Natürlich bis ans Limit

Er spielt mit seinen Gegnern Katz und Maus, ist nach sieben WM-Saisonen bereits vierfacher Weltmeister, aber erst 21 Jahre alt. Hier spricht die Zukunft der MotoGP, hier spricht Marc Márquez.

Wenn ein Nummer Eins-Team wie Honda dich derart umgarnt, dann musst du schon etwas Besonderes sein. Ein Ausnahmetalent. Und genau das ist Marc Márquez. Bedankt sich für die Unterstützung mit Siegen am laufenden Band und ständig neuen Rekorden. Seit dem neunfachen Weltmeister Valentino Rossi hat kein anderer Fahrer mehr die Motorrad-Weltmeisterschaft derart geprägt wie er. Und trotzdem sind ihm weder Ruhm noch Rummel zu Kopf gestiegen. Wir haben den jüngsten MotoGP-Weltmeister, den Rekord-Saison-Sieger völlig entspannt am Rande der Mailänder Motorradmesse getroffen.

— Warum war deine Performance heuer so überragend, du bist die Konkurrenz ja in Grund und Boden gefahren?

marc márquez: Meinen Erfolg kann ich nicht an einer einzelnen Komponente festmachen, es sind mehrere Dinge: Meine Familie, mein Team, Honda, die enge Beziehung zu meinem Bruder Alex; wenn mehrere Menschen zusammenarbeiten, die alle dasselbe Ziel vor Augen haben, eine ähnliche Mentalität teilen, dann motiviert und beflügelt mich das eben besonders.

— Was hast du in dieser Saison gelernt?

marc márquez: Wirklich dazugelernt habe ich beim Rennen in Aragón, als es zu regnen begann. Da machte ich einen Fehler, verpasste den richtigen Zeitpunkt, um das Motorrad in der Box zu tauschen, und stürzte. So lange mit den Slicks draußen zu bleiben, war definitv die falsche Entscheidung. Aber ich habe unter diesen rutschigen, schwierigen Bedingungen fahrerisch viel dazu gelernt.

— Viele Hersteller bringen Superbikes mit 200 PS auf den Markt, Honda bietet mit der RC-213V-S sogar eine straßentaugliche Variante deiner GP-Maschine an – musst du angesichts dieser Leistungsdaten nicht schmunzeln, du bist ja wesentlich Stärkeres gewöhnt?

marc márquez: Ausreichend PS zu haben ist immer wichtig, ich mag das. Aber genauso wichtig ist es, diese Leistung kontrollieren zu können. Und es macht natürlich einen Unterschied, wo man unterwegs ist: auf der Straße oder auf der Rennstrecke. Mein MotoGP-Bike ist wirklich, wirklich schnell, manchmal sogar zu schnell. In Mugello beispielsweise erreichte ich am Ende der Geraden 350 km/h. Das ist schon sehr schnell. Aber ich weiß, dass im Hintergrund bereits an einer Reduzierung des Topspeeds gearbeitet wird. Denn für die Show, für die Fans, ist es völlig egal, ob du 300 oder 350 km/h erreichst.

— Fürchtest du dich manchmal am Bike?

marc márquez: Fürchten nicht, aber nach einem großen Crash empfinde ich viel mehr Respekt für die Maschine, vor allem aber für den Streckenabschnitt, in dem ich gestürzt bin.



— Um wieviele Sekunden wärt ihr vermutlich langsamer, wenn die MotoGP-Bikes keine elektronischen Assistenzsysteme hätten?

marc márquez: Natürlich wären wir langsamer, aber ich glaube nicht allzu viel. Allerdings wäre das Risiko zu stürzen ungleich höher. Klarerweise hilft uns die Elektronik schneller, vor allem aber sicherer unterwegs zu sein. Ohne Elektronik würden wir mehr Slides sehen – aber auch mehr Highsider, mehr Unfälle. Für mich ist es definitiv der richtige Weg, solche Assistenzsysteme zu verwenden.

— Wäre es für dich in Zukunft interessanter, ohne Assistenzsysteme zu fahren?

marc márquez: Nein. Die Elektronik macht mich nicht unmittelbar schneller. Aber ich kann mich schneller an das Limit herantasten, weil ich weiß, dass ich einen gewissen Sicherheitspolster habe. Das ist vor allem beim Beschleunigen sehr wichtig.

— Auf welcher Strecke hast du heuer deinen schönsten Zweikampf erlebt?

marc márquez: Den Zweikampf mit Valentino (Rossi) beim ersten Rennen in Katar habe ich sehr genossen. Aber den meisten Spaß hatte ich in Montmeló, Barcelona. Da matchte ich mich ein bisserl mit Jorge (Lorenzo), ein bisserl mit Dani (Pedrosa) und ein bisserl mit Valentino (Rossi) – und zum Schluss habe ich gewonnen. Das war ein tolles Rennen.

— Kann man die Bikes von dir und deinem Teamkollegen Dani Pedrosa vergleichen?

marc márquez: Nein, das sind zwei komplett unterschiedlich abgestimmte Maschinen.

— Wie möchtest du von deinen Fans eigentlich wahrgenommen werden? Welchen Eindruck magst du bei ihnen hinterlassen?

marc márquez: Ich kann das Bild, das Leute von mir im Kopf haben, nicht direkt beeinflussen. Aber ich versuche natürlich zu sein und Spaß zu haben. Das werden manche sicher mehr, manche weniger mögen.