Traum & Wirklichkeit

Viele träumen davon, doch kaum jemand schafft es am Ende bis ganz nach oben. Dominic Thiem hat es geschafft – er ist einer der besten Tennisspieler der Welt.

Er ist erst 24 Jahre alt. Aber seit mittlerweile zwei Jahren fest in der Weltspitze des Tennis etabliert. Damit ist er der dritte österreichische Top-Ten-Spieler nach Thomas Muster und Jürgen Melzer. Dominic Thiem ist damit neben Marcel Hirscher und David Alaba das bekannteste Aushängeschild des heimischen Sports.

— Du bist der dritte Österreicher, der es in die Top Ten der Tennisweltrangliste geschafft hat. Hast du davon schon als Kind geträumt?

dominic thiem: Geträumt schon, aber als Kind weiß man noch gar nicht, wie schwer das ist. Man glaubt, dass man jeden Tag spielt und man irgendwann automatisch ganz weit vorkommt. Aber dann realisiert man, wie schwer das eigentlich ist. Wenn man es geschafft hat, dann will man natürlich mehr.

— Wie wichtig waren bzw. sind deine Eltern in deiner bisherigen Laufbahn?

dominic thiem:Die wichtigsten Personen gemeinsam mit meinem Trainer Günter Bresnik. Sie waren Tennistrainer, haben mich immer auf den Platz mitgenommen und letztlich alles finanziert. Ohne sie würde ich gar nicht spielen.

— Günter Bresnik ist dein Trainer. Wie hat er dich zum Weltklassespieler geformt?

dominic thiem: Er war ja schon vor über zehn Jahren unfassbar erfahren und einer der besten Trainer. Das habe ich damals gar nicht gewusst. Ich war erst elf Jahre alt. Er ist sicher der weltbeste Trainer für mich. Und ich glaube auch, dass das er perfekt zu mir passt, weil er mich schon in sehr jungem Alter unter seine Fittiche genommen hat. Und aus mir genau das machen konnte, was er sich vorgestellt hat: einen guten Spieler.



— Du reist von Turnier zu Turnier, von Kontinent zu Kontinent. Wie bewältigst du ­eigentlich diese enormen Strapazen, den Jetlag?

dominic thiem:An das Fliegen gewöhnt man sich. Aber der Jetlag ist mühsam. Ich bin ziemlich anfällig dafür. Und ich brauch immer eine Zeit, bis der auskuriert ist. Aber den anderen geht’s genauso. Den besiegt keiner. Vor allem die ersten paar Tage muss man so gut wie möglich wegstecken.

— Hast du bestimmte Rituale wie du regenerierst bzw. entspannst?

dominic thiem:Kommt drauf an. Wenn man Jetlag hat und am nächsten Tag spielen muss, dann kann man eh nichts machen. Aber wenn ich ein paar Tage Zeit zum Regenerieren habe, dann macht man einfach die ersten zwei Tage weniger. Spielt vielleicht nur einmal Tennis, geht locker laufen und gibt dem Körper mehr Zeit, er einzustellen.

— Wer sind deine Vorbilder?

dominic thiem:Hab ich eigentlich keine. Bei mir hing nie ein Poster von jemand an der Wand. Ich pick mir von den Spielern deren Stärken raus und versuche die dann in mein Spiel einzubauen.

— Roger Federer oder Rafael Nadal zeigen, dass man mit deutlich über 30 Jahren auch noch immer Spitzentennis spielen kann. Was kannst du von den beiden abschauen? Schaust du dir überhaupt was ab?

dominic thiem:Von Nadal auf jeden Fall, wie er von Beginn an bis zum Schluss kämpft. Das ist unfassbar, das ist einzigartig. Aber ich glaub nicht, dass man das nachmachen kann. Das ist eine übermenschliche Leistung, die er da immer abruft. Und bei Federer ist es die Leichtigkeit, die Lockerheit, wie er spielt. Er macht Tennisspielen einfach schön. Das kann man sich abschauen. Aber die zwei sind so einzigartig, das man die nie kopieren kann. Man soll ja auch ein eigener Spieler bleiben.

— Was ist dein Paradeschlag?

dominic thiem:Ich glaube, dass viele von meiner Rückhand schwärmen. Aber mein Lieblingsschlag ist die Vorhand. Die ist nicht so spektakulär wie die Rückhand, aber damit gewinne ich die meisten Punkte.

— Was ist verbesserungswürdig?

dominic thiem:Verbessern kann man sich immer. Aber die Beinarbeit ist ein großes Thema. Die muss lockerer werden, genauer und besser.

— Was würdest du heute machen, wenn du kein Tennisspieler wärst?

dominic thiem:Ich weiß es nicht. Für mich persönlich war es klar, seit ich 12, 13 Jahre alt war. Ich habe mich nie mit irgendetwas anderem beschäftigt. Aber ich glaube, dass ich im Sport tätig wäre. Selber wäre ich gerne Fußballer, aber ob’s dazu gereicht hätte, weiß ich nicht.

— Darfst du auch andere Sportarten ausüben? Fußball oder Schifahren?

dominic thiem:Fußball darf ich, aber Schifahren, Schispringen, Bungeespringen oder Tauchen ist verboten. Ein paar sind also schon dabei, die ich nicht machen darf.

— Wie schwer ist es eigentlich, Tennisprofi zu werden?

dominic thiem:Ich sehe das bei den Spielern in der Akademie, die das auch werden wollen. Das sind alles richtig gute Tennisspieler, die auch jeden Tag trainieren. Das ist deren Job. Einige von ihnen werden es aber nicht schaffen. Besser leben kann man im Tennis aber nur, wenn man unter den ersten Hundert ist. Es werden aber gleichzeitig immer mehr, die das schaffen wollen. Deshalb ist es richtig schwer. Und man muss extrem lang dabei bleiben und natürlich auch Glück haben.

