Karibik kreuz und quer

Karibik-Urlaub, wer träumt davon nicht? Weil ich mich für keine Insel entscheiden konnte, wählte ich eine Kreuzfahrt an Bord der Aida. Und gleich vorweg: Ich würde es wieder tun.

Geschüttelt, nicht gerührt. Abends kurz nach fünf, Hochbetrieb an der Poolbar auf Deck 12: dunkler Jamaika-Rum, Havana Club, Malibu, Grenadine, Limettensaft und Maracuja; Ingredienzien für Planters Punch, Mai Tai und Bahama Mama. Es ist die Stunde des wunderbar weichen Lichts, bevor die Sonne spektakulär im Meer absäuft. Die Stunde der heimkehrenden Ausflügler, Calypso-Klänge im Ohr, Salz auf der Haut. Ein Farbenspiel aus krebsroten Sonnenbränden, eisig-bunten Cocktails und lebhaft erzählter Geschichten – Happy Hour. 

Doch wenn die Stimme des Kapitäns das Ablegen der Aida Diva ankündigt, ist schlagartig Schluss mit Party. Alles strömt an die Reling, aus Hunderten Handys wird das Einholen der Leinen gefilmt; das langsame, Musik-untermalte Hinausgleiten aus der pittoresken Bucht von Georgetown, Haupthafen der Karibikinsel Grenada. Ein letzter Blick auf die Forts aus britischer Kolonialzeit, den weißen Sandstrand Grand Anse und das romantisch unter Palmen geduckte Spice Island Beach Resort, Luxus-Hideaway für Landratten. Und in meiner Hemdtasche immer noch die Muskatnüsse vom Markt der Gewürzinsel.

Im Dschungel von Dominica

Morgen wird die Aida in Barbados einlaufen. Dann ist sie zu Ende, meine Traumreise zu den kleinen Antillen. Vorbei die Zeit, wo ich Wanderer zwischen Wellen und Welten war: der tropisch-exotischen an Land und der deutschen an Bord. Und während sich die Passagiere fürs Abendessen umziehen, bleib ich noch sitzen, hinten auf dem Achterdeck, schau einfach nur zurück, bestell’ mir einen Hurricane: Dieser Cocktail, aus drei Sorten Rum und jeder Menge Fruchtzeugs, soll mich ein letztes Mal die Karibik schmecken lassen.

Eine Reise, die mit einem morgendlichen Rums beginnt, als mein schwimmendes Hotel, die Aida Diva, anlegt. Im kleinen Hafen von Fort-de-France auf Martinique. Ein Schwarm grüner Papageien zieht kreischend über das Schiff, hinüber zu den Palmwipfeln des kleinen Sandstrands. Nur einen Kokosnusswurf vom Pier entfernt das knallig-bunte Häuser-Wirrwarr des Stadtkerns. Dort wo es in der Rue de la République nach frischen Croissants und Café au lait duftet. 

Von Insel zu Insel

Die Flagge über den trutzigen Mauern von Fort Louis ist Statement: Hier ist Frankreich, Übersee-Departement, bezahlt wird in Euro. Die Landschaft ist schroff, geschaffen aus der Feuerkraft von zwölf Vulkanen. Genauso viele Schnapsbrennereien sind über die Insel verstreut. Rhum schreibt sich das Nationalgesöff. In der Trois Rivières Plantation bunkere ich zwei Flaschen. Nicht weil der R(h)um hier so außergewöhnlich ist: Die Flaschen gefallen mir, türkisfarben, wie das Wasser in der Bucht von Port Plaisance, wo die weißen Jachten ankern.

Und auf Martinique, so sagt man, leben die schönsten Frauen des Archipels: Ob rassig, schlank, stämmig oder kurvig; stolz sind sie, selbstbewusst, kleiden sich gern sexy. Antoine, der Tour Guide, gesteht grinsend: "Ich liebe sie alle.“ Fünfmal war er verheiratet, sieben Kinder … bien, bien, ich glaub’s ja!

