Erfahrungsbericht: E-Bike Reise durch den Oman

Der Oman ist ein faszinierendes Ziel für E-Bike-Reisen. Erfahrungen, Tipps zur besten Reisezeit, Klima-Hinweise und worauf es beim Radeln in der Wüste ankommt, von Andrea Lehky.

Der Spätherbst gilt als gute Reisezeit für den Oman. Dann ist es nicht mehr so heiß – so steht es im Reiseführer. Der hat wohl noch nichts vom Klimawandel gehört. "Gerade hat es zwei Wochen geregnet", wundert sich Faisal, einer unserer Tourguides, "jetzt ist es wieder heiß wie im Sommer." Heiß bedeutet 35 Grad aufwärts. Da sollen wir radeln? Ja genau.

So schlimm ist es dann nicht, normale Kondition und Sonnenschutz LSF 50 vorausgesetzt. Wir haben einen entscheidenden Vorteil: nagelneue E-Bikes und starke Pickups, in die wir jederzeit umsteigen können.

Aufbruch ins Wadi

Gut zwei Stunden Autofahrt dauert es vom Flughafen zum ersten Stopp, dem Arbeieen Resort im gleichnamigen Wadi. Wadis sind ausgetrocknete Flusstäler, die nur bei Regen Wasser führen. Doch hinter jeder Biegung kann ein schattiger Palmenhain oder ein erfrischendes Wasserloch auftauchen.

Das Arbeieen Resort liegt an einem solchen Wasserloch direkt unter einem imposanten Felsen und neben einer ausladenden Zeder, in deren Schatten man wunderbar ausruhen könnte, wenn man uns nur ließe. Die Mechaniker schrauben die noch originalverpackten E-Bikes zusammen, jeder sucht sich eines aus und schon geht es los. Die Schotterstraße ist lehmig weich, die Bikes ungewohnt… und dann knickt die Straße steil bergab, führt durch einen steinigen Flusslauf und auf der anderen Seite den Hang wieder hoch. Wagemutig stürzt sich einer nach dem anderen die Rumpelpiste hinunter, spritzt durch das Wasser und holt Schwung für die andere Seite. Manche schaffen es auf Anhieb, anderen brauchen mehrere Anläufe.

Alle bestehen ihre Feuertaufe. Tatsächlich sind diese wenigen Kilometer die forderndste Passage der Reise. Fortan bleiben wir auf gut präparierten oder asphaltierten Straßen. Die starken E-Bikes und die Pickups, in die wir jederzeit umsteigen können, machen es uns leicht.

Nach dem Abenteuer hüpfen wir endlich ins Wasserloch. Die Damen ziehen aus Respekt vor den muslimischen Dorfbewohnern ein langes T-Shirt über ihre Bikinis, die Herren plantschen in der Badehose los. Ein paar Frösche quaken dazu. In unserer Unbeschwertheit ignorieren wir, dass Frösche von Insekten leben. Am nächsten Tag sind wir voller Moskitostiche. Lektion: Wo Wasser ist, braucht es Insektenschutz.

Von der Wüste…

Am nächsten Morgen geht es um 8:30 los, da ist es noch kühler. Manche haben die drei Stunden Zeitverschiebung noch nicht verdaut und geben sich ein wenig uninspiriert. Dabei fahren uns die Pickups ohnehin zum Highway, erst dort steigen wir auf die e-Bikes um. In Österreich wären Radfahrer auf der Autobahn eine Meldung im Verkehrsfunk wert, im Oman winken und lachen uns alle nur freundlich zu. Im Fahrtwind spüren wir die zunehmende Hitze kaum. Fahrer und Bikes kennen einander inzwischen, es radelt sich leicht. 40 km sind es am Ende dieses Tages, 50 Kilometer an unseren fleißigsten.

Erster Zwischenstopp ist das Bimah Sinkhole, ein riesiges halbrundes Loch mitten in der Steinwüste, 500 Meter vom Meer entfernt, trotzdem gefüllt mit Meerwasser. Die Omani dachten früher, ein vom Himmel gefallener Stern habe es geschaffen. Tatsächlich war es Meerwasser, das über einen unterirdischen Kanal einströmt. Die Idee mit dem Stern gefällt uns besser. Rasch in den Bikini wechseln, reinspringen, abkühlen, weiterradeln.

