Interview: Larkin Poe

Die Geschwister Lovell aus den US-Südstaaten hätten demnächst in Wien spielen sollen. Dann kam alles anders. Ein intensives Gespräch über musikalische Wurzeln, Konzert-Logistik und dumme Männer, die 2020 noch immer "Ausziehen!" schreien. 

Rebecca und Megan Lovell machen Musik, seit sie ganz kleine Mädchen waren. Sie stammen aus  dem Süden der USA, wo man den Drang, abends vor dem Haus zu sitzen und ein Instrument in die Hand zu nehmen, schon mit der Muttermilch verabreicht bekommt. 

Zuerst war ihr Umgang mit Gitarre und Banjo nur ein Spiel. Heute, als erwachsene Frauen, überschreiten die beiden Grenzen auf mehreren Ebenen: Niemand kann so jung sein, derartig gut Gitarre spielen und gleichzeitig weiblich sein, so das Klischee. Und im Umkehrschluss eines falsch verstandenen Rassismus ist es, so scheint's, auch undenkbar, dass weiße Mädchen es hinkriegen, ihren historischen Wurzeln in den musikalisch stets schwarz dominierten Südstaaten nur annähernd gerecht zu werden. Noch dazu im geschwisterlichen Doppelpack.

Rebecca und Megan können das aber – gänzlich befreit von Mainstream-Radios und Stream-Hitlisten. Und es zahlt sich aus.

Damit die von Bands meistgehasste Interview-Frage gleich erledigt ist: Warum heißt ihr Larkin Poe? Antwort: Die beiden sind weitschichtige Nachkommen von – ja, wirklich – Edgar Allan Poe.  

Wenn du tausend Shows gespielt hast, stört der eine lästige Typ in der ersten Reihe nicht mehr. Dem schau ich tief in die Augen, dann geht er. 

Rebecca Lovell, Larkin Poe

So klingen Larkin Poe

Vielleicht vorweg zur musikalischen und optischen Einstimmung, wie die beiden Schwestern, mit denen wir gleich plaudern werden, auf einer Bühne mit sich selbst, ihren heißgeliebten Gitarren und ihrem Publikum interagieren…


*tüüüüüt*

Hallo Rebecca, hallo Megan. Ich hätte euch gerne persönlich in Wien getroffen, aber momentan müssen wir das wohl übers Telefon machen. Wo erwische ich euch denn gerade?

rebecca lovell: In Nashville, Tennessee. Wir wohnen beide schon länger hier, und Corona hin oder her: Wenn ich aus dem Fenster schaue, ist es vermutlich die schönste Jahreszeit in den Südstaaten. Die Farben der Blätter auf den Bäumen befinden sich im Übergang von grün zu braun, die Luft riecht schon ein wenig nach Winter, herrlich.

Das Virus macht tourenden Bands momentan einen dicken Strich durch die Rechnung. Zuerst hättet ihr im Mai bei uns spielen sollen, dann wurde das Konzert auf Februar 2020 verschoben, vor kurzem auf den 5. November kommenden Jahres. Ihr seid aus den USA, und eine Europa-Tour ist auch ohne Pandemie eine komplizierte Logistik-Aufgabe. Wie regelt man diese vielen Fragezeichen in der Planung?

megan lovell: In der momentanen Situation weiß niemand auf der Welt, was der nächste Tag bringt. Wir sitzen global gesehen im selben Boot, was eigentlich ein schöner Gedanke wäre, wenn es um ein anderes Thema ginge.

Aber ja, es gibt viele Fragezeichen. Wir versuchen, die Logistik quasi in Schwebe zu halten, die Termine für Veranstaltungsorte, Tourbus-Buchungen oder Hotels halbwegs flexibel zu halten. Wir sind keine berühmte große Band und haben kein Kampfbudget, für Stornokosten zum Beispiel. Da entsteht natürlich auch ein Problem für die kleinen Hallen, in denen wir in Europa spielen sollten: Die müssen ja auch planen können.

Es ist ein schmaler Grat, aber im Musikgeschäft wird zusammengeholfen, zumindest auf unserem Level (lacht). Die Tourbus-Firma bei euch drüben sagt zum Beispiel: Gebt uns Bescheid, wann's losgehen kann, dann haben wir was Schönes für euch. 

Und wie sieht's mit den Flügen aus?

megan lovell: Die Airlines sind überraschenderweise momentan sehr flexibel, was Umbuchungen betrifft. Wir haben für alle Flüge nach Europa Gutscheine erhalten, die wir einlösen können, sobald wir die Tour endlich starten dürfen. Das sollte man ja nicht vergessen: Die wollen auch nur überleben.

