Das ferne Paradies

Eine sanfte Verführung zu einer wirklich weiten Reise: Nach Hawaii locken herrliche Strände, zahlreiche Naturspektakel und der einzigartige Aloha-Lebensstil.
 

Zuerst überqueren wir einen stürmischen Nordatlantik und die scheinbar endlosen Eiswüsten Grönlands. Die fest zugefrorene Hudson Bay zeigt uns, dass wir Kanada erreichen. Im bitterkalten Chicago legen wir einen Zwischenstopp ein. Mit einer neuen Maschine bezwingen wir Fly-Over-Country, den US-Mittelwesten, dann die Gletscher der Rocky Mountains und die Wüsten Nevadas, dringen schließlich in das blaue Universum des Pazifik vor.

Wenn man über mehr als elf Zeitzonen mit Kurs Westen reist, steht die Sonne meist wie festgenagelt am Himmel. Die Service-Routinen im Flugzeug sind die letzte noch verbliebene Abwechslung, wenn alle Zeitungen gelesen, alle Gespräche geführt und alle Filme gesehen sind. Doch dann, endlich, tauchen tief unter der Boeing 777 der United Airlines tatsächlich dunkelgrüne Tupfer in der Weite des Ozeans auf: ein aus dem Feuer von Vulkanen frisch geborenes Land, nur 25 bis 40 Millionen Jahre jung. Das sind sie also, die Inseln von Hawaii.

Der Eingang in ein Paradies kann auch wie ein Tor zur Hölle aussehen. Das ist zwar ein bisschen ungerecht gegenüber dem Honolulu International Airport auf der Insel Oahu, der ein Flughafen ist wie viele andere in den Staaten. Die Staus auf den Straßen zum weltberühmten Waikiki-Beach mit seinen Luxushotels sind aber ebenso beinharte Realität. Nur wenig später jedoch sitzen wir schon bei einem Drink auf der Terrasse des "Under the Banyan Tree at the Moana" und genießen um exakt dreizehn Minuten nach sechs Uhr einen Sonnenuntergang der allerhöchsten Kitschklasse. Von der Freilichtbühne hundert Meter weiter klingt Hula-Musik über den von Palmen gesäumten Sandstrand, Frauen und Männer mit bunten Leis, den berühmten Blumenkränzen, um den Hals wiegen sich dort langsam im Takt. Ein sanfter, warmer Tropenwind streichelt die von der trockenen Flugluft strapazierte Haut, langsam fällt die Anspannung der weiten Reise ab, wir kommen endlich wirklich an.


Pearl Harbour ist auch so ein Ort, der in einem Paradies eigentlich nichts zu suchen hat. In den Staaten kennt jedes Kind die Ereignisse des 7. Dezember 1941, jenes "Tages der Schande" also, an dem japanische Bomber im Hafen Honolulus die US-Pazifikflotte vernichteten. Heute bringt man friedlichere Besucher mit Booten hinaus in den Hafen, wo das im Schlamm versunkene Wrack der USS Arizona noch immer ein Massengrab von über 1.000 Seeleuten ist: Eine etwas gruselige Geschichts- und Gedenkstunde, die von den vorwiegend us-amerikanischen Touristen mit patriotischer Ernsthaftigkeit zelebriert wird. Bunte Fische kreisen um die verrosteten Überreste des Schlachtschiffes, aus dem auch 75 Jahre nach seiner Explosion noch immer Öl austritt – es mischt sich als farbiger Schleier mit den Blumenkränzen, die zum Andenken ins Wasser geworfen werden.

Fast alles andere, was man am und um den Waikiki-Strand unternehmen kann, macht jedoch einfach nur Spaß. Wie wäre es mit der Beobachtung von Baby-Buckelwalen direkt vor der Küste? Oder mit einem 40-Minuten-Hubschrauber-Rundflug zu den Highlights der Insel? Interessant ist ein Rundgang auf historischen Spuren durch das alte Honolulu. Erst seit 1959 ist Hawaii ein US-Bundesstaat. Für immer geändert hatte sich das Leben der Eingeborenen am 20. Jänner 1778, als Captain James Cook die Inseln zufällig entdeckte. Vorher war das Leben hier wohl tatsächlich ein bisschen mit jenem in einem fiktiven Paradies vergleichbar: Das Klima war mild, das Land fruchtbar und das Meer voller Fische. Nach dem Kontakt mit der Moderne verlor Hawaii innerhalb von 100 Jahren 90 Prozent seiner Einwohner durch Seuchen, ihre Kultur war praktisch vernichtet.

Im Hubschrauber über Oahu


Für die Suche nach dem modernen Südsee-Paradies muss man Oahu und Waikiki jedoch verlassen. Kauai, die älteste Hawaii-Insel, ist so eine Schönheit, ein riesiger tropischer Garten, der für unzählige Filmproduktionen als Kulisse gedient hat. Das Bilderbuch-Dorf Hanapepe etwa bildete die Bühne für die "Dornenvögel". Große Naturschutzgebiete wie jenes um den Waimea Canyon sollen dafür sorgen, dass der Mensch nicht neuerlich zur Paradiesvernichtung schreitet. Die spektakuläre Schlucht wurde wohl einst durch ein gigantisches Erdbeben geschaffen, das Kauai in zwei Hälften teilte. Ein fantastischer Ausflug ist auch die Fahrt mit dem Touristenboot oder per Kajak quer durch den Regenwald auf dem Wailua River. 

