Madrid: Ganz große Bühne

Eine spannende Reise in die spanische Hauptstadt. Und weiter hinaus nach Kastilien, wo in Segovia und Toledo bei uns wenig bekannte Attraktionen warten.
 

Dort, wo auf Madrids Plaza de España der Ritter Don Quijote auf seinem Pferd Rosinante und sein Knappe Sancho Pansa auf dem Maulesel Rucio, als Denkmal freilich, gegen den Sonnenuntergang reiten, befindet sich auch eine der besten Sky Bars der Stadt.

Vom Seiteneingang in der Calle de los Reyes gelangt man zu einem Lift, der in den 27. Stock des Hotels Riu Plaza España hinauf führt. Hier bietet die (stets sehr gut besuchte) "Rooftop Bar 360°" einen echten "Wow!"-Ausblick auf die Stadt: Richtung Südost liegt das Zentrum der Stadt mit der Plaza Mayor, dahinter die berühmten Museen Prado, Thyssen-Bornemisza und Reina Sofía. Im Nordwesten ist das Estadio Santiago Bernabéu zu erkennen, wo ja mittlerweile auch Österreichs David Alaba bei Real Madrid, den "Königlichen", seinen gut bezahlten Arbeitsplatz hat. Und im Südwesten, ganz in der Nähe, thront der gewaltige Komplex des tatsächlichen Palacio Real samt Kathedrale, einst errichtet als Festungen des spanischen Katholizismus.

Ein Überblick im Video

Szeneviertel und Märkte

Aber wohin danach? Das kleine Problem: Madrid hat nicht eines, sondern zahlreiche "Szene"-Viertel. Also folgen auch wir dem Rat eines Freundes, der hier einmal gelebt hat, und spazieren hinauf zur Plaza Juan Pujol, einer studentischen Nachbarschaft, in der man noch zu halbwegs normalen Preisen wohnen kann.

In der "Casa Camacho", bummvoll, strömt der "Vermut" aus nie versiegenden Fässern, die Cafés und Bars auf der nahen Plaza del Dos de Mayo sind laut und fröhlich.

Das noblere – und, wenn man so will, auch "touristischere" – Pendant zu dieser Szene besuchen wir gleich am nächsten Vormittag: den berühmten Mercado de San Miguel auf der gleichnamigen Plaza. Die Jugendstil-Konstruktion hat sich von einem "Markt" in einen echten Gourmet-Tempel verwandelt. Anziehungspunkt Nummer eins sind die unzähligen Varianten der Tapas. Wem es hier zu teuer ist, der kann auf einen der weniger bekannten Märkte ausweichen, in der ganzen Stadt gibt es mittlerweile etwa zehn davon.

Von der Plaza Mayor zur Museumsmeile

Wie ein Magnet zieht auch die Plaza Mayor uns Reisende an. Der Habsburger Philipp II. – sein Reiterdenkmal ziert den Platz – beauftragte Juan de Herrera, Erbauer von "El Escorial", mit der Gestaltung des 135 Meter langen und 35 Meter breiten Platzes, der über 237 Balkone verfügt. Von ihnen konnte man einst nicht nur Stierkämpfen und Krönungen, sondern auch der Verbrennung angeblicher ­"Hexen" zusehen.

Zum Glück geht es hier heutzutage friedlicher zu: Kindergelächter, Luftballons, Touristen suchen das ­passende Café mit Platz im Schatten.

Wer sich für die Kunstschätze Madrids interessiert, steht angesichts der Fülle eines überwältigenden Angebots vor einem erheblichen Zeit- und Konditionsproblem. Es gilt also, eine Auswahl zu treffen, zumal für die bekanntesten Kunsttempel eine Vorab-Reservierung per Internet ratsam ist, um lang­weilige Wartezeiten zu vermeiden.

Wir entscheiden uns diesmal gegen Prado bzw. Museo Thyssen-Bornemisza und für das Centro de Arte Reina Sofía, da hier Picassos acht ­Meter langes Antikriegsgemälde "Guernica" zu sehen ist – ein Zeitdokument aus 1937.