Aufgeschoben, nicht aufgehoben

Die europäischen Konzerte finden nun im Herbst 2021 statt. Kleiner Corona-Bonus für Österreich: Wegen der geänderten Tour-Route wird sich zusätzlich zum Wien-Konzert noch ein weiteres im wunderbaren Salzburger Rockhouse ausgehen. 

… über Online-Konzerte

Viele Bands retten sich, als Alternative zu "normalen" Konzerten, mit Live-Streams im Internet oder kleinen Sitz-Gigs mit wenig Publikum über die Runden. 

rebecca lovell: Ja, wir auch. Aber es ist einfach nicht das gleiche Gefühl, wenn du alleine aus dem Proberaum überträgst oder fünfzig Fans vor dir sitzen hast, die nicht vom Platz aufstehen dürfen. Da fehlt komplett der wechselseitige Energiestrom zwischen Künstler und Publikum, der ein gutes Konzert ausmacht. Wir haben's lieber, wenn in der Halle geschwitzt, gesungen und getanzt wird, ganz klar. Vor allem für uns als kleine Band ist dieser direkte Kontakt an der Bühnenkante der Antrieb, den wir unglaublich vermissen. 

Stichwort Tourbus: Wie seid ihr in den USA unterwegs? Und wie in Europa?

megan lovell: Lustig, dass du fragst, denn diese Europa-Tour wäre eigentlich die erste gewesen, die wir nicht mehr mit einem vollgepackten Mercedes-Sprinter-Van gemacht hätten. Geplant wäre ein richtiger Nightliner-Bus gewesen, ganz so wie die mittelgroßen Bands, die schon ein bisschen was erreicht haben.

Wir sind unterwegs ja eine kleine Crew: meine Schwester und ich, dazu ein Schlagzeuger und ein Bassist, plus jeweils ein Techniker für die Gitarren und die Tonmischung. Und natürlich der Tourmanager, macht sieben Personen. Dazu kommt das Equipment, aber das ist bei uns nicht viel. 

rebecca lovell: Naja, manchmal schon. Bei unserer ersten Europa-Tour vor ein paar Jahren hatten wir ein bisschen zu viel mit, kannst du dich erinnern? Wir mussten einen zweiten Sprinter mieten, der im Budget nicht eingeplant war. Das ist so ein dämliches Gefühl: Man ist in einer Situation, in der man wegen des größeren Publikums schon ein bisschen mehr Show mitbringen will, aber ein echter Tourbus geht sich finanziell trotzdem noch nicht aus.

Übersee-Touren sind aber logistisch immer schwierig. In den USA fliegen wir meistens, weil das bei uns, übertrieben gesagt, nicht so viel teurer ist als ein U-Bahn-Ticket. Aber wenn wir nächsten Herbst nach Österreich kommen, dann endlich in einem Nightliner-Bus, das haben wir uns wirklich vorgenommen. (lacht)

Deep South

Kommen wir kurz zurück auf eure Heimat, die US-Südstaaten. Ihr wurdet in Knoxville, Tennessee, geboren, seid im Bundesstaat Georgia aufgewachsen und lebt heute wieder in Tennessee – in der Musik-Metropole Nashville. Vor einigen Jahren hatte ich die Ehre, die musikalisch erfolgreichste Tochter von Johnny Cash, Rosanne Cash, zu interviewen, die mir erzählte, wie sehr sie die Region beeinflusst hat. Wie sieht das bei euch aus?

rebecca lovell: Als junge Mädchen haben wir die Gegend immer als "das Land von Dolly Parton" wahrgenommen (lacht). Viele Farben, sehr große Hügel und Musik überall. Ich kann mich erinnern, dass wir als Kinder einmal bei einem Bluegrass-Festival waren und uns dort sofort das Virus eingefangen haben. Okay, das sollte ich momentan vielleicht anders formulieren (lacht). Aber danach kamen unsere ersten "Pickin' parties", wo vor dem Haus im Freundes- und Familienkreis bis zum Sonnenaufgang musiziert, gegrillt und getrunken wurde und unglaublich gute improvisierte Musik passierte. 

megan lovell: Da haben wir, denke ich, beide gelernt, Gitarren, Banjos und Mandolinen zu spielen. Spielerisch, mit diesem Hintergrund der musikalischen Wurzeln der Südstaaten, die tief im schwarzen Blues verankert sind. Nicht zu vergessen natürlich der ganze klassische Rock'n'Roll, der später kam: Die Allman Brothers stammen aus der Gegend, in der wir aufgewachsen sind. Dazu die Blues-Gitarristen von ganz früher wie Leadbelly oder Howlin' Wolf, die das Mississippi-Delta musikalisch geprägt haben. Es gibt in den USA nur wenige Bundesstaaten, die Musik so ein- und ausatmen wie unsere hier unten.