War nicht auch Napoleon seiner Joséphine hörig? Hat sie sogar zu seiner Kaiserin erhoben? Ihr Geburtshaus zählt heute zu den meist besuchten Touristen-Attraktionen auf Martinique.

Flower Power

Langsam, mit nur sechs Knoten, dümpelt die Aida durch die Nacht. Es sind nur 53 Seemeilen (98 Kilometer) nach Dominica. Schwarzer Vulkansand. Weiße Strände sucht man hier vergeblich. Der Schatz der Insel ist die Natur: undurchdringlicher tropischer Regenwald, mit Couchtisch-großen Farnen, wilden Orchideen und Wasserkaskaden wie den Hibiscus- oder die Trafalgar Falls. Ein Dorado für Outdoor-Fans.

Dominica ist auch Heimat der letzten Kariben, Nachfahren jener Ureinwohner, die einst auf Booten aus dem Orinoco-Gebiet eingewandert sind und beinahe von Christoph Kolumbus’ Mannen ausgerottet wurden. Ihre Gesichtszüge sind anders als die der schwarzafrikanischen Bevölkerung: Hellere Haut, schmale Lippen und Augen, wie Indios, leben sie im Carib Terri­tory in bunten Holzhäusern mit kleinen Gemüsegärten. Verkaufen Geschnitztes, geflochtene Taschen und natürlich auch Kitsch.

Bordleben

An Bord der Aida fließt der Schweiß: Bauch-Bein-Po-Work-out im Gym, auf Deck 13 Volleyballtraining für das Prestige-Match Passagiere gegen Crew. In Rossinis Gourmet-Restaurant wird emsig das 6-gängige Surf & Turf Dinner vorbereitet und am Pool-Deck mixen Offiziere ihre Lieblings-Cocktails für die Gäste. Und alles wartet gespannt auf den abendlichen Auftritt der Aida-Stars im Theatrium. Eine weltweit gecastete Truppe, großartige Solostimmen, die "Dancing Queen“ performen, eine fulminante Show aus ABBA-Hits.

Angekommen in Antigua

Tag vier, kurz vor Sonnenaufgang: dramatische Wolkenstimmung am Himmel, ein Brennen von orange bis rot, die Freidecks gerammelt voll. Noch vor Kurzem haben ein paar Nachteulen in der Anytime Bar die letzten Absacker geordert. Doch die Mehrheit der Passagiere sind heute "Early Birds“, folgen dem Rat des Kapitäns, die Einfahrt nach Antigua keinesfalls zu verpassen. Langsam gleitet die Aida durch das glatte Wasser: verdammt nah an bizarren, grün-überwucherten Felsformationen und an einsamen Buchten vorbei. Neugierig nähert sich ein Delfin, folgt verspielt dem kleinen Boot des Lotsen.

Die Aida legt an, mitten in der Stadt St. John’s, direkt an der Shopping-Meile. In Antigua weht noch ein zarter kolonialer Hauch: Die renovierten und zur Chill Out Area mutierten Dockyards Admiral Nelsons kaschieren das Leid dieser Zeit, als es um Macht, Besitz und Sklavenhandel ging. Von Shirley Heights eröffnet sich ein fantastischer Rundblick auf die Küste, den Englischen Hafen bis hinüber auf die Insel Montserrat, wo der Vulkan Soufrière Hills sich standhaft weigert, das Rauchen aufzugeben. Aber der wahre Schatz Antiguas sind die Strände: Turners Beach, The Nest, nur zwei von angeblich 365 Traumstränden, quasi einer für jeden Tag im Jahr.

DomRep hat Pep

Der erste Seetag

Seetag! Endlich! Die Aida macht richtig Fahrt. Wind aus Nordost. Der rote Kussmund am Bug stampft mit 14 Knoten westwärts durch die Dünung der Mona-Passage. Die Meerenge zwischen Puerto Rico und der Dominikanischen Republik, wo der kalte Atlantik auf warmes karibisches Wasser trifft. Ein idealer Tag für eine Wohlfühl-Massage im Spa oder ein Sonnenbad am Pool. Aber ich treffe Falk Bleckert, den Kapitän: schlank, sportlich, weiße Uniform. So könnte er auch glatt bei den Chippendales anheuern. Der Kapitän erzählt mir von seinen Träumen und erlaubt mir einen Blick in seine Welt (siehe unten).

