Autokauf: Beratet mich!

Wenn Frauen ein Auto kaufen, wünschen sie sich eine kompetente, wertschätzende Verkaufsberatung. Das klingt logisch. Für so manche Autoverkäufer anscheinend nicht. Die ÖAMTC | AM.PULS-Umfrage zeigt: Jede zweite Kundin ist nicht hundertprozentig zufrieden.

Samstag, 11.30 Uhr: Der Autoverkäufer schaut auf die Uhr und verdreht die Augen. Susi T. hat ein paar Fragen zum Škoda Octavia Combi RS. "Sie können sich gerne einen Termin für nächste Woche bei mir ausmachen", so der bereits in Wochenend-Stimmung versetzte Autoverkäufer. "Eine Frechheit, dass man sich 30 Minuten vor Ladenschluss keine Informationen mehr über ein Auto einholen kann", ärgert sich die 39-Jährige. 

Jede vierte Kundin geht alleine ins Autohaus

Susi ist kein Einzelfall. Für mehr als jede zweite Kundin (59 %) entspricht der Besuch im Autohaus nicht ihren Vorstellungen. Das zeigt die repräsentative ÖAMTC | AM.PULS-Umfrage unter weiblichen Club-Mitgliedern ab 17 Jahren, die sich in den letzten Jahren für ein Auto interessiert haben.

Ein Viertel der Befragten beschwert sich, dass es schnell abgefertigt worden ist und keine Alternativen angeboten bekommen hat. Fast jede dritte Kundin hat bereits ein oberflächliches und nicht informatives Beratungsgespräch selbst erlebt. Kein Wunder, dass diese Frauen für einen Neuwagen in mehreren Autohäusern unterwegs waren. Übrigens: 57 % der Befragten sind dabei in männlicher Begleitung unterwegs gewesen, 28 % alleine.






Ich musste dem Verkäufer jedes Wort aus der Nase ziehen.






Rafaela Carmen Scharf, Bloggerin


Die 26-jährige Rafaela Carmen Scharf hat nicht viel Ahnung von Autos. Umso mehr ärgert es sie, dass sie dem Verkäufer alle wichtigen Informationen über den Neuwagen aus der Nase ziehen muss. Ihr Zielobjekt: ein Peugeot 208, Benziner, 83 PS. "Ganz ehrlich: Ich habe nach Lust und Laune eingekauft. Ich wusste nicht, worauf ich achten soll", erzählt sie heute. "Da ich bereits einen Peugeot hatte, wollte ich bei der Marke bleiben." Vielleicht wäre ein Diesel geeigneter gewesen für die Wienerin? "Ich finde, dass mich der Verkäufer auf Wichtiges aufmerksam machen muss. Ich kaufe ja keine Wurstsemmel. Hier geht es um richtig viel Geld."

"Frechheit – keiner beachtet mich"

Margit S. steht mutterseelenallein im Autohaus. Niemand beachtet sie, keiner kommt zu ihr. Die Verkäufer tippen am PC oder plaudern mit anderen Kollegen. Die 43-Jährige wird nicht wahrgenommen. Angestellte schauen sogar weg. Die potenzielle Kundin wartet 15 Minuten, dann reicht es ihr. Margit geht direkt auf einen Verkäufer zu, um sich einen VW Golf Kombi anbieten zu lassen. Die Beratung ist oberflächlich, der Verkäufer nimmt sich nicht besonders viel Zeit.

Plötzlich wendet sich das Blatt. Und gleich zwei Verkäufer sind bemüht und suchen für Margit einen Vorführwagen. Die Freundlichkeit ist fast schon aufgesetzt, ja aufdringlich. Was ist passiert? "Die Angestellten haben im System meinen Namen eingegeben und gesehen, dass mein Mann bereits Kunde ist. Er fährt einen Porsche." Diese falsche Bemühtheit verärgert die Wienerin noch mehr, sie verlässt das Autohaus. Sie fährt jetzt einen BMW X1.  

"Autoverkäufer sind fassadengeil"






Darf man mit T-Shirt und Jean kein Auto kaufen gehen?