An einigen Kamelen vorbei schaffen wir es rechtzeitig vor Sonnenuntergang zu den Wahiba Sands, einer Wüste mit rotem, goldenem und weißem Sand. Mit sichtlichem Spaß peitschen unsere Fahrer ihre Pickups die Dünen zum Sama Al Areesh Camp hoch. Wir klettern sofort auf höchstmögliche Düne, bevor die Sonne verschwindet. Unsere Guides servieren uns Kaffee und Chai. Mehr braucht es nicht zum Glück.

… in die Berge…

Weiter geht es ins Wadi Bani Khalid, einer großen Oase in den ansonsten trockenen Bergen. Tipp: Keinesfalls freitags oder samstags besuchen. Am muslimischen Wochenende wimmelt es von Omanis. Heute fahren wir eine große Strecke mit den Pickups und radeln nur 40 km durch fantastische Landschaften und schier endlose Steinwüsten. Am Horizont sehen wir Bergketten in allen Braun- und Grautönen hintereinander geschichtet.

Wir passieren Bahla, eine der ältesten Städte, Unesco-Weltkulturerbe und bekannt für ihre vielen Töpfereien. Bewundernswerter schnell formen die Töpfer Becher, Vasen und Krüge. Ein paar von uns probieren sich selbst an der Scheibe. Den meisten gelingt ein halbwegs gerader Turm, anderen nur ein schiefer Aschenbecher.

Next Stop ist Nizwa, eine kleine Stadt mit großem Fort und noch mehr orientalischem Flair. Wir checken im Heritage Inn mitten im historischen Zentrum ein. Die Damen schwärmen in den Souk auf der Jagd nach Gewürzen, Dattelkonfekt und Tonlampen aus, die Herren hoffen auf ein Bier. Alkohol ist schwer zu bekommen.

Das Programm des nächsten Tages bereitete uns Kopfzerbrechen: in die Berge, zum Jabal Shams, mit 3028 Metern höchster Berg des Oman. Laut Programm sind 1800 Höhenmeter zu bewältigen. Mit den E-Bikes?

Die Sorge ist unbegründet. Die holprigen Staubpisten mit ihren Haarnadelkurven sind selbst für die Pickups eine Herausforderung. 4WD ist schwerstens angeraten. Die Hänge rund um den Jabal Shams und seinen Schwesterberg Jabal Hatt sind grün, das ist unüblich und dem unverhofften Regen vor zwei Wochen zu verdanken. Geradelt wird an diesem Tag nur sanft bergab. Dafür hätten wir uns nicht sorgen müssen.

Diese Nacht verbringen wir im Jabal Shams Resort auf dem letzten für Autos erreichbaren Plateau. Hier oben ist es deutlich kühler. Wir sitzen nicht lange zusammen, denn am nächsten Morgen heißt es vor Sonnenaufgang aufstehen: Die Wanderung entlang des berühmten Balcony Trails steht an. Der muss den Vergleich mit dem Grand Canyon nicht scheuen: ein fast waagrechter und leicht begehbarer Balkonweg entlang der Steilhänge mit spektakulärem Ausblick. Die Morgensonne taucht die Wände in rötlich-warmes Licht.

Wer Zeit hat, sollte den Balcony-Trail unbedingt bis zum Ende gehen. Jede Schlucht bringt atemberaubend neue Blickwinkel. Wir müssen nach der Hälfte umkehren, denn eine lange Strecke mit den Pickups liegt vor uns, unterbrochen nur durch einen Stopp im Al Misfah Village. Das wurde 2021 von der UNWTO zu einem der schönsten Dörfer der Welt gekürt und ist für seine traditionelle Architektur und Landwirtschaft bekannt. Wie zum Beweis kommt uns in einer steigen Gasse ein mit Gras bepackter Esel entgegen. Al Misfah hat noch weitere Attraktionen: ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem, bei dem das kostbare Nass den Bauern über gemauerte Rinnen ("Falaj") zugeteilt wird. Jedem steht eine gewisse Zeitspanne zu, die anhand der Sternenbahnen am Himmel berechnet wird. In Al Misfah gibt es auch richtig guten Kaffee. Der kostet zwar so viel wie daheim, ist es aber nach den vielen Warmhaltekannen-Kaffees wert.