— Gibt’s da was Spezielles, das man in der Akademie trainiert, zum Beispiel Beinarbeit?

dominic thiem:Die kann man auf dem Platz machen. Aber auch abseits vom Platz, mit dem Fitnesstrainer, mit dem Tennistrainer, immer wieder Spielsituationen simulieren und die dann langsam ins Training einfließen lassen.

— Gibt’s da auch Anleihen aus anderen Sportarten, um sich da zu verbessern?

dominic thiem:Ja sicher, aus der Leichtathletik, aus dem Fußball. Eigentlich aus allen Sportarten, bei denen man sich gut bewegen muss.

— Ende 2017 hattest du eine Formschwäche. Wie gehst du mit der Kritik um?

dominic thiem:Ich versteh die Kritik. Wenn ich im TV Sport schau, und einer bringt seine Leistung nicht so, wie man es gewohnt ist, dann frag ich mich auch, was los ist. Aber die Kritik ist mir egal. Ich verstehe das, aber ich weiß selbst, ­warum es so ist. Und das ist das Wichtigste. Kritiker wird es immer geben. Genauso wie es Schulterklopfer geben wird, wenn man gut spielt. Das gehört dazu.

— Fühlst du dich da unfair behandelt?

dominic thiem:Überhaupt nicht. Ich habe einen tollen Job. Im Internet und den sozialen Netzwerken ist es leider so, dass man schneller kritisiert wird. Wenn es nicht über ein gewisses Maß hinausgeht, ist es auch völlig in Ordnung.

— Wie sehr hat sich der Tennissport seit der aktiven Zeit von Thomas Muster verändert?

dominic thiem:Extrem. Das Material, die Bälle, das Tempo – alles hat sich verändert. Aber jede Ära war einzigartig für sich und das Gleiche werden die Leute in 15 Jahren sagen.

Man glaubt, dass man jeden Tag spielt und irgendwann automatisch in die Top Ten kommt. Als Kind weiß man noch nicht, wie schwer das ist.

Dominic Thiem, österreichischer Tennisspieler

—  Wie oft siehst du eigentlich deine Freundin? Die ist ja selbst Tennisprofi.  

dominic thiem:Ich sehe sie öfter, als ich eine Nicht-Sportlerin sehen würde. Es gibt einige Turniere, bei denen wir zeitgleich spielen. Außerdem lebt sie in Paris, da kann man schon hin- und herfliegen.    

—  Sieht man euch im Mixed-Bewerb?

dominic thiem:Nein (lacht)! Das tut sie sich nicht an. Ich bin kein Doppelspieler.

—  Worin unterscheidest du dich von Thomas Muster bzw. was verbindet dich mit ihm?

dominic thiem:Ich unterscheide mich in vielen Dingen von ihm. Ich glaube, dass Links- und Rechtshänder im Tennis extrem verschieden sind. Außerdem hat er eine komplett andere Spielanlage gehabt als ich. Es verbindet mich mit ihm aber, dass wir 2011 in der Stadthalle gegeneinander gespielt haben. Das war mein erstes Match auf der ATP-Tour und gleichzeitig auch mein erster Sieg. Und sein letztes Match auf der ATP-Tour. Gerade deswegen gibt es da eine spezielle Verbindung.

—  Du fühlst dich auf Sandplätzen am wohlsten. So wie auch Thomas Muster, der es dann auch zur Nummer 1 geschafft hat. Ist das heute überhaupt noch möglich als reiner Sandplatzspieler?

dominic thiem:Wenn man richtig gut auf Sand spielt, dann hat man auch auf Hartplatz gute Ergebnisse. Muster hat 1996 in Essen gewonnen, ein Indoor-Turnier. Und hat in Key Biscayne auf Hartplatz gewonnen. Ich finde es auch ein bisschen unfair, ihn als reinen Sandplatzspieler zu bezeichnen. Ich glaube aber, für uns Österreicher ist Sand der bevorzugte Belag. 95 Prozent aller Plätze sind auf Sand.

—  Hast du ein Lieblingsturnier?  

dominic thiem:Meine Heimturniere im Juli in Kitzbühel und im Oktober in Wien.

—  Und deine größten Ziele?

dominic thiem:Ich will ein Grand-Slam-Turnier gewinnen. Das ist das ultimative Ziel.

—  Du fährst doch gerne Auto. Welcher Typ Autofahrer bist du? Wie würdest du dich bezeichnen?

dominic thiem:Ich fahre extrem gerne Auto. Aber nicht unbedingt wegen des Autofahrens, sondern weil es für mich eine richtige Entspannung ist. Ich schmeiß mir meine Lieblingsmusik rein und fahr dann zu Terminen oder nach Hause. Für mich ist es eine Entspannung und ich bin eher ein entspannter Autofahrer. Ich bin kein Rennfahrer, dafür bin ich zu untalentiert. Aber ich fahre gerne, ja.

—  Bist du ÖAMTC-Mitglied?  

dominic thiem:Ja, seit ich mein erstes eigenes Auto habe.

—  Hat es auch schon mal kritische Situationen gegeben?

dominic thiem:Ja, ein- oder zweimal wo ich ausweichen musste. Das war schon arg an der Grenze. Aber sonst waren da nur Parkschäden. Also eher die, die mit Humor zu nehmen sind.