Susi T., Hausfrau


Susi T. ist Ähnliches widerfahren. Sie geht mehrmals mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in Autohäuser. "So wie uns die Verkäufer anschauen, komme ich mir richtig asozial vor", ist die Mutter empört. "Als ob wir uns mit drei Kindern keinen Neuwagen leisten können." Hinzu kommt, dass die Familie immer sportlich und sehr leger gekleidet ist. "Ich bin zu der Erkenntnis gekommen, dass Autoverkäufer fassadengeil sind", ärgert sich Susi. "Gerade bei BMW und Audi habe ich diesen Eindruck. Aber ich muss doch keine Markenklamotten tragen, um gesehen zu werden." Die Niederösterreicherin hat festgestellt: "Erst, wenn die Verkäufer erfahren, dass mein Mann Pilot ist, werden wir als potenzielle Kunden ernst genommen."

Skandalös: Unfreundliche Autoverkäufer






Das ist ökonomische Dummheit!






Doris Kortus-Schultes, Kompetenz-Zentrum Frau und Auto


"Diese Anekdoten samt den Umfrage-Ergebnissen kommen mir sehr bekannt vor", erzählt Prof. Dr. Doris Kortus-Schultes, Leiterin des Kompetenz-Zentrums Frau und Auto an der Hochschule Niederrhein. "Wir hatten derartige Befragungen vor zehn Jahren gemacht, ich war auch selbst im Mystery Shopping unterwegs, aber das liegt doch alles in der Vergangenheit." Denn laut der Expertin dürfte so etwas heute nicht mehr passieren.

"Der Automarkt ist ja heiß umkämpft, die Auswahl der Marken und Modelle ist groß. In den letzten Jahren haben die Autohersteller an breiter Front Schulungen angeboten und sind sehr bemüht um die Kundenzufriedenheit", weiß sie. 

Laut ÖAMTC | AM.PULS-Umfrage ist jede zehnte Frau in einem unhöflichen Ton beraten worden. "Das ist skandalös. Bereits jede einzelne Betroffene ist eine zu viel!", betont Kortus-Schultes. Die Hälfte der befragten Käuferinnen erwarb ein Auto im Wert von 10.000 bis 20.000 Euro, ein Drittel kaufte sogar noch teurer.

"Es ist blöd, dass Sie heute im Autohaus sind!"

Brigitte Bauer hat für ihren Toyota Yaris Hybrid fünf Anläufe gebraucht. "Ich hätte in jedem der fünf Autohäuser mein Geld gelassen." Keiner wollte es. "Das ist blöd, dass Sie heute da sind", muss sich die 60-Jährige sagen lassen. Was ist blöd? Dass sich die Dame einen Neuwagen um etwa 20.000 Euro kaufen möchte? 






Wenn Amazon Autos verkaufen würde, ich wäre in kein Autohaus mehr gegangen.






Brigitte Bauer, Unternehmerin


Die Salzburgerin beschließt, es noch einmal zu versuchen, schließlich braucht sie mittlerweile ganz dringend ein neues Auto. Die 60-Jährige betritt ein ihr unbekanntes Autohaus und fragt diesmal den Verkäufer direkt: "Möchten Sie mir ein Auto verkaufen?" Der Angestellte sieht die Dame mit großen Augen an. So schnell ist er wohl noch nie einen Neuwagen losgeworden. 

"Das ist natürlich ein leichtes Spiel für den Verkäufer gewesen, schließlich kenne ich mich mittlerweile schon sehr gut bei dem Yaris aus." Aber Brigitte erzählt auch, dass dieser Verkäufer der erste ist, der sie auf das vergünstigte Sondermodell hingewiesen hat, das es bereits das ganze heurige Jahr zu kaufen gibt. Innerhalb von 30 Minuten hat Brigitte den Kaufvertrag unterschrieben. Und: Ihre Mutter ist von dem Auto ebenfalls begeistert. Der freundliche Verkäufer hat mit einem Schlag in wenigen Wochen nun zwei Neuwagen innerhalb einer Familie verkauft. "Bei mir muss die Chemie stimmen und die Beratung."

Frauen wünschen sich männliche Verkäufer

Die meisten Autoverkäufer sind männlich. Liegt hier das grundlegende Problem?  "Nein. Frauen verlangen kein weibliches Personal. Wahrscheinlich, weil das Auto doch sehr maskulin ist", erklärt Expertin Kortus-Schultes.

