist dafür zuständig, den Piloten oder die Pilotin auf die richtige Position zu führen.

Sobald das Auto steht, ist es am Fahrer oder der Fahrerin, auszusteigen und mit roten Signalen die exakte Position anzuzeigen. Tatsächlich ist es nicht irrelevant, ob das Flugzeug einen Meter weiter vorne oder hinten steht, da sonst der nächste Schritt in der Abfertigung schief gehen könnte: die Betankung.

Das Vorfeld ist vollständig mit Kerosinleitungen durchzogen, die sogenannte Unterflurbetankung. Dieses System hat die früheren Tankwagen abgelöst, die das Kerosin noch extra anliefern mussten. Vom Vorfeld des Flughafens hat man einen direkten Blick auf die nur wenige Kilometer entfernten OMV-Zentralen.

"Die Zentralen sind mit einer Direktleitung versorgt und von dort aus sind über das ganze Vorfeld unterirdisch Rohrleitungen verlegt mit entsprechenden Möglichkeiten zum Andocken und Pumpen", beschreibt der Leiter der Bodenabfertigung. "Der Deckel wird geöffnet, der Tankwagen hängt sich unten an, verbindet sich mit dem System und pumpt nach Angaben des Kapitäns oder der Kapitänin das Kerosin direkt in die Tragfläche."

Das Kerosin wirkt sich auf das Gesamtgewicht des Fliegers aus – somit ist es enorm wichtig zu berechnen, wie viel genau ins Flugzeug getankt wird. Es darf nicht zu schwer für den Start oder die Landung sein, zusätzlich muss genug Kerosin getankt werden, um gegebenenfalls einen anderen als den vorgesehenen Zielflughafen ansteuern zu können.

"Das ist nicht wie beim Auto, wo man halt einfach volltankt und losfährt", betont Johannes Smejkal. Ein zu hohes Gewicht würde auch mehr Treibstoff verbrauchen und den Flug dadurch deutlich weniger ökologisch machen.

Volle Verantwortung beim Kapitän oder der Kapitänin

Der Kapitän oder die Kapitänin hat, abgesehen von der Befolgung der Anweisungen des Ramp Agent, die Aufgabe, vor allem vor dem Abflug die Triebwerkschaufeln zu kontrollieren. "Hier entstehen durch Wildschlag manchmal Schäden und das ist der heikelste Punkt am Flugzeug. Besteht hier Verdacht auf eine Beschädigung, z.B. wenn während des Fluges etwas in die Schaufeln geflogen ist oder Kratzer zu sehen sind, muss das sofort von dem oder der Kapitän:in gemeldet werden, damit das von der Technik überprüft werden kann", erklärt Smejkal.

Auch bei unserem Besuch konnten wir beobachten, wie der Kapitän das ganze Flugzeug umrundete und auf optische Mängel kontrollierte. Selbst bei nur kleinen Dellen oder Kratzern gibt es hier keine Toleranzgrenze: Das Flugzeug wird "gegrounded", das Triebwerk wird von der Austrian Airlines Technik zerlegt und gegebenenfalls muss das defekte Teil ausgetauscht werden.

Abendessen und Fluggäste an Bord

Doch neben dem Kerosin müssen auch Snacks, Koffer und natürlich die Passagier:innen Platz an Bord finden. Für Getränke und Speisen kommt ein Special Truck mit Hubsteiger zum Einsatz. Der große Catering-Container wird auf die Höhe des Flugzeuges gebracht, damit bequem frische Speisen, Snacks und Getränke in das Flugzeug sortiert werden können.

Mithilfe von Passagierbussen und Passagiertreppen haben auch wir einen schnellen Zugang ins Innere des Fliegers. Die Passagiertreppe vereinfacht Fluggästen das Ein- und Aussteigen und wird mobil am Flugzeug angebracht. Die Busse sind notwendig, da nicht jedes Flugzeug immer an einem Gate andocken und so einen direkten Weg in die Kabine bieten kann.