Hawaiian oder andere Airlines sowie die kurzen Flugzeiten machen Inselhüpfen zum Vergnügen. Unser nächster Stopp ist die eigentliche Insel Hawaii, die jeder Big Island nennt. Der weltweit aktivste Vulkan, der Kilauea, sorgt hier dafür, dass man Mutter Natur beim Erschaffen der Welt sozusagen auf die Finger schauen kann. Hier bleibt man gerne unter sich: Auf Big Island leben weniger Menschen als in Linz. Sie können, wenn es hart auf hart geht, nur auf eine Weise auf die Kräfte aus dem Erdinneren reagieren: Indem sie abhauen. Big Island ist auch die Wiege des hawaiianischen Königtums und Heimat des Kona-Kaffees. Während einer 265-Meilen-Runde um die Insel kann man ihn gleich beim ersten Stopp am frühen Morgen verkosten. Das gibt Kraft und Durchhaltevermögen für einen langen, hochinteressanten Tag, durch den uns Hilary, pensionierter us-Marine, als Bus-Chauffeur und Reiseleiter in Personalunion führt. Hilary redet wie ein Wasserfall, was wir gut finden, denn wir erfahren viel über das Leben auf den Inseln. Zum Beispiel über die Bedeutung des mächtigen Wortes "Kapu", Gesetze, die sich auf Spiritualität, sinnvollen Umgang mit der Natur und eine geordnete Gesellschaft stützen. Und wir fahren auch am Heiligtum "Puuhonua o Honaunau“ vorbei: Ganz in der Nähe wurde Captain Cook im Zuge des Streits um ein gestohlenes Ruderboot von Einheimischen erschlagen.

Höhepunkt ist aber der Besuch des Vulkankraters. Pele, die Göttin des Feuers, soll einst mit einem Kanu aus einem Land am äußersten Ende des Meeres gekommen sein. Noch heute, so erzählen einander die Menschen, wohnt sie in einem Krater des Kilauea, des am längsten durchgehend aktiven Vulkans der Welt. Nicht weniger spannend als diese Legende ist die Realität: Der Gipfel des Vulkans, der Mauna Loa, befindet sich 17 Kilometer über dem Meeresgrund. Wenn man Glück hat, kann man beim Kilauea mit Unterstützung von Guides ganz nahe an Plätze heran, an denen Lava mit großem Getöse in den Pazifik fließt. 

Wirklichkeit wird die Vorstellung vom Paradies während einer Hawaii-Reise dann so richtig auf Maui. Hier locken mehr Badestrände als auf allen anderen Inseln. Es gibt wunderschöne Hotels an von Palmen gesäumten Stränden oder coole Plätze wie Ho‘okipa, den Wallfahrtsort der Surfer. Wen 617 Kurven und 56 einspurige Brücken nicht abschrecken, der kann den entlegenen Ort Hana auf einer einzigartigen Küstenstraße erreichen – quer durch den tropischen Regenwald, in dem Süßwasserpools zu einem erfrischenden Bad unter einem Wasserfall verführen. Und schon vom nächsten Aussichtspunkt kann man beobachten, wie Buckelwale spektakuläre Sprünge zeigen. Jetzt, im Februar, ist der Höhepunkt der Walsaison, die  von Dezember bis Mai dauert, wenn die Buckelwale aus Alaska in wärmere Gefilde kommen. Besonders gut geeignet für Walbeobachtungen ist die Westküste. Ausflüge per Boot, bei denen man recht nahe an die Meeressäuger herankommt, starten zum Beispiel vom Lahaina Harbour in der gleichnamigen Stadt. Auf allen Inseln sind die Preise um rund 20 Prozent höher als auf dem US-Festland. Und dennoch gibt es zum Beispiel auch auf Maui Regionen wie jene um Kihei, wo es sich in wunderbarer Umgebung halbwegs preiswert urlauben lässt. Wailea wiederum ist das Revier der Reichen und Schönen: Britney Spears, Tiger Woods, Clint Eastwood, alle haben sie hier ihre bescheidenen Behausungen. Heiraten bei Sonnenuntergang, Sunset Wedding,  ist der große Event, auch wenn nicht alle Bindungen, zu denen in perfekter Atmosphäre "Yes!" gehaucht wird, immer ein Leben lang halten.

Überall präsent ist auf Maui ein junger, friedlicher, wertschätzender Lebensstil. Das "Aloha" ist ja kein "Hallo" in unserem Sinn. Es symbolisiert Nächstenliebe, Einmütigkeit, Freundlichkeit, Demut und Geduld. Wenn man von einer Hawaii-Reise mit etwas mehr davon nach Hause zurückkehrt, hat man nicht nur das ferne Paradies gefunden, sondern ist dem wahren Glück auch zu Hause einen kleinen Schritt näher gekommen.

 

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