In der Nähe von Berlin gibt es seit sechs Jahren das erste Autohaus samt Werkstatt von Frauen für Frauen. "Bei uns arbeiten nur Frauen – von der Kfz-Technik über den Verkauf bis zur Geschäftsführung", erzählt Inhaberin Maria Erkner. Sie will Frauen ermutigen, auch in Bereichen tätig zu werden, die bisher von Männern dominiert werden. Das Ergebnis jedoch: Die Mehrheit des Publikums ist männlich.

Tipps an Frauen für den Autokauf


Wenn Sie nicht beachtet werden, machen Sie auf der Stelle kehrt und verlassen Sie das Autohaus. Der nächste Händler ist nicht weit!
Treten Sie energisch und selbstbewusst auf. 
Verhandeln Sie hart um den Preis. Fragen Sie nach Tageszulassungen oder einem Vorführwagen, so können Sie Geld sparen.

"Frauen kaufen anders"

Interview mit Doris Kortus-Schultes, Leiterin des Kompetenz-Zentrums Frau und Auto an der Hochschule Niederrhein.

— Gehen Frauen bei einem Autokauf anders vor als Männer?

Doris Kortus-Schultes:Ja, hier gibt es sogar signifikante Unterschiede. Es fängt bei der Planung an: Männer verwenden viel mehr Zeit in die Vorbereitung eines Autokaufs. Untersuchungen sagen: Bis zu zwei Jahre vor einem anstehenden Autokauf fangen Männer bereits an, mit Freude Online-Konfiguratoren zu besuchen und Testergebnisse zu sammeln. Frauen verwenden hingegen ihre Freizeit anders. Die Vorstellung, die ganzen Testergebnisse zu sammeln und sich tagelang auf den Internetseiten der Autohersteller zu bewegen, ist für die meisten Frauen nicht attraktiv. Natürlich gibt es Ausnahmen.
Und jetzt braucht Frau ein Auto. Etwas Schöneres kann dem Personal nicht passieren, denn diese Frauen sind ja modellmäßig noch gar nicht festgelegt. Potenzielle Käuferinnen suchen in der Regel eine Lösung für ihr Mobilitäts- und Transportproblem. Sie erkundigen sich, ob ihr Surfbrett oder ihr Kinderwagen Platz hat. Dummes Personal versteht die Botschaft nicht. Es glaubt, die Frauen wollen ihr persönliches Leben erzählen. Die Frau aber argumentiert aus der Nutzungssituation des Autos, das sie kaufen möchte. Sie ist sehr offen für Beratung. Sie muss anders „abgeholt“ werden als Männer.

— Und Männer brauchen keine Beratung?

Doris Kortus-Schultes:Männer haben etwa ein halbes Jahr vor dem Autokauf drei Modelle in der engen Auswahl. Das können unterschiedliche Marken sein. Männer kennen die Autos und wissen bereits alle technischen Details. Wenn sie dann in ein Autohaus gehen, ist es ein Gespräch unter Männern auf Augenhöhe. Sie öffnen die Motorhaube, schauen mit dem Verkaufspersonal auf die Kunststoff-Abdeckung und sehen nichts. Aber das gehört trotzdem zum Ritual. Männer sind im Autohaus, um einen guten Deal herauszuholen – kostenlose Sommerreifen, Fußmatten oder Rabatte. Das Auto kennt der Mann bereits.

Männliche Kunden öffnen die Motorhaube, schauen mit dem Verkaufspersonal auf die Kunststoff-Abdeckung und sehen – nichts. Aber das gehört zum Ritual.

Doris Kortus-Schultes, Kompetenz-Zentrum Frau und Auto

Ungenutztes Potenzial – Frauen als Neuwagenkäufer

Interview mit Roman Kmenta, Verkaufs- und Marketingexperte.

— Warum werden so viele Frauen in Autohäusern schlecht behandelt und beraten?