Ich versuche gerade, mir euch beide als kleine Mädchen bei so einer Familien-Party vorzustellen…

rebecca lovell: (lacht) Unsere Eltern waren einfach riesige Musikfans. In und rund um unser Haus gab's ständig Musik, wir hatten Zugriff auf eine immense Plattensammlung, und vorne am "front porch" saß immer jemand, der ein Instrument in der Hand hatte.

megan lovell: Unsere Kindheit und die Erinnerungen daran bestehen zu einem großen Teil schlicht aus Musik. Unsere Eltern haben uns immer, wenn wir zwei das wollten, mit dem Auto zu Freunden in der Umgebung gebracht, damit wir dort mitmusizieren konnten. Das Interessante an uns Schwestern ist, dass beide Elternteile selbst nie ein Instrument gespielt haben. Wir sind die ersten in der Familie, die damit begonnen haben. Und wir haben uns das selbst beigebracht.

rebecca lovell: Wir hoffen auch, dass wir das mit unseren eigenen Familien jetzt weitergeben können. Es kann ja kein Zufall sein, dass Megan und ich beide mit tollen Musikern verheiratet sind (lacht). In ein paar Jahren werden wohl wieder ein paar kleine Mädchen oder Buben vor unseren Häusern sitzen und Banjo spielen wie wir damals, bis die kleinen Finger bluten.

Eure Ehemänner sind Tyler Bryant und Mike Seal…

rebecca lovell: Ja. Tyler hat mit AC/DC, Aerosmith oder Guns'n'Roses gespielt, hat aber auch eine eigene Band.

megan lovell: Und Mike ist das, was man heute wohl gern "Ausnahme-Gitarrist" nennt. Mein Mann kann so ziemlich alle Musikrichtungen von Jazz über Bluegrass bis Klassik. Er ist Teil der bei uns in den Staaten ziemlich berühmten Jerry Douglas Band und durfte schon eine Grammy-Nominierung mit nach Hause nehmen. 

Ich bin auf euch durch eine Suche nach einer Coverversion des alten Blues-Klassikers "Black Betty" gestoßen. Von Larkin Poe gibt's da auf YouTube ja durchaus ein paar Treffer…

rebecca lovell: Erwischt, ja. (lacht)

Könnt ihr abschätzen, wie oft ihr euren Signature-Cover-Song schon zusammen live gespielt habt?

megan lovell: Was meinst du, Rebecca? 1.000 Mal?

rebecca lovell: Öfter. Die Nummer ist so ein Kraftwerk. Aber ich denke, wir können sie ganz gut mittlerweile, richtig?

Larkin Poe – Black Betty – New York 2017


Nachmacher

Eure selbstgeschriebenen Alben sind seit geraumer Zeit Lieblinge der Musik-Kritiker, noch viel mehr Fans habt ihr aber auf YouTube wegen eurer Coversongs, die ihr im Wohnzimmer mit dem Handy aufnehmt. Mein zehnjähriger Sohn, der gerade neben mir steht und ein riesiger Black Sabbath- und "Iron Man"-Fan ist, flüstert mir parallel ins Ohr, dass ihr doch bitte ein Cover-Album aufnehmen solltet.

rebecca lovell: Oh, wie süß! Du kannst ihm zurückflüstern, dass er exakt in dieser Sekunde weltweit der erste ist, der erfährt, dass so ein Album von uns demnächst rauskommt. Es heißt "Kindred Spirits" und anschließend an unser Gespräch veröffentlichen wir heute sogar den ersten Song. 

Danke für die Überraschung. Aber warum macht ihr diese Covers überhaupt? Da sind die Beatles dabei, die Rolling Stones, aber auch Songs von unerwarteten Juwelen wie den Trip-Hop-Pionieren Massive Attack aus England…

megan lovell: Grundsätzlich tun wir das schon seit mehr als fünf Jahren oder so. Einerseits zum Üben, andererseits sind wir junge Frauen, die nicht nur mit alter Südstaaten-Musik aufgewachsen sind. Mit 20 kann man ja nicht nur Lynyrd Skynyrd oder Jimi Hendrix hören.

rebecca lovell: Dazu kommt das unglaubliche Feedback, das wir darauf bekommen haben. Was ursprünglich nur dazu geplant war, uns selbst beim Musikmachen zu beobachten, hat eine Eigendynamik entwickelt, mit der wir nie gerechnet hatten, mit der wir nun aber hervorragend mit unseren Fans kommunizieren können. Die Kommentare unter unseren YouTube-Covers sind teilweise so schön, dass ich Gänsehaut bekomme.