Kuss der Karibik

Neon-, kein Tageslicht, es ist kalt – saukalt. Andreas Steinwachs, der Schiffsproviant-Meister, führt mich hinunter in sein Reich auf Deck 3. Dort wo die Vorräte für eine 2-wöchige Karibikrunde lagern. Während die Passagiere am Pool-Deck bei 32 Plusgraden in der Sonne braten, tragen die Arbeiter hier unten Winterkleidung. Andreas gibt sich cool, kontrolliert die Kühlhäuser schon mal kurzärmelig, trotz frostiger Minus 26 Grad. Allein der Auftauprozess der Lebensmittel dauert volle vier Tage.

Logistik ist die Herausforderung. Andreas ordert die Vorräte aus Deutschland, sieben Wochen im voraus. Die Ware kommt dann per Container-Schiff in die Karibik. In La Romana, wird gebunkert: 17 Lastwagen beladen mit 312 Tonnen, auf 450 Paletten. Darunter sind 35 Tonnen Obst und Gemüse, 20 Tonnen Fleisch und acht Tonnen Fisch. 

Im Bauch der Diva

Irgendwo zwischen den Frangipani-Bäumen im üppig-grünen La Romana und den Kakteenwäldern der wüstenhaften ABC-Inseln verliert sich jedes Zeitgefühl. Datum? Wochentag? Mails checken? Ich fühle mich sauwohl im Modus eine Luxus-Freibeuters. Jeden Tag eine andere Insel entern, entdecken: Die endlosen Palmenstrände der Dominikanischen Republik, die wilde Küste Arubas, die bunten Giebelhäuser im holländischen Willemstad auf Curaçao, wo im Fort Amsterdam bis heute eine Kanonenkugel des englischen Bounty-Captains Bligh steckt. Rosa Flamingos, weiße Salzberge und ein historischer Schandfleck, kaum größer als Hundehütten: die Sklavenhäuser auf der Salinenstraße von Bonaire. 

Gewürzinsel Grenada

Captain Sparrow auf der Spur

Cineasten pilgern auf St. Vincent zum Piraten-Mekka: Wallilabou Bay, Filmkulisse von "Fluch der Karibik“. Dort wo Captain Jack Sparrow auf der Suche nach seinem Schiff vor den Skeletten der Erhängten salutierte. Der charismatisch-exzentrische Hauptdarsteller Johnny Depp wohnte während des Drehs eine Bucht weiter in der Cumberland Bay auf einer Jacht. 

Zu St. Vincent gehören auch die Grenadinen, eines der schönsten Segelreviere der Welt. Wohin Jahr für Jahr von Europa aus Hunderte Jachten aufbrechen, den Atlantik auf der legendären Barefoot-Route überqueren. Die simple Wegbeschreibung der Skipper: "Segle südwärts, bis die Butter schmilzt, dann hart steuerbord und lass dich vom Passat westwärts zu den Inseln tragen.“ Inseln wie Mustique, das Eiland, wo sich Reich und Schön in Basil’s Bar trifft, und der Geheimtipp, das verschlafene Bequia mit herrlichen Schnorchel-Revieren und einem kleinen Walfänger-Museum, stehen auch bei Kreuzfahrern hoch im Kurs.

Karibik-Cocktail

Wasser, Sonne und Inselhüpfen machen hungrig. Die Entscheidung "Wo essen?“ fällt auf der Aida Diva nicht ganz leicht. Stehen doch neben Steak House, Sushi-Bar, Pizzeria und Gourmet-Tempel noch vier All-inclusive-Restaurants zur Auswahl. Darunter der Klassiker, das Markt- und des Schreibers Liebstes, das Weite-Welt-Restaurant. Aida-typisch – also leger – der Dresscode: Niemand muss zum Dinner Sakko und Krawatte tragen. Lange Hose sollte aber schon sein.