Danach benötigen wir leichtere Kost. Selbstverständlich kann man in Madrid für jede Besichtigungs-Etappe auch die Metro nehmen, aber Entdeckungen zu Fuß sind doch intensiver. Also lassen wir uns entlang des Paseo del Prado Zeit, machen einen Abstecher auch zum Botanischen Garten und erreichen den prachtvollen Cibeles-Brunnen an der gleichnamigen Plaza. Hier feiern die Fans von Real Madrid gerne frenetisch ihre Titel, was bekanntlich recht häufig vorkommt.

Nach Segovia und Toledo

Was nicht so bekannt ist: Madrid, das mehr als drei Millionen Menschen beherbergt (in der gesamten Region Madrid sind es über sechs), liegt auf einer karstigen Ebene zwischen 600 und 900 Meter hoch. Auf der ­Puerta del Sol, vor der Hauptpost, laufen alle großen Straßen des Landes zusammen. Der Punkt, von dem aus die Entfernungsangaben an den Nationalstraßen gemessen werden, ist mit einer Bodenplatte markiert.

Gleich nördlich der Stadt erhebt sich die bis zu 2400 Meter hohe Sierra de Guadarrama, jenseits davon liegt "Altkastilien", das mit Segovia ein einfach erreichbares Ausflugsziel erster Klasse bietet.

Auf engstem Raum konzentriert sich in dem Städtchen über den Flüssen Eresma und Clamores alles, wofür Kastilien bekannt ist: herrschaftliche Häuser, hübsche Gassen, groß­artige Kirchen und eine stolze Burg. Haupt-Attraktion aber ist der 1900 Jahre alte, phantastisch gut erhaltene, 730 Meter lange und 30 Meter hohe römische Aquädukt. Wir spazieren durch die Altstadt zu der altkastilischen Burganlage, von der man eine herrliche Aussicht auf die Berge und die Hochebene hat.




La Mancha kommt aus dem Arabischen ("al-manschara") und heißt so viel wie "flaches Land".






Roland Fibich, Reiseredakteur


Kulinarisches Wahrzeichen der Stadt ist "Cochinillo asado", ein überaus deftiges Spanferkel, das zum Beispiel im traditionsreichen Meson de Cándido gleich unterhalb des Aquädukts serviert wird: Hier zerteilt der Chef das gegrillte Tier höchstpersönlich am Tisch der Gäste, was nicht jedermanns Sache ist. Doch wie man hört, kommen zahlreiche Madrileños extra aus der Hauptstadt, um genau das zu sehen.

Von Madrids Atocha-Bahnhof verkehrt jede Stunde ein Hochgeschwindigkeitszug auch nach Süden, in die Landschaft "La Mancha", was aus dem Arabischen "al-manschara" kommt und so viel wie "flaches Land" heißt. Und aus genau diesem erhebt sich nach einer knappen Stunde Fahrzeit ein mächtiger Granitfelsen mit einer Stadt und einem Alcazar oben darauf: Toledo, zu Stein gewordene Geschichte.

Toledo war Hauptstadt der iberischen Carpetaner, dann römisches Toletum sowie Hauptsitz (und Konzilsort) der Westgoten und wurde schließlich im Jahre 712 von den Arabern erobert. Es folgte eine kulturelle ­Blütezeit, die auch nach der "Reconquista" durch König Alfons VI. nicht endete und ­Toledo am Schnittpunkt von "Orient und Okzident" zu einem Zentrum europäischer Wissenschaft machte.

Die Stadt hat auch heute etwas an sich, das alle Besucher:innen glücklich machen wird. Wer sich für ihre Geschichte interessiert, wird in der Kathedrale und in den zahlreichen Museen glücklich werden, die zum Beispiel einzigartige Schätze der West­goten zeigen. Wer es lieber gemütlich hat, wird beim Bummel durch die engen Gassen mit ihren kleinen Geschäften froh werden (und es auch schätzen, dass eine moderne Rolltreppe den steilen Aufstieg in die Stadt erleichtert). Und nicht zuletzt machen es die zahlreichen Bars und Restaurants in der Altstadt einfach, Toledo zu lieben.

Den besten Blick auf die von drei Mauern umgebene Stadt hat man von den Panorama-Punkten oberhalb des Flusses Tajo. Wenn dann die im Westen untergehende Sonne auf Stadt und Alcazar trifft und man diese welt­berühmte Aussicht genießen kann, ist man dankbar, dass Kastilien seinen Ruf hierzulande als eher sprödes und wenig interessantes Reiseziel so eindrucksvoll widerlegt hat.

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