Exkurs: ein Larkin-Poe-Cover-Menü

* Vorspeise



* Hauptspeise



* Nachspeise


Geschwisterliebe

Ihr macht als Schwestern nach außen hin den Anschein, dass ihr sehr eng miteinander seid. Ich selbst habe zwar keine Geschwister, kenne aber das System, dass da nicht immer alles so rund läuft. Seid ehrlich: Es muss doch Momente geben, in denen eine die andere schlicht an die Wand knallen möchte, oder?

rebecca lovell: (lacht) Über die Jahre war's wohl insgesamt eine Situation, an der wir viel arbeiten mussten. 

megan lovell: Wir sind ja auch nicht mehr nur Geschwister, sondern, so offen kann ich sein, auch Geschäftspartner, ein Musik-Team – und beste Freundinnen. Das sind so viele verschiedene Ebenen, die über das Geschwister-Sein hinausgehen und ganz logisch nicht immer gut gehen können. Aber: Ich bin sehr happy, dass wir uns so innig mögen. Oder, Rebecca?

rebecca lovell: Absolut. Wir mussten nur durch die Phase unserer frühen Twen-Jahre durch, die manchmal ein wenig unrund waren. (lacht) Aber es ist natürlich das schönste Geschenk, wenn du mit deiner Schwester, die den selben musikalischen Traum hat wie du, das durchziehen kannst. Ohne dich unterwegs zu zerstreiten wie die Oasis-Brüder. 

megan lovell: Das Leben ist zu kurz, um gegeneinander zu arbeiten. Das wollen wir nicht. Wir haben uns für gegenseitigen Respekt als Geschwister entschieden. Die Musik, die Band und alles andere kommen danach.

Wenn man sich Live-Videos von euch ansieht, wirkt eure Zusammenarbeit auf der Bühne selbst für echte Konzert-Kenner nahtlos. 

megan lovell: Ist es auch.

rebecca lovell: Ein Blick oder eine Gestik, und die andere kennt sich aus. 

megan lovell: Wir sind ja nicht nur zusammen aufgewachsen, sondern auch schon seit weit über zehn Jahren gemeinsam "on the road". Da lernt man nicht nur die eigenen Instinkte kennen, sondern auch die des anderen. 

rebecca lovell: Wir funktionieren miteinander komplett non-verbal. Wenn ich während einer Show eine Augenbraue raufziehe, wird das ohne Umwege zehn Meter daneben direkt in Megan's Gehirn eingespielt, ohne dass sie sich dessen bewusst ist. 

+++ breaking news +++

Soeben hat sich US-Superstar Bruce Springsteen öffentlich als Fan der Larkin-Poe-Schwestern bekannt. Wir zeigen einen Screenshot der ehrwürdigen New York Times…

Berühmte Fans

Larkin Poe sind in Sachen Gitarren-Arbeit mittlerweile recht gefragte Gespielinnen in höheren Sphären. Hier nur drei Beispiele von arrivierten Namen, die die Geschwister Lovell auf Kurzwahl am Handy haben…

… und natürlich Joe Bonamassa

Der umtriebige Sensations-Blueser, der längst im ganz großen Mainstream-Geschäft angekommen ist und dessen Ego als Gitarrist eher nicht dafür bekannt ist, auf der Bühne jemanden neben sich überleben zu lassen, hat einen Narren an Rebecca und Megan Lovell gefressen. So lang wie in diesem Video darf normal niemand neben ihm versuchen, einfach nur mitzuspielen. Beobachten Sie, wie einfach die beiden Schwestern ihm ein bisschen Grenzen setzen, speziell ab Minute 02:05…


"Ausziehen, ausziehen, ausziehen!"

