Betrugsmaschen rund ums Auto
Diverse Betrugsmaschen nehmen Autofahrerinnen und Autofahrer ins Visier. Ein Überblick der Methoden vom Kauf und Verkauf bis hin zu vermeintlichen Crashes.
Ein lautes Krachen reißt Thomas H. aus seiner Vorfreude auf den Strandurlaub. Der Fahrer des Autos auf der Fahrspur links von ihm bedeutet ihm wild gestikulierend, sofort stehen zu bleiben. In der Pannenbucht wird Herrn H. vorgeworfen, er habe das Auto des Fremden touchiert und dabei dessen Außenspiegel beschädigt. Tatsächlich ist besagter Schaden deutlich zu sehen. Herr H. muss sich eingestehen, dass er während seiner Tagträumerei nicht ganz aufmerksam war. Ist er von seiner Fahrspur abgekommen? Möglicherweise. Der Unfallgegner zeigt sich scheinbar kulant und bietet an, gegen eine verschmerzbare Summe in bar darauf zu verzichten, Polizei und Versicherung zu involvieren. Die Situation wirkt plausibel, doch der Schein trügt.
Egal ob ein- oder zweispurig, Kraftfahrzeuge stellen ein ideales Ziel für Betrugsversuche aller Art dar. In Österreich wurden 2024 von der Polizei 1.711 Betrugs- und Veruntreuungsdelikte rund um Kraftfahrzeuge erfasst. Sie beginnen bei Kauf und Verkauf, wo Menschen oft mit dem Wust an organisatorischen Nebengeräuschen überfordert sind. Und enden bei Extremsituationen wie vorgetäuschten Unfällen, in denen die Emotionen hohe Wellen schlagen und Betroffene oft hektisch und unüberlegt handeln. ÖAMTC-Verkehrspsychologin Marion Seidenberger erklärt: „Menschen sind in so einer Situation manipulierbar. In diesem Zustand sollte man sich auf keinen Fall auf irgendwelche Deals einlassen, nur weil der vermeintliche Unfallgegner auf eine sofortige Lösung drängt.“
Betrug auf der Straße
Die eingangs beschriebene Betrugsmasche ist in den letzten Jahren vor allem in Italien verstärkt aufgekommen. Die Täter:innen sind dabei mit einem Auto unterwegs, dessen Außenspiegel oder Lack bereits beschädigt ist. Im Vorbeifahren wirft dann ein Insasse einen Gegenstand auf das Fahrzeug des Opfers, um den Zusammenstoß akustisch vorzutäuschen. Im Anschluss wird Druck gemacht, für den Schaden an Ort und Stelle bar aufzukommen. Die richtige Reaktion? Auf die Anwesenheit der Polizei bestehen.
Auch Autobahnraststätten sind bei Betrüger:innen beliebt. Während das Auto unbeaufsichtigt ist, wird es beispielsweise so manipuliert, dass eine Panne auftritt. Zufälligerweise kommt kurz darauf ein angeblicher Pannendienst vorbei, der seine Dienste anbietet – gegen sofortige Zahlung, versteht sich. Anstatt solche Angebote anzunehmen, sollte selbst ein Pannendienst bestellt werden. Mit dem ÖAMTC Schutzbrief erhalten Club-Mitglieder Pannenhilfe in allen europäischen Ländern.
Alternativ kann das Opfer abgelenkt werden, während sein Auto unversperrt ist. Komplizen entwenden Wertgegenstände aus dem Fahrzeug, während der Lockvogel sicherstellt, dass die volle Aufmerksamkeit auf ihm liegt. Es gilt, sein Fahrzeug niemals in ungesichertem Zustand aus den Augen zu lassen.
Persönlicher Kontakt ist beim Autokauf und -verkauf wichtig. Außerdem gilt: Geld erst nach Erhalt der Ware.
Helmut Keiblinger, Kontrollinspektor beim Bundeskriminalamt
Betrug bei Autokauf- und verkauf
Besonders kreativ gehen Betrüger:innen beim Handel mit Kfz vor. Im Online-Zeitalter gibt es zahllose Vorgehensweisen. Eines gleich vorweg: Auch abseits von Privatanzeigen auf virtuellen Marktplätzen gibt es Betrug. Eine hübsch gestaltete Internetseite bedeutet noch lange nicht, dass ein legitimer Händler dahintersteht. Egal auf welcher Plattform der Erstkontakt erfolgt, Helmut Keiblinger, Kontrollinspektor beim Referat für Betrug- und Fälschungsdelikte beim Bundeskriminalamt, hält fest: „Das Wichtigste ist, so schnell wie möglich den persönlichen Kontakt herzustellen. Dann kann ich mir selbst ein Bild vom Fahrzeug und der Person machen. Möchte mein Gegenüber alles online abwickeln, müssen die Alarmglocken klingeln!“ Darüber hinaus warnt Keiblinger vor dem Wechsel auf einen anderen Kommunikationskanal wie E-Mail oder Messengerdienste. Dort können die Betrüger:innen die Sicherheitsvorkehrungen der ursprünglich genutzten Plattform umgehen.
Beim Verkauf sollten persönliche und Fahrzeug-Dokumente niemals verschickt werden. Die Daten können genutzt werden, um einem gestohlenen Kfz eine neue Identität zu geben. Aktuell sieht sich die Polizei vermehrt mit dem sogenannten „Speditions-Betrug“ konfrontiert. Dabei meldet sich ein Interessent auf ein Inserat und bietet an, das Geld sofort zu überweisen. Da er das Fahrzeug angeblich nicht selbst abholen kann, schickt er eine Spedition. Am Tag der Abholung sendet er eine Zahlungsbestätigung und das Auto wird mitgenommen. Im Anschluss wird die Zahlung blockiert oder rücküberwiesen. Keiblinger rät: „Immer bei der eigenen Bank nachfragen, ob das Geld eingebucht wurde und auch nicht mehr zurückgefordert werden kann.“ Einige Betrugsmaschen funktionieren trotz persönlichen Kontakts. Wenn der Verkäufer nicht der Zulassungsbesitzer ist, kann es sich um ein gestohlenes oder ausgeborgtes Auto handeln. Eine Vollmacht ist hier das Minimum, noch besser: Hände weg! Selbst wenn alles zu passen scheint, sollten Käufer und Verkäufer die Ab- und Ummeldung des Kfz gemeinsam bei einer Zulassungsstelle vornehmen. Spätestens hier zeigt sich, ob das Fahrzeug gestohlen ist. Auch wenn das Gegenüber seriös wirkt und der Originalschlüssel vorhanden ist: Die Fahrzeug-Dokumente können immer noch gefälscht sein.