… in die Stadt

Als wir den asphaltierten Highway erreichen, steigen wir ein letztes Mal auf unsere E-Bikes um. Wir radeln mit starkem Gegenwind bergab, bis der Verkehr zu dicht wird. Aus jedem Truck, jedem Pickup winkt und hupt man uns freundlich zu. Noch sind wir eine Attraktion, weil Radfahren im Oman ungewohnt ist. Wir fühlen uns als Pioniere.

Der Tag endet in Muscat, in der Sportsbar des Hotel Ramee Guestline. Endlich bekommen unsere Herren ihr gut gekühltes Bier.

Am nächsten Morgen geht sich noch eine flotte Busfahrt zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Hauptstadt aus: ein Fotostopp am Al Alam Palast, der Residenz von Sultan Haitham Bin Tariq, und ein zügiges Passieren der portugiesischen Forts Mirani und Jaladi. Highlight ist der Besuch der Sultan Qaboos Moschee, der auch nicht-Muslimen und Frauen erlaubt ist.

Das Gebot angemessener und jedes Stückchen Haut bedeckender Kleidung sollte man ernst nehmen. Die Garde eskortiert unangemessen gekleidete Touristen unerbittlich zum Ausgang. Die können sich nur noch ins nächste Taxi setzen und im Muttrah Souk mit Souvenirs eindecken: Gewürze, Weihrauch, Keramik und „garantiert echte“ Kaschmir-Schals. Dankenswerterweise sind die Händler im Vergleich zu ihren Kollegen in Tunesien, Marokko oder der Türkei wenig penetrant. Wir geben ihnen gerne unsere letzten Rial. Und schon geht es ab zum Flughafen!

Tipps für den Oman von Redakteurin Andrea Lehky


Schreibweisen: Orte und Straßen werden je nach Quelle unterschiedlich geschrieben. Das liegt an der Übersetzung aus dem Arabischen. Nicht irritieren lassen.
Straßenqualität: Die Reise führt täglich 30 bis 50 km über asphaltierte Straßen und leicht passierbare Schotterstraßen. Nur der Einstiegstest am ersten Tag findet auf einer fordernden Piste statt. Radfahren sollte man gut beherrschen, E-Bike-Erfahrung ist hilfreich, es geht aber auch ohne. Umsteigen auf die Pickups ist jederzeit möglich.
Kleidung: So wenig Haut wie möglich zeigen, auch beim Schwimmen. Touristen werden keine Probleme bekommen. Aus Respekt sollten Damen dennoch lange Blusen und lange Hosen/Röcke tragen. Tuch/Stola als Kopfbedeckung dabeihaben!
WLAN ist rar: Mit einiger Sicherheit ist es nur in Hotels in großen Städten (Muscat, Nizwa) zu haben. Stromadapter nicht am Flughafen, sondern billig in jedem Markt/Supermarkt kaufen.
Arabische Sanitärsitten: Blitzsauber und gepflegt, doch manches ist ungewohnt. Dusche und WC befinden sich in den meisten Unterkünften im selben Raum. WC-Papier ist selten, man säubert sich mit einer kleinen Handdusche. Papiertaschentücher mitbringen!
No Alk: Wie in allen arabischen Ländern ist Alkohol schwer zu bekommen, am ehesten in großen Hotels.

Oman auf einen Blick


Lage: im Südosten der Arabischen Halbinsel.
Fläche: 309.500 km2 (etwa so groß wie Italien).
Bevölkerung: 4,48 Millionen, schnell wachsend. Die meisten Omanis leben im Norden. Fünf Prozent sind Nomaden.
Sicherheit: Der Oman gilt als sehr sicher mit wenig Kriminalität (Grenzregion zum Jemen meiden!) In den Städten kann es zu kleineren Diebstählen kommen.
Währung: Omanischer Rial

Information & Buchung

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