Roman Kmenta:Als ehemaliger Marketing-Leiter von Opel kenne ich die Branche sehr gut. Das ganze Thema ist ein grundlegendes Problem und nicht sexistisch. Es wird bei Frauen aber nochmal auf die Spitze getrieben. Denn ihnen wird oft klischeehaft unterstellt, dass sie keine oder zu wenig Ahnung von der Technik haben. Aber braucht man das, um ein Auto zu fahren? Ehrlich gesagt: Ich habe auch keine Ahnung, wie so ein Wagen läuft. Wenn Frauen männliche Begleitpersonen mitnehmen, wird dann meist mit den Männern gesprochen. Jedoch sind Frauen oft diejenigen, die in der Partnerschaft beim Autokauf die Entscheidungen treffen – nur selten die Männer.






Schade, dass es so wenige Verkäuferinnen im Autohandel gibt.






Roman Kmenta, Verkaufsexperte


— Und welchen Fehler machen Autoverkäufer generell?

Roman Kmenta:So manche Verkäufer begegnen dem Kunden leider oft nicht unvoreingenommen. Er wird in eine Schablone gesteckt. Und es wird viel zu rasch vom Äußeren auf die finanziellen Möglichkeiten geschlossen. Und dieses Problem sehe ich bei Frauen verstärkt. Hinzukommt, dass der Autohändler am Service und an den Reparaturen verdient – am Neuwagen nur sehr wenig. Das führt dazu, dass der Job als Verkäufer im Allgemeinen kein sehr gutes Image hat und nicht gut bezahlt ist.

— Haben Frauen eine andere Vorstellung von einem Verkaufsgespräch als Männer?

Roman Kmenta:Ja. Frauen sind feinfühliger und beziehungsorientierter. Sie sind über ein nettes Gespräch mit einem Verkäufer, der sie wertschätzt, noch erfreuter als Männer. Männer sprechen lieber über Zahlen, Daten und Fakten. Die Lösung für Verkäufer: Auf die Frau eingehen. Ein Tipp für Frauen: Selbstbewusst auftreten, gute Fragen stellen.

Heute bekommen Kunden für einen Neuwagen rund 30 bis 35 Prozent Rabatt – vor rund 15 Jahren gab es etwa die Hälfte. Statt dass sich Autohäuser um den Kunden kümmern, haben sie einfach die Rabatte erhöht. Das kann jeder Lehrling: Die Hose runter lassen.

Roman Kmenta, Verkaufsexperte

ÖAMTC Auto-Info: Modell- und Kostenvergleich

Alle Informationen rund um Ihr gesuchtes Auto – egal, ob Neu- oder Gebrauchtwagen – finden Sie online in der ÖAMTC Auto-Info: Preise, technische Daten, Tests oder die Möglichkeit zum Modellvergleich. Die Auto-Info wird laufend mit den Daten aller am österreichischen Markt erhältlichen Neuwagen aktualisiert. Mit wenigen einfachen Schritten ist es möglich, sämtliche Anschaffungs-, Wartungs-, Betriebs- und Fixkosten sowie den Wertverlust des Wunschautos zu berechnen und mit anderen Modellen direkt zu vergleichen. Praktisch: Die monatlichen Kosten werden übersichtlich dargestellt.

Bei ÖAMTC |  AM.PULS mitmachen – E-Bike gewinnen

Möchten Sie interessante Fragen zu Themen rund um Verkehr und Mobilität beantworten? Durch Ihre Unterstützung kann der ÖAMTC Ihre Interessen noch stärker vertreten.

Was ist ÖAMTC | AM.PULS?

AM.PULS ist eine Online-Umfrage-Plattform. Die Teilnehmer sind Mitglieder, die sich bereit erklärt haben, regelmäßig bei Online-Befragungen mitzumachen. 

So melden Sie sich an: Club-Mitglieder können sich unter www.oeamtc.at im Bereich "Mein ÖAMTC" oder direkt via www.oeamtc.at/am.puls anmelden. Danach werden Sie per E-Mail laufend zu Umfragen eingeladen. Die Teilnahme ist anonym. Im Rahmen der Befragungen gibt es Gewinnspiele mit attraktiven Preisen wie Tablets, Smartphones und vieles mehr. Wer sich noch bis 31. Dezember 2016 anmeldet, kann ein KTM-E-Bike gewinnen.