Wir sind spießig geworden

Ihre Rolle in den TV-Vorstadtweibern geht manchen etwas zu weit. Dabei ist Martina Ebm am Theater eigentlich eine Spezialistin für Schwieriges, Idealbesetzung für Typen mit Tiefgang.

Sie ist das Vollblütigste, das man sich auf der Bühne nur vorstellen kann. Sie lebt ihre Figuren wie kaum jemand sonst. "Wäre sie ein Motorrad, selbst Autobahnen wären zu eng für sie – und zu langsam", schwärmt Michael Dangl. Er muss es wissen, steht er doch zurzeit im erotisch aufgeladenen Psychoanalyse-Drama "Eine dunkle Begierde" mit ihr auf der Bühne des Theaters in der Josefstadt. Ich hingegen sitze mit einer komplett relaxten Martina Ebm, die dank des TV-Quotenhits "Die Vorstadtweiber" einem Millionenpublikum bekannt geworden ist, im Kaffeehaus. Sie bittet mich, dass wir uns doch duzen sollten. "Sonst komm’ ich mir so alt vor!" Kein Problem, liebend gern. 

— Was hat sich in deinem Alltagsleben verändert, seit du als Caroline mit den "Vorstadtweibern" im Fernsehen präsent bist?

martina ebm: Ich werde öfter als früher angesprochen, was mich etwas paranoid macht, weil ich mich immer frage: Muss ich den kennen, oder kennt der nur mich aus der Serie? 

— Du machst Theater, Film und TV. Welche Unterschiede gibt es dabei in der Arbeit?

MARTINA EBM:

Beim Theater gibt es eine Probenzeit, die das gesamte Team für Monate zusammenschweißt. Man erarbeitet gemeinsam das Stück, geht durch Höhen und Tiefen, hasst einander, liebt einander. Das gefällt mir als Teamplayer. Bei Film und TV gibt es immer nur ein paar Drehtage, man kommt und geht wieder, die Vorbereitung erfolgt alleine.

— Erfordert das Herangehen an eine Rolle fürs Theater mehr Intensität?

MARTINA EBM:

Nicht wirklich. Es kommt auf das Thema an. Bei der „Dunklen Begierde“ etwa ist es die Psychoanalyse, da habe ich mich richtig hineingetigert, sogar Freuds Werke gelesen. Ich bin mit meinem Beruf schon gesegnet, weil ich in so viele Bereiche hineinschnuppern und dabei etwas lernen kann. Es gibt kaum einen anderen Beruf, bei dem das möglich ist.

— War es für dich immer klar, dass du Schauspielerin werden wolltest?

MARTINA EBM:

Überhaupt nicht. Ich war eine ewig Suchende. Das Studium ging ja schon in die Richtung, war aber recht langweilig. Ich habe begonnen, in Laiengruppen Theater zu spielen, wir sind sogar in Gefängnissen aufgetreten. In Strapsen! Einmal musste eine Vorstellung abgebrochen werden, weil die Häftlinge ausgezuckt sind – aus heutiger Sicht ein Wahnsinn.

— Du hast drei Saisonen lang bei Paulus Manker die Alma gespielt. War das nicht eine besondere Herausforderung?

MARTINA EBM:

Ja, die Alma, eine meiner Lieblingsrollen, habe ich mir so hart erarbeitet, dass sich sogar der eigene Horizont verändert hat. Manker ist ein Besessener. Er muss gespürt haben, dass ich ganz viel aushalten kann und, wenn es darauf ankommt, in eine Arbeitsmanie verfalle. Er war der beste Lehrer – und ist ein Freund, den man lieben wie hassen kann.

— Und wie kommst du aus solchen Rollen wieder runter und wirst wieder du selber?

MARTINA EBM:

Beim Abgang von der Bühne ist alles noch präsent, da kommt es schon vor, dass ich weinen muss. Aber wenn der Applaus einsetzt, ist alles vorbei, da bin ich dann wieder ich. 




Das Schöne ist ja, dass sich die Leute unsere Arbeit ansehen – und das tun ja viele.






Martina Ebm, Schauspielerin


— Siehst du dich jetzt in der Josefstadt am Plafond deiner Karriere?

MARTINA EBM:

Schwer zu sagen. In die Josefstadt wollte ich immer schon. Während des Studiums habe ich dort in der Presseabteilung unentgeltlich als Praktikantin gearbeitet, nur um das Haus kennenzulernen. Wo es mich einmal hinziehen wird, kann ich noch nicht sagen. Ich hoffe nur, das alles so spannend bleibt wie jetzt. Mir wird vieles ganz schnell langweilig.

— Deine aktuellen Rollen sind ja recht freizügig. Wie kommst du damit zurecht?

MARTINA EBM:

Man wird in den Medien gleich zur Nymphomanin gestempelt, nur weil man ein bisserl Sex hat. Erotisch komplexe Rollen, bei denen man sich mit dem Kopf beschäftigen muss, sehe ich als Herausforderung. Auch die Vorstadtweiber sind so: Es ist nicht einfach, sich vor Kollegen auszuziehen und auf ihnen herumzuturnen – und das vor dem ganzen Team am Set. Aber dass das jetzt so hochstilisiert wird, hoppala, hat denn noch nie jemand einen Busen gesehen? Wir sind spießig geworden, da war man vor 40 Jahren wesentlich aufgeschlossener.

— Warum steht eigentlich nichts über dich in Klatschspalten? Ist das so gewollt?

MARTINA EBM:

Ich hoffe, das bleibt so. Ich finde es absurd, dass Menschen Privates über mich wissen wollen. Das macht mir Angst, das geht nicht in meinen Kopf hinein. Vielleicht auch, weil ich glaube, nicht so interessant zu sein. Ein spannendes Privatleben ist ja total anstrengend, ich hab’s lieber ausgeglichener. Was mein Leben spannend macht, ist die Gedankenarbeit für die Rollen.

— Welchen Tipp hast Du für jene parat, die so wie du Schauspielerin werden möchten?

MARTINA EBM:

Realistisch zu bleiben und zu akzeptieren, dass neben Talent auch sehr viel Glück im Spiel sein muss. Und: Sich selber nicht zu wichtig nehmen. Aber wenn man etwas wirklich will, dann passiert es auch.