Eine schwierige Frage: Ich habe Videos von Festivals gesehen, wo ihr von der üblichen betrunkenen Männerschar mit den nicht auszurottenden Zurufen in Sachen "Ausziehen!" konfrontiert werdet. Wie geht ihr damit um und wie kann man sowas endlich loswerden?

rebecca lovell: Ich liebe diese Frage, finde es aber gleichzeitig traurig, dass du der erste bist, der sie uns stellt. Ein aufrichtiges Danke dafür. Mir ist klar, dass wir als Menschen jeden Tag unbewusst Einschätzungen treffen für alle, die rund um uns sind. Das liegt in unserer Natur. Wir alle tun das, ich auch. Da denkt man sich: "Oh, der ist dick". Oder: "Ein bisschen zuviel Ausschnitt, Mädchen". Das ist Teil unseres Menschlich-Seins, dass wir ein Buch nach dem Cover beurteilen – also nach dem Äußeren gehen. Was mich aber schon stört, ist, wenn Typen zu unseren Konzerten kommen und zehn Sekunden, nachdem sie zwei hübsche Frauen auf der Bühne sehen, mit diesen Zurufen beginnen. T-Shirt nass machen und so. Zu diesem Zeitpunkt haben Megan und ich aber noch nicht einmal den Gitarrenhals berührt. Die wissen also gar nicht, was jetzt auf sie zukommt, nehmen aber an, dass das, was wir gleich tun werden, jener weiblichen Optik entspricht, die sie sich in ihrer Dummheit vorstellen, wenn sie allein in der Nacht im Bett liegen.

megan lovell: Wir sind schon auf so vielen Bühnen gestanden und über die Jahre so abgehärtet, dass uns sowas im Ablauf eines Konzerts eigentlich nicht mehr stört. Das Problem daran ist nur: Ein Larkin Poe-Konzert lebt immer von gemeinsamer Freude mit dem Publikum. Viele Fans sehen uns naturgemäß zum ersten Mal, die wollen also überrascht werden. Wenn dann aber so ein Typ ausgerechnet neben dir steht, der uns im BH spielen sehen will, dann ist dieses Erlebnis kaputt. 

Okay, aber wie geht ihr mit solchen Typen konkret um?

rebecca lovell: Meist reicht der erste Akkord. (lacht) Aber grundsätzlich sind uns irgendwelche Geschlechts-Stereotype egal, das prallt an uns ab wie das sprichwörtliche Wasser vom Rücken einer Ente. Als Profi-Musiker geht das ja auch nicht anders, da brauchst du einfach eine sehr harte Haut. 

megan lovell: Die einzigen Momente, wo wir manchmal damit spielen, sind unsere Lyrics. Unser neues Album heißt ja sarkastisch "Self Made Man", in Anlehnung an das männliche Stereotyp schlechthin. 

rebecca lovell: Du wolltest wissen, was ich von der Bühne aus mit solchen Männern mache. Dazu vielleicht ein Geheimnis: Man sieht und hört von dort oben jedes einzelne Gesicht in der Menge. Im Publikum bist du aus Sicht der Band nicht anonym. Ist also einer dabei, der sich ein wenig daneben benimmt und hin und wieder unpassenden Müll grölt, kann das ablenkend wirken, stört mich als Profi meist aber nicht. Wenn er aber beginnt, so richtig aufzufallen, also das Erlebnis für die anderen rund um ihn kaputt zu machen, dann kümmere ich mich um ihn – und zwar so, dass nur er es bemerkt. Ich paare meine Augen mit seinen, minutenlang. Was immer dazu führt, dass ihn mangels vermeintlicher Anonymität das Selbstbewusstsein verlässt und er langsam nach hinten ins dunkle Eck der Halle zurück marschiert.

megan lovell: Wir brauchen das einfach nicht. Wir sind an diesem Abend da, um zu unterhalten, unsere Instrumente gut zu spielen und damit Energie hin- und herzuschicken.

Rebecca und Megan, danke für das Gespräch. Zum Abschluss: Was sind die besten drei Alben der Musikgeschichte für einen Roadtrip aus Sicht von Larkin Poe?

megan lovell: Emmylou Harris – Wrecking Ball.

rebecca lovell: Fleetwood Mac – Rumours.

megan lovell: Und Chris Whitley – Living With The Law. 

Nachmixen: Larkin Poe's Südstaaten-Cocktail

Zum Schluss: eine Liebeserklärung

Es ist vielleicht der schönste Larkin-Poe-Song zum Thema Südstaaten. "Mississippi" – der Fluss, der so viele Musikerinnen und Musiker inspiriert hat…


Info: Tickets, Links & Co.

Aktuelles Album: "Self Made Man" – bestellbar am besten direkt auf der Band-Website.

Tickets für die beiden Larkin Poe-Shows im November 2021 in Wien und Salzburg gibt's hier.

Link zum YouTube-Channel von Rebecca und Megan? Am besten hier entlang.

Gleich direkt reinhören? Die besten Songs der beiden findet man via Spotify hier.