KTM: Wir sind die Anfänger

Mike Leitner leitet das funkelnagelneue KTM-MotoGP-Team. Wir haben ihn gefragt, wie es ihm dabei geht. Spoiler: Es könnte viel schlimmer sein.

Wir müssen kurz einmal thematisch ausholen: 2014 verkündet KTM, 2017 in die MotoGP (das ist die höchste Klasse der Motorrad-WM) einsteigen zu wollen. Im Eilzugstempo wird eine GP-Maschine entwickelt. 2016 wird getestet. Intensiv getestet. Ein erstes Kräftemessen mit den großen Werksteams findet im Juli bei Testfahrten am Red Bull Ring in Spielberg statt, da hat KTM nur knapp zwei Sekunden Rückstand auf die Spitze.

Dementsprechend gut ist die Stimmung.

Und beim letzten Rennen der Saison in Valencia ist man dank einer sogenannten Wildcard live dabei, muss aber wegen eines banalen Elektronik-Problems vorzeitig aufgeben.

Das trübte die Stimmung wieder ein wenig.

Exkurs in drei Bildern: KTMs MotoGP-Eisen

Die letzten Tests in Valencia verlaufen aus Sicht der Oberösterreicher erfreulich, gelobt wird von den Fahrern vor allem das gute Feedback, das die RC16 vermittelt. Die To-do-Liste der Techniker bleibt trotzdem relativ lang, denn nun geht’s an Datenauswertung und Feinabstimmung.

Unmittelbar nach dieser Status-quo-Bestimmung haben wir Mike Leiter, den WM-erfahrensten Österreicher in diesem Projekt, zum Interview gebeten.

Who is Mike Leitner?

— Nur Motorrad-WM-affine Menschen kennen den Namen Mike Leitner – dürfen wir stellvertretend für alle anderen um ein kurzes Selbstporträt bitten?

Mike Leitner: Freilich. Ich komme aus St. Wolfgang am Wolfgangsee im Salzkammergut, bin gelernter Mechaniker, als Junger schon in den Rennsport hineingewachsen, von 1987 bis 1990 selbst WM-Rennen gefahren und habe danach begonnen, mit einzelnen Teams und ihren Fahrern zusammenzuarbeiten.

— Mit wem genau?

Mike Leitner:Waldmann, Nieto, Elias, Barros, Hopkins – und dann kam das Angebot von Teamchef Alberto Puig, ob ich nicht der Crewchief eines jungen talentierten Spaniers sein möchte…

— Dani Pedrosa?

Mike Leitner:Ja genau! Elf Jahre haben wir dann zusammen gearbeitet, zwei WM-Titel in der 250er-Klasse und drei Vize-WM-Titel in der MotoGP geholt.

Gestern, heute, morgen

— Wer so lange schon dabei ist, den müssen wir fast reflexartig fragen: Wie hat sich die Königsklasse in all den Jahren verändert?

Mike Leitner:Damals, so in den Siebzigern, hat das Fahrerlager beinahe so ausgesehen wie heute der Campingplatz vor dem Red Bull-Ring. Die Teamstrukturen waren noch nicht so stark vorhanden, deswegen konnte man auch als Privatfahrer einigermaßen mithalten. Mitte bis Ende der Achtziger hat sich das dann geändert, da wurde alles professioneller, ein Großteil der vielen Privatfahrer konnte sich das Engagement dann nicht mehr leisten.

— Zurück in die Gegenwart: Die neue KTM-Werks-Maschine, die RC16, ist…

Mike Leitner:… ein komplett neues Motorrad, die Einzige in der Königsklasse mit einem Stahl-Rahmen, und beeindruckend, weil sie schon so weit entwickelt ist. Ich bin sehr interessiert, wo die Reise mit ihr noch hingeht.

— Was wünscht sich Mike Leitner denn vom MotoGP-Christkind?

Mike Leitner:Nun, ich würde mir wünschen, dass wir Pol Espargaro und Bradley Smith, den beiden verpflichteten Fahrern, ab dem ersten Rennen 2017 (Anm.: Doha, 27. März) ein Motorrad zur Verfügung stellen können, mit dem sie um Punkte fahren können.

Wir wissen alle, dass das nächste Jahr nicht einfach wird. 2017 sind wir die Anfänger, wir werden parallel entwickeln müssen, auf der Rennstrecke und inhouse, das wird hart, das ist klar.

Glückliches Team mit Aufholbedarf

— Könntest du die Gefühlslage im Team nach den Valencia-Tests beschreiben?

Mike Leitner:Die Stimmung ist gut, weil auch die beiden neuen Fahrer gesehen haben, dass das Motorrad Potenzial hat. Sie sind glücklich mit dem Handling der RC16 und wie sie sich beim Bremsen verhält. Der Stahlrahmen, den wir als einziges Team verwenden, steht überhaupt nicht zur Debatte. Wir kennen jetzt ganz klar die Vorteile der RC16, wissen auch, woran wir noch zu arbeiten haben. Mit den 1,8 Sekunden Rückstand müssen wir angesichts der sehr stark fahrenden Konkurrenz zufrieden sein, das passt.

— Bitte vervollständige diesen Satz: Das nächste Jahr…

Mike Leitner:… wird nicht einfach, das wissen wir alle. 2017 sind wir die Anfänger, wir werden parallel entwickeln müssen, auf der Rennstrecke und in-house, das wird hart, das ist klar. Vor allem weil uns noch enorm viel an Erfahrung fehlt, das betrifft sowohl Elektronik als auch Fahrwerk.

Eine Frage noch…

— Worauf bist du denn abseits deines Motorsport-Lebens stolz?

Mike Leitner:Sicher die Kids und die Family, das ist klar. Ich habe zwei Kinder, auf die ich sehr stolz bin, eine Frau, die das alles durchgedrückt hat während ich so viel unterwegs war, und die einen erheblichen Anteil dazu beigetragen hat, dass ich überhaupt stolz sein kann. Stolz bin ich auch darauf, dass ich mich noch an einfachen Dingen erfreuen kann, denn das Leben im Fahrerlager ist eine ganz eigene Welt.

Wer mag die RC16 in Action sehen?

Here we go: das offizielle KTM-Werksvideo