Die Koffer werden über einen Förderbandwagen bei der Ankunft ausgeladen. Erstmal das Laufband runtergewandert, werden die Koffer in aneinander hängende Wagen gestapelt, die von einem Zugfahrzeug gezogen werden. Der kleine Gepäckzug bringt dann alle Koffer ins Flughafengebäude zurück zu ihren Besitzer:innen – schon ist wieder Platz für neues Gepäck.

Winterverhältnisse

Grundvoraussetzung, um die vielen Fahrzeuge des Fuhrparks zu bedienen, ist der B-Führerschein und zusätzlich eine entsprechende Schulung. "Bei den Schneefahrzeugen werden Mitarbeiter:innen eingesetzt, die auch bei den Winterdiensten im Einsatz sind und eine entsprechende Schulung und Unterweisung bekommen haben. Es funktioniert zwar vieles instinktiv, aber beim ersten Mal drinsitzen ist zumindest eine kurze Erklärung über das Fahrzeug selbst und die benötigte Tätigkeit notwendig", erzählt Smejkal.

Das gilt aber nur für die kleineren Geräte – die riesengroßen Schneeräumfahrzeuge werden ausschließlich von Technikexperten:innen bedient.

Das Vor- und das Rollfeld werden mit Traktoren geräumt, die mit Schneefräsen, Schneepflügen etc. extra ausgestattet wurden. Doch die Flächen müssen nicht nur schnee-, sondern auch eisfrei sein. Auch um die Sicherheit der Passagier:innen am Weg übers Vorfeld zum Flugzeug zu gewährleisten. Um das Eis zu entfernen, wird gesprüht und gebürstet. "Das ist immer eine ziemliche Herausforderung, da sehr viel Personal und Geräte notwendig sind, die aber in den Sommermonaten gar nicht im Einsatz waren", erwähnt der Leiter der Bodenabfertigung.

Es wird den ganzen Sommer für den Winter geübt.

Johannes Smejkal, Leiter Bodenabfertigung Flughafen Wien

Neben den Schneeräumfahrzeugen ist das Enteisungsfahrzeug Hauptakteur in der kalten Jahreszeit. Das ist aber nicht für die Enteisung der Bodenflächen, sondern des Flugzeuges verantwortlich. Wird kalter Treibstoff über die Tragflächen in das Flugzeug gepumpt und das Äußere des Flugzeugs ist ebenfalls kalt, frieren die Tragflächen an. Das hat einen Einfluss auf die Strömung und kann beim Start daher große Probleme verursachen. Jedes Flugzeug muss ausnahmslos perfekt winterfest gemacht, also von Schnee und Eis befreit und dann mit Enteisungsmittel besprüht werden.

Um in den Winterzeiten sowohl die Bodenflächen als auch das Flugzeug die ganze Zeit schnee- und eisfrei zu halten, werden eine Menge Fahrer:innen gebraucht. "Dafür wird den ganzen Sommer geübt. Natürlich handelt es sich um Trockentrainings, aber so sind alle im Ernstfall vorbereitet und es kommt weder zu Verzögerungen oder Flugverspätungen noch zu anderen Problemen", erzählt Smejkal.

Und das scheint zu funktionieren: Der internationale Flughafenverband ACI hat den Flughafen Wien zum "Best European Airport 2022" ernannt. Außerdem wird auch auf die Umwelt geachtet: Viele der vorgestellten Fahrzeuge flitzen bereits mit E-Antrieb übers Rollfeld, insgesamt sind 400 Fahrzeuge der Flotte E-Fahrzeuge.

Alles was da fährt

Sollten Sie also in Zukunft am Flughafen ein wenig Zeit totschlagen müssen: Beobachten Sie den regen Verkehr am Rollfeld. Sehen Sie live, wie all die Hände und Räder gemeinsam anpacken – und erzählen Sie vielleicht Ihrer Begleitung, was denn da alles fährt.