Total abgedreht

Ein Blick hinter die Kulissen der ServusTV-Kultserie "Ring frei für die Speedgang":
auto touring war bei bei einem Drehtag auf dem Red Bull Ring dabei.

Kurz vor acht, noch kalt. Tom geht unruhig auf und ab, gierig an seiner Zigarette saugend. Warten macht ihn nervös. Warten, bis die Serienhelden eintreffen. Dass es endlich losgeht, die erste Klappe zur ServusTV-Serie „Ring frei für die Speedgang“ fällt. Tom Strobl ist Regisseur, er arbeitet ohne Script, die Story ist im Kopf. Wärmende Sonnenstrahlen fallen auf den von Gummispuren gezeichneten Asphalt des Red Bull Rings. 

Ein Van fährt vor. Die Formel-1-Legenden David Coulthard und Mark Webber springen raus, beide nur im T-Shirt, die Film-Crew trägt feste Jacken. Und auch Rallye-Rekordmeister Raimund Baumschlager und Motocrosser Heinz „Kini“ Kinigadner sind dabei. Die vier werden sofort verkabelt. Drehbeginn ist im Clubraum der Speedgang, einer kleinen Garage auf Österreichs ehrwürdiger Rennstrecke mit abgewetztem Sofa und riesiger Carrera-Spielzeugrennbahn. 

G’standene Mannsbilder, furchtlose Racer, allesamt im gesetzten Alter zwischen 38 und 55 Jahren, spielen wie Kinder: lachen, fluchen, schubsen, mogeln. „Im Grunde ihres Herzens sind sie eine Lausbuben-Bande“, weiß Tom. Er hat die Mateschitz-Idee umgesetzt, hat eine Kultserie daraus gemacht. 

„David“, sagt er, „wirkt immer so seriös, smart, geschniegelt, aber auf den muss ich am meisten aufpassen, der bricht permanent die Regeln.“ Und Heinz Kinigadner ist berüchtigt dafür, dass er fast jedes Fahrzeug zerstört.

Aber was ist die Speedgang? Ein TV-Format für Motorsportbegeisterte, voller Leidenschaft, gespickt mit Schmäh. Eine Serie, in der Männer sich wie Kinder aufführen, nur mit dem Unterschied, dass sie ihr Kräftemessen immer mit kuriosen, sauschnellen Untersätzen austragen.



Los geht’s! Tom schreit: „Ruhe, Handys aus!“ Klappe, Speedgang, die Erste: Es wird laut. David Coulthard fährt das erste Spielzeug des Tages vor, eine Shelby Cobra. Ein giftiges gelbes Biest, V8, fast 700 PS, 296 km/h schnell. Heinz fragt nach dem Airbag. David lacht: „Hey, ich hab dich noch nie so nervös gesehen!“ Der Cobra-Besitzer und Histo-Cup-Pilot Udo Rienhoff wird nachdenklich: „Ich hab nur bei einem Angst um mein Auto.“ Heinz Kinigadner, eh klar. Goschert ist er außerdem: „Pussies first!“ ruft Heinz, als es um die ersten Interviews geht. David schlagfertig: „Lieber ein Leben lang Pussy als nur einen Tag ein Held.“ 

Shelby Cobra: das gelbe Biest

Es geht hinunter in die Boxengasse, wo in wenigen Wochen die vergleichsweise leise Formel 1 gastiert. Die Speedgang lehnt Overalls ab. Casual, im Leiberl, aber doch mit Helm fährt jeder vier Runden mit der Cobra um den Ring. David ist als Erster dran – Bestzeit, was sonst? Seine Statements und Interviews sind eloquent, witzig und hochprofes­sionell. Da schlägt die Erfahrung als BBC-Formel-1-Reporter durch. 

Heinz springt auf die Boxenmauer, will seinen Teamkollegen Raimund anfeuern. Aber der ist zu klein für die Cobra, sieht kaum über die Lufthutze, trotz Polster im Kreuz und unterm Hintern; und er hat Probleme mit den Bremsen. Mark verwechselt gleich beim Start die Gänge, fährt in der Dritten los. Staubwolke. „Clutch is gone!“, die Kupplung ist hin. Kameras ablegen, Pinkelpause für die Crew. Mark tippt virtuos SMS, David und Heinz telefonieren, Mundl gibt gestikulierend Interviews.

Das zweite Set ist nichts für empfindliche Gemüter. Ein NASCAR, 650 PS, 5,5 Liter, 340 Spitze, mit vier GoPro-Kameras bestückt. Der Sound unaushaltbar, martialisch. Jetzt leuchten die Augen der Speedgang-Members. Wieder legen die Asphalt-Cowboys Mark Webber und David Coulthard den heimischen Offroadern Heinz und Raimund die Latte hoch. Knallen auf der kurzen Ring-Runde eine 1,13er-Zeit hin. Zwei Sekunden schneller als die Österreicher. Kini radiert den Dreier weg, macht einen Siebener daraus. Mark fragt, wie es war. „Not so bad for an old man…“, grinst Kini.

Das NASCAR: martialische Soundmachine

Unterbrechung, Berichtigung der Zeit. Verwarnung für Heinz. Es sollte weitergehen. Aber wo ist David? „Am Häusl!“ Endlich kommt er, im Laufschritt, fit wie eh und je. Regieanweisung: Wer nicht dreht, muss weg – in die Box. Statements, Gruppenbilder, Witze. Cut. Mittagspause. 



Wolken ziehen auf. Die Crew spürt Zeitdruck. Mark und David erfahren, dass ihr Flieger früher abhebt. Tom Strobls Stimme lässt nach. Wer hat das verdammte Megafon versteckt? Heinz Kinigadner lächelt wissend. Zwei Vorarlberger Benzinbrüder rollen ihre aufgemotzten Quad Bikes heran: 175 PS, Topspeed 250. Hier ist Schluss mit „casual“, Kini verlangt vehement Lederzeug für alle. Ausgepolstert und knieweich trabt die Speedgang hinaus auf die Rennstrecke, hinauf zur ehemaligen Berger-Kurve. Irgend jemand ruft: „Mark, du siehst großartig aus!“ „Feel shit!“, kontert der Australier trocken.

Das Quad: niemals ohne Leder

Jeder der Fahrer bekommt sein Mikrofon quasi als Bauchtascherl auf den Rücken geschnallt. Empfangsantennen werden ausgerichtet. Gegen die Rennrichtung und wieder zurück matchen sich Kini, Raimund, Mark und David. Raimunds Quad stirbt ab. Der Le-Mans-Start muss wiederholt werden. „Raimund is not a runner!“, plärrt Heinz in Tiroler Englisch. Am Ende rettet David Coulthard einen knappen Vorsprung vor Heinz Kini­gadner ins Ziel. Wieder kein Sieg für die Österreicher. Abklatschen, ein letztes Gruppenbild, Cut, das war’s, Drehschluss.



Kurz vor sechs, wieder kalt. Die Speedgang haut ab, verstreut sich in alle Himmelsrichtungen. Tom Strobl ist in Gedanken schon im Schneideraum – drei Folgen muss er aus dem Material machen. Starr blickt er vor sich hin, gierig an seiner Zigarette saugend.

Speedgang auf ServusTV

„Ring frei für die Speedgang“: Jeden Mittwoch um 22.20 Uhr auf ServusTV, mit mehrfachen Wiederholungen in den darauffolgenden Tagen. Sendetermine im Detail unter www.servustv.com/at/Sendungen/Ring-frei-fuer-die-Speedgang