Mein Glas ist leer bis auf ein paar halbgeschmolzene Eiswürfel. Der Hurricane mit drei Sorten Rum heizt mächtig ein. Wie diese tropische Nacht. An der Poolbar spielt ein letztes Mal die Reggae-Band. Leute tanzen, machen Abschieds-Selfies, trinken Cocktails. Gefühle "On The Rocks“ auch bei mir: Gerührt, wegen des bevorstehenden Abschieds. Geschüttelt, wenn ich an die Kälte daheim denke.

"Hier spricht Ihr Kapitän!“

Plötzlich ist er da: Falk Bleckert, die höchste Autorität auf der Aida Diva, ein sichtbarer, greifbarer Kapitän, mehr als nur eine Laut­sprecher­stimme. Schwarzhaarig, groß, entwaffnendes Lächeln. Ich treffe ihn an der Bord-Bar zum Interview. Seine Stimme ruhig, aber bestimmt: "Stilles Wasser!“ Okay, dann ich halt auch.

Falk Bleckerts Liebe zur Seefahrt entsteht schon früh im Kindes­alter. Der Vater ist Vorbild, arbeitet damals schon für Aida. Mit 14 Jahren ist es nicht mehr zu unterdrücken: Der Bub will unbedingt zur See fahren, will Kapitän werden. Geplagt von Fernweh, der unstillbaren Sehnsucht all derer, die auch in Träumen reisen. 2002 beginnt der junge Falk eine Schiffsmechaniker-Lehre. Studiert drei Jahre später Nautik und Schiffsverkehr. Den Umweg über die Frachtschifffahrt erspart er sich, fährt 2008 als 3. Offizier seine erste Kreuzfahrt. Erhält 2015 das Kapitäns-Patent und schon bald darauf führt er die Aida Stella durch das östliche Mittelmeer. Und heuer die Karibik! Er lächelt schelmisch: "Das war immer schon mein Kindheitstraum.“






Segle südwärts, bis die Butter schmilzt. Dann hart steuerbord und lass dich vom Passat westwärts zu den Inseln tragen.






Alte Segler-Weisheit,


Die Gewässer der kleinen Antillen empfindet er als besonders, weil die Abstände zwischen den Inseln so gering sind. Die durch den Nord-Ost-Passat erzeugte Dünung wäre durch schnelleres Fahren weniger spürbar. Dosieren ist somit wichtig: „In Windgebieten schnell fahren und im Inselschutz die Knoten stark reduzieren. Distanzen im Tagesgang so angenehm wie möglich versegeln.“ Versegeln, Tagesgang, Knoten … knorrige Seemannssprache.

Falk Bleckert weiß, was Kreuzfahrts-Kapitäne brauchen: einen Draht zu den Passagieren, Entertainer-Qualitäten und eine gesunde Portion Mutterwitz für pointierte Durchsagen.

Ob er lieber seinen 3er-BMW oder ein Kreuzfahrtschiff einparkt? "Es macht definitiv mehr Spaß mit dem Schiff, weil Anlege-Manöver nur im Team, nur von der Brücke aus gelöst werden können.“ Besonders spannend ist für Kapitän Bleckert die Einfahrt nach Willemstad auf Curaçao, wo wegen der Strömung des einmündenden Flusses die 250 Meter lange Aida Diva den Liegeplatz schräg andriften muss.

Und wo macht ein weltreisender Kapitän Urlaub? "Daheim“, sagt er, "in Rostock-Warnemünde.“ Obwohl er zugibt, dass das Ankommen zu Hause nach monatelanger Fahrt oft nicht einfach ist. Speziell die erste Zeit, wenn sich die Freundin schon mal beklagt. Und jetzt wieder dieses Lächeln: "Wahrscheinlich bin ich da noch zuviel Kapitän.“

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Weitere Infos: www.aida-cruises.at